Protocol of the Session on February 24, 2005

(Vereinzelt Beifall bei der PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Sehr richtig!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Warum soll ein Kind mit besser verdienenden Eltern mehr Geld über Steuersubventionen erhalten als ein Kind gering verdienender Eltern? Dabei ist es egal, ob diese höheren Subventionen als Kinderfreibeträge oder als Familiensplitting getarnt werden.

Jedes Kind ist gleich viel wert; wenn man es überhaupt so sagen kann. Jedes Kind hat das Recht auf gleiche Förderung, auf die gleiche Zuwendung, die gleiche Bildung usw. Aus diesem Grund fordert die PDS unter anderem die Erhöhung des Kindergeldes für alle Kinder auf 250 Euro als einen ersten Schritt

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

hin zu einer Grundsicherung für Kinder, und zwar unabhängig von der Einkommenssituation der Eltern.

Familienfreundlichkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren, heißt für uns, dass ein Kind nicht in Armut leben muss, dass es nicht aus einer Kita ausgeschlossen werden kann, dass es einen gleichberechtigten Zugang zur Bildung hat und dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Mütter und die Väter gleichermaßen gesichert ist. Wer also eine tatsächlich familienfreundliche Politik will, muss diesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS und den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion bitte. – Kein Bedarf. Die NPD-Fraktion. – Frau Abg. Schüßler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Als Ehefrau und dreifache Mutter stehe ich natürlich jedem Vorschlag, der Familien mit Kindern begünstigt, positiv gegenüber. Und auch als Abgeordnete denke ich so, einfach weil wir Nationalen unser Volk nicht gern aussterben lassen sehen wollen.

(Zuruf von der PDS: Wie bitte?)

Diese Position vertritt meine Partei übrigens nicht erst seit gestern wie die etablierten, sondern bereits seit den

siebziger Jahren. Schon damals hat die NPD in den westlichen Bundesländern

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

versucht, eine Debatte über diese Frage zu führen; leider fast immer vergeblich. Kein etablierter Politiker wollte damals irgendetwas davon hören, leider auch keiner von der FDP. Ganz im Gegenteil. Die etablierten Politiker und die Medien – wie immer eine harmonische Einheit – taten lange alles, um jede Diskussion über die Bevölkerungsentwicklung im Keim zu ersticken. Kam gar das Wort Bevölkerungspolitik, wurde fast immer die Nazikeule herausgeholt oder es ins Lächerliche gezogen. Das war zunächst nach der Wende auch bei uns hier in den neuen Bundesländern so, als die Geburten innerhalb von nur zwei Jahren auf die Hälfte absackten.

Erst nach der Jahrtausendwende fingen die Parteien allmählich wieder an, die Bevölkerungsentwicklung anzusprechen, weil sie einfach nicht mehr verschleiert werden konnte und man sogar das Argument des demografischen Wandels brauchte, um Sozialleistungen zu kürzen oder Schulen zu schließen. In letzter Zeit ist hinzugekommen, dass einige Politiker so ganz zaghaft – meist in einem Nebensatz – darauf hinweisen, dass wegen der demografischen Situation die Bereitschaft zum Kind erleichtert werden müsse. Uns allen sollte aber klar sein, dass man diese Bereitschaft zum Kind nicht allein durch Steuerreformen fördern kann, sondern vor allem durch ein Umdenken in der Gesellschaft, einer Gesellschaft, die hemmungslosen Konsum, Selbstverwirklichung oder maximalen Lustgewinn des Einzelnen an die erste Stelle setzt, wie wir erst kürzlich in der Drogendebatte erfahren durften.

Beim Familiensplitting, wie generell bei allen Verfahren, die die Progression beeinflussen, ist darauf zu achten, dass es in erster Linie den Besserverdienenden begünstigt. Deswegen gibt die NPD einem höheren Kindergeld den Vorzug, und zwar schon seit dem Bundestagswahlkampf 2002 fordern wir 500 Euro für jedes deutsche Kind.

(Beifall bei der NPD – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Was?)

Genau! Statt der derzeitigen 154 Euro bzw. Ihren geforderten 250 Euro.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Was sind deutsche Kinder?)

Das schließt aber nicht aus, dass der Vorschlag der FDP, die bevölkerungspolitisch notwendige Förderung von Kindern und Familien im Landtag zu diskutieren, aus unserer Sicht unterstützenswert ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Martin Dulig, SPD, steht am Mikrofon.)

Ich gestatte keine Zwischenfragen.

Gut.

Nur sollte diese Diskussion nicht mit einem falschen Zungenschlag geführt werden. Herr Bahr vom FDP-Bundesvorstand hat sich darüber beklagt – ich zitiere –, „dass in Deutschland die Falschen die Kinder bekommen, nämlich die sozial Schwachen“. Das ist nämlich der Punkt. Ich gehe aber davon aus, dass die FDP im Sächsischen Landtag alle Familien mit Kindern fördern will ohne Ansehen des sozialen Status. Deswegen wird unsere Fraktion diesen Antrag unterstützen.

