Ferner ist der NDP-Fraktion anscheinend entgangen – und darauf wies Kollege Gerlach bereits hin –, dass nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bereits ein Vorrang für den Zugang und die Einspeisung dieser Energien in die Netze besteht. Zudem sollen mit einem neuen GasnetzZugangsmodell der Bundesnetzagentur auch beim Gashandel deutliche Fortschritte erzielt werden.
Richtig ist und bleibt, dass es weiteren Handlungsbedarf gibt. Bevor wir zum Mittel der Vergesellschaftung greifen, sollten wir zuerst weitere wettbewerbsfördernde Maßnahmen angehen, wie zum Beispiel die Einführung der Anreizregulierung oder die Verschärfung der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht, die bereits auf den Weg gebracht worden sind. Nicht zuletzt liegen seit knapp einem Monat auch Vorschläge aus Brüssel für das dritte Binnenmarktpaket auf dem Tisch. Dort geht es aber um die eigentumsrechtliche Trennung von Netz, Vertrieb und Erzeugung, nicht um die Verstaatlichung. Der Antrag der NPD-Fraktion ist also eine bloße populistische Forderung und daher abzulehnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der gleichzeitig heute zu beratende Antrag der Koalitionsfraktionen greift die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaft über steigende Energiepreise auf, aber – und dadurch zeichnet sich seriöse Politik aus – er setzt auf Fakten statt auf Populismus.
Wie sehen die Fakten aus? Sie wissen, dass zum 1. Juli die Bundestarifordnung Elektrizität weggefallen ist. Ich hatte mich vehement dagegen ausgesprochen. Leider waren die Befürworter einer Fortgeltung der Preisgenehmigung auf Länderebene in der Minderheit. Meine sehr geehrten Damen und Herren, begründet werden die Kostensteigerungen in aller Regel mit höheren Beschaffungskosten, die an die Verbraucher weitergegeben werden müssten. Hier fehlt mir der Glaube, wie Sie vorhin schon gehört haben. Nach dem Wegfall der BTO Elt ist auch eine andere Bewegung im Strommarkt festzustellen. Immer mehr Verbraucher reagieren auf den Preisschub. So zitiert das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ in seiner Online-Ausgabe am 21. Oktober dieses Jahres eine repräsentative Umfrage des Instituts TNS Emnid, wonach 41 % der Deutschen ihren Energieversorger wechseln wollen. In diesem Bericht wird auch dargelegt,
Die Staatsregierung wirbt für solch kritisches Verbraucherverhalten. Sie sieht in der steigenden Wechselbereitschaft der Energiekunden einen richtigen Weg, um über mehr Wettbewerb zu angemessenen Energiepreisen zu kommen. Hinsichtlich eines kartellrechtlichen Einschreitens sieht die sächsische Landeskartellbehörde im Bereich Strom allerdings keine Eingriffsmöglichkeiten des Landes; denn eine marktbeherrschende Stellung liegt nur bei den vier großen, bundesweit tätigen Erzeugungs- und Versorgungsunternehmen – die Namen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall wurden bereits genannt – vor, für die das Bundeskartellamt eindeutig zuständig ist. Im Bereich Gas konnte bei der Prüfrunde der sächsischen Landeskartellbehörde für 2006 und 2007 kein Missbrauch bei der Energieversorgung ermittelt werden. Vielmehr beruhten nach dieser Prüfung auch hier die Preisänderungen auf den zugrunde liegenden Bezugspreisen. Derzeit ist eine neue Prüfrunde Gas durch die sächsische Landeskartellbehörde angelaufen. Über mögliche Effekte der künftigen Anreizregulierung können derzeit noch keine verlässlichen Prognosen angestellt werden.
Für Sachsen kommt erschwerend hinzu, dass nach Feststellung der sächsischen Landesregulierungsbehörde die Netze im Regelfall überdimensioniert sind. Das heißt, je weniger Energie durch die Netze fließt, sei es durch Sparsamkeit oder demografische Effekte, desto teurer wird die einzelne Einheit. Grobe Abschätzungen zeigen, dass es dadurch bis 2020 sogar zu einem Anstieg der Netznutzungsentgelte auf 118 % des derzeitigen Niveaus kommen könnte.
Aufgrund einer erfolgreichen Intervention Sachsens bei der Verabschiedung der Anreizregulierungsverordnung könnte zumindest die demografische Veränderung beim Effizienz-Benchmark nun als sogenannte strukturelle Parameter berücksichtigt werden.
Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben jahrelang über dieses Thema debattiert. Wir sollten wirklich Taten folgen lassen. Man muss ja nicht gleich zum Mittel der Verstaatlichung greifen. Was halten Sie davon, die Konzerne per Gesetz zu zwingen, einzelne Kraftwerke zu verkaufen? Dann würden nämlich keine Entschädigungsleistungen von staatlicher Seite anfallen.
