(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Welchen Beitrag haben sie geleistet? – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Welchen denn?)
Wenn Sie sehen, dass zwischen 1998 und 2005 die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Verhältnisse gesunken ist und seitdem wieder steigt, gibt es natürlich noch andere Effekte, die nicht auf Hartz IV zurückzuführen sind.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Meinen Sie nicht, dass es eher mit der Klimakatastrophe zu tun hat?)
Danke, Frau Präsidentin. – Herr Krauß, da Sie gerade die positiven Zahlen nannten: Diese leugnen wir wirklich nicht. Es gibt mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Herr Jurk hat Ihnen auch gerade Beifall gegeben. Deshalb ist meine Frage: Wie viele davon sind Leiharbeitsplätze?
Zweite Frage: Wissen Sie, wie viele Arbeitsuchende es in Sachsen gibt? Da würden wir die ganzen Statistiktricks einmal ausblenden. Sie wissen, wie viele Menschen Arbeit suchen?
Ich komme noch darauf zu sprechen; ich bin erst am Anfang meiner Rede. Aber lassen Sie mich zum Thema Leiharbeit noch etwas sagen.
Wieso haben wir denn so viele Leiharbeiter? Hängt das vielleicht mit dem Kündigungsschutz, den wir haben, zusammen, dass Unternehmer sagen: Wir stellen niemanden ein, sondern nehmen lieber Leiharbeiter?
Aber ich möchte erst noch ein wenig fortfahren, sonst komme ich heute gar nicht mehr zum Mittagessen. – Wir haben wieder die altbekannte Klage zum Thema Armut gehört. Wer ist denn nun arm? Unter welche Definition fällt das? Außerdem, Herr Dr. Pellmann, möchte ich Ihnen sagen: Hartz IV ist genau dazu da – und auch die Sozialhilfe war dazu da –, dass Menschen nicht in Armut fallen. Genau das ist der Zweck, dass es diese Grundsicherung gibt.
Klar ist natürlich auch: Wer Hartz IV bezieht, der lebt nicht üppig, sondern er muss mit dem Geld bescheiden leben. Aber er ist nicht arm! Darauf, das festzustellen, lege ich Wert.
(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Dr. Cornelia Ernst und Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)
Sie wissen auch, wie das berechnet wird. Herr Pellmann hatte angedeutet, dass es eine Berechnung über die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe gab, bei der man geschaut hat, wie viel das ist, was die unteren 10 % verdienen, die jeden Tag zur Arbeit gehen. Dieser Satz ist der Ausgangspunkt für die Summe, die jemand erhält, der Hartz IV bekommt. Ich halte das für eine gerechte Regelung, denn der Grundgedanke: „Wer arbeitet, soll nicht weniger haben als der, der nicht arbeitet“ ist richtig.
Eigentlich sollte es so sein, dass derjenige, der arbeitet, immer mehr hat als der, der nicht arbeitet, denn das ist sozial.
Sehr geehrter Herr Krauß, das Erste: Sind Sie deshalb, damit genau das passiert, was Sie zuletzt gesagt haben, nicht auch mit mir gemeinsam für den gesetzlichen Mindestlohn?
Zum Zweiten: Sind Sie nicht mit mir der Meinung, dass die seit 2001 geltende Definition für Armut der EU in dem jeweiligen Land der EU auch für uns endlich gelten müsste? Da gibt es klare Einkommensobergrenzen und alle Hartz-IV-Empfänger liegen weit, weit darunter. Sollten wir nicht endlich diese in allen europäischen Ländern angemessene und gültige Definition auch für Sachsen zur Kenntnis nehmen, anstatt uns herauszureden?
Zum Zweiten, zur Statistik. Das wäre jetzt der Punkt, der auch bei mir auf dem Papier steht. Wenn ich Ihren Armutsbegriff sehe, sagen Sie: Wenn jemand Hartz IV bezieht, dann ist er gleich arm. Das heißt, er hat wenig Geld und dazu zählen Sie logischerweise auch die, die arbeiten und das gleiche Geld haben. Jetzt nehmen wir mal Ihren Vorschlag, Herr Pellmann, Hartz IV zu erhöhen, wie Sie vorschlagen, meinetwegen auf 420 Euro. Was würde denn statistisch passieren? Würde die Zahl der von Armut Betroffenen sinken oder würde sie steigen? Nach Ihrer Definition würde sie steigen, obwohl die Hartz-IVBeträge erhöht worden wären. Das ist doch vollkommener Unsinn.