Ich denke aber auch, dass sich die Diskussion nicht unbedingt auf das Splitting beschränken muss, sondern alle denkbaren Formen der Förderung von Familien mit Kindern einbeziehen sollte. Was das Einkommensteuergesetz betrifft, ist es zwar an sich Bundessache, aber der Länderanteil am Aufkommen dieser Steuern und die Zustimmungspflicht im Bundesrat machen sie durchaus auch zur Ländersache. Wir müssen also keine Scheu haben, hier im Landtag ausführlicher darüber zu sprechen, wie es bereits die CDU vorgeschlagen hat. Das in den Ausschuss zu überweisen, ist eine gute Idee.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: In den „deutschen“ Ausschuss!)

Eins ist sicher: Dem Ernst der Lage wäre es allemal angemessen, so vorzugehen. Denn inzwischen stehen wir hier im Lande kurz vor dem demografischen Offenbarungseid.

Das Familiensplitting ist natürlich mit diversen Problemen verbunden. Das ist bekannt. Man hat das einfache tarifliche Familiensplitting und das Familienrealsplitting über die zivilrechtlichen Unterhaltsbestimmungen. Dann muss aufgepasst werden, dass die hinter dem Ehegattensplitting stehende Idee der Leistungsgemeinschaft nicht überstrapaziert wird. Der Gleichheitssatz des Grundgesetzes muss beachtet werden usw. usf.

Aber für mich zählen eigentlich nur zwei Dinge:

Erstens. Dass von vornherein klar ist, dass es hier nicht darum gehen kann, den Perfektionismus der Steuerfachleute zu befriedigen.

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Ich gestatte keine Zwischenfragen.

Gut.

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, setzt sich demonstrativ mit dem Rücken zur Rednerin auf ihren Platz. – Lachen bei der NPD – Zuruf von der NPD: Sie müssen sich umdrehen!)

Es muss jedenfalls eine wirklich wirksame bevölkerungspolitische Maßnahme her. Das ist

nicht nur mit einem Steuersplitting getan. Die Zielrichtung und die Dringlichkeit müssen klar sein. Zweitens. Die Praktizierbarkeit und die Finanzierbarkeit müssen einwandfrei nachgewiesen werden.

Wenn diese zwei Voraussetzungen erfüllt sind, haben wir eigentlich gute Chancen, dass wir einen Erfolg erzielen.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD – Uwe Leichsenring, NPD: Ein deutsches Kind ist ein Kind, das deutsche Eltern hat, Herr Porsch. Das wissen Sie als Österreicher nicht. Aber das sind ja auch Deutsche. – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Aber sagen Sie das nicht in Österreich!)

Nun die Fraktion der GRÜNEN, bitte. Frau Abg. Herrmann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tatsache, dass in unserem Land zu wenige Kinder geboren werden, ist heute schon verschiedentlich Gegenstand der Diskussion gewesen. Die FDP-Fraktion legt uns einen Antrag vor, in dem das Familiensplitting als eine Möglichkeit der Förderung von Familien angestrebt wird. Allerdings finden wir in diesem Antrag außer der Förderung der Familienfreundlichkeit noch ein zweites Ziel. In der Begründung wird geschrieben, dass die Erlassung der Steuerschuld im Zusammenhang mit dem Ehegattensplitting jedoch nicht für Familien ohne Trauschein zutreffend ist. Wenn wir dieses zweite Ziel, Paare ohne Trauschein Familien gleichzustellen und dort Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wollen, dann können wir das in keinem Fall mit irgendeinem Splittingmodell erreichen. Splittingmodelle sind dafür völlig ungeeignet. Dies wäre nur mit einem individualisierten oder partiell individualisierten Steuersystem zu erreichen.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Heike Werner, PDS, und Martin Dulig, SPD)

Das wiederum würde dem anderen Punkt, den die FDPFraktion erreichen will, nämlich Kinderfreundlichkeit, zuwiderlaufen. Diese Modelle sind nicht gerade dazu angetan, Kinderfreundlichkeit an die erste Stelle zu rücken.

Wenn wir andere Formen des Zusammenlebens der traditionellen Familie gleichstellen wollen, ist das Steuerrecht dafür eine denkbar ungeeignete Form.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN, der PDS und der SPD)

Gehen wir aber zu dem Anliegen der Familienfreundlichkeit zurück. Es ist von den Vorrednern schon gesagt worden, dass in dem Zusammenhang zumindest am Rande die Frage gestellt werden sollte, ob staatliche Gelder am besten an dieser Stelle – einer Förderung über das Steuerrecht – eingesetzt werden sollten oder an anderen Stellen, um geeignete Betreuungsangebote, Mög

lichkeiten der Arbeitszeitgestaltung oder Gestaltung der Bildungslandschaft zu befördern.