Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über einfache Sachen diskutieren manche in diesem Haus ganz gern. Das Ladenschlussgesetz hätte eigentlich auch eine einfache Sache sein können.
(Beifall und Heiterkeit bei der FDP und den GRÜNEN – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Da steht schon die Schöpfungsgeschichte dagegen!)
Wie wir den Unternehmen in den unterschiedlichsten Branchen und Bereichen nicht vorschreiben, wann sie produzieren oder ihre Dienstleistungen erbringen, sollten wir dies auch bei den Einzelhandelseinrichtungen nicht tun. Damit würden wir in Sachsen auch den Unternehmern im Einzelhandel jede Chance geben, ihren wirtschaftlichen Erfolg selbst zu gestalten. Dass dies in Deutschland möglich ist, beweisen unsere Nachbarn in Sachsen-Anhalt und Thüringen, die ein wesentlich weiter gehendes Ladenschlussgesetz verabschiedet haben, als wir dies heute tun wollen. Gleichwohl verkennen wir nicht, dass der Schutz der Arbeitnehmer im Einzelhandel bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeiten und der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen einer ausgewogenen Regelung bedarf und durch die Bundesländer im Zuge der Umsetzung der ersten Stufe der Föderalismusreform sicherzustellen ist.
Die CDU-Fraktion hat sich mit dem Thema Ladenöffnung intensiv auseinandergesetzt und viele Gespräche mit den betroffenen Händlern, den Verbänden, den Kirchen, den Gewerkschaften und weiteren Bereichen geführt. Dabei wurde deutlich, dass die teilweise unterschiedlichen Auffassungen nicht in jedem Fall im Gesetz berücksichtigt werden können.
Auch in der sächsischen Koalition war die Diskussion zu diesem Thema aufgrund unterschiedlicher Standpunkte schwieriger als anderswo. Der heute vorgelegte Kompromiss spiegelt das Ergebnis dieses Prozesses wider. Die Vertreter beider Koalitionsparteien haben sich auf ein Ladenöffnungsgesetz für Sachsen geeinigt, das sowohl die Interessen der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigt als auch dem sächsischen Einzelhandel mehr Flexibilität in der Gestaltung der Öffnungszeiten einräumt.
Für die Damen und Herren der Linksfraktion.PDS wiederhole ich noch einmal: Wir schaffen Möglichkeiten der Flexibilisierung. Anders als Sie in Ihren zweifelhaften Veröffentlichungen behaupten, die nur einseitig Realität und Meinungen in Sachsen wiedergeben, geht es uns beim Sächsischen Ladenöffnungsgesetz um das Kann, nicht um das Muss. Die Zeiten, in denen Sie festlegen konnten, wann der Konsum auf und wann er zu hat und was die Bevölkerung zum Leben braucht, sind Gott sei Dank beendet.
Ihre Behauptung, Sie setzen sich für die Belange der Arbeitnehmer ein, ist reine Augenwischerei. Sie haben dazu keine sinnvollen Vorschläge vorgelegt und sich lediglich darauf konzentriert, den Gesetzentwurf und die Bemühungen der Koalitionsfraktionen, alle Interessen weitestgehend zu berücksichtigen, immer wieder zu diskreditieren. Konstruktive Mitarbeit gab es nicht.
Das ist sicher auch nicht schwierig bei einer Partei, die in Berlin eine Öffnung rund um die Uhr mitträgt
und in Sachsen mit aus Landtagsgeldern finanzierten Denkschriften die unsoziale Politik der Regierungskoalition unter die Leute bringen möchte.
Aber es werden immer weniger, die Ihrer Doppelzüngigkeit auf den Leim gehen. Sie haben mit Ihrer Aktion nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im sächsischen Einzelhandel verunsichert und mit der Globalverurteilung der Händler das Ansehen des Einzelhandels in Sachsen beschädigt.
Doch nun zum vorgelegten Gesetzentwurf. Der vom Wirtschaftsministerium vorgelegte Entwurf wurde in wesentlichen Punkten verändert und im Rahmen eines umfangreichen Änderungsantrages der Koalition unter Berücksichtigung der ausgiebigen Anhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr beschlossen.
Erstens. Die tägliche Öffnungszeit an Werktagen ist von 06:00 bis 22:00 Uhr begrenzt. Damit ist es möglich – und ich betone nochmals: „möglich“ –, in diesem Zeitraum Läden zu öffnen, und, wer möchte, zwei Stunden länger als bisher.
Zweitens. Der Sonntag steht in Sachsen weiterhin unter einem besonderen Schutz. Lediglich vier zulässige Ausnahmen pro Jahr gestatten einen Einkauf auch an Sonntagen. Dass wir dabei die Adventssonntage ausdrücklich nicht ausgenommen haben, ist dem großen Interesse des sächsischen Einzelhandels geschuldet, besonders diese umsatzstarken Tage des Jahres zu nutzen.
