Protocol of the Session on June 7, 2007

werden kann? Es ist doch längst offensichtlich, dass Sie am demografischen Desaster nichts, aber auch gar nichts mehr ändern wollen. Sie ergehen sich lieber in konzeptionslosen Anpassungsmaßnahmen, und diese sogenannten Experten machen sich Gedanken darüber, dass man in den aussterbenden Kommunen zum Beispiel in der Lausitz kleinere Abwasserrohre verlegt, weil die geringere Abwassermenge zur Korrosion nicht mehr gebrauchter Leitungen führt. Doch diese Auseinandersetzung mit Symptomen anstelle von Ursachen ist ein Anflug von Kapitulation. Wir dürfen den Bevölkerungsschwund nicht akzeptieren. Er muss umgekehrt werden.

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Genau deshalb hat die NPD auch auf diesem Politikfeld viele Vorschläge gemacht: Ehekredit, Müttergehalt, beitragsfreier Kindergartenbesuch, Begrüßungsgeld für Neugeborene oder unser Familiendarlehensgesetz; alles wurde natürlich von Ihnen abgelehnt.

Doch noch etwas stößt uns sauer auf, wenn wir Halbzeitbilanz ziehen, nämlich: Die Unbeweglichkeit, die Sie regelmäßig bei den Haushaltsberatungen an den Tag legen, kommt einem absolutistischen Unfehlbarkeitsanspruch gleich. Wegen Ihrer Unbeweglichkeit können zweistellige Millionenbeträge nicht für die Berufsausbildung und die Förderung benachteiligter Regionen umgeschichtet werden, weil sie außerhalb der Sichtweite Ihrer Leuchttürme liegen.

Es war das fiskalische Streichkonzert der Koalition, das den Schulen in freier Trägerschaft mittelfristig den Tod versetzt und so alle Ihre wohlklingenden Appelle zur Ausbildungsproblematik und zum Fachkräftemangel im Freistaat konterkariert.

Mehr als einmal hat die NPD-Fraktion sinnvolle Alternativen angeboten. Aber auch davon wollte Ihre Staatsregierung nichts wissen. Sie stellen dann lieber im Haushalt 45 Millionen Euro jährlich für Asylanten ein, obwohl allseits bekannt ist, dass 99 % nicht anerkannt werden und längst abgeschoben gehören. Über einen besonders widerwärtigen Fall, den Fall der angolanischen Asylbetrügerin Anna de Assis, hatten wir uns ja erst unlängst hier auseinanderzusetzen.

Am Ende stellt sich die NPD die Frage: Worauf können Sie überhaupt verweisen, Herr Ministerpräsident?

Ich will es Ihnen sagen: auf die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten vor allem auf dem flachen Land, auf den Verfall von ESF-Mitteln in Höhe von mehr als 80 Millionen Euro; auf die Preisgabe und den bevorstehenden Rückbau ganzer Regionen; auf den Abbau von immer mehr Polizeidienststellen; nicht zuletzt auf koalitionsinterne Streitigkeiten ohne Ende, die bis zum energiepolitischen Stillstand geführt haben.

Lassen Sie mich abschließend noch auf Ihre neoliberale Realitätsferne eingehen. Mit der kürzlich von der Koalition durchgesetzten Verlängerung der Ladenöffnungszeiten wurde ein ordnungspolitischer Gestaltungsrahmen aufge

weicht. Zumindest fahrlässig nehmen Sie damit wieder einmal arbeitnehmer- und familienfeindliche Folgeerscheinungen in Kauf. Ihr Laden aber, Herr Ministerpräsident, wird durch eine solche Politik dafür umso schneller dichtgemacht werden. Darauf können wir getrost warten, auch wenn das natürlich ein Armutszeugnis ist und leider eines, das die Bürger unseres Landes wieder einmal teuer zu stehen kommen wird. Die NPD-Fraktion jedenfalls wird auch in den nächsten Jahren Garant dafür sein, dass unsere Heimat Sachsen nicht vor die Hunde gehen wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Für die FDPFraktion Herr Kollege Zastrow; bitte schön.

(Karl Nolle, SPD: Was soll die NPD sein? – Jürgen Gansel, NPD: Noch nichts zu essen bekommen heute?)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine Debatte zu einer Regierungserklärung ohne Regierung – wenn ich mich umschaue – ist auch einmal etwas Neues.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ein Unding! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie ist in der Halbzeitpause!)

Sie ist in der Halbzeitpause. Die zweite Halbzeit ist ja kürzer, Herr Porsch, wie Sie uns vorhin beigebracht haben. Möge sie sehr kurz werden.

