Vor allem die Politik ist dafür verantwortlich, dass den Menschen in unserem Land von ihrem sauer verdienten Geld immer weniger bleibt. Ich sage es ganz offen: Bevor irgendein Politiker in Berlin oder in Dresden wieder darüber nachdenkt, seine eigenen Bezüge anzuheben, muss der Aufschwung in der Mitte der Gesellschaft angekommen sein. Diejenigen, die für den Aufschwung verantwortlich sind, weil sie ihn erwirtschaften, müssen diesen erst in ihren eigenen Brieftaschen spüren – übrigens auch, weil sie mit den von ihnen gezahlten Steuern unsere Diäten zahlen.
Um Ihnen gleich noch einen Aufreger mitzuteilen: Es gibt einen Gewinner der Einkommensentwicklung hier in Sachsen, der auch ganz leicht zu identifizieren ist. Von 1991 bis 2006 stiegen die Einkommen in Sachsen um 95 %. Das liegt vor allem an den Gehaltsanpassungen, die in den ersten Jahren vorgenommen wurden. Die Diäten der Abgeordneten sind in dieser Zeit um sage und schreibe 139 % gestiegen. Herr Bräunig, das sollte man sachlich sagen dürfen.
Ich will ganz klar sagen: Ich halte Politiker für nichts Besseres. Schon in einer anderen Situation habe ich meine Auffassung dargelegt – dazu stehe ich nach wie vor –: Politiker dürfen sich nicht über das Volk stellen. In Sachsen ist das über Jahre hinweg leider geschehen. Das sollte niemanden in diesem Haus stolz machen.
Besonders putzig finde ich übrigens das Hinzuziehen der Verfassung in der Debatte über höhere Diäten; Herr Schiemann hat das vorhin so galant gemacht. Es wird immer wieder gern gesagt, der Abgeordnete müsse unabhängig sein. Die Sicherung der Unabhängigkeit sei entscheidend für die beabsichtige Diätenerhöhung. Frau Dr. Runge, welches Schweinderl hätten Sie denn gern? Sind Sie mit 4 800 Euro, die es zum 01.01.2010 sein werden, unabhängiger als bisher? Was ist der Maßstab für Unabhängigkeit?
Sind Sie mit 6 000, mit 7 000 oder mit 10 000 Euro im Monat nicht noch viel, viel unabhängiger als heute?
Das kann ich Ihnen erklären. Die finanzielle Unabhängigkeit eines Abgeordneten lässt sich aus meiner Sicht nicht so einfach bemessen. Sie hängt ganz entscheidend von den persönlichen Lebensverhältnissen bzw. der persönlichen Lebenssituation, aber auch von der persönlichen Lebenseinstellung ab. Wer zum Leben viel weniger braucht als er verdient, ist, obwohl sein Einkommen gar nicht so hoch ist, unter Unständen unabhängiger als derjenige, der mehrere tausend Euro nach Hause bringt und Monat für Monat bis auf den letzten Cent ausgibt.
Wenn wir über die Unabhängigkeit von Abgeordneten sprechen, dann müssen wir über die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Mandatsausübung sprechen sowie darüber, dass die Tätigkeit eines Politikers eben nur eine Tätigkeit auf Zeit ist.
Meine Damen und Herren! Herr Porsch, meine wahre Unabhängigkeit ergibt sich nicht daraus, dass ich für einen begrenzten Zeitraum sehr viel Geld bekomme, sondern daraus, dass ich nach meiner Tätigkeit als Politiker jederzeit an meinen vorhergehenden Arbeitsplatz zurückkehren, das heißt, meinen Lebensunterhalt mit meinem erlernten Beruf wieder selbst bestreiten kann.
Damit eines klar ist: Für mich als Selbstständigen ist das einfacher als für die vielen, die als Angestellte oder Arbeiter in dieses Parlament kommen. Aber Parlamente anderer Länder zeigen meiner Ansicht nach sehr beeindruckend, dass man Berufstätigkeit und Politik durchaus verbinden kann. Wer zum Beispiel Kreisrat ist, in einem großen Kreistag sitzt und nach der Kreisgebietsreform noch mehr zu tun hat, oder wer Stadtrat einer der größeren Städte Sachsens ist, der weiß ganz genau, welch enormes Pensum diese Menschen leisten – ohne Diäten zu erhalten und neben ihrer Arbeit, also in ihrer Freizeit Politik machen! Da könnten wir ab und zu einmal hinschauen, weil das auch für uns Vorbild sein kann.
