Protocol of the Session on May 11, 2007

Nach NPD-Auffassung darf es eine solche Privatisierung der universitären Entscheidungshoheit bei gleichzeitiger Vergesellschaftung der Kosten nicht geben.

Der heikelste der Eckpunkte zwischen CDU und SPD war in diesem Zusammenhang die Frage, wer künftig Dienstherr der Professoren und Hochschulangestellten sein soll: der Freistaat oder die Hochschulen. An dieser Frage ist mittlerweile das Hochschulgesetz auch schon gescheitert, bevor es überhaupt mehr als diese wackeligen Eckpunkte gab. Die CDU will die Personalverantwortung für die 18 000 Beschäftigten vom Land auf die Hochschulen übertragen. Die SPD ist für die grundsätzliche Beibehaltung der staatlichen Personalhoheit und die weitere Gültigkeit der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst.

Der von Wissenschaftsministerin Stange mit der Union ausgehandelte Kompromiss, der TU Dresden modellhaft mit einer Öffnungsklausel die Personalhoheit zu gewährleisten, wurde von ihren eigenen Genossen kassiert und die Ministerin damit öffentlich vorgeführt. Der Wunsch von Frau Stange, das Gesetz noch in diesem Jahr durch den Landtag zu bringen, damit es 2008 in Kraft treten kann, wird wohl unerfüllt bleiben, nachdem auch mehrere Spitzengespräche zwischen ihr und dem Ministerpräsidenten gescheitert sind.

Das Koalitionsgezänk um das Hochschulgesetz folgt mit einer fast inneren Folgerichtigkeit einem hochschulpolitischen Paradigmenwechsel, der mit der Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes des Bundes zugunsten der hochschulpolitischen Gesetzgebung der Länder verbunden ist. Damit will Bundesbildungsministerin Schavan die Hochschulen zu autonomen Entscheidungsträgern einer globalisierten Wissens- und Wettbewerbsgesellschaft machen und staatliche Lenkungsfunktionen und Kontrollaufgaben weitgehend abschaffen.

Mit der Exzellenzinitiative des Bundes verabschiedet sich Frau Schavan bekennenderweise von der Vorstellung einer gleichwertigen und gleichgeförderten Hochschullandschaft.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Da Frau Schavan die eigentliche Anregerin des Umbaus auch der sächsischen Hochschullandschaft ist, empfiehlt es sich nachzulesen, was die Bundesbildungsministerin eigentlich anstrebt. In einem Gespräch mit der „Freien Presse“ vom 27. April dieses Jahres lobte sie die Exzellenzinitiative, obgleich diese nach Auffassung vieler Experten zu einer universitären Klassengesellschaft mit einigen westdeutschen Spitzen- und vielen mitteldeutschen Durchschnittsuniversitäten führen wird. Weiter lobte sie den sogenannten Bologna-Prozess, mit dem bis 2010 ein gleichgeschalteter europäischer Hochschulraum entstehen soll, der nationale Universitätstraditionen schleifen

Bitte zum Schuss kommen!

– ja – und mit modularisierten Bachelor- und Masterstudiengängen vielfach minderqualifizierte Einheitsabschlüsse schaffen wird. Schließlich gab Frau Schavan ihrer Hoffnung Ausdruck, dass den neuen Hochschulgesetzen auch die Einführung von Studiengebühren folgen wird. O-Ton der Bundesbildungsministerin: „Meine Position ist klar: Studiengebühren sind sinnvoll.“

Vor diesem Hintergrund – damit schließe ich – wird klar, dass es beim Koalitionsstreit um das ganz Grundsätzliche der künftigen Hochschulentwicklung in Sachsen geht. Angesichts dessen, was da mit Exzellenzwettbewerb, Bologna-Prozess und Studiengebühren auf die Mehrheit der Studierenden zukommt, bedauert die NPD die offenkundige Handlungsunfähigkeit von CDU und SPD nicht wirklich. Jedes weitere Semester ohne das neue Hochschulgesetz

Schlusssatz!

kann ein gewonnenes Semester für die Studierenden in Sachsen sein.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der FDP das Wort. Herr Dr. Schmalfuß bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Streit um das Hochschulgesetz in Sachsen ist so alt wie die Koalition selbst. Seit 2004 herrscht praktisch Stillstand. Statt mutig in Sachen Hochschulgesetz voranzuschreiten, statt die Chance zu ergreifen, eine Vorreiterrolle zu übernehmen – schließlich sind wir in Sachsen mit unserer Hochschullandschaft hervorragend aufgestellt –, lässt es die Koalition lieber ruhig angehen.

Erst meidet die Koalition eine offene Auseinandersetzung, nun streitet sie seit geraumer Zeit über Grundauffassungen und schlägt Meinungsschlachten in den Medien, indem sie jeweils dem Koalitionspartner Sachverstand bzw. Fachkenntnis abspricht.