Herr Milbradt hat vorhin davon gesprochen, dass die Koalition in einem Geist gegenseitigen Respekts und einer fairen Partnerschaft arbeitet. Inzwischen mache ich mir ernsthaft Sorgen um den Realitätssinn unseres Ministerpräsidenten. Denn wer die Augen aufsperrt und die Ohren spitzt, wie eben beim Beitrag meines Kollegen Prof. Weiss, der nimmt etwas ganz anderes wahr.

Der nimmt wahr, dass sich beide Koalitionspartner gegenseitig vorführen, dass gestritten wird, dass gestichelt wird, dass man – wenn ich zumindest die eine oder andere Presseerklärung lese – auch vor ziemlich derben Beleidigungen nicht zurückschreckt und sich gegenseitig über die Medien Koalitionsunfähigkeit vorwirft; was im Übrigen für beide Seiten stimmt.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ich sehe hier keine Spur von irgendeinem Respekt. Ich sehe keine Spur von einem An-einem-Strang-Ziehen. Die CDU/SPD-Koalition, meine Damen und Herren, ist fertig, bevor sie so richtig angefangen hat. Das ist vielleicht nicht besonders verwunderlich, wenn man den beiden größten Wahlverlierern unter der sächsischen Sonne das Steuer in die Hand gibt.

Seit letztem Herbst erleben wir nun, dass nahezu im Vierwochenrhythmus eine Koalitionskrise die nächste

jagt. Erst war es der Ladenschluss, dann krachte es in der Wirtschaftspolitik bei der Verteilung der europäischen Fördermittel, dann kamen Differenzen bei der Energiepolitik hinzu und seit Monaten rappelt es nun auch in der Hochschulpolitik. Die kleinen Hakeleien will ich gar nicht erst erwähnen.

Im letzten Plenum überraschte uns Thomas Jurk mit der aus unserer Sicht völlig rechtswidrigen Ankündigung, dass er die Auszahlung der Fördermittel für den Bau der Waldschlösschenbrücke entgegen der Meinung der Union, soweit ich weiß, einfach zurückhalten will, ohne dass unser Ministerpräsident diesen politischen Amoklauf des Wirtschaftsministers sofort und führungsstark unterbunden hätte.

(Beifall bei der FDP)

Gestern gipfelte der Streit der Koalitionspartner über die Arbeit des sächsischen Verfassungsschutzes in dem heute in verschiedenen Zeitungen erschienenen, aus meiner Sicht wenig freundlichen Satz unseres Ministerpräsidenten – ich zitiere –: “Wenn die SPD Teilen des PDSAntrages zustimmt, erhalten ihre beiden Minister heute die Entlassungsurkunden.“ Das nennen Sie, Herr Milbradt, im Geiste gegenseitigen Respekts und einer fairen Partnerschaft? Um Himmels willen!

(Lachen bei der FDP)

Wenn das gegenseitiger Respekt und eine faire Partnerschaft sind, dann möchte ich gern wissen, wie bei Ihnen eine Freundschaft aussieht.

(Heiterkeit bei der FDP – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Noch schlimmer!)

Da bekommt man ja Angst.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Diese Koalition ist ein Fall für die Supernanny und ein Fall für die „stille Treppe“, aber nicht für diese Regierung.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Wegweisend war für mich übrigens der Bericht in der „Sächsischen Zeitung“ vom 15. Februar. Es ging um die Pressekonferenz nach den überschaubaren Differenzen zum sächsischen Energieprogramm. Dort habe ich gelesen, was ich so noch nie gelesen habe: wie nämlich beide Koalitionspartner in Zukunft mit ihren Streitigkeiten und Unstimmigkeiten umzugehen gedenken. Darin stand, man wolle ein gemeinsames Programm entwickeln. Da habe ich mir gedacht: Klasse, ein Programm. Warum entwickelt man Programme? In Programme schreibt man normalerweise – so kenne ich es zumindest von anderen Programmen –, was man sich vornimmt, welche Ziele man sich setzt, was man als Nächstes anpacken bzw. wofür man sich einsetzen will.

In Sachsen ist das leider ganz anders. In Sachsen schreibt man Programme, in denen formuliert wird, was man in dieser Legislaturperiode definitiv nicht mehr anpacken

will, welche Probleme und Themen man nicht mehr angehen will, um eventuell neuen Koalitionsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen.

