Doch zuerst des Lobes: Ja, die ersten Jahre im Leben eines Menschen sind die wichtigsten Bildungsjahre. Dem muss die Gesellschaft mehr Beachtung schenken und wir stimmen Ihnen zu, für die Sicherung innovativer frühkindlicher Bildungsprozesse benötigen wir daher wissenschaftlich qualifiziertes Fachpersonal. Aber damit erschöpft es sich zunächst für mich.
Sie greifen auf die Initiativen von Hochschulen zurück, die trotz angespannnter Haushaltslage entsprechende Studiengänge entwickelt haben und sie den Studierenden anbieten. Dass diese noch existieren, hat aber nichts mit der Unterstützung der Staatsregierung zu tun, sondern ist den Hochschulen und ihrem Erfolg bei der Einwerbung von Drittmitteln zu verdanken. Weil Drittmittel natürlich nicht für die Ewigkeit sind, kommen wir zum Problem Nummer eins, denn diese Studiengänge sind mittel- und langfristig nicht abgesichert.
Bisher wurde vonseiten des SMWK nur immer gesagt, schafft innovative Studiengänge – klar, man braucht sie und kann sich mit diesen profilieren –, aber mehr Finanzen, als in der erpressten Hochschulvereinbarung vorgesehen, gibt es nicht und bei der EHS will man ja sowieso immer einmal die Mittel kürzen.
Ein zweites Problem sehen wir in der Schwerpunktsetzung. 80 % der künftigen Erzieherinnen und Erzieher sollen weiterhin an Fachschulen ausgebildet werden. Der viel gepriesene Aufbruch in eine akademische Ausbildung ist das nicht. Angesichts der von Ihnen festgestellten Wichtigkeit der ersten Jahre als der wichtigsten Bildungsjahre ist das viel zu wenig. Die Forderung der Erziehungswissenschaften liegt bei einer akademischen Fachkraft pro Gruppe.
Nun werden Sie sicher sagen, die Erzieherinnen und Erzieher könnten nach der Fachschule einen Bachelor beginnen. Zum einen sind die Aufnahmekapazitäten sehr
begrenzt und zweitens ist es ein recht langer Weg, nach zwei Jahren Sozialassistenz und drei Jahren Fachschule den zweijährigen BA im Direktstudium anzuschließen, und zukünftige Leiterinnen und Leiter von Kitas benötigen dazu noch einen Master. Wir glauben, dass hier der Schwerpunkt deutlich in Richtung akademische Ausbildung verschoben werden muss.
Schändlich wäre es, die derzeitigen Erzieherinnen und Erzieher zu vergessen. Wir müssen ihnen die Möglichkeit eröffnen, sich berufsbegleitend fort- und weiterzubilden. Meines Erachtens existiert gegenwärtig ein einziger berufsbegleitender Bachelor für Elementar- und Hortpädagogik, der aber langfristig nicht abgesichert ist. Das ist nicht ausreichend.
Meine Damen und Herren! Der akademische Aufbruch in der ErzieherInnenausbildung funktioniert nur mit den entsprechenden finanziellen Unterstützungen der Hochschulen. Der Hinweis auf den Hochschulpakt 2020 erstaunt mich. Ich frage mich, was daraus noch alles finanziert werden soll.
Unser von Ihnen abgelehntes Förderprogramm legen wir Ihnen zu den nächsten Haushaltsverhandlungen wieder vor. Schaffen Sie aber kurzfristig einen Innovationsfonds, in dem sich Hochschulen mit entsprechenden Angeboten bewerben können.
Sie wissen auch, es gibt noch recht wenig Forscherinnen und Forscher in Deutschland mit dem Schwerpunkt frühkindliche Bildung bzw. Elementarpädagogik. Damit diese hier nach Sachsen kommen und helfen, auch eine entsprechende Forschungslandschaft zu entwickeln, brauchen wir ein attraktives Angebot. Dies misst sich an der Aufgeschlossenheit. Da ist heute ein Anfang gelegt. Wir brauchen aber mehr, denn Studiengänge, deren Bestand nicht gesichert ist, laden keineswegs zu Forschen und Lehren ein.
Ressourcen benötigen aber auch die Kitas. Nun haben wir endlich den Bildungsplan, der wichtig und eine Herausforderung ist. Doch die Umsetzung wurde bisher auf die Erzieherinnen und Erzieher bzw. auf die Träger der Kitas abgewälzt: mehr Aufgaben, keine zusätzliche Unterstützung. Die notwendige Ausstattung und Rahmenbedingungen sind für kleine Träger gleich gar nicht zu erbringen. Die Fachkräfte sind aufgeschlossen. Das wurde eben angesprochen. Aber vielen fehlen die didaktischen Instrumente. Erzieherinnen brauchen entsprechende Weiterbildungen. Doch wie soll es beispielsweise bei dem derzeitigen Personalschlüssel möglich sein, diese freizustellen. Dieser Personalschlüssel verhindert auch die Umsetzung in den Kitas. Die pädagogischen Prozesse, ihre Begleitung und Dokumentation brauchen Zeit zur Vor- und Nachbereitung. Da ist eine Stunde ein Anfang. Aber wir denken, vier Stunden dafür und ein besserer Personalschlüssel sind angemessen. Wir haben Ihnen ein
Zum Letzten: Ich weiß, Sie können es nicht mehr hören, aber Zugangsbeschränkungen für Kinder, bei denen ein Elternteil nicht berufstätig ist, widersprechen dem von Ihnen formulierten Bildungsanspruch.
