Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind nicht sehr zufrieden mit der entsprechenden Ausgestaltung der neuen Operationellen Programme im Freistaat, weil wir uns als FDP-Fraktion eine deutliche Schwerpunktsetzung im Bereich EFRE gewünscht hätten. Wir haben das in den Debatten hier im Hause schon mehrmals ausgeführt. Die Aufteilung 78 % zu 22 % ist für uns völlig unzureichend. Eine wesentlich stärkere Schwerpunktsetzung im Bereich des EFRE wäre sachdienlich gewesen.
Sie wäre deshalb sachdienlich gewesen, weil wir in Sachsen nach wie vor das Problem der Eigenkapitalschwäche unserer Unternehmen haben. Wir hätten viel, viel stärker im Bereich der einzelbetrieblichen Investitionsförderung tätig werden müssen. Herr Prof. Bolick hat das angesprochen, aber leider nur beklagt; wie auch gestern beklagt, aber nichts geändert. Wir sind der Auffassung, dass wir hier falsche Schwerpunktsetzungen getroffen haben. Denn nach wie vor gilt: Wir haben nicht zu wenige Unternehmen; unsere Unternehmen, die wir hier in Sachsen haben, sind zu klein. Wir hätten hier viel, viel stärker aktiv werden müssen.
Es ist vielleicht lobenswert, dass im Rahmen der von der EU angeforderten Umschichtung weitere 20 Millionen Euro für Risikokapitel und Technologieunternehmen bereitgestellt werden. Aber diese 20 Millionen Euro sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie sind leider überhaupt nicht ausreichend, um das zu finanzieren, was wir in Sachsen im Bereich der einzelbetrieblichen Investitionsförderung eigentlich benötigen.
Die mangelhafte Einbeziehung des Parlaments ist schon angesprochen worden. Ich kann mich hier an unzählige Sitzungen des Ausschusses erinnern. Darüber haben wir allerdings schon vor vier Wochen in diesem Hause debattiert. Das zeigt natürlich wiederum, wie wenig aktuell diese Aktuelle Debatte ist, wenn diese Debatte in dieser
Form zu diesem Thema schon vor vier Wochen geführt wurde. Da sollten sich die Regierungsfraktionen einmal überlegen, ob sie bei der Auswahl ihrer AktuellenDebatten-Themen nicht ein bisschen kreativer sein könnten.
Wir haben von Herrn Pecher eine sehr sorgsame Trennung zwischen der alten Strukturfondsperiode und der neuen Strukturfondsperiode erfahren. Das kann ich mir auch vorstellen, weil wir gewisse Ämterwechsel hatten. Deswegen ist es aus Sicht des Neuen von der SPD-Fraktion durchaus zu verstehen.
Aber wenn wir der Argumentation von Herrn Pecher folgen, dass die verfallenen 88 Millionen Euro zwar bedauerlich, aber von dem amtierenden Minister nicht zu vertreten sind – für diese Argumentation spricht einiges, weil in der Planung tatsächlich eine andere Regierung verantwortlich war –, dann bleibt doch aber nichts anderes übrig, als konsequent zu sagen: Die Vorgängerregierung, die von der CDU allein getragene Regierung – Herr Pecher, so habe ich Sie verstanden –, trägt die Verantwortung dafür, dass 88 Millionen Euro nicht abgerufen werden konnten.
Wer sich wie Sie dann hier hinstellt, Herr Prof. Bolick, und das als vorbildlich verkauft – vorbildlich ist nach Ihrer Ansicht, wenn man 88 Millionen Euro verplempert –, wer so Politik macht, der wird vom Wähler bestraft werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich kann mich erinnern, dass im Februar 2005 große Unruhe im Raum herrschte, weil sich alle fragten, warum die GRÜNEN zur LissabonStrategie diskutieren wollten. Inzwischen habe ich den Redebeiträgen entnommen, dass es eigentlich fast alle begriffen haben.
Gehen wir einmal davon aus, Herr Bolick, dass Sie es ernst gemeint haben, als Sie sagten, Sie hätten die Mittel hier in Sachsen vorbildlich genutzt.
Die Straßendichte in Sachsen – man kann es nicht oft genug wiederholen – ist größer als im Durchschnitt der Bundesrepublik Deutschland. Der Grenznutzen neuer Straßen sinkt kontinuierlich Tag für Tag. Die Demografie verursacht, dass weniger Leute hier leben, deren individuelle Kosten steigen werden, um diese vielen gebauten Straßen nachher zu unterhalten und zu pflegen. Wie vernünftig ist das, bitte schön, gedacht?