(Beifall bei der FDP)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wer Problemen ausweicht, anstatt zu handeln und sie zu lösen, hat an der Spitze dieses Landes nichts zu suchen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der NPD)

CDU und SPD liefern aus Sicht der Liberalen in Sachsen eine erschreckend unreife Leistung ab. Die meisten Damen und Herren sitzen schon sehr lange in diesem Parlament, auch die SPD hätte sich durchaus ein paar Jahre auf den Tag X vorbereiten können. Man spürt, dass sie schon im Wahlkampf sind und Parteiinteressen eindeutig über die Interessen des Landes stellen. Eine solche Regierung, meine Damen und Herren, hat Sachsen nicht verdient. Neuwahlen – möglichst bald – wären die bessere Lösung.

(Beifall bei der FDP und der NPD – Zuruf von der NPD: Jawohl! – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Unser Ministerpräsident sagte – Herr Nolle wird mir sicherlich recht geben –, er hat es vorhin schon gesagt, die Entwicklung Sachsens ist gut. Sie ist sogar sehr gut, die Wirtschaft brummt, die Beschäftigungszahlen in vielen Bereichen steigen, unser Wirtschaftswachstum ist stärker als das osteuropäischer Länder und in vielen Bereichen können wir sogar mit ostasiatischen Tigerstaaten mithalten. Allerdings frage ich mich zunehmend, was dieser Aufschwung mit Ihnen, mit dieser Regierung zu tun hat!

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Nichts!)

Meine Damen und Herren! Dieser Aufschwung ist der Aufschwung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen und nicht der Aufschwung von Schwarz-Rot.

(Beifall bei der FDP)

Herr Milbradt, leider haben Sie das Tempo, das Ihnen Ihr Amtsvorgänger vorgegeben hat, nicht halten können. Leider tragen Sie die Kreativität und auch den Mut Ihres Vorgängers nicht in sich. Leider gelingt es Ihnen auch nicht, die Stimme Sachsens im Chor der deutschen Bundesländer vernehmbar zu machen. Stattdessen rütteln Sie mit Ihrem roten Partner am Selbstverständnis und an den Erfolgsgrundlagen unseres Landes und haben diese Erfolgsgrundlagen und dieses Selbstverständnis in vielen Bereichen inzwischen eingerissen.

Ich will es noch einmal klar sagen: Mut, Risikobereitschaft, das klare Bekenntnis zu Wettbewerb, zu Marktwirtschaft und zur Freiheit waren die Fundamente unseres Landes. Das ist genau das, was wir aus der Wende und aus den Montagsdemonstrationen mit als Auftrag in dieses Parlament genommen haben.

Spätestens seit dem Jahre 2004 regieren in unserem Land jedoch zunehmend planwirtschaftliche Träumereien und ein tiefes Misstrauen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Von dem Motto, das Frau Merkel als Wegweiser für ihre Legislaturperiode herausgegeben hat – „Mehr Freiheit wagen!“ –, habe ich in Sachsen lange nichts mehr gespürt. Den Vorsprung, den wir in den ersten Jahren nach der Wende gegenüber vielen anderen Ländern, vor allem unseren Nachbarländern, herausgearbeitet haben, setzen die Herren Milbradt und Jurk zunehmend aufs Spiel. Unser Land wird nur noch verwaltet und immer weniger gestaltet. Es fehlt an neuen Ideen.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das können und werden wir, wenn wir die Zukunft unseres Landes im Blick haben, nicht akzeptieren. Meine Damen und Herren! Diese Koalition verwirkt zunehmend das Recht, dieses großartige Land zu führen.

Lassen Sie mich auf zwei Punkte eingehen, die mir in der letzten Zeit besonders aufgestoßen sind und die auch in Ihrer Rede, Herr Milbradt, eine Rolle gespielt haben. Sie haben vorhin gesagt, die familien- und bildungspolitische Debatte sei auf Bundesebene gerade erst dort angekommen, wo Sachsen vor einiger Zeit losmarschiert ist. Aber wieso lassen Sie ausgerechnet einen Sachsen, einen Mann aus diesem Hause, sich als größten Gegner der aus unserer Sicht sehr unterstützenswerten Reformbemühungen der Bundesministerin Frau von der Leyen profilieren, anstatt, so wie Sie es hier behauptet haben, mit stolzgeschwellter Brust nach Berlin zu gehen und zu sagen: „Von Sachsen lernen heißt siegen lernen!“ Schaut, was wir im Bereich der Kinderbetreuung machen, schaut, welches Modell wir in Sachsen haben, liebe westdeutsche Bundesländer, schaut euch das ab! Macht es so, wie wir es im erfolgreichen Sachsen gemacht haben!