Protocol of the Session on July 6, 2007

und sich beruflich anderweitig orientiert. Ich weiß, dass das Ihre Argumentation stört, aber ich werde es Ihnen trotzdem sagen.

(Volker Bandmann, CDU: Das können Sie einmal den ehemaligen Haftinsassen von Bautzen erzählen!)

Herr Kollege Bandmann, erst im Jahre 2004 bewarb sich Herr Külow um ein Mandat im Stadtrat in Leipzig und kandidierte erfolgreich für den Sächsischen Landtag.

Meine Damen und Herren von den Anklagebefürwortern, auch wenn Sie hier so murren: Wie viel Zurückhaltung erwarten Sie eigentlich noch von einem politisch sehr aktiven Menschen, der sich in die Gestaltung des Landes einbringen will?

(Zuruf des Abg. Rolf Seidel, CDU)

Oder plädieren Sie allen Ernstes für die lebenslange Aberkennung des passiven Wahlrechts für ehemalige IMs? Wenn ja, dann sollten Sie das hier ganz offen sagen. Das hätte allerdings mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr viel zu tun.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Im Übrigen – auch das möchte ich noch einmal betonen – ist gerade Volker Külow mit seiner MfS-Vergangenheit stets offen umgegangen.

(Rolf Seidel, CDU: Lüge!)

Als er sich im Jahre 2000 entschlossen hat, sich um den Stadtvorsitz in Leipzig zu bewerben, hat Herr Külow – auch mit Blick auf die Wahl im Jahre 2004 – im Februar 2001 über seinen Anwalt bei der Birthler-Behörde einen förmlichen Antrag auf Einsichtnahme in die zu seiner Person existierenden Unterlagen gestellt, und zwar ausdrücklich mit der Begründung, er möchte die Akteneinsicht zum Zwecke der Offenlegung der Sachverhalte gegenüber den Wählerinnen und Wählern nutzen.

Trotz Nachfragen wurde ihm mehr als drei Jahre lang die beantragte Akteneinsicht verweigert. Im Juni 2004 – es gab noch immer keine Auskunft – hat Herr Külow erneut einen Dringlichkeitsantrag gestellt und darauf verwiesen, dass er unverzüglich um Akteneinsicht ersuche, weil er

beabsichtige, für den Landtag zu kandidieren, und das Ergebnis der Beauskunftung öffentlich machen wolle.

(Zuruf des Abg. Rolf Seidel, CDU)

Daraufhin gab es im August 2004 eine Teilauskunft,

(Rolf Seidel, CDU: Er wollte nur wissen, ob was da ist!)

die öffentlich vorgestellt werden sollte. Auch diese Möglichkeit wurde ihm verwehrt. Die Genehmigung der Offenlegung ist durch die Birthler-Behörde verweigert worden.

(Rolf Seidel, CDU: André, das ist pervers! – Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Pervers sind Ihre Zwischenrufe, Herr Kollege!

(Zurufe von der CDU)

Ich will ganz klar sagen: Wenn ein Abgeordneter die Bereitschaft zeigt, das offenzulegen, und die BirthlerBehörde ihm das verweigert – die Schriftwechsel liegen alle vor –, dann sollten Sie nicht so tun, als wenn Herr Külow nicht bereit gewesen wäre, vor der Wahl die Dinge offenzulegen.

Exakt unter diesen Voraussetzungen hat Herr Külow für den Sächsischen Landtag erstmals kandidiert, nach drei Wahlperioden bewussten Verzichts und mit dem nachgewiesenen Willen, seine Stasiakten vollständig zu veröffentlichen.

Angesichts dieses Umstandes und angesichts des Faktes, dass der Betreffende alles Mögliche versucht hat, um sich jetzt mit früheren Opfern zusammenzusetzen, sich bei ihnen zu entschuldigen – dort, wo es persönlich möglich ist –,

(Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)

sehen wir als Linksfraktion keinerlei sachliche Rechtfertigung für eine Abgeordnetenanklage. Es drängt sich stattdessen einmal mehr der Eindruck auf, dass hier ein parteipolitisches Exempel statuiert werden soll, nicht zuletzt auch deshalb, um von den aktuellen Skandalen in Sachsen ablenken zu können.

(Lachen bei der CDU – Frank Kupfer, CDU: Das ist lächerlich!)

Meine Damen und Herren! Während in der sächsischen Korruptionsaffäre bis in die letzten Wochen hinein massiv Akten vernichtet wurden, penibel auf Datenschutz und die Verjährungsfristen – selbst für schwerste Straftaten – geachtet wird,

(Zuruf der Abg. Heinz Eggert, CDU)

werden die IMs von einigen in diesem Haus offenbar als vogelfrei betrachtet.

(Heinz Eggert, CDU: Ja, ja!)

Während die Verfassungsschutzakten, wenn es ins politische Konzept passt, selbst von der Regierung massiv in

Zweifel gezogen werden, wird der Wahrheitsgehalt von Stasi-Akten geradezu heroisiert, wenn sie dazu dienen könnten, politisch Missliebige zu diskreditieren. Wir sind sicher, dass die Mehrheit der Menschen im Land diese Doppelmoral durchschaut.

