Wie manipulativ die Medien arbeiten, erkennen wir auch daran, dass nur jene Vorfälle dokumentiert werden, die ins Konzept der political correctness passen. Oder haben Sie etwas über die Ausschreitungen beim Fußballspiel zwischen Zwenkau III und Vuslat Leipzig gelesen, einem Verein, der kein Unbekannter im Amateurfußball ist? Dessen Bekanntheit beruht nicht etwa auf sportlichen Leistungen, sondern auf Gewalttätigkeiten, die regelmäßig von den türkischen Spielern dieser Mannschaft ausgehen.
Am letzten Sonntag wurden Zuschauer Zeuge, wie der Schiedsrichter von den Türken als deutsches Schwein beschimpft wurde, Zuschauer wurden von den Spielern angepöbelt und beschimpft. Schließlich fand eine von den Türken angezettelte Schlägerei statt. Warum, meine Damen und Herren, berichten die Medien nicht über diese Vorgänge?
Die Antwort ist einfach: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Die Rollenverteilung der Medien und Ihre Rollenverteilung sind immer gleich: Die Ausländer sind die Guten und die Deutschen immer die Bösen.
Meine Damen und Herren! Wir sagen ganz klar: Die Sündenberichterstattung der Massenmedien und die falschen Zuweisungen der Etablierten sollen nur von den Versäumnissen und der eigentlichen Verantwortung dieses Systems für die Aggressionen einer desillusionierten Jugend ablenken.
Meine Damen und Herren, nicht der Fußball in Sachsen, nicht Lok Leipzig und auch nicht ihre Fans haben versagt, versagt haben einzig und allein die Staatsregierung und das vereinte Kartell der Blockparteien in diesem Hause.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin schon außer Atem, wenn ich Ihnen nur zuhöre, Herr Apfel.
Meine Redezeit ist mir zu kostbar, um darauf zu reagieren, obwohl ich es gern tun würde. Beim nächsten Mal sind wir im Parlament ein bisschen größer und haben auch mehr Redezeit. Aber dann sind Sie ja nicht mehr mit dabei und ich kann nicht mehr auf Sie reagieren. Das wird schwierig.
Meine Damen und Herren! Fußball ist in Sachsen ein ganz normaler, aber auch besonderer Sport. Normal, weil er der Lieblingssport aller Sachsen ist, Herr Prof. Weiss, und besonders, weil er in Ostdeutschland stattfindet. Wer den Fußball in Ostdeutschland und in Sachsen verstehen will, dem hilft ein Blick in die Sportgeschichte. Bei uns ist es so, dass sehr große Fußballvereine, die oft über eine viel längere Tradition verfügen als die meisten Bundesligavereine, die wir heute haben, in unterklassigen Ligen spielen. Bei uns spielen Fußballklubs, die 40 Jahre Identifikation für ihre Region gewesen sind und die sicherlich auch ein Ventil in einem Staat gewesen sind, der laute Meinungsäußerung ansonsten nicht gerade gefördert hat, in Fußballklassen, die ansonsten eher von Dorfvereinen geprägt sind.
In diesen Ligen spielen Vereine, die, wie Dynamo Dresden mit über 20 000 Zuschauern, die nicht selten erreicht werden, oft mehr Zuschauer haben als viele Erstligavereine, wenn ich zum Beispiel an Bayer Leverkusen, Arminia Bielefeld oder auch den VfL Wolfsburg denke. Man muss sich anschauen, wo unsere großen ostdeutschen Traditionsvereine spielen, Dynamo in der 3. Liga, Aue in der 2. Liga, Chemnitz, der Traditionsverein ist Zwickau, Sachsen Leipzig in der 4. Liga und ein großer Verein wie Lok Leipzig, der über viele Generationen hinweg den Fußball in der ehemaligen DDR mit bestimmt hat, spielt gar in der 6. Liga, der Bezirksliga Leipzig, und darf sich dort mit Vereinen – Herr Kupfer hat vorhin schon ein Beispiel genannt – wie dem SV Lipsia 93 Eutritzsch auseinandersetzen, die Zuschauerzahlen von gerade einmal 300 gewöhnt sind, während Lok Leipzig regelmäßig in der 6. Liga auf über 5 000 Zuschauer kommt.
