Ich denke, als demokratische Fraktionen sollte es uns Verpflichtung sein, dass wir dem auch durch Fanarbeit mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenwirken.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es schon bemerkenswert, was die Kollegen Kupfer und Brangs hier zur Förderung der Fanarbeit gesagt haben. Wir haben vor vier Monaten im Landtag einen Haushalt beschlossen. Es lagen mehrere Anträge zur Förderung der Fanarbeit, zur Erhöhung der dortigen Mittel vor. Alle diese Anträge sind von CDU und SPD abgelehnt worden. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Da ist es natürlich ein Stück weit Heuchelei, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und Krokodilstränen vergießen. Sie hätten Gelegenheit gehabt zu handeln, und wir erwarten das von Ihnen immer noch.
Ansonsten, meine Damen und Herren, bin ich dankbar dafür, dass die Koalition dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat, gibt es doch Gelegenheit, ein Phänomen zu diskutieren, das die Gemüter wirklich bewegt und das auch nicht immer in sachlicher Art und Weise behandelt worden ist.
Ich denke, hier im Hause sind sich zumindest in einem, hoffe ich jedenfalls, alle Fraktionen einig: dass der Sport
neben seiner Freizeit und seiner gesundheitsvorsorgenden und sozialpräventiven Funktion insbesondere auch Menschen zusammenführen soll, sei es als Aktive oder eben auch als interessierte Zuschauer. Dies – auch daran sollte man erinnern, Kollege Kupfer – klappt im Allgemeinen recht gut. Weder bei der Leichtathletik noch beim Hockey, weder beim Volleyball oder Radsport noch beim Kanurennsport oder beim Skispringen gab oder gibt es bezüglich gewalttätiger Auseinandersetzungen ernst zu nehmende Probleme. Die Schwierigkeiten beschränken sich im Wesentlichen auf das Eishockey und vor allem auf den Fußballbereich, auf den ich mich heute auch konzentrieren möchte.
Um es ganz klar zu sagen: Das, was bei Dynamo Dresden und bei Lok Leipzig in den vergangenen Wochen geschehen ist, war absolut inakzeptabel, beschämend und ist durch nichts zu rechtfertigen. Derartige Randale – da stimme ich Ihnen wieder zu – sind rufschädigend für den gesamten Fußballsport und vor allem für die Vereine selbst. Die zunehmende Gewaltbereitschaft vor allem unter Jugendlichen ist allerdings ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und nicht in erster Linie ein Problem des sächsischen oder des ostdeutschen Fußballs. In den Stadien werden bestimmte Tendenzen nur verstärkt öffentlich sichtbar.
Völlig unstrittig ist, dass die Verantwortlichen für die Randale in den und um die Stadien nach Maßgabe der geltenden Gesetze verfolgt werden müssen. Aber dadurch werden bestenfalls nur die Symptome bekämpft und nicht die Ursachen der Gewaltentwicklung, die auch in der sozialen Situation und den fehlenden Perspektiven vieler junger Menschen begründet sind.
Dennoch sagt auch die Linksfraktion.PDS, dass natürlich hart durchgegriffen werden muss, dass die Täter bestraft und verhängte Stadionverbote konsequent durchgesetzt werden müssen, und zwar möglichst bundesweit.
Zugleich gilt aber auch, dass die Strafen die tatsächlichen Täter treffen müssen. Täter sind aber nicht die Vereine und auch nicht die übergroße Mehrheit der friedlichen Fans, sondern vergleichsweise kleine Gruppen gewaltbereiter Chaoten, die nicht selten in der rechtsextremen Skinheadszene verankert sind. Hier muss die Politik ansetzen und nicht auch noch die hiesigen Fußballklubs durch abwegige Forderungen – wie die Übernahme der Kosten für notwendige Polizeieinsätze – vollends ruinieren.
Hermann Winkler, der jetzige Staatskanzleichef, hat offenkundig vergessen, dass er selbst einmal Präsident des Landessportbundes war. Ansonsten würde er derart absurde Vorschläge unterlassen. Wenn Winklers Pläne durchkämen – der Innenminister hat sich ja ähnlich geäußert –, dann wäre dies das sichere Aus für den ostdeutschen Fußball, zumindest in allen höheren Spielklassen. Ein geeigneter Beitrag zur Befriedung der Fans wäre dies allerdings mit Sicherheit nicht.
Was Sachsen stattdessen braucht, ist ein abgestimmtes Konzept zwischen Vereinen und Politik sowie Polizei und Justizbehörden, das gegenwärtig noch nicht einmal ansatzweise zu erkennen ist. Der für den Sport zuständige Kultusminister beschäftigt sich lieber mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft, mit Kita-Fragen oder pflegt seine DDR-Phobien. Zur Lösung der aktuellen Probleme wie der Gewalt im Sport hat er nichts beizutragen – keinen Vorschlag, keine Anregung, keinen Maßnahmenplan. Steffen Flath schweigt eisern und wird daher zu Recht auch innerhalb der Staatsregierung abserviert, sodass jetzt zum „Dresdner Gespräch“ im MDR Hermann Winkler an seiner Stelle Rede und Antwort stehen musste. Er hat sich dabei allerdings auch nicht mit Ruhm bekleckert, das will ich hinzufügen.
