Protocol of the Session on February 24, 2005

Wir sind besonders stolz darauf, dass wir es geschafft haben, dass die Deutsche Post das europäische Frachtdrehkreuz für die Express- und Logistikunternehmen DHL am Flughafen Leipzig errichten wird. Trotz starker europäischer Konkurrenz haben wir uns als Freistaat Sachsen, zum Beispiel gegenüber einem Standort in Frankreich, durchgesetzt. Hier sollen 3 500 Arbeitsplätze direkt entstehen und weitere 7 000 indirekt. Leipzig/ Halle wird zu einem europäischen Frachtdrehkreuz entwickelt. Die Gelder dafür sind im Wesentlichen für die Jahre 2005 und 2006 in den Haushalt eingestellt worden. Es ist gut, dass wir uns das noch leisten können.

Deutschland hat hohe Lohn- und insbesondere hohe Lohnnebenkosten. Das wissen Sie und es wird oft darüber gesprochen. Wollen wir wettbewerbsfähig bleiben, müssen wir die Unternehmen mit anderen Vorteilen zu uns ziehen, zu uns locken. Eine gute Verkehrsanbindung spart Zeit und senkt die Kosten. Aus diesem Grunde werden wir die Mittel für Staats- und Kommunalstraßen aufstocken, und zwar deutlich: auf 275 Millionen Euro im Jahr 2005 bzw. 292 Millionen Euro im Jahr 2006.

Ich will noch eine Anmerkung machen: Nur aufgrund unseres Beitrages von rund 51 Millionen Euro wird zum Beispiel bereits jetzt mit dem Bau der Autobahn zwischen Chemnitz und Leipzig begonnen. Wir investieren aber auch – das will ich sagen – in den öffentlichen Nahverkehr, in die S-Bahn-Strecken in den Ballungsräumen Dresden und Leipzig, aber auch in das Erzgebirgsbahnnetz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir bauen nicht nur die Infrastruktur aus, sondern wir wissen, welchen großen Schatz qualifizierte Mitarbeiter darstellen. Wir fördern die Kindertagesstätten in den Jahren 2005 und 2006 mehr als in den vorhergehenden Jahren. Die Förderung von Schulen, Hochschulen sowie von Kulturund Bildungseinrichtungen ist für uns nicht nur ein Anliegen, sondern wir tun das auch. Sie können das an den Zahlen nachverfolgen.

Für unsere bundesweit anerkannte Kinderbetreuung sind 2005 rund 280 Millionen Euro und 2006 rund 283 Millionen Euro vorgesehen. Es wird ein zusätzliches Investitionsprogramm von 15 Millionen Euro für die weitere Sanierung und den Neubau von Kindertagesstätten aufgelegt. Ich habe auch schon mit einigen Bürgermeistern über diese Dinge gesprochen und ich weiß, dass die für dieses Programm vorgesehenen Mittel sehr rasch abfließen werden.

Ab August wird außerdem ein Schulvorbereitungsjahr eingeführt. Dafür geben wir 3,2 Millionen Euro in diesem und 7,8 Millionen Euro im nächsten Jahr aus. Kinder – das wissen wir – sind unsere Zukunft und eine gute Ausbildung ist ihre, ist unser aller Zukunft. Ich glaube, dass es richtig ist – und dafür kämpfen wir –, in Sachsen hierfür die besten Bedingungen zu schaffen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Meine Damen und Herren, wir werden auch weiterhin als eines der wenigen von 16 deutschen Bundesländern –

neben Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen – ein Landeserziehungsgeld zahlen.

(Beifall bei der CDU)

Auch dies können wir uns noch leisten. Ich hoffe, dass das Beispiel Dresden, wo es im vergangenen Jahr – jedenfalls sagen das die Statistiken – schon einen kleinen Babyboom gab, in ganz Sachsen Schule macht.

Meine Damen und Herren, damit Sachsens Schüler künftig besser rechnen und lesen als ihre Altersgenossen in manchen anderen Bundesländern, schaffen wir an den Grundschulen 800 und an den Berufs- und Förderschulen jeweils 100 zusätzliche Lehrerstellen. Außerdem freue ich mich natürlich – ich möchte das deutlich unterstreichen –, dass wir vom Bund 200 Millionen Euro bekommen und sie bis 2008 in den Ausbau von Ganztagsschulen stecken können.