Ihre Reaktion auf solche Ideen ist ein ziemliches Bunkerdenken. Alles, was Politik wirklich transparenter, durchlässiger und unabhängiger machen würde, ist Ihnen ein Dorn im Auge. Offenbar sind Ihnen zudem die Menschen suspekt, die auch ohne politisches Mandat überleben könnten, und das vielleicht sogar passabel.
Ihre Antwort auf all das haben Sie unter der Überschrift „Veröffentlichungspflicht von Nebeneinkünften“ gefasst. Ich will Ihnen dazu ganz klar sagen – Herr Schiemann hat es für sich schon getan –: Mir persönlich ist das völlig egal. Wenn Sie wissen wollen, was ich nebenbei verdiene – gut, ich werde es veröffentlichen. Wenn das so spannend für Sie ist, nur zu! Ich bin es gewohnt, dass man bei mir genauer hinsieht. Ich bin Transparenz gewohnt. Die Kunden, für die ich arbeite, stehen im Internet. Dass von dieser Recherchemöglichkeit gern Gebrauch gemacht wird, zeigt sich daran, dass entsprechende Daten in diesem Parlament schon häufig von meinen Kollegen hier verwendet worden sind. Aus meiner Kundenliste wurde schon zitiert. Das ist nicht das Problem.
Worum ich allerdings bitte, lieber Herr Schiemann: Zitieren Sie mich bitte richtig! Ich habe nicht gesagt, dass ich 8 000 Euro verdiene. Die hätte ich gern. Ich muss noch sehr fleißig sein, um das einmal zu schaffen. Ich habe in der „Sächsischen Zeitung“ die Frage beantwortet, was ich machen würde, wenn denn die Veröffentlichungspflicht käme. Sie sind kein Geschäftsmann; vielleicht können Sie mich trotzdem ein Stück weit verstehen. Meine Antwort lautete: Wenn die Veröffentlichungspflicht kommt, werde ich mich automatisch – unabhängig von dem, was ich tatsächlich verdiene – in die höchste Stufe eingruppieren. Ich sage Ihnen auch, warum. Ich möchte es nicht zulassen, dass meine Mitbewerber Rückschlüsse auf die geschäftliche Situation meiner Firma schließen können. Meine Mitbewerber sollen ganz klar wissen: „Meiner Firma geht es blendend. Wir sind ein ganz großes Tier am Werbemarkt. Mit denen können wir zusammenarbeiten.“ – Das, was Sie an Transparenz wollen, werden Sie durch die vorgeschlagene Regelung nicht erreichen. Wir halten diese Veröffentlichungspflicht für sehr problematisch und in dieser Form für verlogen.
(Rita Henke, CDU: Dann schwindeln Sie ja! Auweia! – Stefan Brangs, SPD: Typisch FDP – nicht die Wahrheit sagen!)
Wenn Sie das anders machen wollen, dann machen Sie es anders! Ich bin geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH, also einer Kapitalgesellschaft. Mit der Veröffentlichungspflicht treffen Sie mich nicht. Ich entscheide in meiner Firma selbst, wie hoch mein Gehalt ist. Wenn die Firma vernünftig läuft, kann ich als Einzelner – –
Das ist wie im Sächsischen Landtag, mit dem Unterschied, dass ich die Entscheidung nicht auf Kosten der Steuerzahler, sondern auf eigene Rechnung treffe.
Wenn Sie wüssten, wie man auch Gehalt beziehen kann, welche Tantiemenregelungen es gibt und anderes mehr, dann hätten Sie das alles berücksichtigen müssen. Mein Kollege Dr. Martens wird noch etwas dazu sagen, wie verdammt schlecht die Veröffentlichungspflicht handwerklich normiert worden ist. Wissen Sie, wem diese Regelung wehtut? Dem kleinen Freiberufler, auf den Sie anscheinend zielen, demjenigen, der allein seinen Kopf hinhält und versucht, in diesem Land irgendwie klarzukommen. Dem machen Sie es in Zukunft tatsächlich schwer, ein politisches Mandat in diesem Land anzunehmen.
Ich wünschte mir, dass auch mehr aus dieser Berufsgruppe in diesem Parlament sitzen würden. Sie wollen das nicht. Sie züchten mit dieser Regelung eine Kaste von Berufspolitikern. Vielleicht wollen Sie das. Ich glaube nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes das wollen, meine Damen und Herren.