Es wären oft genau diese Kinder, die von den neuen, hoch qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern besonders profitieren könnten. DIE LINKE erwartet also, dass Sie hier aktiv eingreifen und gesetzliche Regelungen schaffen, die die Abschaffung dieser Zugangsbeschränkung zum Ziel haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als vor einigen Jahren die PISA-Studie durchgeführt wurde und unser Land katastrophal abschnitt, wurde natürlich nach den Ursachen geforscht. So wurden in vielen Bereichen Defizite bemerkt, unter anderem auch in der frühkindlichen Bildung und Erziehung.
Die Ursachen dafür sahen viele in der unspezifischen Erzieherinnenausbildung, und man strebte deshalb an, die Erzieherinnen mit einem hochwertigeren Berufsabschluss, also Hochschulabschluss, auszustatten. Außerdem geht die Tendenz – und damit sage ich nichts Neues – von der Kita als Aufbewahrungsstätte für die Kinder berufstätiger Eltern hin zu einer Stätte frühkindlicher Bildung.
Was bedeutet das nun für das Berufsbild der Erzieherinnen? In unserer Zeit setzt die Beschleunigung des Wissenszuwachses in vielen Bereichen des beruflichen Lebens eine Akademisierung geradezu zwingend voraus. Diese Tendenz hat auch die Kindergärten und Kindertagesstätten erreicht. Der Freistaat Sachsen will seine KitaErzieherinnen künftig an Universitäten ausbilden. Ziel der Staatsregierung ist, mindestens jede fünfte Erzieherin von nun an mit einem Hochschulabschluss auszustatten.
Wenn es nach dem Willen der GRÜNEN ginge, sollte man sich damit demnächst nur noch auf eine der jährlich etwa 600 freiwerdenden Stellen bewerben können. Die Staatsregierung sieht das etwas gelassener. Laut dem von Frau Staatsministerin Stange und Frau Staatsministerin Orosz vorgestellten Konzept soll eine Quote von 20 : 80 angestrebt werden, wobei die 20 % Hochschulabsolventen vorwiegend in der Fachberatung, als Leiterin einer Kita oder Ähnliches eingesetzt werden sollen.
Was bedeutet diese Akademisierung in der Praxis? Die Staatsministerin für Soziales hat in der Presse verlautba
ren lassen, dass man – Zitat – „für die Sicherung innovativer frühkindlicher Bildungsprozesse wissenschaftlich qualifiziertes Fachpersonal benötige“. Außerdem sei eine universitäre Ausbildung ein wichtiger Schritt in Richtung Qualitätssteigerung. Den Hochschulabsolventen kämen dann andere Aufgaben zu als anderen Kollegen.
Wir wissen also nun, wohin die Reise gehen soll, wenn es nach dem Willen unserer Landes- und Sozialpolitiker geht.
Die Fraktion der NPD ist zwar der Auffassung, dass die Ausbildung der Erzieherinnen bestimmten gesellschaftlichen und auch wissenschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen, diese aber nicht unbedingt und zwangsläufig für die Mehrheit der Erzieherinnen – und hoffentlich demnächst auch Erzieher – in einer Hochschulausbildung münden muss.
Was sagen die Erzieherinnen und Eltern selbst zu dieser Entwicklung? Eltern und Kinder wünschen sich liebevolle und kompetente Erzieherinnen. Die Kinder lernen am meisten durch die Vorbildwirkung der Erzieherinnen und das eigene Tätigsein. Hier muss angesetzt werden. Wie soll ein Erzieher etwas vermitteln können, wenn er es selbst nicht weiß?
Die Erzieherinnenausbildung braucht nicht nur einen hochwertigeren Abschluss, sondern muss in erster Linie viel praxisbezogener und spezifischer sein. Der fehlende Praxisbezug war auch der Tenor, den die befragten Erzieherinnen und Kita-Leiterinnen an dem frisch gebackenen Berufsnachwuchs immer wieder beklagt haben.
Wichtig wäre auch, die Erzieherinnen durch vielfältige und ausreichende Fortbildungsangebote auf dem Laufenden zu halten. Besondere Anleitung und Weiterqualifizierung der Leitungskräfte ist Voraussetzung für qualitativ hochwertige Arbeit in den Einrichtungen. Eine kontinuierliche, kostenlose Weiterbildung für die Erzieherinnen und Leiterinnen, die natürlich verbindlich sein müsste, wurde von den Frauen als unabdingbar betrachtet.
