Wir als FDP-Fraktion haben Ihnen einen bürgerfreundlichen und unbürokratischen Gesetzentwurf vorgelegt, der vor allem auch die kommunale Selbstverantwortung stärkt. “6 mal 24“ war unser Vorschlag, gekoppelt an eine Kommunalisierung. Die Entscheidung über die Sonntage
wollten wir auf die Kommunen übertragen. Wir haben eine klare Regelung vorgeschlagen: Werktags entscheidet der Verbraucher, sonntags entscheiden die Kommunen.
Sie haben sich mehrheitlich gegen die Interessen der Verbraucher und der Kommunen entschieden. Ihr Gesetzentwurf geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Das ist das Problem. Es könnte ja sein, dass Sie von den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger keine Ahnung haben.
Das wäre schlimm. Aber man könnte wenigstens versuchen, es Ihnen zu erklären. Das Problem ist: Sie kennen die Bedürfnisse; denn aus dem Gruppenantrag wird deutlich, dass es Teile der Regierungsfraktionen gibt, die eine bürgerfreundliche Regelung versucht haben. Aber Sie wollten diese bürgerfreundliche Regelung bewusst nicht haben.
Ich darf in diesem Zusammenhang Kollegen Schneider zitieren: „Die Mehrheit der sächsischen Bevölkerung erwartet eine Entscheidung, die frei von Restriktionen und überholten Verbotsvorstellungen von Ladenöffnungszeiten getragen ist.“
Recht hat er! Sie wissen also um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, ignorieren sie aber. Das ist das Problem.
Wir haben uns dafür eingesetzt, nicht nur vier verkaufsoffene Sonntage zuzulassen, sondern die Entscheidung den Kommunen zu übertragen. In der Anhörung ist deutlich geworden, dass wir mit vier verkaufsoffenen Sonntagen den Kommunen einen Bärendienst erweisen; denn die vier verkaufsoffenen Sonntage werden Adventssonntage sein, sodass keine Berücksichtigung von regionalen Belangen mehr möglich ist. Die Kammern und der SSG haben dies in der Anhörung deutlich formuliert. Nur Sie haben auf diese Anregung aus der Anhörung nicht reagiert.
„6 mal 24“ ist unser Vorschlag gewesen. Nicht nur die IHKs aus Dresden und Leipzig, sondern auch die Verbraucherzentralen, der Einzelhandelsverband und der Sächsische Landkreistag haben zugestimmt und sich für „6 mal 24“ eingesetzt. Die Begründung lautete: Der Vorschlag ist unbürokratisch und vermindert den Kontrollaufwand. Die Einhaltung von Ladenschlusszeiten muss nicht mehr kontrolliert werden. Der Vorschlag ist flexibel, geht auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ein und schafft Chancen für den Mittelstand.
Liebe Kollegen Herr Tischendorf und Herr Brangs, natürlich auch eine Flexibilität für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie haben angeführt, eine Verkäuferin habe mit ihrem Kind unter Tränen geredet: „Dann komme ich vielleicht erst um 11 Uhr abends nach Hause“. Das kann schon sein. Aber dass dieselbe Verkäuferin die Chance hat, auch einmal einen Nachmittag oder einen Vormittag mit dem Kind gemeinsam zu verbringen, weil sie dann eben nicht mehr arbeiten muss, gehört auch zur Wahrheit. Das verschweigen Sie hier in diesem Hause.
Herr Kollege, können Sie mir sagen, ob Kinder einmal in der Woche zu Bett gebracht werden müssen oder jeden Tag?
Herr Kollege Porsch, selbstverständlich müssen Kinder nicht nur einmal in der Woche ins Bett gebracht werden, sondern jeden Abend. Aber, Kollege Porsch, könnten Sie mit mir mitgehen, dass es vielleicht für ein kleines Kind ein höherer Gewinn ist, einmal einen Nachmittag mit der Mama verbringen zu können, als nur zehn Minuten ins Bett gebracht zu werden? Können Sie das nachvollziehen?
In einer modernen Familie bringt nämlich auch einmal der Mann das Kind ins Bett. Aber das kennen Sie offensichtlich nicht, Herr Porsch.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Ich habe drei Kinder ins Bett gebracht! – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)
Zurückkommend auf die Anhörung im Wirtschaftsausschuss: Diese Regelung Ladenschluss 22:00 Uhr schafft auch faktisch ein Mehr an Ladenöffnung, denn interessanterweise
hat nämlich Herr Lukas vom Einzelhandelsverband hierzu im Rahmen unserer Anhörung ausgeführt, als er sagte: „Wir haben die Erfahrung aus den Ländern, in denen die Öffnung bisher freigegeben wurde, gemacht, dass wir dort weniger Öffnungszeiten haben.“ Er sagte: „Wenn wir keine zeitliche Vorgabe haben, werden wir weniger Öffnungszeiten bekommen. Dann werden die Öffnungszeiten betriebswirtschaftlich untersucht und durch unsere Unternehmen entschieden. Bei einer vorgegebenen Öffnungszeit von 22:00 Uhr wird das nicht der Fall sein.“
Er hat eben genau angesprochen, dass durch diese Regelung ein Druck in den Einkaufscentern entsteht, bis 22:00 Uhr öffnen zu müssen. Die Geschäfte werden gezwungen. Ja, Sie lachen darüber, aber in den Ländern, in denen wir die Regelung nicht haben, findet das eben genau nicht statt. Sie sind überhaupt nicht bereit, auf diese Argumente zu hören. Sie nehmen diese Argumente überhaupt nicht zur Kenntnis.
