Protocol of the Session on March 15, 2007

Abgrund zusteuert. Sie sprechen in diesem Zusammenhang gern von gesellschaftlicher Entwicklung – als sei ein solcher Prozess nicht steuerbar, als sei er gewissermaßen ein Naturvorgang – und lenken damit von Ihrer konkreten Verantwortung ab.

Noch niemals in der Geschichte unseres Landes – mit Ausnahme des Dreißigjährigen Krieges – hatten die sächsischen Familien so bedrückende Zukunftsperspektiven wie unter der Ägide der Christdemokraten seit 1990 und seit 2004 auch der Sozialdemokraten.

(Beifall bei der NPD – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

All das lässt sich ursächlich auf Ihre verfehlte Familienpolitik zurückführen, die wiederum nur der logische Ausdruck eines falschen Menschenbildes ist.

(Martin Dulig, SPD: Das sagt der Richtige!)

Auch wenn es uns oft wie eine Sisyphusarbeit erscheint, werden wir Nationaldemokraten nicht müde, Ihnen unser klassisches – übrigens europaweit über Jahrhunderte gewachsenes – Familienbild und die daraus gefolgerten Maßnahmen erneut in Erinnerung und vielleicht diesmal auch ins Gewissen zu rufen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Lassen Sie es bleiben!)

Bei Ihnen hilft das nicht, Herr Dr. Hahn, das ist klar.

Es geht hier nicht um banale Rechthaberei – es geht um die Zukunft unseres Landes und unseres Volkes. Eine vernünftige, an den Interessen der hiesigen Menschen und an Werten, die in den meisten Kulturnationen der Welt selbstverständlich sind, ausgerichtete Familienpolitik ist vielleicht noch in der Lage, wenigstens der übernächsten Generation wieder demografische Voraussetzungen zu schaffen, die Spielraum für politische Alternativen bieten. Zunächst einmal muss dazu der politische Wille erkennbar sein, die deutsche – ja, Sie haben richtig gehört: die deutsche – Familie als Keimzelle und Grundlage unseres Volkes anzuerkennen.

(Beifall bei der NPD – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Noch ist es abwendbar, dass in Sachsens Großstädten in wenigen Jahren die gleichen Verhältnisse herrschen wie in Berlin oder Stuttgart, in Köln oder Frankfurt, wo – wie im gesamten Bundesland Hessen – von hundert Kindern unter sechs Jahren 42 Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund stammen – wie man dies euphemistisch kaschiert.

Im Gegensatz zu einem derartigen Szenario sollten nach Meinung der NPD-Fraktion junge Sachsen mit zahlreichen Anreizen bewogen werden, zu heiraten und eine Familie zu gründen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Dabei darf es keine rückwärtsgewandten Scheuklappen geben, denn nicht jede bevölkerungspolitische Maßnahme der von Ihnen abgelehnten politischen Systeme, also der DDR oder des Nationalsozialismus, ist schon deshalb zu verwerfen, weil sie zur falschen Zeit von den falschen Leuten praktiziert wurde.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Lebensborn!)

Das jetzige System bringt sich durch eine solche Generalablehnung um den dringend benötigten Gestaltungsspielraum und um ein bewährtes Instrumentarium. Setzen Sie sich endlich für die Forderung der NPD nach einem angemessenen Müttergehalt ein. Wenn Sie sich schon nicht an einer erfolgreichen Familienpolitik der Dreißigerjahre und der DDR orientieren können oder wollen, dann schauen Sie doch zumindest nach Frankreich. Dort ist es gelungen, aus einem der geburtenärmsten Staaten ein Land mit einer der höchsten Geburtenraten Europas zu machen –

(Starke Unruhe und Zurufe von der Linksfraktion.PDS und der SPD)

auch deswegen, weil die jungen Franzosen sich von der Gesellschaft nicht für voll genommen fühlen, wenn sie nicht wenigstens zwei eigene Kinder haben. Das sollte doch auch unser Minimalziel sein.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das war einfach nur braun!)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Frau Schütz, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es lohnt sich nicht, auf meinen Vorredner einzugehen, denn so viel Müll auf einmal – das packt man überhaupt nicht.

(Beifall bei der FDP, der Linksfraktion.PDS, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Doch nun zur Aktuellen Debatte. „Ich dachte, dass wir weiter sind.“ Das war nicht nur meine Auffassung, sondern auch der Kommentar der ehemaligen CDUBundesfamilienministerin Rita Süssmuth zur aktuellen familienpolitischen Debatte. Ich bin mir sicher, viele vor allem ostdeutsche Familien haben genauso gedacht.

(Beifall bei der FDP)

Seit dem Jahreswechsel kann man in puncto Familienpolitik den Eindruck gewinnen, Sachsen sei von einem Land von Welt ins Mittelalter zurückgefallen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Fast zwei Monate lang konnte der Kultusminister des Freistaates seine Thesen von den drei „K“ – Kirche, Kinder, Küche – unwidersprochen in Sachsen verbreiten,

denn erst am 28. Februar meldeten Sie, Frau Orosz, sich als die zuständige Ministerin selbst zu Wort.

