Protocol of the Session on May 9, 2007

Die Landtagsmehrheit entledigt sich hier ihres Wählerauftrags der Regierungskontrolle, weil sie nicht akzeptieren kann, dass der Souverän auch eine NPD mit diesem Auftrag betraut hat. Aber diese Debatte begründet damit auch, dass der Wähler im Falle der NPD-Wahl richtig gehandelt hat. Die NPD-Fraktion muss sich zumindest keinen mangelnden Respekt vor dem Wählerauftrag nachsagen lassen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren, das war das Schlusswort. Wir kommen somit zur Abstimmung.

Ich stelle die Drucksache 4/8402 zur Abstimmung. Wer diesem Antrag folgen möchte, der melde sich bitte jetzt. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei einer kleineren Anzahl Jastimmen und Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 15

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zur Finanzierung der Waldschlösschenbrücke in Dresden

Drucksache 4/8595, Antrag der Fraktion der FDP

Erhalt des UNESCO-Welterbes „Dresdner Elbtal“

Drucksache 4/8598, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Irgendwie kennen wir das ja. Die einreichenden Fraktionen beginnen. Für die FDP-Fraktion spricht der Fraktionsvorsitzende Herr Zastrow.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herzlich willkommen im Dresdner Stadtrat!

(Heiterkeit – Beifall der Abg. Ingrid Mattern und Heiko Hilker, Linksfraktion.PDS)

Aber diesmal haben Sie dafür gesorgt, dass es tatsächlich einen Landesbezug gibt. Aber dazu ein bisschen später.

Ich weiß seit gut einem halben Jahr nicht mehr so ganz richtig, worauf man sich bei dieser Koalition noch verlassen kann.

(Zuruf des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Herr Schiemann, ich verfolge Sie immer an meiner Flimmerkiste. Da bin ich noch viel näher dran an Ihnen. Das ist immer eine Freude.

Das Einzige, worauf man sich bei Ihnen verlassen kann, ist, dass es bei jeder kleineren Meinungsverschiedenheit immer ganz kräftig in der Kiste rappelt. Ich glaube, ich bin nicht der Einzige in diesem Hause, dem es so geht, wenn ich mich seit mindestens einem halben Jahr oft frage: Wohin will diese Regierung eigentlich? Was ist ihr Kompass, was ist die Linie?

Irgendwann habe ich gemerkt, dass Sie offensichtlich schon in Wahlkampflaune sind – und das zumindest offiziell zweieinhalb Jahre vor der nächsten Wahl. Wenn ich Ihren Wahlkampf sehe, sehe ich, dass es immer mehr dazu kommt, dass Sie Ihre jeweiligen eigenen Positionen ziemlich stark betonieren und dass es Ihnen in der Politik immer weniger um dieses Land geht, sondern einfach nur darum, die jeweilige Partei in den Vordergrund zu rücken.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Und die FDP?)

Meine Damen und Herren, Sie zeigen damit nur eines, nämlich dass Sie beide nicht koalitionsfähig sind.

(Beifall bei der FDP)

Das jüngste Beispiel, Herr Pecher, war Ihre Debatte über die Waldschlösschenbrücke in Dresden. Auch wenn Sie, meine Damen und Herren von Links – das kann ich Ihnen voller Optimismus mitteilen –, noch so sehr auf die Bremse drücken und jeden Trick anwenden werden, um den Bau der Brücke zu verzögern und die Entscheidung, das klare Votum der Dresdner Bürger, irgendwie noch aus

den Angeln zu heben, bin ich mir sicher: Die Gerichte haben entschieden, der Bürgerentscheid ist bindend, die Brücke kann und wird gebaut werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Schlimm, aber am Ende wahrscheinlich auch nicht weiter verwunderlich, Herr Pecher, ist – hören Sie mir ruhig zu –, dass Sie angesichts Ihrer drohenden Niederlage jetzt offensichtlich zwei neue Zauberwaffen gefunden haben. Die eine Waffe – „Wäffchen“ müsste ich sagen – heißt Tiefensee und das andere, noch etwas kleinere Wäffchen heißt Jurk. Während der Erste ziemlich nebulös davon spricht, dass der Bund die Verwendung der Fördermittel für den Brückenbau noch irgendwie prüfen will, erklärt der Zweite kurzerhand und, wie ich glaube, zur allgemeinen Überraschung, liebe Kollegen von der CDU, dass er die Auszahlung der Fördergelder durch das RP an die Stadt Dresden nicht freigeben werde.

Woher nimmt eigentlich Herr Jurk das Recht dazu, so etwas zu erklären und so etwas am Ende gar zu machen? Für wen hält sich eigentlich unser Wirtschaftsminister? Die Auszahlung ist kein Gnadenakt eines SPD-Ministers, meine Damen und Herren, sondern ein Rechtsanspruch.

(Beifall bei der FDP)

Die Stadt Dresden hat einen Rechtsanspruch auf diese Mittel. Mit Datum vom 28. Oktober 2004 gibt es einen unbefristeten und vor allem bestandskräftigen Zuwendungsbescheid. Es steht unserem Wirtschaftsminister nicht zu, einen Auszahlungsantrag der Stadt Dresden abzulehnen.

(Beifall bei der FDP)

Ich frage Sie: Wo kommen wir hin, wenn sich nicht einmal ein Minister in diesem Land, selbst mit SPDParteibuch, meine Damen und Herren, an Recht und Ordnung hält?