Die Frage, die auch Herr Riehl aufgeworfen hatte, ist kritisch zu beurteilen. Auf der einen Seite müs
sen wir immer wieder zur Kenntnis nehmen, dass die großen Konzerne damit eine marktbeherrschende Stellung haben. Auf der anderen Seite kann man auch mit acht Wettbewerbern ein solches Kartell herstellen, wie wir es momentan bei vier haben. Das wird nicht die allein richtige Lösung sein.
Damit komme ich zu dem, was der Abg. Michael Weichert zum Gutachten von White & Case angefragt hat. Momentan reißt die durch Medien aufgeworfene Kritik an der Strombörse EEX in Leipzig nicht ab. Ich muss sehr deutlich sagen, dass das Handelsgebaren nach den derzeitigen gesetzlichen Regelungen völlig korrekt vollzogen wird. Das ist durch die Bundeskartellbehörde und das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen überprüft worden.
Aber jetzt kommt der Punkt, und darin gehe ich mit Ihnen konform, was gesetzliche Regelungen anbelangt. Der Freistaat Sachsen hat sich auf der Basis dieses Gutachtens von White & Case bereits im Bundesrat mit einem großen Paket an Vorschlägen zu Wort gemeldet, was insbesondere die Transparenz des Handels in Leipzig anbetrifft. Das heißt, dass wir für uns die in Deutschland angesagte Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie genutzt haben, damit der Stromhandelsplatz ähnlich behandelt wird wie ein Wertpapierhandelsplatz. Das heißt für uns, dass dort Transparenzregelungen gelten sollten, die beim Verkehr mit Geld durchaus gängige Praxis sind. Wir haben leider das Bundeswirtschaftsministerium nicht überzeugen können, diese Vorschläge relativ schnell und zügig umzusetzen. Wir haben einen Arbeitskreis gegründet. Ich hoffe sehr auf eine zügige Umsetzung seitens der Bundesregierung.
Warum sage ich das? Was können wir in Leipzig tun? Der Hauptvorwurf einer möglichen Manipulation besteht darin, dass die Erzeuger genau wissen, zu welchem Zeitpunkt welche Kraftwerke in Betrieb sind. Auf der anderen Seite treten sie nicht nur als Verkäufer, sondern auch als Händler, also Käufer, auf. Deshalb muss klar sein, wie viel zu einem bestimmten Echtzeitpunkt produziert wurde und wie viel auf der anderen Seite nachgefragt wird, um Manipulationen unterbinden zu können. Dazu gehört auch eine völlige Anzeigepflicht, welche Kapazitäten zurzeit am Netz sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende werden wir staatlicherseits nur dazu beitragen können, Rahmenbedingungen zu setzen und für Transparenz zu sorgen. Das Entscheidende für mich ist, an das Verbraucherverhalten zu appellieren, wie es Kollege Gerlach getan hat. Die Chancen zum Wechseln sollten genutzt werden. Es gibt andere Anbieter zu besseren Konditionen. Ich gebe Ihnen völlig recht, dass man vorsichtig bei sogenannten Dumpingangeboten sein muss. – Herr Porsch, Sie wollen sicher gerade hineinrufen. – Bei Dumpingangeboten ist es nun einmal so, dass es Töchter der vier großen Mütter sind, die verhindern wollen, dass andere, kostengünstigere Anbieter zum Zuge kommen.
Aber ich warne davor – ich denke, das haben die Eingangsredner der Koalition deutlich gemacht –, den Leuten heute Sand in die Augen zu streuen und zu sagen, die Politik müsse nur richtig wollen und dann senken wir die Preise auf dem Energiemarkt. Das wird mitnichten der Fall sein. Was wir heute tun können, ist ein entschiedenes Umsteuern hin zu heimischen Energiequellen. Deshalb sage ich: Neben der Möglichkeit einzusparen – es ist auch eine heimische Quelle, wenn man spart und damit weniger Geld einsetzen muss –, ist es wichtig, hin zu erneuerbaren Energien zu kommen, die wir in Sachsen verfügbar haben.
Damit schließe ich die heimische Braunkohle ein. Jetzt brauchen Sie, Herr Weichert, nicht mehr zu klatschen, ich habe Ihnen zugehört.
Frau Dr. Runge, wir haben im Bundesrat die gesetzliche Regelung eingebracht, die wir für möglich halten, gerade was die Transparenz und die Darstellung des Handels betrifft. Was wir auf dem Strommarkt tun können, haben wir unternommen.