Auch Herr Winkler setzt offenbar lieber auf Repression als auf Prävention. Wir halten das für den eindeutig falschen Weg. Wir brauchen nicht noch mehr Druck, nicht noch mehr Drohungen. Wir brauchen endlich eine vernünftige Fanarbeit und die Unterstützung der vorhandenen Projekte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn 39 Polizisten bei einem Fußballspiel verletzt werden, muss ein verantwortungsbewusster Staat handeln. Anlässlich der Vorkommnisse in Leipzig will die Koalition nun Handlungsfähigkeit demonstrieren. Wieder einmal werden die üblichen Forderungen abgespult: harte Strafen, schnelle Aburteilung durch Sportanwälte, Kameraüberwachung und Ähnliches.
Zweifellos hält auch die NPD-Fraktion harte Strafen für notwendig. Schließlich hat die NPD Gewalt immer konsequent verurteilt.
(Empörte Zurufe – Gelächter bei der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)
Eines, meine Damen und Herren, ist aber klar. Die diskutierten Vorkommnisse stellen entgegen mancherlei Behauptung keine neue Qualität der Gewalt dar. Immer wieder neue Ereignisse, immer wieder die gleichen Forderungen, passieren tut nichts
bis zum nächsten Ereignis und den gleichen, inzwischen zum Ritual verkommenen Debatten. Eine wirkliche Ursachenbekämpfung findet nicht statt, und wer wollte es Ihnen auch verdenken; schließlich müssten Sie sich mit Ihrer eigenen verlogenen Doppelmoral im Umgang mit dem Gewaltphänomen auseinandersetzen. Fußball ist für
Mit dem Fußball entladen sich aufgestaute Aggressionen zumeist friedlich. Der Fußball ist einer der effektivsten Sozialarbeiter überhaupt.
Gerade deshalb sind wir der Ansicht, dass die derzeitigen Schuldzuweisungen an Vereine und Fans deplatziert sind. Nicht die Fußballvereine gehören auf die Anklagebank, sondern die etablierten Blockparteien.
Da können Sie noch so sehr lachen. Schließlich ist es doch Ihre Politik des Sozialabbaus, die der Jugend immer weniger Lebenschancen und Lebensperspektiven ermöglicht.
Dabei wird die soziale Frustration bei Teilen unserer Jugend schon seit Jahren erfolgreich durch den Fußball therapiert und neutralisiert.
Machen Sie den Fußball nicht zum Cheftherapeuten für die Folgen Ihrer zukunftsfeindlichen Politik. Es zeugt von schlechten Umgangsformen, wenn man sich selbst entlasten will, indem man bei anderen die eigene Verantwortung ablädt. Es ist schäbig und sagt viel über Ihren Charakter aus. Sie laden die Verantwortung für die Folgen bei den Vereinen und ihren Fans ab, in diesem Fall vor allem bei den Traditionsvereinen.
Sie sollen wieder einmal zum Sündenbock gestempelt werden. Und noch mehr als das: Da spricht der DFBPräsident in vorauseilendem Gehorsam über Sachsens Fußball einen Bannfluch aus und der Fußballverband mimt den folgsamen Vollstrecker und erklärt das folgende Wochenende zur spielfreien Zeit, quasi als kollektive Sühnemaßnahme. Unter dem Dauerbeschuss der Medien werden von Vereinen und Fans Schuldbekenntnisse eingefordert.
Wer diese nicht abgeben will, weil er zu Recht keine direkte Eigenverantwortung erkennen kann, wird dazu erpresst. Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit bis hin zum Lizenzentzug – so sehen die Drohungen aus, wenn man sich der Kollektivschuldlüge verweigert.
Übrigens zeigt die Berichterstattung, welche Stilblüten die Sensationsgier einiger Journalisten treibt. Man fragt sich: War es Zufall, dass am Ort der Ausschreitung ein Kamerateam anwesend war? Gab es nicht öfter schon Vorgänge, bei denen sich später herausstellte, dass Journalisten selbst gewalttätige Vorfälle inszenierten, um möglichst spektakuläre Bilder im Kasten zu haben?
Wie manipulativ die Medien arbeiten, erkennen wir auch daran, dass nur jene Vorfälle dokumentiert werden, die ins Konzept der political correctness passen. Oder haben Sie etwas über die Ausschreitungen beim Fußballspiel zwischen Zwenkau III und Vuslat Leipzig gelesen, einem Verein, der kein Unbekannter im Amateurfußball ist? Dessen Bekanntheit beruht nicht etwa auf sportlichen Leistungen, sondern auf Gewalttätigkeiten, die regelmäßig von den türkischen Spielern dieser Mannschaft ausgehen.