Protocol of the Session on June 8, 2007

Die Jagdpachtverträge müssen zukünftig so gestaltet werden, dass der heimische Jungwald in befriedigender

Zahl und Qualität aufwachsen kann. Ins Jagdgesetz gehört auch der Grundsatz: Wald vor Wild. Hier kommt mein Aufruf an die sächsische Bevölkerung: Esst mehr Wildprodukte!

Ein weiteres Ziel sächsischer Forstpolitik muss es sein, Fichtenreinbestände im Hügelland und in unteren Lagen des Erzgebirges verstärkt umzubauen. Die Fichte ist besonders anfällig für Wetterextreme. Die verzeichneten Sturmschäden sind hier fünfmal so hoch wie bei der Buche. Steigende Temperaturen führen dazu, dass die durch Trockenstress geschwächten Fichten den Borkenkäferbefall nicht erfolgreich abwehren können. Während in den letzten 40 Jahren die Schadholzmenge des vom Buchdrucker befallenen Holzes bei bis 15 000 Festmetern jährlich lag, bewegt sie sich seit 2003 auf einem Niveau von teilweise über 100 000 Festmetern. Die Fichte wird in diesen Bereichen mittel- und langfristig ausfallen und muss durch andere angepasste Baumarten, wie Rotbuche oder die nicht einheimische Douglasie, ersetzt werden. Hier gilt es umzudenken.

Ähnlich sieht es in den Tieflagenbereichen Nordsachsens aus. Laut Prognose verringert sich der Jahresniederschlag dort um bis zu 13 %. In diesem Fall bekommen selbst die an die Trockenheit angepassten Kiefern auf den Sandstandorten Probleme. Einen Vorgeschmack hatten wir in diesem Jahr schon mit Problemen bei Kiefern und Eichen. Mehr dazu in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der Fraktion der GRÜNEN das Wort. Frau Herrmann, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben viel vom Wald als Patient im Klimawandel gehört, aber er ist nicht nur Patient, er kann auch als Arzt das Klima therapieren. Durch eine grundsätzliche Wende in der Bewirtschaftung können die sächsischen Wälder von einem Opfer des Klimawandels zu einem wirksamen Instrument des Klimaschutzes werden, denn – wie schon ausgeführt wurde – der Wald leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Grundwasserqualität, zur Bindung klimaschädlicher Gase und zum Erhalt der Artenvielfalt. Es ist richtig, der ökologische Waldumbau hat begonnen, aber erstens geht er nicht schnell genug, zweitens nicht konsequent genug und drittens scheint es so zu sein, dass wir zum Teil kurzfristigen wirtschaftlichen Verlangen erliegen, die hervorgerufen werden, weil Holz immer günstiger als Brennstoff und mehr nachgefragt wird.

Der Erfolg einer umfassenden Waldwende für den Klimaschutz ist notwendig und abhängig von vielen Faktoren, von denen ich einige nennen werde.

Erstens. Waldmehrung für den Klimaschutz. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschlandweit gibt es eine sehr bemerkenswerte Schülerinitiative mit dem Namen „Plant fort the Planet“ – Pflanzen für den Planeten. Die Jugend

lichen möchten mit dieser Aktion das Ziel der Vereinten Nationen unterstützen, 2007 wenigstens eine Milliarde Bäume zu pflanzen. Dadurch soll ein verstärktes Bewusstsein für die Problematik des Klimawandels geschaffen werden. In unserem Landesentwicklungsplan von 2003 wurde festgelegt, dass der Waldanteil auf 30 % anzuheben ist, und dieser Anteil wurde auch nach Jahren noch nicht erreicht. Wir wissen alle, dass es genug landwirtschaftlich wenig ertragreiche Flächen in benachteiligten Agrarzonen gibt, die keine Naturschutzrelevanz haben. Hier liegt ein großes Aufforstungspotenzial mit positivem Einfluss auf Wasserhaushalt und Schadstoffspeicherung.