Ich verfolge momentan mit Sorge – dabei darf sich die Politik nicht zurückziehen – die Debatte um die Benzinpreise. Offensichtlich sind immer mehr Finanzspekulanten auf den Märkten aktiv und ziehen die Preise durch ihr Handelsgebaren nach oben. Es ist auch an der Strombörse erkennbar, dass Finanzinvestoren sich dort einkaufen, spekulieren und damit den Strompreis nach oben schnellen lassen. Wir werden aufgefordert sein – darin unterstütze ich insbesondere Bundesfinanzminister Steinbrück –, was die Frage Hedgefonds von Finanzinvestoren betrifft, sehr genau zu schauen, welche Bedeutung und welche Rolle sie in Zukunft spielen, und dafür zu sorgen, dass wir über solche spekulativen Eingriffe nicht zu höheren Preisen bei Kraftstoffen und Energie kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Energiepreise hat das Parlament in jüngster Zeit schon mehrfach beschäftigt. Ich gehe davon aus, es wird auch zukünftig ein Thema sein. Auf der anderen Seite ist es immer wieder gut, deutlich zu machen, dass sich die Politik nicht nur kümmert, sondern sich auch etwas einfallen lässt, um dem ungehemmten Markttreiben etwas entgegenzusetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das können wir tun. Der Freistaat Sachsen ist offen für die Vorschläge anderer Bundesländer. Diese werden wir auch prüfen. Ich weise aber darauf hin, dass die Möglichkeiten in der Marktwirtschaft durchaus ihre Grenzen haben und dass das hohe Gut der Versorgungssicherheit, das wir in Deutschland haben, auch darauf beruht, dass die Politik für alle, die am Erzeugungsprozess und an der Verteilung beteiligt sind, ein verlässlicher Partner bleiben muss.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zu den Schlussworten. Die CDU-Fraktion hat als Erste das Schlusswort. Herr Lehmann, bitte. Danach sprechen die SPD und die NPD.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es kurz machen. Herzlichen Dank für die überwiegend konstruktive Debatte. Herr Weichert, auch die GRÜNEN werden lernen müssen, dass die Menschen finanziell nicht unendlich belastbar sind. Nicht teurer Strom ist guter Strom, sondern wir müssen dort ein ausgewogenes Verhältnis finden. Es gibt nicht nur besser verdienende GRÜNE in diesem Land.
Wir als Politiker haben die Möglichkeit, unsere spezifischen Mittel zu nutzen, um den Menschen Orientierungen zu geben, ihnen zu sagen, was in der nächsten Zeit unvermeidbar auf sie zukommen wird, damit sie individuelle Vermeidensstrategien anwenden können, zum Beispiel Energie zu sparen oder sich energiesparende Geräte anzuschaffen.
Parallel dazu muss die Politik aber aktiv bleiben. Wir müssen mittelfristige Vermeidensstrategien im Sinne einer Trendumkehr suchen und finden. Ich denke, Minister Jurk hat die richtigen Signale aus unserer Runde mitgenommen. So gesehen war die heutige Debatte nützlich.
Wird von der SPD-Fraktion noch das Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte die NPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben auf den Redebeitrag des Wirtschaftsministers gewartet. Der Beitrag ist genau so ausgefallen, wie wir es erwartet haben. Es war von Absichtserklärungen die Rede und es war davon zu hören, dass die Politik Rahmenbedingungen setzen möge. Das ist uns als Nationaldemokraten viel zu wenig.
Vielleicht sind Sie in jungen Jahren – ich kenne Ihre Biografie nicht –, als Sie bei den Jusos aktiv geworden sind, irgendwann einmal in die Politik eingestiegen, weil Sie etwas gestalten wollten.
Ich bin davon ausgegangen, dass vielleicht auch Wirtschaftsminister Jurk irgendwann einmal in die Politik gegangen ist, um etwas zu verändern, um etwas zu gestalten und nicht nur um zu verwalten und zu moderieren.
Heute haben wir jemanden erlebt, der moderiert und verwaltet und das ausgerechnet, was die Strompreiswuchereien eines Energiekartells angeht. Wenn Sie weiter moderieren und verwalten wollen anstatt zu gestalten, dann können wir uns in Zukunft noch auf entsprechende Redebeiträge gefasst machen. Wir haben einen anderen politischen Ansatz. Verwalten Sie weiter und moderieren Sie und überlassen Sie den Strompreisgiganten weiterhin das Feld und erweisen Sie damit den Bürgerinnen und Bürgern und den Verbrauchern weiterhin einen Bärendienst.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, Drucksache 4/10177 abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen ist dem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden.
Ich lasse über den Antrag der Fraktion der NPD, Drucksache 4/10157 abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 10 ist beendet.