Es ist eine ostdeutsche Besonderheit, die sicherlich auch mit der nicht in jedem Fall geglückten Integration der ehemaligen DDR-Oberliga und der ehemaligen DDR
Liga in die westdeutsche Ligastruktur zusammenhängt, dass Vereine, die hinsichtlich ihrer Tradition und hinsichtlich ihrer Beliebtheit Erst- oder Zweitligareife haben, im fußballerischen Nirvana kicken. Mir kommen sie vor wie ein gefangener Löwe, der in einem viel zu kleinen und sehr rostigen, nicht sehr sicheren Käfig sitzt. Dass aus dieser Situation ganz besondere Probleme erwachsen können, ja müssen, liegt für mich klar auf der Hand. Die Frage ist nur, wie wir darauf reagieren und ob wir die Vereine mit ihren Sorgen und Nöten allein lassen. An der Stelle wird es ganz interessant. Denn ich bin mir sicher, dass die Politik in Sachsen ihre Hausaufgaben, wie im Übrigen viele andere Vereine, in den letzten Jahren nicht gut gemacht hat.
Was wären solche Hausaufgaben gewesen? Die Probleme mit Gewalt in und im Umfeld von Stadien sind keine sächsische Erfindung. In den Achtzigerjahren bis in die Neunzigerjahre und hin und wieder auch jetzt noch war das ein Phänomen, das es in Westdeutschland allerorts mit ganz großen und schlimmen Zahlen gab. Es gab diese Exzesse auch schon zu DDR-Zeiten – Sie werden sich daran erinnern –, aber Anfang der Neunzigerjahre haben der DFB, die Vereine, die Kommunen und auch die Länder reagiert und eine ganz entscheidende Maßnahme vorgenommen, um die Gewalt in den Griff zu bekommen. Das waren Investitionen in die Sportinfrastruktur.
Überall in Westdeutschland entstanden neue Fußballstadien und Sportanlagen, anders als in Sachsen. Wenn Sie sich in Sachsen umschauen, dann sehen Sie eine völlig marode Fußballsport-Infrastruktur. Schauen Sie sich das Rudolf-Harbig-Stadion oder das Heinz-Steyer-Stadion des DSC in Dresden an, die sind ruinös, das Bruno-PlacheStadion in Leipzig ist ruinös, das Stadion vom CFC in Chemnitz und natürlich das Westsachsenstadion in Zwickau ganz genauso. Alle Stadien, auch das Bruno-PlacheStadion, Herr Scheel, können minimale Anforderungen an moderne Sicherheitskonzepte, an die Trennung von Fangruppen und die Überwachung und Ergreifung von Randalierern und der Einlasskontrolle längst nicht mehr gewährleisten.
Wir haben in Sachsen, meine Damen und Herren, gerade mal das Leipziger Zentralstadion, welches modernsten Anforderungen genügt, und wir haben mit schon relativ großen Abstrichen das Erzgebirgsstadion in Aue, wo aber auch der Ruf nach Modernisierung und nach einem Stadionneubau zu Recht sehr, sehr laut ist.
Sachsen hat in den vergangenen Jahren einfach viel zu wenig in die Erneuerung der Fußballstadien investiert. Wir schaffen es in Sachsen noch nicht einmal, die beiden Leipziger Fußballvereine, also Sachsen Leipzig und Lok Leipzig, in unserem besten Stadion, das wir in Sachsen haben, zusammen spielen zu lassen. Allein das zeigt, wo die Probleme liegen.
Wir haben uns in Sachsen, wie es so unsere Art bzw. mehr die von Herrn Tiefensee ist, lieber größenwahnsinnigen Projekten zugewendet, statt uns um unsere Hausaufgaben zu kümmern. Eine Olympiabewerbung war für uns wichtiger, als unsere Hausaufgaben zu erledigen.
Die Olympiabewerbung kostete die öffentliche Hand circa 30 Millionen Euro, davon hat 19,5 Millionen Euro der Freistaat Sachsen getragen. Nur 14 Millionen Euro im letzten Jahr flossen demgegenüber in die Sportförderung. Diesbezüglich ist die Prioritätensetzung eindeutig falsch.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als unsere Fraktion zum Thema „Gewalt im Fußball“ eine Aktuelle Debatte beantragte, hatte ich eigentlich vor, zu einem ganz anderen Aspekt zu sprechen, nämlich zu den Forderungen, die nach den Ausschreitungen aus Richtung Staatsregierung und der Koalitionsfraktionen kamen.
Die verbale Blutgrätsche von Herrn Staatskanzleichef Hermann Winkler im Dresdner Gespräch des MDR in der letzten Woche kann ich allerdings nicht unkommentiert lassen. Deshalb habe ich mich entschlossen, die Rede dazu zu halten. Wem bei diesem heiklen Thema nichts Besseres einfällt, als die Arbeit der Fanprojekte mit YogaKursen zu vergleichen und sie letztlich zu diffamieren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der hat keine Ahnung, wovon er spricht.
(Beifall bei den GRÜNEN, der FDP und der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch und Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS – Johannes Lichdi, GRÜNE: Richtig!)