Über 100 000 junge Leute studieren zurzeit an sächsischen Hochschulen 100 000, meine Damen und Herren! Davon kommen rund 40 % aus anderen Bundesländern oder aus dem Ausland zu uns. Ich glaube, das ist ein sehr, sehr schöner Beleg für die Attraktivität unserer Hochschulstandorte. Mit 188 Euro pro Einwohner für den laufenden Hochschulbetrieb liegen wir im Freistaat Sachsen deutlich über dem Durchschnitt aller ostdeutschen Länder und selbst über dem finanzstarken Bayern.

Als Finanzminister sehe ich das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das kostet den Freistaat Sachsen nämlich viel Geld. Hierüber müssen wir natürlich auch mit anderen Bundesländern sprechen. Außerdem wünsche ich mir, dass unsere besten Köpfe und Talente, die wir in Sachsen ausbilden, auch für den weiteren Aufbau des Landes bei uns bleiben oder zurückkommen und hier ihre Steuern zahlen.

Mit der Hochschulvereinbarung schaffen wir Planungssicherheit für die Hochschulen und die Studenten. Wir haben 2005 rund 772 Millionen Euro eingeplant. Auch der Hochschulbau wird weiter vorangetrieben. 265 Millionen Euro werden in den nächsten zwei Jahren für diesen Komplex ausgegeben. Ich möchte erwähnen, dass die Universität Leipzig ihren Campus am Augustusplatz neu gestalten kann. Die TU Dresden freut sich über den Neubau der Fakultät Informatik. Physiker und Elektrotechniker an der Technischen Universität Chemnitz werden ein neues Zuhause bekommen: den vor der Sanierung stehenden so genannten Weinholdbau.

Meine Damen und Herren, Lebensqualität umfasst weit mehr als die Bereiche Infrastruktur, Wirtschaft und Bildung. Sachsen ist natürlich ein altes Kulturland. Die Kultur im Freistaat Sachsen, geprägt durch Theater, Museen, Chöre, Orchester – man könnte noch viel mehr nennen –, bedeutet ein Stück sächsischer Lebensfreude, sächsischer Identität und sächsischer Heimat. Ich habe mich gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Ludwig sehr darüber gefreut, dass wir im Januar dieses Jahres das Kleine Haus des Staatsschauspiels in Dresden wiedereröffnen konnten.

(Beifall der Abg. Horst Rasch, und Lars Rohwer, CDU)

Für unsere staatlichen Bühnen und Museen im ganzen Land sind im Doppelhaushalt über 190 Millionen Euro eingeplant.

Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Zitat verlesen: „Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“ Mit diesen schönen Worten beschrieb einst Pablo Picasso den Kunstgenuss. Das kann ich durchaus nachempfinden.

Da uns das Wohlbefinden der Sachsen am Herzen liegt, gibt Sachsen natürlich mehr Geld pro Einwohner für die Kultur aus als alle anderen deutschen Bundesländer. Auch hier sind wir Spitze. Im Jahr 2005 sind es 91 Euro pro Einwohner. Allen Vorurteilen zum Trotz fließt das Geld nicht nur nach Dresden. Wir haben acht ländliche Kulturräume, für die wir insgesamt 56 Millionen Euro jährlich ausgeben. 10 Millionen Euro jährlich haben wir allein in diesem Doppelhaushalt draufgelegt.

Meine Damen und Herren, der Staatsregierung sind auch die kommunalen Probleme bekannt. Uns liegen die Kommunen besonders am Herzen. Nahezu ein Drittel des gesamten Haushaltsvolumens – das sind etwa 5 Milliarden Euro – geht an unsere Landkreise, Städte und Gemeinden. Wir reichen zum Beispiel den Ausgleich für Hartz IV vollständig an die Kommunen weiter. Der Freistaat hat hier keine „klebrigen Hände“. Ganz im Gegenteil, wir finanzieren die Bundeszahlungen sogar vor, damit unsere Kommunen ihre Aufgaben ohne Liquiditätsengpässe finanzieren können. Auf mein diesbezügliches Schreiben an den Bund habe ich eine abschlägige Antwort bekommen. Der Bund zahlt nur quartalsweise, die Kommunen brauchen aber monatlich Geld. Diese Lücke füllt der Freistaat Sachsen. Damit stehen wir den Kommunen zur Seite, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, auf uns alle warten auch in nächster Zeit schwierige Aufgaben. Ich will ein Thema ansprechen: Wir müssen die Verwaltung verschlanken und die Personalkosten eindämmen. Das gelingt uns allen aber nur mit einer nach meiner Auffassung umfassenden Verwaltungsreform. Ich glaube, das gehört zu den wichtigsten Vorhaben in dieser Legislaturperiode. Eine unabhängige Expertenkommission wird bis Mitte dieses Jahres hierzu Vorschläge präsentieren.

