Protocol of the Session on July 5, 2007

Wenn man, wie die GRÜNEN, die Braunkohlenverstromung offensichtlich ablehnt – so kann ich Ihre Position nur verstehen –, dann muss man auch sagen, wo der Strom herkommen soll.

(Unruhe im Saal – Heiterkeit bei der Linksfraktion)

Herr Präsident, ich kann die Heiterkeit nicht verstehen. Ich finde das ungebührlich, wie Kollegen in diesem Hause sich als Abgeordnete in einer Parlamentsdebatte wahrnehmen.

(Beifall bei der FDP – Volker Bandmann, CDU: Sie machen Ihrem Ruf als Spaßpartei wirklich alle Ehre!)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit. Bitte.

Wenn man wie Sie Braunkohle zur Verstromung ablehnt – da war ich stehen geblieben –, muss man sagen, wo der Strom herkommen soll. Er kann entweder aus Atomkraftwerken aus Frankreich oder aus

den Dreckschleudern im Bereich der Kohleverstromung aus Osteuropa kommen. Beides wollen wir nicht. Wenn Sie in Ihrer Begründung zu dem Antrag bejammern, dass in der alten Periode des Nationalen Allokationsplanes die Zertifikate kostenlos herausgegeben wurden, ist das sehr halbherzig, weil – Frau Dr. Runge hat es schon angesprochen – es eine rot-grüne Bundesregierung gab. Es wäre möglich gewesen, einen Teil dieser Zertifikate zu versteigern. Es war doch Rot-Grün, die genau das nicht gewollt haben. Es gehört zur Ehrlichkeit, das anzusprechen.

Wie wir wissen, werden unsere hohen Strompreise unter anderem dadurch verursacht, dass wir im Bereich des Stromes faktisch keinen Wettbewerb haben. Wir müssen darüber nachdenken, wer der Elefantenhochzeit im Strombereich zugestimmt hat. Das war doch auch RotGrün. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Es war ein roter Minister, der aus der Energiebranche kam, dann nicht entschieden hat, es seinen Staatssekretär hat machen lassen, und nach der Entscheidung haben sich beide wieder in die Energiebranche verabschiedet. Frau Hermenau, ich glaube, Sie saßen damals im Deutschen Bundestag. Warum sind Sie den Kollegen nicht in den Arm gefallen? Warum haben Sie sie gewähren lassen? Sich hier hinzustellen und die heile Welt zu erklären, aber selbst nicht mitzuentscheiden, wenn man die Möglichkeit hat, ist pharisäerhaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Abwinken der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich erteile das Wort der Fraktion GRÜNE. Frau Hermenau, bitte.

Herr Morlok, das war jetzt der Versuch, die neue Parole von Herrn Westerwelle umzusetzen. Die FDP nähert sich also in einem rasenden Derwischtanz dem Thema Umwelt- und Energiepolitik an. Dabei kommt die Sendung mit der Energiemaus Sven Morlok heraus. Das haben wir jetzt gerade genossen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Gerlach, mir ist völlig klar, dass es in Ihrer Fraktion, erst recht in der Koalition, in der Sie sich befinden, eine vielschichtige Diskussion ist und es auch nur langsame Erkenntnisgewinne gibt. Aber Sie wissen wahrscheinlich noch besser als ich, dass wir keine Zeit für diese Tänze haben. Dann ist es sträflich, wenn Sie ständig den großen Kämpfer für erneuerbare Energien geben, aber die Koalition in völlig andere Richtung handelt. Das ist einfach nicht in Ordnung. Das sage ich hier so deutlich.

Frau Runge, ich weiß nicht, was Sie zu diesen leicht stutenbissigen Angriffen auf mich und die GRÜNEN beflügelt hat, aber ich sage es Ihnen mit Marx, vielleicht kommt das an. Das tangiert mich maximal peripher.

Wenn Andrea Roth wirklich keine Einzelkämpferin in Heuersdorf gewesen ist, sondern Ihre Partei in der Frage steht, dann haben Sie bei der jetzt folgenden namentlichen

Abstimmung die Möglichkeit, das unter Beweis zu stellen.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, Linksfraktion)

Dann ist ja alles in Ordnung. Dann brauchen Sie auch nicht mehr anzugreifen.

Herr Mannsfeld, Sie meinten, ein kurzfristiger Ausstieg wäre eine Torheit. Das ist völlig richtig. Das sehen wir ganz genauso. Kein GRÜNER hat in diesem Landtag von einem kurzfristigen Ausstieg gesprochen. Was denken Sie denn von uns?! Natürlich sollen die ihre Kraftwerke amortisieren können. Keine Frage! Aber neue zu bauen, das ist ein Problem. Das haben wir auch deutlich gesagt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Sie wollen die Gleichbehandlung der Energieträger in Sachsen vorantreiben. Wenn wir sie denn schon mal hätten, Herr Mannsfeld! Was wir haben, ist kein Energiemix, sondern wir haben 80 % aus der Braunkohle. Wo ist da der Mix, bitte schön? Sie bemühen wohlfeile Argumente, die in der Praxis nicht viel bedeuten, genauso wie das relativ billige Argument, da wären ein paar tausend Arbeitsplätze in der Braunkohle gefährdet. Verdammt noch mal, Sie wissen doch genauso gut wie ich, wie viele mögliche neue Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien entstehen! Das sind Handwerksberufe. Da werden natürlich viele Arbeitsplätze entstehen, nämlich in der technischen Nachbetreuung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Ich weiß gar nicht, was Sie hier umtreibt, so etwas zu behaupten.