Zweitens. Vom Holzacker zum Laub- oder Mischwald. Für den Klimaschutz gilt eben nicht nur zuerst – was ich bisher angeführt habe – Masse, sondern vor allen Dingen auch Klasse der Wälder. In Sachsen existieren an vielen Stellen immer noch gleichaltrige NadelbaumMonokulturen. Sie sind verhältnismäßig artenarm, anfällig für Trockenheit, Stürme und Schadinsekten. Das hat mein Kollege schon ausgeführt. Die Klimaschutzbilanz fällt darüber hinaus im Vergleich zu Laub- und Mischwäldern sehr viel schlechter aus. Wie viel Sickerwasser unserem Grundwasser zugute kommt und wie viel CO2 gespeichert wird, ist maßgeblich von der Baumartenzusammensetzung abhängig. Im Unterschied zu Nadelwäldern wird in Laubwäldern Kohlenstoff stärker in den unteren Bodenschichten gespeichert und damit langfristig und sicher der Atmosphäre entzogen. Ergebnisse aus dem bundesweiten Forschungsverbund „Zukunftsorientierte Waldwirtschaft“ zeigen, dass der Umbau von Kiefernwäldern hin zu Buchenwäldern zum Beispiel die Steigerung der Speicherkapazität der Böden für Kohlenstoff verdoppelt. Naturnaher Waldumbau heißt auch Trinkwasserschutz. In Laubwäldern ist die Sickerwassermenge wesentlich größer als in Nadelbaumbeständen. Der Wald der Zukunft muss deshalb der naturnahe, standortgerechte Laub- und Mischwald sein, in dem verschiedene Arten wachsen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Verjüngung der Wälder durch natürliche Verjüngungsarten der Dauerbewirtschaftung ist das Gebot der Stunde. Der „natürliche Kahlschlag“ durch „Kyrill“ hat alle negativen Auswirkungen gezeigt, wenn bei Monokulturen die Bäume im gleichen Alter sind. Noch eine Anmerkung zur Jagd: Wir müssen von der Trophäenjagd zum Schutz des Waldes kommen. Der Anteil der Laubbäume mit abgefressenem Leittrieb ist in Sachsen auf 26 % gestiegen. Wir haben in Sachsen viel zu hohe Schalenwildbestände, die den dringend nötigen Waldumbau im Keim ersticken. Oder sollte man treffender sagen: abfressen? Wir haben in Sachsen offenbar die Situation, dass die Jäger mit der effektiven Bejagung dieser Wildbestände überfordert sind. Wie sonst ist es zu erklären, dass Minister Tillich im Januar die Jäger über die Presse auffordern musste, in ihren Anstrengungen zur Bejagung nicht nachzulassen.

Hilflose Appelle des Umweltministers an die Jagdverbände helfen uns aber nicht. Der Grundsatz „Wald vor Wild“

muss von der Staatsregierung konsequent durchgesetzt werden. Das heißt, der Wald der Zukunft muss wildbiologisch sinnvoll und effektiv bejagt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Wald der Zukunft muss anders aussehen. Und, Herr Kupfer, wenn Sie sagen, die Klimaänderung wird den Wald verändern, sage ich, wir müssen den Wald so umbauen, dass er klimagerecht wird.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird von der CDU-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Herr Kupfer, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Grundsatz heißt es für die sächsischen Wälder und Waldbesitzer, sich an die gegebenen Klimaverhältnisse anzupassen. Das ist nicht unbedingt negativ zu bewerten, da dadurch Monokulturen verschwinden und der Wald an sich ökologischer wird.

Für die Forstwirtschaft, die einerseits nachhaltig wirtschaftet, andererseits aber auf den Rohstoff Holz angewiesen ist, bedeutet dies jedoch längere Vegetationszeiten und damit Ertragsverluste.

Der Freistaat Sachsen hat bereits seit vielen Jahren Maßnahmen zur Anpassung der sächsischen Wälder an den Klimawandel ergriffen. Ausgehend von dem im § 45 des Sächsischen Waldgesetzes verankerten Ziel einer vorbildlichen Waldbewirtschaftung im sächsischen Staatswald mit nachhaltiger Erfüllung aller Waldfunktionen investiert der Freistaat Sachsen seit 1992 in einen langfristigen Waldumbau.

Aktuelle Ziele und Grundsätze des Waldumbaus für den Staatswald des Freistaates Sachsen, aber auch für die Privat- und Körperschaftswälder sind in der Verwaltungsordnung Waldbaugrundsätze vom 01.01.1999 konkretisiert. Darin heißt es sinngemäß unter anderem: Unter Waldumbau wird sowohl die zeitgerechte Pflege der vorhandenen jungen und mittelalten Wälder als auch die Verjüngung der älteren Bestände verstanden. So wird eine kontinuierliche Entwicklung zu den angestrebten, stärker strukturierten Mischwäldern gefördert. Diese ökologisch stabilen und ökonomisch wertvollen Wälder setzen sich zukünftig landesweit vorrangig aus Baumarten der natürlichen Baumgemeinschaft zusammen. Die Verjüngung wird vorwiegend durch die Einbringung von Buchen und Eichen, aber auch der seltenen Weißtanne und anderer Edelbaumarten unter dem Schutz der älteren Bäume vorgenommen.