Die Personalkosten sind mit fast einem Drittel der weitaus größte Ausgabenblock im Haushalt. Das kann sich auf Dauer nicht weiter nach oben entwickeln. Hier müssen wir eingreifen, hier ist Handeln erforderlich. Das liegt daran, dass wir viele personalintensive Bereiche haben. Das betrifft beispielsweise Sicherheit und Bildung. Daran ist auch nichts auszusetzen. Schulen ohne Lehrer und Sicherheit ohne Polizei sind nicht möglich. Das wissen wir alle.

Problematisch ist aber etwas anderes: die außerordentliche Dynamik dieser Ausgaben. Obwohl wir zwischen 1995 und 2005 rund 15 000 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut haben, sind in demselben Zeitraum die Personalausgaben um 540 Millionen Euro gestiegen. Trotz Personalabbaus Anstieg der Personalkosten. Das hat mit der Angleichung Ost – West und natürlich auch mit den Tarifverhandlungen zu tun.

Ein großes Problem sind auch die überproportional steigenden Versorgungsaufwendungen bei den Beamten. Inzwischen betragen sie 36,6 Millionen Euro. Nun kann man sagen, dass das im Vergleich mit den alten Bundesländern eine zu vernachlässigende geringe Summe sei. Das stimmt vom Prinzip her, aber die Dynamik, die darin steckt, ist groß. Bis zum Jahre 2020 – das sollte man wissen, wenn man in die Zukunft denkt – ist mit einem Anstieg dieser Versorgungsaufwendungen in der Größenordnung von 300 Millionen Euro zu rechnen.

Da sehen wir schon, in welcher kurzen Zeit sich diese Werte etwa verzehnfachen.

Die neuen Länder haben zusätzlich noch eine große Erblast zu tragen, nämlich die Sonder- und Zusatzversorgungssysteme der ehemaligen DDR. Haben wir hierfür 1991 noch rund 86 Millionen Euro ausgegeben, so müssen wir im Jahr 2005 für die gleiche Sonder- und Zusatzversorgung, allerdings mit erweiterten Inhalten, 770 Millionen Euro aufbringen, ohne dass wir damit die Zukunft finanzieren. Wir finanzieren damit die Vergangenheit. Hier fordern die neuen Länder gemeinsam eine dramatische Entlastung vom Bund, wie uns das von ihm versprochen wurde.

Meine Damen und Herren! Um das Altersproblem wenigstens in dem Maße in den Griff zu bekommen, wie wir selber dazu beitragen können, haben wir mit dem Haushaltsbegleitgesetz einen Gesetzentwurf eingebracht. Wir ändern damit das System der Finanzierung der Beamtenversorgung. Der Freistaat zahlt jährlich für Beamte, deren Dienstverhältnis ab dem 1.1.2005 beginnt, in einen so genannten Finanzierungsfonds ein. Der Fonds wird so angespart, dass bei Dienstaustritt die Versorgungsansprüche damit vollständig finanziert werden können.

Es ist meiner Meinung nach nur gerecht, dass wir jetzt für unsere Beamten dieses Geld aufwenden, da wir auch jetzt die Leistung in Anspruch nehmen.

Mit der Auflage des so genannten Pensionsfonds gehört Sachsen zu den Vorreitern in Deutschland. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Problem nicht auf die nächste Generation abgewälzt werden sollte. Jetzt werden die Leistungen erbracht und jetzt ist dafür auch die Finanzierung erforderlich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Rheinland-Pfalz ist übrigens das einzige deutsche Bundesland, das bisher auf diesem Gebiet aktiv ist.

Ich glaube, es steht uns gut zu Gesicht, auch hier Generationengerechtigkeit walten zu lassen.

Das allein reicht aber nicht. Wir müssen stärker als bisher geplante Stellen abbauen. Bisher waren – das wissen die, die länger im Landtag sind – 88 500 Stellen das Ziel für das Jahr 2008. So hat es der letzte Sächsische Landtag im Dezember 2002 beschlossen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Damit hätten wir immer noch deutlich mehr Personal als die Verwaltungen westlicher Flächenländer. Darauf will ich hinweisen. Diese Länder finanzieren uns aber über den Länderfinanzausgleich mit.

Die Staatsregierung hat deshalb mit dem Haushaltsentwurf beschlossen, bis 2010 die Stellenzahl auf 80 000 zu senken. Auch hier müssen wir also mehr erreichen, als wir uns ursprünglich vorgenommen hatten.