Eines will ich Ihnen auch noch ganz klar sagen: Beantworten Sie mir die Fragen: Wieso messen Sie eigentlich mit zweierlei Maß? Wenn ich über Abhängigkeiten spreche, dann möchte ich auch darüber sprechen, dass hier Kollegen im Parlament sind, die ganz andere Abhängigkeiten haben. Sie haben nämlich die Möglichkeit, dass Sie über den öffentlichen Dienst den Sitz im Parlament bekommen haben, und nach Ende des politischen Mandats wieder an Ihre alten Stellen zurückzukehren können. Darüber müssen wir auch reden. Diese Rückkehrgarantie, meine Damen und Herren, habe ich nicht. Wenn ich mich nicht nebenbei noch ein bisschen um meine Firma kümmern kann, kann es sein, dass am Ende meine Firma nicht
mehr existiert. Und wenn man das politische Mandat dann irgendwann nicht mehr hat, geht man in die Arbeitslosigkeit. Ist es das, was Sie wollen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass das ein Grundsatz unseres Verständnisses von Parlamentarismus sein soll, meine Damen und Herren.
Und: Warum dürfen wir beispielsweise als Parlamentarier nicht erfahren, wie hoch die Pensionszahlungen an unsere ehemaligen Staatsminister sind? Ich habe eine entsprechende Kleine Anfrage – das war die Anfrage 4/8284, wenn Sie das nachlesen wollen – gestellt. Die Staatsregierung hat auf diese Frage Folgendes geantwortet: „Diese personenbezogenen Angaben gehören zum Kern der Privatsphäre der ehemaligen Mitglieder der Staatsregierung und können ohne deren Zustimmung nicht weitergegeben werden.“
Es geht also nicht, dass wir erfahren, was unsere Minister, mit Steuern finanziert, an Pensionen bekommen. Aber Sie wollen wissen, wie ich mit meiner recht überschaubar großen Firma Geld verdiene. Meine Damen und Herren, Ihre Offenlegungsregelung ist scheinheilig und sie ist für uns nicht akzeptabel.
Gleich noch zum Schluss, weil es vorhin angesprochen wurde und auch Martin Dulig in der „Morgenpost“ so zitiert worden ist. Er hat sinngemäß gesagt, dass viele in diesem Haus die Erhöhung ganz toll finden, weil sie sich ganz komfortabel hinter den beiden Regierungsfraktionen verstecken können. Sicherlich in der Form – da hast du auch ganz recht –: wir können dagegen stimmen und die Erhöhung erreicht trotzdem jeden Abgeordneten. Jeder bekommt sie, auch wenn ich dagegen stimme.
Gestatten Sie mir bitte, dass ich noch einmal an unsere Gesetzesinitiative zur Diätensenkung aus dem Jahr 2005 erinnere. Damals hatte die FDP die Rücknahme der Diätenerhöhung aus dem Jahr 2003 – das war der letzte Schritt, der hier gemacht worden ist – mit der Begründung gefordert, dass die Politiker in Zeiten, in denen die Bürger den Gürtel enger schnallen sollen und müssen, mit gutem Beispiel vorangehen sollten. Das brachte uns damals – an die Debatte können Sie sich sicher noch erinnern – eine Menge Beschimpfungen im Parlament ein und führte natürlich zur Ablehnung unseres Gesetzentwurfes.
Für uns selbst – der eine oder andere hat es sicher gelesen – haben wir trotzdem unseren eigenen Gesetzentwurf umgesetzt und uns selbst genau um soviel, wie wir damals von allen gefordert haben, unsere eigenen Diäten gekürzt. Jeder Abgeordnete der FDP-Fraktion spendet den Nettobetrag der Diätenerhöhung von 2003 – da waren wir noch gar nicht im Parlament – seit dem ersten Tag seiner Parlamentszugehörigkeit in ein Hilfswerk, mit dem wir sachsenweit gemeinnützige, soziale und karitative Projekte unterstützen. Ich kann Ihnen eines sagen und versprechen:
Das machen wir auch mit jedem Cent von dem, was uns jetzt mit der Annahme dieses Gesetzentwurfes mehr gezahlt wird.
Einen Satz noch zu Ihnen, Herr Apfel, weil Sie uns vorhin zu Anfang in einen Topf mit allen geworfen haben. Eine Gedächtnisfrage: Wissen Sie noch, was Ihre erste Amtshandlung war, Herr Apfel, als Sie in das Parlament gekommen sind? Ich weiß es noch ganz genau: Sie haben sich zwei fette Dienstwagen der Marke Mercedes Benz hingestellt. So ist das also, wenn Sie von sozial Schwachen und von sich als Vertreter der sozial Schwachen sprechen.
Fazit: Dieses Gesetz ist für uns als FDP-Fraktion ungerecht. Es ist unmoralisch, es ist unanständig und es ist unangemessen. Wir lehnen es daher ab.