(Holger Zastrow, FDP: Hört, hört!)

Diese völlig fehlgeleitete Krippendebatte – wie Sie, Frau Orosz, die Diskussion zu Recht bezeichneten – hat dem Freistaat geschadet.

(Beifall bei der FDP)

Wer die Schaffung von Krippenplätzen heute mit der DDR-Politik von gestern vergleicht, kritisiert die hervorragende Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher aktuell vor Ort.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU, der Linksfraktion.PDS und der SPD)

Viele berufstätige Frauen empfinden das gute sächsische Krippenangebot als Segen. Vom Kultusminister, so könnte man meinen, werden sie eher als Fluch gesehen. Was sollen die sächsischen Familien denken, wenn Teile der Staatsregierung die Kinder lieber drei Jahre zu Hause haben wollen, statt zusätzliche Krippenplätze zu schaffen? Wer eine so familien- und meiner Meinung nach vor allem frauenfeindliche Politik betreibt, darf sich nicht wundern, wenn junge Frauen abwandern.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Wie groß die Differenz in der Staatsregierung ist, zeigt auch die Richtigstellung des Sozialministeriums zu einem Interview des Kultusministers in der „Sächsischen Zeitung“ vom 20. Februar 2007. Die Behauptung: „Familien, die Kinder bewusst zu Hause erziehen, gehen leer aus“ wurde von dem Haus von Frau Orosz umgehend zurückgewiesen.

Seit Ende Februar ist zumindest in Sachsen Ruhe in die Familiendebatte eingekehrt. Wo die Staatsregierung allerdings familienpolitisch steht, ist ungewisser denn je. Ob die CDU-/SPD-Koalition in Sachsen für eine moderne Familienpolitik steht, wird sich morgen zeigen. Dann haben Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Sächsischen Landtag, die Möglichkeit, mit dem Antrag der FDP-Fraktion den Startschuss zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Kinderkrippenplatz hier in Sachsen zu geben.

(Beifall bei der FDP)

Anders als die CDU fordern wir nämlich ohne Wenn und Aber den Ausbau der Kindertageseinrichtungen. In Krippenplätzen sehen wir die Chance, Vereinbarkeit von Familien und Beruf noch konkreter zu gewährleisten. Erst mit genügend Krippenplätzen und einem Rechtsanspruch darauf haben Familien echte Wahlfreiheit.

(Beifall bei der FDP)

Hier können wir als Sachsen Vorreiter werden. Ich lade Sie schon heute ein, morgen unserem Antrag dazu hier im Hohen Hause zuzustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die eigentliche familienpolitische Diskussion fand nicht in Sachsen, sondern vor allem bundesweit statt. Allerdings haben Äußerungen von sächsischen Kabinettsmitgliedern dort, wie ich meine, eine traurige Rolle gespielt. Statt die Krippenausbaupläne zu unterstützen, torpedierte man sie an vorderster Front; statt den Freistaat Sachsen als Vorbild zu präsentieren, machte man die eigene Politik madig. Endlich hätte der Westen vom Osten lernen können; doch einige in der Sächsischen Union wollen die sächsische Familienpolitik offenbar nicht weiterempfehlen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

Das Bild, das die CDU zu der Frage der Kinderbetreuung abgibt, ist an Zerrissenheit kaum noch zu überbieten. Auf der einen Seite steht Ursula von der Leyen, die konsequent für den Ausbau der Betreuung eintritt. Auf der anderen Seite steht beispielhaft der sächsische Kultusminister, der den Besuch einer Kindertageseinrichtung erst nach drei Jahren empfiehlt.

Doch auch die SPD steht im Streit um eine bessere Kinderbetreuung nicht besser da. Erst sagt man gar nichts. Dann applaudiert die SPD der Bundesfamilienministerin. Jetzt will man mit dem Wegfall der geplanten Kindergelderhöhung den Ausbau der Kinderkrippen finanzieren. Letzteres ist nicht nur sozial ungerecht, sondern in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes noch gar nicht vorgesehen. Außerdem muss sich die SPD entscheiden, wofür sie die Anhebung des Kindergeldes verwenden will: für kostenlose Kitas oder den Ausbau der Krippenplätze? Für beides will die SPD die Kindergelderhöhung einsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Resultat des Chaos von CDU und SPD ist, dass auf Bundesebene erst einmal nichts geschieht. Ideologien blockieren wieder einmal politisches Handeln. Zur Bedarfsermittlung, die jetzt angestrebt wird, sollte zumindest der Ministerpräsident, der sie in Sachsen mit unterstützt, mit dem Blick auf das eigene Land wissen, dass wir höheren Bedarf haben.

Vor allem die Union muss und sollte endlich einsehen, dass Krippen und Elternhaus kein Widerspruch sind. Vielmehr brauchen wir Krippenplätze, um echte Wahlfreiheit, Wahlfreiheit der Erziehungsmodelle zu gewährleisten. Davon sind wir allerdings meiner Meinung nach noch weit entfernt. Ich kann nur hoffen, dass Sie, Frau Orosz, hier endlich Klarheit schaffen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)