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Das ist absolut nicht akzeptabel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Jetzt sind Sie endlich eingetroffen, Herr Jurk. Jetzt kann ich auch mit Ihnen kommunizieren. Ich frage Sie, wie es mit Ihrem Demokratieverständnis aussieht

(Zuruf des Staatsministers Thomas Jurk)

aha, das werden Sie gleich am Pult erklären –, wie es mit der Verlässlichkeit der sächsischen Landespolitik gegenüber den Bürgern, aber auch bezüglich der Zusagen, die man vor Jahren den Kommunen gemacht hat, aussieht. Ich frage Sie auch ganz persönlich, wie es mit Ihrem Respekt vor einem sächsischen Gericht und vor der Sächsischen Verfassung aussieht.

(Beifall bei der FDP)

Am 3. Mai 2007 hat der Sächsische Verfassungsgerichtshof einstimmig und vor allem gleich in der ersten Stufe des Verfahrens die Verfassungsbeschwerde der Stadt Dresden abgelehnt, und zwar deshalb, weil die Stadt nicht in der Lage war, auch nur im Entferntesten schlüssig zu begründen, wo die Rechte der Kommune durch die vorherige Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts denn nun verletzt seien. Was muss eigentlich noch passieren, Herr Jurk, damit Sie Recht und Ordnung in diesem Land endlich akzeptieren?

(Beifall bei der FDP)

Ich frage Sie: Was muss noch passieren? Vielleicht würde ja ein Wort des Papstes helfen. Das kann ich nicht ohne Weiteres organisieren. Aber vielleicht reicht dann zunächst das Wort des künftigen Bischofs des Bistums Görlitz, das Wort von Herrn Konrad Zdarsa, der eben deshalb, weil man sich in Dresden weigert, den Bürgerentscheid, das Votum der Bürger umzusetzen, das Welterbekuratorium verlassen hat. Vielleicht ist Ihnen das Ansporn, es ihm gleich zu tun und auch auf das zu hören, was hier in diesem Land von bedeutenden Leuten gesagt worden ist.

Ich frage Sie hier alle: Was will eigentlich unser Bundesverkehrsminister, Herr Tiefensee, noch prüfen? Die Bundesregierung hat das doch längst getan. Oder kennen Sie alle etwa nicht die Antwort Ihrer Parteigenossin Frau Roth, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, also in Tiefensees eigenem Ministerium, auf eine entsprechende Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Peter Hettlich vom 25. Juli 2006?

Ich will Ihnen hier die Freude machen, das vorzulesen. Die Frage von Herrn Hettlich lautete: „Wie bewertet die Bundesregierung den Handlungsbedarf der Stadt Dresden nach der Entscheidung des Welterbekomitees der UNESCO, das Dresdner Elbtal auf die Rote Liste zu setzen, und welche Konsequenzen ergeben sich für den Bund und für den Freistaat Sachsen im Umgang mit den Mitteln aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, kurz GVFG?“

(Antje Hermenau, GRÜNE: Wichtige Frage!)

Ich zitiere die Antwort von Frau Roth: „Im Rahmen des GVFG fördert der Bund Investoren zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden. Die auch für den Straßenbau einsetzbaren GVFG-Mittel werden den Ländern nach einem Schlüssel zugeteilt. Diese Mittel stehen im Rahmen der GVFG-Förderkriterien in der

eigenverantwortlichen Disposition der Länder, die hierfür entsprechende Förderprogramme aufstellen, was es ja auch in Sachsen gibt. Über die Aufnahme des Vorhabens Bau einer neuen Elbbrücke oder auch einer alternativen Lösung entscheidet der Freistaat Sachsen.“

Oder um es noch weiter zu führen: Nehmen wir das Schreiben des Staatsministers für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt, Herrn Bernd Neumann von der CDU, welches er zu den Auswirkungen des Beschlusses des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes zur Waldschlösschenbrücke unter anderem an den Bundestagsvizepräsidenten Herrn Thierse geschickt hat. Ich zitiere wieder: „Die Bindung der Bundesmittel an die detaillierten Fördervoraussetzungen des GVSG ist entfallen. Handlungsmöglichkeiten im vorliegenden Fall sehe ich deshalb nicht.“

Es ist nun mal so, meine Damen und Herren, das gilt auch für Sie von der SPD, über die vom Bund ausgereichten Mittel entscheiden einzig und allein die Länder. Über den Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden entscheidet allein der Freistaat Sachsen gemeinsam mit der Stadt Dresden. Akzeptieren Sie das doch endlich!

(Beifall bei der FDP)

Übrigens, ganz so locker ist die Sache trotzdem nicht. Denn das Fass, das die Herren Tiefensee und Jurk aufgemacht haben, ist nicht ganz ohne Risiko. Denn die leichtfertig aufgemachte Forderung, der Bund möge doch mal die Richtigkeit der Verwendung von Fördermitteln prüfen, bedeutet im Klartext, dass Sie und Ihr Kollege in Berlin dem Bund ein Recht einräumen wollen, in Zukunft darüber zu entscheiden, was wir hier in Sachsen mit dem Geld machen. Sie wollen, dass Berlin ein ganz wesentliches Mitspracherecht darüber bekommt, welche Verkehrsvorhaben wir in Sachsen und in unseren Kommunen durchsetzen. Damit rütteln Sie, meine Damen und Herren, an den Eckpfeilern des Föderalismus in unserem Land.