Der betriebliche Aufwand für Forschung und Entwicklung liegt in Sachsen unter dem Bundesdurchschnitt.
Er liegt sogar unter dem Durchschnitt der ostdeutschen Länder. Bei der kleineren Betriebsgröße, die wir nun einmal hier im Osten allgemein und im Spezifischen auch in Sachsen haben, muss man doch überlegen, dass sie natürlich auf Kooperation in Forschung und Entwicklung angewiesen sind. Also muss man diese Verbünde fördern und nicht im Gegenteil immer darüber wegschauen und Straßen bauen. Das ist völlig indiskutabel.
Genau das haben wir und andere Ihnen gesagt und die Europäische Union hat es Ihnen ins Stammbuch geschrieben. Sie hat Ihnen – dafür sei ihr sehr gedankt – in Hof das Geld für die Straße aus den Händen gewunden und dorthin getan, wo es hingehört, nämlich zu Forschung und Entwicklung und zur Exzellenzinitiative an den Hochschulen.
Das hätten Sie allerdings auch schon eher haben können, wenn Sie sich die Änderungsanträge unserer Fraktion zu den Haushaltsberatungen 2006 angeschaut hätten.
Bei der Exzellenzinitiative gibt es natürlich etwas zu mäkeln. Es geht wiederum nach dem Gießkannenprinzip. Das kann nicht vernünftig sein. Wenn das Geld von der Europäischen Union zur Verfügung gestellt wird, dann ist es wichtig, für diese Mittel einen strategischen Schwerpunkt zu setzen, da wir diese nur für einen begrenzten Zeitraum haben werden. Dieser strategische Schwerpunkt ist unseres Erachtens die Clusterbildung im Bereich erneuerbare Energien und Effizienztechnologien.
2 % der Mittel aus dem EFRE gehen in die Bereiche Energieeffizienz, Klimaschutz und erneuerbare Energien – lächerliche 2 %. Weniger als 1 % ist für die Energieeffizienz vorgesehen. Die Materialeffizienz haben Sie völlig ausgeblendet.
Überlegen Sie einmal – das müsste Ihnen doch bei einem der vielen Besuche in den Betrieben aufgefallen sein: Die Materialkosten sind gerade im Gewerbe ein wesentlicher Kostenblock.
Sie liegen um die 40 % und sehr oft sogar über den Personalkosten. Was heißt das? Das heißt, dass diese Firmen offensichtlich beherzte und ausführliche Beratungsangebote brauchen, um den Kostenblock beim Material- und Energieverbrauch zu senken. Sie haben zu viele Ausgaben, Energie ist für sie zu teuer, das Material ist für sie zu teuer. Darauf müssten sie eigentlich abzielen. Was machen sie? Nichts Derartiges. Sie haben das alles versäumt.
Am Ende kommt heraus, dass die Betriebe keine andere Möglichkeit haben, als das zu tun, was sie in den letzten Jahren getan haben: Sie können dann an zwei anderen Stellschrauben versuchen, irgendwie über die Runden zu kommen. Die eine Stellschraube sind die Löhne – diesbezüglich kann man in Sachsen nicht weiter heruntergehen – und die andere Stellschraube sind die Eigenentnahmen. Ich sage Ihnen aber, die Eigenentnahmen sind auch nicht so exorbitant.
Wenn Sie wissen, dass diese beiden Stellschrauben – Löhne und Eigenentnahmen – erschöpft sind, dann müssen Sie sich auf die anderen Stellschrauben zur Senkung von Produktionskosten konzentrieren, verdammt noch einmal.
Das sind dann die Material- und Energieeffizienz. Wie kann man nur so stur sein? Das Ihnen das die Europäische Kommission ins Stammbuch schreiben musste, ist eine Peinlichkeit. Ich bin außerordentlich verwundert, warum Sie dieses Thema einer Aktuellen Debatte für würdig empfunden haben. Vielleicht ist es der Ansatz zur Selbstkritik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer schwierig, sich nach einem Auftritt der Fraktionschefin der GRÜNEN an sein Manuskript zu halten.
Ich möchte Ihnen zunächst für Ihren Redebeitrag danken, der deutlich untermauert hat, wie aktuell diese Debatte ist, und damit Vorwürfe der Opposition zurückweisen.
Wir diskutieren heute über die Ausgestaltung der Förderperiode für die Jahre 2007 bis 2013. Ein Punkt, der die neue Förderperiode auszeichnet – und was Sie früher kritisiert haben und jetzt durch die Sächsische Staatsregierung umgesetzt wird –, ist die deutliche Verstärkung des Lissabon-Prozesses, insbesondere durch die Auflage einer sächsischen Exzellenzinitiative. Die Exzellenzinitiative bietet uns die Chance, einen mittel- und langfristigen Auf- und Ausbau der vorhandenen industriellen Kerne in Sachsen vorzunehmen. Sie ist etwas missverständlich. Die Exzellenzinitiative Sachsen lehnt sich nicht ans Bundesprogramm an, sondern sie ist anwendungsbezogen.