Meine Damen und Herren! Wir haben in der jüngsten Zeit alle die Berichte in den Medien verfolgt, in denen den neuen Ländern vorgeworfen wird, sie würden investive Zuweisungen des Bundes zum Stopfen von Haushaltslöchern – möglicherweise im konsumtiven Bereich – verwenden. Der Osten sei ein Milliardengrab. So ist es nachzulesen.

In diesen Veröffentlichungen – darauf will ich hinweisen – taucht mit schöner Regelmäßigkeit immer häufiger ein kleiner Satz auf. Das ist, wie ich finde, ein ganz wichtiger Nebensatz. Er lautet: „… mit Ausnahme von Sachsen.“ Ich finde diesen Satz ganz toll und freue mich jedes Mal, wenn ich ihn lese.

(Beifall bei der CDU)

Wir geben das Geld ausschließlich für den Aufbau aus. Hier ist es gut angelegt. Das beste Wirtschaftswachstum gemeinsam mit Bayern im vergangenen Jahr ist dafür Beweis genug. Mit unserer Arbeit haben wir uns diese Ausgangsposition unter den neuen Ländern hart erarbeitet. Das soll auch so bleiben.

Wir halten am Kurs einer nachhaltigen Finanzpolitik fest. Wir senken die Nettoneuverschuldung bis 2009 auf null. Wir investieren über 20 % unseres Haushaltes. Das können andere neue Länder bei weitem nicht mehr. Wir bauen die Infrastruktur aus und fördern die Wirtschaft. Sachsen soll familienfreundlicher werden. Wir stärken weiterhin Kultur und Bildung und – das ist mir auch sehr wichtig, meine Damen und Herren – wir treffen Vorsorge für sinkende Einnahmen. Ich hatte darauf hingewiesen, wie sehr sich in den nächsten Jahren die Einnahmen aufgrund des Bevölkerungsrückganges und des Sinkens der gesetzlichen Solidarpaktmittel verringern werden. Dem sollten wir durch Vorsorge begegnen.

Meine Damen und Herren! Im Namen der Staatsregierung bitte ich Sie daher um Ihre Unterstützung, damit wir mit den vorgesehenen Ausgaben zum weiteren Aufbau des Freistaates Sachsen beitragen können. Jetzt zu handeln ist mein Bekenntnis für eine aufbauorientierte und nachhaltige Finanzpolitik.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Aussprache. Ich erteile der Fraktion der PDS das Wort; der Vorsitzende, Herr Prof. Porsch, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, zunächst einmal herzlich willkommen im Club der Jungsechziger hier im Hause. Ich glaube, Sie haben mich jetzt als bis dato Jüngsten abgelöst. Zugleich meinen Dank an Sie. Sie haben vor 14 Tagen Klartext gesprochen im Kreise der Bremer Kaufleute und Kapitäne anlässlich der traditionellen Schaffermahlzeit. Das deutsche Sozialsystem gefährde immer mehr die

Gesellschaft, meinten Sie. Ein Zitat: „Der soziale Zusammenhalt unserer Gesellschaft zerbröselt zusehends wegen des Sozialstaates.“ Es wird weiter berichtet, Sie seien der Meinung, das System sei durch zu viel Umverteilung von Einkommen und Nivellierung von Unterschieden geprägt. „Gleichmacherei“ – so zitiert man Sie wieder – „entschärft zwar soziale Konflikte, lähmt aber auch die Triebkräfte einer Gesellschaft.“ Das sind kühne Behauptungen unter dem Schutz des Postens und des Publikums. Sozialdarwinismus besiegt endgültig das Christentum.

Wäre das eine Frage des Glaubens, so wäre es Ihre Sache, Herr Ministerpräsident. Leider geht es aber um den von Ihnen erwünschten Zustand der Gesellschaft. Da wird es unser aller Sache, zumal wenn sich dies im Haushaltsplan, dem wichtigsten politischen Dokument unseres Landes und dem doch wohl exponiertesten Beleg Ihrer Richtlinienkompetenz, ausdrückt – und es drückt sich aus, und zwar Seite für Seite.

Ich will das an einem besonders extremen Beispiel deutlich machen, nämlich anhand der Angaben zu Steuern und steuerähnlichen Einnahmen in den Vorbemerkungen des Entwurfs zum Doppelhaushalt. Da ist zum Beispiel die Vermögensteuer angeführt. Sie bringt null Einnahmen. Das ist ganz klar – sie wird ja auch nicht erhoben. Forderungen nach ihrer Erhebung werden aus dem konservativen Lager als Neidkampagnen abgetan.