Unter dem weitgehenden Verzicht auf Kahlschläge entsteht durch den Waldumbau ein Dauerwald, in dem Ernte, Pflege und Verjüngung auf ganzer Fläche stetig erfolgen. Seit 1994 wurde neben der Pflege nahezu aller vorhandenen Bestände Verjüngung auf mehreren tausend Hektar vorgenommen. In diesem Zusammenhang ist auch eine entsprechende Regulierung vor allem der Schalenwildbestände vorgenommen worden. Hier tragen die

Jäger des Freistaates Sachsen eine große Verantwortung für den Waldumbau und damit auch für den Klimaschutz.

Meine Damen und Herren! Wie bereits erwähnt, stellt der Waldumbau nicht die einzige Maßnahme dar, die die Wälder auf die Klimaänderungen vorbereitet. Neben dem Waldumbau spielt im Freistaat Sachsen auch die Wieder- bzw. Erstaufforstung im Sinne von ökologischem Waldaufbau eine zentrale Rolle. Auch in diesem Zusammenhang haben die verschiedenen Institutionen im Freistaat Sachsen bereits größte Leistungen vollbracht.

Die Förderung der Erstaufforstung dient in erster Linie dazu, insbesondere in waldarmen Gebieten, die sich durch extreme Klimabedingungen auszeichnen und landwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden, den Waldanteil zu erhöhen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank. – Ich höre die ganze Zeit mit Interesse zu. Sie sagen lauter richtige Dinge. Sind Sie denn der Meinung, dass die Maßnahmen ausreichen? Ich warte die ganze Zeit, ob da was kommt. Wir sind der Meinung, dass alles richtig ist, was Sie sagen, auch die Ansätze, doch sie werden nicht konsequent durchgeführt. Können Sie vielleicht noch Ausführungen dazu machen, wie Sie das sehen?

Ich gehe davon aus, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich habe ja auch dargestellt, dass in den vergangenen Jahren schon eine Menge getan wurde. Dass wir noch nicht am Ziel sind, bestreitet keiner, Herr Lichdi. Aber wir sind auf dem richtigen Weg, und diesen werden wir konsequent fortsetzen.

Die Förderung des Freistaates Sachsen sieht daher finanzielle Aufwendungen sowohl für die Anlage als auch für die Pflege der entsprechenden Flächen vor. Hierfür geeignete Standorte zu finden, darin liegt das eigentliche Problem. Die notwendigen Böden sind heute ein wertvolles Gut und dürfen nicht leichtfertig vergeben werden oder ungenutzt bleiben. Daher ist es nur in begrenztem Maße möglich, Wiederaufforstungen durchzuführen.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Wald im Freistaat Sachsen durch die Anstrengungen der sächsischen Forstpolitik in den vergangenen Jahren stets auf das Ziel des ökologischen Waldumbaus und der Wiederaufforstung ausgerichtet war. Neben dem Schutz der Wälder und der Erweiterung der Waldflächen war und ist das Leitbild ein naturnaher, frei strukturierter Wald, der eine geringere Anfälligkeit gegenüber abiotischen und biotischen Gefährdungen aufweist und die von ihm erwarteten vielfältigen Leistungen dauernd und in optimaler Weise erbringt. Unter diesen Prämissen setzt sich die Sächsische Staatsregierung

konsequent und zielstrebig mit dem Thema „Der sächsische Wald und Klimawandel“ auseinander.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wird von der Linksfraktion.PDS noch das Wort gewünscht? – Frau Altmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Herrmann, Sie haben vorhin den Wald als möglichen Doktor für das Klima dargestellt. Die Linksfraktion.PDS möchte diesem Doktor, damit er seine Aufgabe auch wirklich gut erfüllen kann, noch einen richtig starken Helfer an die Seite stellen, sozusagen einen sach- und fachkundigen Assistenten. Sie können sich gewiss alle schon denken, wen ich damit meine: natürlich den Staatsbetrieb Sachsenforst in seiner jetzigen Form. Diese Forderung hat sich die Linksfraktion.PDS nicht allein ausgedacht. Ich gehe davon aus, dass Sie sich noch alle an die Ergebnisse der Anhörung im Umweltausschuss am 15. Januar dieses Jahres erinnern werden. Das Ergebnis dieser Anhörung war eindeutig. Es war ein 8 : 0 der Experten für den Erhalt des Staatsbetriebes Sachsenforst.