Wofür steht Sachsen? Es steht für den Bereich Werkstoffe, Elektronik und Biotechnologie in ihren Forschungs- und Wissensgebieten. Daraus haben sich in den letzten 15, 16 Jahren sehr zukunftsträchtige und krisensichere
Branchen entwickelt. Es ist richtig: In Sachsen sind Leuchttürme entstanden, denn durch diese Leuchttürme – das ist eine Binsenweisheit – sind viele mittelständische Unternehmen an den verschiedenen Standorten in Sachsen, wie zum Beispiel in Chemnitz, in Freiberg, in Zwickau, aber auch in Leipzig, entstanden. Neben den Leuchttürmen wurde aber auch der Mittelstand gefördert. Das muss immer wieder betont werden. Die neue Förderperiode bietet uns die Chance, die erfolgreichen Kerne auszubauen; ich sagte es bereits.
Für Dresden möchte ich nennen den Elektroniksektor, die Chance, einen erfolgreichen Telekommunikationssektor aufzubauen, das sich entwickelnde Nanocluster und die Biotechnologie. Leipzig zeichnet sich im Biotech-Bereich aus, Automobilfirmen haben sich angesiedelt und es gibt einen aufstrebenden Logistikmarkt. Chemnitz und Zwickau sind im Maschinenbau vertreten, die Textilindustrie – was vor zehn Jahren noch niemand vermutet hatte – und die Elektronikindustrie. Freiberg ist der führende Standort in Deutschland für erneuerbare Energien im Bereich Fotovoltaik.
Sie werfen uns immer wieder vor, dass wir mit der Leuchtturmpolitik Sachsens Interessen vernachlässigt hätten und es eine fehlgeleitete Wirtschaftspolitik wäre. Sie verkennen dabei, dass Dresden heute der einzige Standort in Ostdeutschland ist, der eine sich selbst tragende Industrie mit der niedrigsten Arbeitslosenrate und mit der höchsten Rate an Forschungs- und Entwicklungsinstituten vorweisen kann. Das sind Erfolge, die Sie nicht einfach kleinreden können, und diese gilt es weiter auszubauen.
Das bietet uns aber die neue Förderperiode auch. Es geht nicht mehr darum, die EFRE- und die ESF-Programme als eigenständige und voneinander losgelöste Programme zu sehen, sondern es geht vielmehr darum, diese mit den bestehenden Universitäten, den Instituten und vor allen Dingen den hier ansässigen Unternehmen zu vernetzen. Vielleicht lässt sich so die sächsische Exzellenzinitiative mehr als sächsisches Innovationsprogramm bezeichnen.
EFRE bedeutet, die Grundlage ist unternehmensbezogen – ich sagte es bereits –, und ESF darf aus unserer Sicht nicht mehr nur als Arbeitsbeschaffungsmittel, die aus Europa kommen, verstanden werden, sondern ESF sollte vielmehr mit EFRE-Mitteln in der neuen Förderperiode am ersten Arbeitsmarkt eingesetzt werden. Es sollte in Bildung und Forschung zum Einsatz kommen und die Programme sollten flexibler gehandhabt werden. Es gilt weiterhin, Leuchttürme in Sachsen zu fördern – entgegen dem Einwand der Opposition.
Leuchttürme fördern heißt aber, dass wir im globalen Maßstab damit den Mittelstand nicht vernachlässigen. Eine entsprechende Initiative hatte der Ministerpräsident bereits vorgeschlagen.
Ein weiterer Punkt, den es in der neuen Förderperiode umzusetzen gilt – das ist die Kritik seitens der CDUFraktion –, ist, dass die Technologiezentren in Sachsen weiterhin eine Förderung erfahren müssen. Der Technologietransfer darf nicht auf der Strecke bleiben. Wir brauchen ein modernes, zukunftsgewandtes Hochschulgesetz. Der zurzeit angekündigte Klassenkampf ist hier völlig fehl am Platz.
Wir brauchen Mittelstandsprogramme, insbesondere im Finanzierungsbereich, die die Wachstumsfinanzierung für mittelständische Firmen sicherstellen. Hierbei gilt es, den Bund bei seinem Vorhaben zu unterstützen, Erleichterungen für Private Equity und Venture Capital zu schaffen.