(Lachen des Abg. Rolf Seidel, CDU)

Lassen Sie mich abschließend Folgendes betonen: Auch in der Linksfraktion gibt es differenzierte Sichten auf geschichtliche Vorgänge, auf die DDR-Vergangenheit allgemein und zum Thema Staatssicherheit im Besonderen. Dies liegt naturgemäß am Lebensalter sowie an der Herkunft oder Sozialisation der einzelnen Abgeordneten. In einem sind wir uns allerdings einig: Wir lassen uns von Ihnen weder Ihre Moralvorstellungen aufdrücken, noch werden wir Ihr einseitiges und zum Teil völlig verschrobenes DDR-Geschichtsbild akzeptieren. Wir als LINKE haben in zum Teil sehr schmerzlichen Prozessen unsere eigene Geschichte intensiv und kritisch aufgearbeitet.

(Rolf Seidel, CDU: Eben nicht!)

Die ehemalige Blockpartei CDU hat eine solche Aufarbeitung bis heute vollständig verweigert.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehr richtig!)

Von daher besitzen gerade Sie keinerlei Legitimation, uns irgendwelche Vorschriften zu machen, weder politisch noch personell.

(Volker Bandmann, CDU: Das ist unglaublich!)

Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass zunächst wir auf Parteitagen und danach die Wählerinnen und Wähler darüber entscheiden, wer für uns im Sächsischen Landtag sitzt. Wir können und werden nicht akzeptieren, dass andere Parteien versuchen, die Zusammensetzung unserer Fraktion nach ihren Wünschen zu beeinflussen.

Ich schließe mit der Bemerkung, dass in einer Frage in der Linksfraktion absolute Einigkeit besteht: Sie werden uns nicht auseinanderdividieren können. Ich erkläre in Ruhe, aber mit allem Nachdruck: Volker Külow ist Mitglied der Fraktion DIE LINKE und er wird es bleiben, egal, was Sie in den kommenden Monaten alles anstellen mögen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf des Abg. Rolf Seidel, CDU)

Herr Dr. Külow, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem vorliegenden Antrag auf Erhebung der Abgeordnetenanklage werden von den Unterzeichnern schwere Geschütze gegen mich aufgefahren. In der circa zwei Seiten umfassenden Begründung wird insgesamt dreimal

betont, dass die fortwährende Innehabung meines Abgeordnetenmandats – angeblich – „untragbar“ sei.

Als wesentlichen Grund für dieses bemerkenswerte Urteil – de facto immerhin der lebenslange Entzug des passiven Wahlrechts für meine Person – führen die Unterzeichner aus, dass der Abg. Dr. Volker Külow angeblich bis heute – ich zitiere – „keine ausreichend kritische Distanz zum Staatssicherheitsdienst der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und seiner eigenen Tätigkeit erkennen“ lasse.

Um der heute anwesenden Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, sich ein eigenes und zugleich möglichst authentisches Urteil über meine damaligen Beweggründe und heutige Bewertung zur Zusammenarbeit mit der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS in den Jahren 1988/1989 zu bilden und sich damit zugleich die Frage beantworten zu können, ob dieser gegenüber meiner Person geäußerte Vorwurf wirklich zutrifft, möchte ich im Folgenden auf meine Stellungnahmen vor der Landespressekonferenz am 15. Februar 2007 und vor dem Bewertungsausschuss des Sächsischen Landtages am 27. Februar 2007 näher eingehen.

Diese beiden Statements lagen den Mitgliedern des Hohen Hauses am Mittwochabend vor, als von einer Mehrheit des Landtages in geschlossener Sitzung die Abgeordnetenanklage gegen mich beschlossen wurde. Ich habe, so begann ich seinerzeit meine Stellungnahme im Bewertungsausschuss, nie einen Hehl aus meiner politischen Biografie gemacht und bereits im Jahre 1990 der sächsischen PDS den Fakt meiner Zusammenarbeit mit dem MfS offengelegt.

(Widerspruch bei der CDU)

Immerhin war ich – Herr Kollege Dr. Hahn hat bereits darauf verwiesen – damals ehrenamtlicher stellvertretender Landesvorsitzender der PDS Sachsen und zugleich Beschäftigter im öffentlichen Dienst an der Universität Leipzig. Diese von mir nicht gescheute Offenheit war damals mit einem erheblichen beruflichen Risiko verbunden.

Zur Bewertung des Anfang 2007 neu von der BirthlerBehörde vorgelegten Materials, das ausschließlich aus den Beständen der Hauptverwaltung Aufklärung stammt, erklärte ich, dass Teile meiner Akte zweifellos stärker innenpolitisch ausgerichtet waren, als es mir bis dahin erinnerlich und demzufolge auch mehr als bisher der Öffentlichkeit bekannt war.