Das ist jetzt sehr wichtig für mich. Habe ich Sie jetzt richtig verstanden: Sie sind eigentlich für kürzere Öffnungszeiten?
Herr Prof. Porsch, ich habe das Gefühl, dass Sie in der ganzen Debatte überhaupt nichts verstanden haben.
Sie haben schlicht und ergreifend gar nichts verstanden. Das kommt eben daher, weil Sie nicht Politik für den Bürger machen, sondern Politik aus dem marxistischen Lehrbuch. Das ist das Problem. Wenn Sie sich nämlich an den Interessen der Bürger orientieren und den Argumenten zuhören würden, dann hätten Sie gemerkt, dass ich weder, als es um unseren eigenen Gesetzentwurf ging, noch heute in der Debatte gefordert habe, dass alle Geschäfte rund um die Uhr öffnen müssen. Das war doch gar nicht mein Anliegen, sondern ich habe gesagt, durch eine flexible Regelung, durch eine Freigabe kann man sich auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger einstellen und sich denen anpassen. Ich habe nicht gefordert, wir brauchen deutschlandweit so und so viel mehr Ladenöffnung. Das habe ich überhaupt nicht gesagt, sondern meine Forderung war, lasst uns flexibel auf die Bedürfnisse eingehen. Nicht jede Kommune ist gleich. Nicht überall sind die Verhältnisse gleich. Nicht jede Lage von jedem Geschäft ist identisch. Da gibt es besondere Voraussetzungen. Auf diese soll man vor Ort flexibel eingehen können. Genau das haben wir gefordert. Da wird man in manchen Fällen sagen, wir lassen gar nicht so lange geöffnet. Das rentiert sich nicht. 21:00 Uhr ist ausreichend. In anderen Fällen kommt man zum Ergebnis, wir haben noch einen nennenswerten Umsatz, meinetwegen um 23:00 oder 24:00 Uhr. Dann soll man zu dieser Zeit auch öffnen. Das ist kein Öffnungszwang. Das vergessen Sie vollkommen, Herr Prof. Porsch.
Ich glaube, ich bin auf der Spur, Herr Morlok. Jetzt habe ich nur noch eine Frage. Vielleicht erschließt es sich mir dann als Ganzes. Sie sprechen von den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger. Sind für Sie Verkäuferinnen, die alleinerziehend sind, auch Bürgerinnen und Bürger und haben sie Bedürfnisse?
Herr Prof. Porsch, ich habe versucht, das ganz kurz anzusprechen, weil die Kollegen Brangs und Tischendorf darauf eingegangen sind. Ich kann es aber gern noch ein bisschen länger ausführen, damit auch Sie es verstehen. Wir sind eine serviceorientierte Partei.
Es geht wirklich darum, dass die Flexibilität natürlich auch die Flexibilität für die Arbeitnehmer ist. Das ist doch ganz klar. In dem Maße, in dem sie eben keine starre Arbeitszeit mehr haben, können sie sich auch anders auf ihre Familiensituation einstellen. Die familiäre Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist nicht bei jedem gleich. Das ist ja das Schöne daran, dass wir alle verschieden sind und verschiedene Vorstellungen haben, sodass es auch in einem Unternehmen Mitarbeiterinnen gibt, die gern einmal zusätzlich am Abend arbeiten, sodass sie noch Geld verdienen können, wenn unter Umständen die Kinder im Bett sind, wenn der Mann zu Hause ist oder jemand am Wochenende gern zusätzlich arbeiten und Geld verdienen möchte, gerade dann, wenn der Ehepartner zu Hause ist und sich um die Kinder kümmern kann. Genau das sind Bedürfnisse. Die Familiensituation hat sich doch in den letzten 50 Jahren in Deutschland wirklich verändert. Dem muss die Politik Rechnung tragen. Deswegen ist eine flexible Regelung überhaupt nicht nur im Interesse von Unternehmen und Verbrauchern. Eine flexible Regelung ist ausdrücklich auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Danke, Herr Morlok. – Können Sie mir einmal die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also einer Verkäuferin, die 700 Euro hat, wenn sie die Miete bezahlt hat und dann noch die Waren des täglichen Bedarfs für sich und ihr Kind, weil sie allein erziehend ist, kaufen muss, nach Ihrem Modell nennen?
Herr Kollege Tischendorf, ich habe jetzt drei Minuten mit Genehmigung der Präsidentin, um hierauf zu antworten. Ich könnte jetzt die Debatte zum Thema Bürgergeldmodell der FDP führen.
Wir haben ja ein umfassendes Modell vorgesehen. Das ist Ihr Problem. Herr Tischendorf, Sie greifen sich hier einen Punkt heraus und meinen,