(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie sind durch die sächsische Schule gegangen, das merkt man! – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Das ist so ein Unfug, was Sie erzählen!)
Fahren wir aber fort und ich will es noch einmal betonen: Natürlich hat jemand, der nicht arbeitet, weil er es nicht kann, weil er keinen Job findet, weil er vielleicht krank ist, den Anspruch und die Solidarität, die Unterstützung der anderen, die arbeiten, verdient. Zu dieser Grundsicherung stehe ich. Das ist wichtig, denn das gehört zu einer solidarischen Gesellschaft.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Die CDU! – Karl Nolle, SPD: Jetzt bin ich aber mal gespannt!)
Wir haben auf der einen Seite 300 000 Arbeitslose und wir haben auf der anderen Seite das Problem, dass wir von einem Fachkräftemangel reden und dass wir von einem Arbeitskräftemangel in Sachsen reden. Das passt doch irgendwie nicht zusammen. Wir haben Diskussionen mit den Obstbauern, die sagen: Wir bekommen unsere Erdbeeren und unsere Kirschen nicht von den Feldern, weil wir keine einheimischen Arbeitskräfte finden. Da muss man sich doch fragen, warum. Oder wie kommt es, dass mir ein Unternehmer aus meinem Wahlkreis, der Leute für eine ungelernte Tätigkeit sucht, für die man keine Vorbildung mitbringen muss, und der bereit ist, dafür 7 bis 8 Euro zu zahlen, sagt: „Ich finde für diese Arbeitsplätze nicht genügend Leute.“?
Ich sage gleich vorweg – – Aber bei 15 % Arbeitslosen müsste der Markt eigentlich genügend Arbeitskräfte hergeben, Frau Lay.
(Caren Lay, Linksfraktion: Angebot und Nachfrage regeln den Preis! – Karl-Friedrich Zais, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)
Danke, Herr Krauß. – Weil Sie jetzt richtigerweise sagen, es fehlten auch den Unternehmern qualifizierte Leute, die Sie einstellen könnten.
Ja, Unqualifizierte. Wir wollen immer Qualifizierte. Sie meinen mit oder ohne Facharbeiterabschluss. – Ist Ihnen bekannt, dass mit der Einführung von Hartz IV die Anzahl der Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen auf das geringste Maß in der Geschichte der BRD gesunken sind? Wissen Sie, warum?
Ich komme zu den Weiterbildungen und da werden Sie hören, dass die Aussage, die Sie herüberzubringen versuchen, so nicht stimmt.
Herr Zais, natürlich habe ich mich mit der Problematik gut auseinandergesetzt und habe mir zum Beispiel auch die Mühe gemacht, nicht nur die Gesetzlichkeiten anzuschauen, sondern auch Ihre Große Anfrage.
Ich bin dennoch der Ansicht, auch wenn wir sagen, wir haben einen Fachkräftemangel, dass die meisten arbeiten wollen. Das steht für mich außer Frage. Aber es gibt natürlich auch einige, die nicht arbeiten wollen. So ehrlich, das zu sagen, müssen wir auch sein. Wenn die Bundesagentur für Arbeit in einigen Gebieten, meinetwegen im Saarland, eine Untersuchung durchgeführt hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass 20 % nebenher schwarz arbeiten, also jeder Fünfte, dann muss man dazu sagen, dass man das nicht akzeptieren kann.
Wenn als Erfahrung aus dem „Modellprojekt Bürgerarbeit“ in Sachsen-Anhalt berichtet wird, dass man die Arbeitslosenquote allein um 4 % gesenkt hat, indem man diejenigen herausgenommen hat, die kein Interesse an Arbeit haben, dann ist das auch etwas, was man zur Kenntnis nehmen muss.
Es kann nicht sein, dass man die Arbeitslosenquote von 15 % auf 11 % auf diese Weise senkt, indem man nur fragt, ob das Interesse an Arbeit da ist.
Jetzt komme ich zum Nächsten. Warum haben denn einige kein Interesse an Arbeit? Warum finden diese Obstbauern hier in Sachsen keine Leute, die auf den Feldern arbeiten wollen?