Zahlreiche Verbände äußerten sich in gleicher Richtung. Ich nenne hier zum wiederholten Male, weil ich denke, dass es wichtig ist, einige davon. Es war die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die Arbeitsgemeinschaft land- und forstwirtschaftlicher Betriebe Sachsen und Thüringen, der Sächsische Forstverein, der Sächsische Waldbesitzerverband, der Verband sächsischer Forstunternehmen und – man höre und staune, das sage ich besonders gern – es gab auch Stellungnahmen des Hauptpersonalrates Forst im SMUL und vom Gesamtpersonalrat im Staatsbetrieb Sachsenforst.

Mag es bei den Genannten Unterschiede auf der Motivationsebene geben, auf der Handlungsebene sind sie sich einig, sind wir uns einig: Der Staatsbetrieb Sachsenforst muss erhalten bleiben – auch und gerade, weil der Schutz des Waldes vor den Auswirkungen des Klimawandels Staatsaufgabe sein muss, weil Klimaschutz Staatsaufgabe sein muss.

Meine Damen und Herren! Zum Klimaschutz gehört aus unserer Sicht natürlich mehr als Forstpolitik. In diesem Zusammenhang möchte ich sowohl Kollegin Herrmann als auch Kollegen Kupfer widersprechen. Wenn Kollege Kupfer sagt, das Klima wird den Wald verändern, und Frau Herrmann sagt, wir müssen den Wald so verändern, dass er dem Klima standhalten kann, ist das meiner Meinung nach zu kurz gegriffen. Ich bin mit der Linksfraktion.PDS der Meinung, dass wir gleichzeitig alle Anstrengungen unternehmen müssen, damit wir das Klima wenigstens noch zu beeinflussen versuchen. Wir müssen versuchen, das Klima so zu gestalten, dass wir den Klimawandel noch bremsen. Dazu gehört aus unserer Sicht mehr als Forstpolitik, dazu gehört genauso eine intelligente Strukturpolitik, eine weitsichtige Förderpoli

tik für innovative Umwelt- und Verfahrenstechnologien, natürlich für uns eine Energiepolitik jenseits der Braunkohle und vieles mehr.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Altmann?

Bitte, Herr Kupfer.

Frau Altmann, können Sie sich erinnern, dass ich gesagt habe, der Wald muss als Gestalter des Klimas und das Klima als Gestalter des Waldes betrachtet werden? Ich habe schon diesen Zusammenhang hergestellt.

– Gut. Dann haben Sie in Ihrem zweiten Redebeitrag sogar beides vereint. Darin gebe ich Ihnen recht. In Ihrem zweiten Redebeitrag haben Sie dann die Meinung von Frau Herrmann und Ihre eigene Meinung beim Gegenüberstellen zusammengebracht. Trotzdem geht genau das, wie ich vorhin gesagt habe, für uns nicht weit genug. Wir müssen nicht nur mit Forstpolitik versuchen, auf das Klima Einfluss zu nehmen, sondern weit darüber hinaus

Auf keinen Fall stimmt es, wenn man sagt, dass der Wald dem Klima angepasst werden muss. Dass das als die Lösung genommen wird, dem widerspreche ich auf jeden Fall. Ich habe gesagt, was dazugehört: für uns natürlich auch Energiepolitik jenseits der Braunkohle. Zum Klimaschutz gehört für uns aber genauso, dass wir uns unseren Lebensstil auf Kosten der Natur nicht mehr leisten können, was auch damit zu tun hat, dass vielleicht nicht wir Menschen die Krönung der Schöpfung sind, sondern dass diese Ehre dem siebten Tag, dem Sabbat, als Tag des Friedens mit der Natur zukommt. Denken Sie einfach einmal darüber nach; lassen Sie es setzen.

(Staatsminister Stanislaw Tillich: Engels!)

Das war garantiert nicht englisch.

(Staatsminister Stanislaw Tillich: Engels!)