Wir sollen – das wurde uns von Ihnen aufgetragen – die Braunkohle nicht diskriminieren. Das hat keiner von uns getan. Wir haben sie nicht diskriminiert und nicht schlechter gestellt als andere Energieträger. Wir wollen nur verhindern, dass sie doppelt besser gestellt wird. Wir wollen die Privilegierung verhindern. Das halte ich für mehr als angemessen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Wenn Sie hier von einer einseitigen Energiepolitik der GRÜNEN sprechen, dann erinnern wir an den Nationalen Allokationsplan. Der wurde von Brüssel und nicht von den Brüsseler GRÜNEN, sondern von der Brüsseler Kommission gerügt. Das ist schon ein Unterschied. Er wurde gerügt wegen der Braunkohle. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

Sie können natürlich darauf rekurrieren, dass vielleicht bei den neuen Kraftwerken in Zukunft eine Möglichkeit für die CO2-Abscheidung existiert. Ich habe mir die Vorträge bei Gesamtmetall angehört. Dort gab es einen interessanten Vortrag zum Thema CO2-Abscheidung. Es war zu hören, die Technologie ist im Versuchsstadium. Dann höre ich, bei der Lagerung ist noch nicht ganz klar, wie lange und wie gut das funktioniert. Da versprechen Sie uns doch irgendetwas, was noch gar nicht genau klar und umgesetzt ist oder umgesetzt werden kann. Sie

hoffen, dass es so kommt. Wenn es nicht kommt, was machen wir dann? Dann haben wir verpasst, den Schwerpunkt der Investitionen in den Bereich der erneuerbaren Energien zu legen. Damit kann ich mich nicht einverstanden erklären.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Herr Mannsfeld für die CDU.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sicherlich hat die Debatte schon an Länge gewonnen. Jetzt wollen wir hoffen, dass sie noch etwas Fahrt aufnimmt. Insofern kann man das so nicht stehen lassen, was jetzt von der Vorrednerin zu hören war.

Frau Hermenau, haben Sie sich überhaupt einmal überlegt, wenn Sie die bestehenden Arbeitsplätze in der Braunkohle in den beiden Ländern Sachsen und Brandenburg so gering schätzen und sagen, es sind in der erneuerbaren Energietechnologie viel mehr Arbeitsplätze zu schaffen, dass Sie die 8 000 Arbeitsplätze quasi abgeschrieben haben? Diese interessieren Sie nicht. Genau eine solche unsoziale Politik ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Dann hören Sie doch zu. Wenn Sie sagen, wir sind an den neuen Arbeitsplätzen interessiert, muss man auch Aussagen zu den bestehenden treffen. Wenn das nicht kommt, kann ich nur eine Schlussfolgerung ziehen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Des Weiteren kann man natürlich sagen, Vattenfall führt alle an der Nase herum. Eine Abscheidetechnik findet nicht statt. Aber wenn Sie etwas von Wirtschaft verstehen würden – Sie verstehen sehr viel von Finanzen –; ich kenne kein anderes Unternehmen, das 200 Millionen Euro investiert und heute schon weiß, dass diese Technologie nicht funktioniert. Also wieder etwas, was nicht stimmt.

Nun eine letzte Bemerkung: Frau Kollegin, Sie haben in der 81. Sitzung, in der wir schon einmal über diese Dinge diskutiert haben, ausgeführt: „Es ist die gemeinsame Lebenslüge dieser beiden Koalitionsfraktionen, dass der Verbleib in der alten Braunkohlenpolitik ohne schwerwiegende Folge möglich sei. Das ist eine Lebenslüge. Sie ist verantwortungslos.“

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Herr Lichdi, Sie können da hinten krähen, wie Sie wollen, es bleibt doch nur ein Hahn. Der ist aber auch nicht da.

Frau Hermenau, wenn ich Sie zitiere, unabhängig von dem verbalen Kraftakt, wissen Sie, man kann in der Politik nicht immer nur allgemein über Schweinebraten

diskutieren, obwohl ich mir sicher bin, dass viele Leute nicht wissen, was ich jetzt gemeint habe.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Aber unabhängig davon stelle ich fest, es ist eine Lebenslüge, um Ihre Begriffe aufzunehmen. Sie besteht darin, der Öffentlichkeit einzureden – das kam heute auch zum Ausdruck –, Sachsen würde schon bald zum Pfirsich- und Aprikosenland werden. Wir sollten aufhören, bestimmte Tendenzen, die einige Klimaforscher erkannt haben, so weit auf Sachsen herunterzubrechen. Ich weiß, wovon ich rede. Es bleibt auch so, dass die Fragezeichen in dieser Richtung noch größer sind als die gesicherten Aussagen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf)

Wenn Sie eine Frage haben, stellen Sie sich ans Mikrofon. Verantwortungslos ist es, einfach die Augen vor der Realität zu verschließen und insofern beratungsresistent die mittelfristige Nutzung der Braunkohle zu verteufeln, ohne Ersatz anzubieten – Herr Morlok hat meine vorhin getroffene Aussage noch einmal aufgegriffen. Wenn man das alles nicht will, muss man aber aus sozialer Sicht dann irgendwann erklären, wie die Versorgung der Öffentlichkeit und der Industrie stattfinden soll.

(Beifall bei der CDU)

Insofern, denke ich, ist es nicht richtig, und es hört sich sicher auch in den Ohren der Betroffenen sehr missverständlich an, wenn wir auf einen wichtigen Energieträger verzichten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Andrea Roth, Linksfraktion, steht am Mikrofon.)