Wenn Sie mich fragen, dann hat das mit ernsthafter Reformpolitik nichts zu tun, meine Damen und Herren von der Koalition, das ist reines Machtgeplänkel.

(Beifall bei der FDP)

Wie Sie dabei mit den sächsischen Hochschulen umspringen, das ist planlos, fantasielos, schlichtweg verantwortungslos.

(Beifall bei der FDP)

Ich werde den Eindruck nicht los, dass der Staatsregierung nicht bewusst ist, was sie mit dieser Verzögerungspolitik eigentlich aufs Spiel setzt. Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, begreifen Sie nicht: Unsere Hochschulen sind unsere Zukunft! Wenn Sie jetzt

nicht handeln, wenn Sie jetzt nicht endlich die dringend notwendigen Reformen in Angriff nehmen, dann können wir uns langfristig von Sachsen als Wissenschafts- und Forschungsstandort verabschieden.

Dann war es das mit dem Ingenieurland Sachsen. Dann war es das mit dem Innovationsland Sachsen. Dann ist Sachsen kein Wachstumsmotor mehr. Deshalb muss ich Ihnen, Herr Prof. Wöller, in einem Punkt vehement widersprechen.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

In der „Sächsischen Zeitung“ vom 8. Dezember 2006 wurden Sie wie folgt zitiert: „Es gibt keinen Zeitplan und keinen Zeitdruck.“

Erlauben Sie mir, Herr Wöller, an dieser Stelle

(Karl Nolle, SPD: Nein!)

persönlich nachzufragen: Warum eigentlich nicht? Warum gibt es keinen Zeitplan? Und vor allem: Worauf warten Sie denn eigentlich? Darauf, dass Sachsen als Wissenschafts- und Hochschulstandort den Anschluss verliert? Oder darauf, dass die Legislaturperiode endlich vorbei ist?

(Beifall bei der FDP)

Bevor der Vorwurf wieder laut wird, der FDP-Fraktion ginge es nur um die Zeit: Ja, meine Damen und Herren, der FDP geht es um Zeit. Der FDP-Fraktion geht es darum, dass unsere sächsischen Hochschulen wettbewerbsfähig bleiben, dass sie den Anschluss nicht verpassen, und die FDP drängt, weil die Hochschulen drängen, weil die Hochschulen mehr Verantwortung übernehmen und selbst handeln wollen. Die FDP-Fraktion will den Hochschulen diese Freiheiten geben.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb sind wir der Meinung, dass es entgegen Ihrer Aussage, Herr Wöller, sehr wohl Zeitdruck gibt. Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass sich dieser Zeitdruck auch innerhalb der Koalition durchsetzt, denn jetzt werden die Weichen für die Zukunft gestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren von der SPD-Fraktion! Zu einem zukünftigen zukunftsfähigen Hochschulgesetz gehört selbstverständlich auch, dass den Hochschulen neben der Finanzautonomie und dem Grundstücksmanagement die Personalhoheit übertragen wird.

(Martin Dulig, SPD: Dass Sie das sagen, ist überraschend!)

Unsere Hochschulen wollen Spitzenleute nach Sachsen holen, also müssen sie auch Spitzengehälter zahlen können.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Seien Sie doch ehrlich: Die wenigsten Spezialisten werden sich für einen Ruf nach Sachsen entscheiden, wenn ihnen an den Universitäten Yale, Harvard oder Wien

das Doppelte oder mehr an Gehalt in Aussicht gestellt wird.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: In der Lehrerbildung bleiben wir dann am Ende! – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Die Leidtragenden sind dabei vor allem die Studenten. Sie sitzen in Ermangelung von Lehrpersonal in überfüllten Seminarräumen und suchen oft vergeblich eine persönliche und angemessene Betreuung. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, spricht sich die FDPFraktion dafür aus, den Hochschulen die Personalhoheit vollständig zu übertragen;

(Beifall bei der FDP – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist das Ende der Hochschulen!)

denn die Hochschulen – Herr Porsch, nutzen Sie das Mikrofon, dann können Sie mir gern eine Frage stellen – sollen selbst entscheiden,

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Ich bekomme ja keine Antwort!)

wie viel Geld sie welchem Wissenschaftler und welcher Nachwuchskraft zahlen wollen.

Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen!

Im zweiten Teil meiner Rede mehr dazu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort; Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über kein anderes Thema haben wir in den vergangenen Monaten in diesem Hause so oft diskutiert wie über die Hochschulreform. Ich finde das ausgesprochen gut.

Angesichts des Dauerbrenners Hochschulgesetz möchte ich fragen, was an dieser Debatte mit dem Titel „Die Unfähigkeit der CDU/SPD-Koalition, ein modernes Hochschulgesetz für Sachsen vorzulegen“ wirklich aktuell ist. Schließlich sind die jüngsten Querelen um die Personalhoheit der Hochschulen doch nur ein vorläufiger Höhepunkt einer Dauerunfähigkeit der Koalition in diesem Bereich.