Fanprojekte sind ein wichtiger Partner, wenn wir die Gewalt eindämmen wollen. Herr Winkler, Ihr blindes Wüten gegen die Schienbeine der eigenen Mitspieler verdient einen Eintrag in die Datei „Gewalttäter Wort“
Die Ausschreitungen von Leipzig, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben eine lange Vorgeschichte, sie reicht in die Zeit der DDR-Oberliga zurück. In einem Lagebericht der
Leipziger Stasi aus dem Jahre 1980 heißt es: „In der jüngsten Zeit ist besonders unter dem negativen Anhang von Fußballmannschaften eine zunehmende Bereitschaft zu erkennen, sich in Gruppen offen provokatorisch über die Normen des sozialistischen Zusammenlebens hinwegzusetzen und sich mit den staatlichen Ordnungskräften zu konfrontieren. Dabei werden Züge zunehmender Brutalisierung sichtbar, die sich in der Ausrüstung mit Schlagwerkzeugen, zum Beispiel Ketten, Kabelenden, Messern und Ähnlichem, zeigen.“
Schon seit den Siebzigerjahren hatte sich also die Zuschauergewalt in der DDR radikalisiert, und das fernab aller öffentlichen Wahrnehmung. Vor allem Vereine mit Fanszenen, wie der 1. FC Magdeburg, Chemie Leipzig und Union Berlin, hatten ein großes Gewaltpotenzial. Wie sah das beim 1. FC Lok Leipzig aus? Der Massenzulauf im Zuge sportlicher, auch internationaler Erfolge bei diesem Verein drängte die gewaltsuchenden Jugendlichen in kleine, gut organisierte Fanclubs. Mit sehr gezielten Gewaltaktionen bildeten sie seit den Achtzigerjahren die Keimzelle für eine der größten Hooligan-Szenen Ostdeutschlands. Auch nach der Wende konnte sich in der fußballerisch immer noch zweigeteilten Stadt über Jahrzehnte um den Fußball herum eine Subkultur etablieren. Diese Subkultur wurde in Sicherheitsfirmen, Boxclubs und Fitnessstudios sesshaft.
In Leipzig spielte dabei auch die erbitterte Feindschaft zwischen den beiden ähnlich großen Fanszenen vom 1. FC Lok Leipzig und dem 1. FC Sachsen Leipzig eine zunehmende Rolle.
Doch wie kann es passieren, dass jugendliche Fans gewalttätig werden? Wie verfestigt sich diese Gewalt? Ich möchte diejenigen hier zu Wort kommen lassen, die in keine Talkshow eingeladen werden, und zitiere aus dem „Fanmagazin“. In diesem gibt es ein Interview mit den Ultras des 1. FC Sachsen Leipzig. Sie schildern dort, welche Erfahrungen junge Fans in der zweigeteilten Stadt machen.
Ich zitiere: „Das Problem ist, man muss sich als Jungscher immer behaupten, vor allem in dieser Stadt. Entweder man ist Lok- oder Chemie-Fan. Das fängt früh an. Wenn zum Beispiel ein Loki einem das erste Mal einen Button klaut, dann muss man sich dagegen wehren oder sich eben jedes Mal eine aufs Maul hauen lassen.“
Hierbei drängt sich die Frage auf, wie man damit umgeht, dass die Erfahrung von Gewalt dermaßen alltäglich ist – und das in einer Stadt, in der man sich eben nicht so einfach aus dem Weg gehen kann. Überlässt man die weitere Entwicklung der Fankarriere dieser jungen Leute den Gruppendynamiken einer Fankurve oder beginnt man frühzeitig einzugreifen? Wie sehen diese Gruppendynamiken konkret aus? „Man fängt jung an und will sich Respekt verschaffen. Da ist es mit 14 oder 16 Jahren eben cool, wenn man jemanden umhaut und ihm den Schal klaut.“
Die Fanprojekte setzen dort an. Wie das konkret aussieht, möchte ich Ihnen kurz erläutern. Das U 16-Projekt des Fanprojektes Dresden zielt genau auf die nachwachsende Fan-Generation. Es überlässt die unter 16-Jährigen gerade nicht den Eigendynamiken der Fanszene, sondern ermöglicht andere positive Erfahrungen. So werden U 16Fahrten zu den Auswärtsspielen mit eigenen Bussen angeboten – ohne Rauchen und ohne Alkohol. Anerkennung bekommen die Kinder und Jugendlichen ganz ohne die cliquentypischen Mutproben für Einsteiger. Das ist unsere große Chance, liebe Kolleginnen und Kollegen: der positive Einfluss auf die Fans von morgen.