In den zahlreichen Gesprächen mit den Erzieherinnen konnte ich auch feststellen, dass diese ganz andere Ausbildungsschwerpunkte wünschen, um den an sie herangetragenen Herausforderungen der Kinderbetreuung und -erziehung gerecht zu werden. Das hat nichts mit Bildungsfeindlichkeit zu tun.
Viele Erzieherinnen beklagen rudimentäre oder überhaupt fehlende PC-Kenntnisse, deren Aneignung aber nicht auf akademischer Ebene stattfinden muss. Zudem mangele es an Kursangeboten, bei denen man generell den Umgang mit Menschen einübt, zum Beispiel bei der Vorbereitung von Elternabenden oder in Gestalt von rhetorischen Schulungen und Ähnlichem.
Viele Erzieherinnen wünschen sich auch eine Rückbesinnung auf klassische Ausbildungsinhalte, die noch vor wenigen Jahren zum Standard einer Erzieherinnenausbildung gehört haben, zum Beispiel musikalische Grundausbildung an Flöte oder Gitarre, um Kinder an Lieder, Musik, Rhythmus und Tanz und damit an ganz elementare
Sinnvoll wäre es auch, elementare Englischkurse anzubieten, damit man die Kinder ab einem gewissen Alter an die erste Fremdsprache heranführen könne. Zu dem Wortschatz und der Grammatik, die in diesem Zusammenhang auf der Ebene von Kitas vermittelt werden können, bedarf es ebenfalls keiner mehrjährigen akademischen Ausbildung.
Zum Erkennen von Verhaltensauffälligkeiten, die seit 1990, also dem Beitritt Sachsens zur demokratischen Wertegemeinschaft, in drastischer Weise zugenommen haben, benötigt man keine graue Theorie, sondern eine wache Beobachtungsgabe und den gesunden Menschenverstand; am besten geschult durch eigene Kinder.
Wir begrüßen auch die gewünschte Erhöhung des Männeranteils als Erzieher in Kindertageseinrichtungen. Nach Auskunft der Erzieherinnen reagieren die Kinder positiv auf männliche Erwachsene. Dabei wurden als optimal in jeder Kita-Gruppe ein Erzieher und eine Erzieherin angesehen. Bis dahin ist es sicherlich noch ein weiter Weg, aber bestimmt ein richtiger, damit sich die Kinder frühzeitig mit ihrer geschlechtsspezifischen Rolle identifizieren können. Dieses positive Geschlechterbild ist ja auch im Bildungsplan verankert: Seite 5 Punkt 2.1.3. Die kürzlich stattgefundene Anhörung hat uns in dieser Hinsicht bestätigt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich ausdrücklich, dass wir heute über eine Berufsgruppe reden, die zu Unrecht oftmals weniger Aufmerksamkeit bekommt als viele andere.
Erzieherinnen und Erzieher leisten viel, sind hoch motiviert, und das, obwohl die tatsächlichen Arbeitsbedingungen nicht immer dazu anregen. Für ihr außerordentliches Engagement möchten wir als FDP-Fraktion ausdrücklich danken.
Zahlreiche neue Aufgaben müssen unsere Kindertagesstätten bewältigen. Ich möchte hier exemplarisch den Bildungsplan, das Frühwarnsystem und die Familienbildung als die wichtigsten nennen; neue Aufgaben, für die es kaum mehr finanzielle und personelle Ressourcen gibt als früher.
Trotzdem haben sich viele Erzieherinnen diesen Aufgaben gestellt und an Fort- und Weiterbildungen teilgenommen und dafür zum großen Teil auch ihre Freizeit geopfert.
Diesen Sachverhalt sollten wir nicht vergessen, wenn wir dieses Thema ansprechen. Die Professionalisierung und Aufwertung des Berufes von Erziehern ist daher schon längst überfällig. Kinderkrippe, Kindergarten und Hort sind eben nicht bloße Aufbewahrungsstätten, sondern Orte der Bildung. Erzieher haben eine enorm wichtige Aufgabe. Wenn im Kindergarten optimal gefördert und Auffälligkeiten rechtzeitig erkannt werden sollen, ist gut ausgebildetes Personal unbedingt erforderlich.
Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass die Staatsregierung neben gut ausgebildeten Fachschulabsolventen zukünftig verstärkt auf Personal mit Hochschulabschluss setzt. Dieses soll neben der Leitung von Kindertagesstätten auch spezielle Aufgaben wie Evaluation und Weiterbildung wahrnehmen.
Ich begrüße es auch, dass weiterhin für die Fachschulausbildung Raum bleibt. Damit wird nicht nur der notwendige Nachwuchs an Erzieherinnen gesichert, sondern auch ein gut gemischtes Team in den Kitas etabliert.