Herr Milbradt, warum lassen Sie zu, dass Kultusminister Flath ein sächsisches Familienbild präsentiert, das es vielleicht in seiner tiefschwarzen, erzkonservativen Fantasie, aber Gott sei Dank nicht in der Wirklichkeit dieses Landes gibt?
Meine Damen und Herren! Das ist die Realität der Familien- und Kinderpolitik dieser Staatsregierung. Das ist für jemanden, der im Osten, in Sachsen geboren ist, nicht akzeptabel.
Besonders finster wird es aber – leider ist der Innenminister nicht da –, wenn ich mir den Bereich der Sicherheitspolitik anschaue. Was ich von führenden Regierungsmitgliedern mit CDU-Parteibuch zum Thema Innenpolitik höre, ist nichts weiter als ziemlich billiger, blöder – lassen Sie es mich so sagen –, ziemlich unwürdiger Rechtspopulismus.
Das Ansehen, das die Bürgerinnen und Bürger Sachsens und die sächsische Wirtschaft in den letzten Jahren aufgebaut haben, das gute Ansehen, das Sachsen überall in Deutschland inzwischen genießt, reißen Sie mit Ihren innenpolitischen Verwirrungen wieder ein. Das können und dürfen wir nicht akzeptieren.
Was das alles war, wissen wir zur Genüge. Das Letzte haben wir gestern erlebt. Ich bin, als Herr Buttolo gesprochen hat, schon ein wenig erschrocken. Unser Innenminister warnte – aus meiner Sicht sehr überraschend, ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist – im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre vor einem zu erwartenden „Gegenschlag“ des organisierten Verbrechens in Sachsen.
Es stellen sich für mich zwei Fragen: Entweder wir sind hier in Palermo oder es ist unverantwortliche Panikmache.
Wenn wir hier in Palermo sind, dann frage ich Sie, wie das sein kann. Wie können in Sachsen Zustände wie in Sizilien, wie sie Herr Buttolo angekündigt hat, überhaupt entstehen? Wenn diese Zustände in Sachsen entstanden sein sollten, dann hätte unsere Staatsregierung im Innenbereich gründlich versagt, und es bleibt nichts anderes übrig, als dass unser Innenminister schleunigst den Hut nimmt.
Vielleicht gestatten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Mehrheitsfraktionen, mir als Chef einer im Moment noch überschaubar großen Partei – da geht es mir so wie der SPD; aber auch wir sind ja dann eine Volkspartei –, einen kleinen Tipp zu geben:
Wenn Sie das nicht haben, funktionieren Ihre Strategien, die Sie sich offensichtlich zurechtgelegt haben,
nicht mehr so richtig; denn alle Mini-Becksteins in diesem Hause, von Herrn Bandmann bis zu Herrn Buttolo – –
sollten immer eines ganz genau wissen: Mederake stand in Sachsen auf dem Dach und nicht in Bayern, und das ist das Problem.
Wir haben kein Problem mit fehlenden oder zu laschen Gesetzen, sondern wir haben in Sachsen ein Vollzugsproblem, und wenn der Innenminister und der Justizminister ihre Hausaufgaben machen würden, die Polizei besser ausstatten, die Gefängnisse sicher machen und vorhandene Gesetze rigoros durchsetzen würden, bräuchten wir nicht über all diese Fälle zu sprechen.
populistisch auf dem Altar einer vermeintlichen Sicherheit geopfert werden, werden wir als FDP nicht mitmachen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Milbradt, Herr Jurk redet wahrscheinlich noch, Herr Hähle, Herr Weiss, vielleicht liegt es ja an Ihrem Altersdurchschnitt oder an Ihren Redenschreibern, die offensichtlich überbezahlt sind, aber Sie wecken einfach keine Lust auf Zukunft. Wissen Sie das?
Wer nicht beim Zuhören einschläft, wird mit trotzigem Stolz, mit launigen Zitaten oder gewagten Einblicken in das seelische Innenleben Ihrer Koalition konfrontiert. Mein Gott, Herr Weiss, dagegen gibt es doch Tabletten!
Meine Herren, es sind neue Zeiten angebrochen. Die Bevölkerung hat das begriffen und handelt. Die Bundesregierung tut so, als ob sie es bemerkt. Die Sächsische Staatsregierung hat es noch nicht einmal bemerkt. Während Sie, Herr Milbradt und Herr Jurk, sich immer noch gegenseitig wie Plisch und Plum dafür auf die Schultern klopfen, dass die Investitionsquote sehr gut ist, ohne genau zu überlegen, was man eigentlich in die Zukunft investieren müsste, läuft uns die Zukunft auf den frisch gebauten Straßen, auf die Sie so stolz sind, auf Pumps und mit Laptop davon.
Während Sie, Herr Milbradt, einen katastrophisch anmutenden Durchhaltekongress nach dem anderen zur demografischen Entwicklung durchführen und resigniert Ihre Verwunderung darüber ausleben, warum kluge Frauen Ihr Vorzeigeland einfach nicht haben wollen, sondern eher mehr oder weniger betuchte Rentner aus der gesamten Republik inzwischen hier ankern, ändert sich der Alltag der Menschen täglich mehr, und zwar nicht nur aus demografischen Gründen. Während Sie offensichtlich den Klimawandel verharmlosend immer noch für eine Fußnote beim Wetterbericht halten, müssen die sächsischen Forstwirte über ihre Baumbestände und die Bauern über ihre Fruchtfolgen nachdenken. Die Flussanrainer müssen sich auf die Hochwassersituation einstellen und die Stadtplaner überlegen, wie sie an den vielen heißen Tagen noch schattige Plätze in den Asphaltbacköfen finden werden.
Ich will Ihnen deutlich sagen: Während Ihre Kanzlerin, Herr Milbradt, in Heiligendamm über das Zwei-Grad-Ziel verhandelt, machen Sie hier, um einmal im Bild zu bleiben, den Bush. – Ich komme noch einmal auf Ihre Energiepolitik zu sprechen.
Während Sie – Herr Flath ist gerade nicht anwesend – überlegen, wie Sie vielleicht ein paar Sachsen in die Heimat zurücklocken und diese „sensiblen Jungs“ etwas besser ausbilden können, um dem Fachkräftemangel damit energisch zu begegnen, rauft sich so manches exportorientierte Unternehmen die Haare, weil die Sächsische Staatsregierung stattdessen die Zuwanderung nicht als Aufgabe erkannt hat und das heiße Eisen nicht beherzt anpackt. Wir brauchen viele helle Köpfe in diesem Land, und die müssen keineswegs alle blond sein, sondern vor allem etwas in der Birne haben.
Während Sie hier über Bildung philosophieren, flattert heute Morgen die Meldung herein, dass die Gemeinschaftsschule in Dresden-Pieschen vom Kultusminister
abgelehnt wurde. Der CDU-Kultusminister verhindert mit Leidenschaft, was der SPD furchtbares Leiden schafft.