Dass wir die Freigabe der Adventssonntage nicht allein auf das Erzgebirge beschränken, liegt auf der Hand. In ganz Sachsen feiern wir Weihnachten. In vielen Orten haben sich Weihnachtsmärkte und Ähnliches im Interesse des Einzelhandels etabliert.
Drittens. An fünf Tagen können Gemeinden Ausnahmen von den allgemeinen Ladenöffnungszeiten gestatten und einen Verkauf rund um die Uhr zulassen. Damit ist es möglich, spezifische Einkaufs-Events zu organisieren, die im Interesse von Handel und Kunden liegen.
Einkaufen ist heute nicht mehr nur eine Sache der Deckung der persönlichen Bedürfnisse. Einkaufen wird als Erlebnis wahrgenommen und durch den Handel auch entsprechend kreiert. Dieser Entwicklung tragen wir damit Rechnung.
Viertens. Neben dem besonderen Schutz des Sonntages als Tag für die Familie und die seelische Erhebung haben wir uns für einen umfassenden Feiertagsschutz starkgemacht und dies auch in unserem Änderungsantrag zum bisherigen Gesetzentwurf niedergelegt.
Nicht nur die kirchlichen Feiertage sind uns dabei wichtig. Auch solche Feiertage wie den Tag der Arbeit am 1. Mai eines jeden Jahres und den Tag der Deutschen Einheit schützen wir nachhaltig.
Fünftens. Wir haben im Rahmen der Regelung der Arbeitszeit und des Arbeitsschutzes ausdrücklich darauf geachtet, die bisherigen Regelungen nicht zu beschneiden und sie daher vollinhaltlich aus dem bundesdeutschen Ladenöffnungsgesetz übernommen.
Auch die Regelung zur Beschränkung der Sonntagsöffnungszeiten in Kur- und Erholungsorten auf 40 Sonntage, wie sie bisher in der Sächsischen Ladenschlussverordnung enthalten war, bleibt weiterhin bestehen.
Sechstens. Wir haben schließlich auch die Frage der Ordnungswidrigkeiten klar geregelt und insbesondere Verstöße gegen die Einhaltung der Arbeitszeit unter besondere Restriktionen gestellt.
Meine Damen und Herren! Das Sächsische Ladenöffnungsgesetz ist das Ergebnis eines umfangreichen Anhörungsverfahrens unserer Fraktion, der Staatsregierung als auch durch den Sächsischen Landtag. Es stellt zudem das Ergebnis der Verhandlungen der Koalitionspartner dar. Der sächsische Einzelhandel erhält zusätzlichen Spielraum für die Ausgestaltung seiner Ladenöffnungszeiten, ohne dass die Rechte der Arbeitnehmer des Einzelhandels geschwächt werden.
Mit der Befristung des Gesetzes bleibt die Möglichkeit, nach Vorliegen konkreter Erkenntnisse über die tatsächliche Entwicklung der Öffnungszeiten nach 2010 nachzusteuern.
Lassen Sie uns das Gesetz in der heutigen Fassung beschließen und damit dem Einzelhandel in Sachsen eine neue Perspektive geben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Die Wiederholung ist die Mutter der Weisheit.“ Das sagt der alte Volksmund. Insofern ist es ganz gut, wenn wir heute die Debatte, die Herr Bolick angemahnt hat und die er, denke ich, auch von mir erwartet, noch einmal grundsätzlich führen.
Bereits im November – das wurde ja angesprochen – haben wir zum Ladenschluss debattiert. Schon damals hatte ich hier an dieser Stelle ausführlich zu den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Einzelhandel gesprochen.
Zur Anhörung im Wirtschaftsausschuss widersprachen im Übrigen meiner Einschätzung selbst diejenigen Sachverständigen nicht, die vehement für die Öffnung des Ladenschlusses gesprochen haben. Das waren allerdings auch nicht viele; wenn man es ganz genau nimmt, waren es zwei Vertreter, nämlich der Handelsverband und die Vertreterin der IHK. Letztere konnte dies nur eingeschränkt tun, schon allein deshalb, weil die klare Haltung
der IHK Südwestwachsen zur Beibehaltung der Öffnungszeiten eine deutliche Sprache spricht. Ganz nebenbei: Das ist die größte IHK.
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Da hat Herr Bolick etwas Falsches gesagt!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Vorfeld der heutigen Entscheidung haben wir als Linksfraktion.PDS – das wurde schon angesprochen und auch von Abgeordneten gelesen, was mich sehr freut – eine Anhörung von Beschäftigten im Einzelhandel durchgeführt.
Ich zitiere einmal aus der Anhörung eine Verkäuferin, damit wir ein bisschen an die Basis kommen und nicht nur oberflächlich darüber diskutieren. Die Verkäuferin ist Mutter von vier Kindern und seit 30 Jahren im Handel tätig. Sie sagt: „Heute früh habe ich mit meiner achtjährigen Tochter geredet: ‚Pass auf, es kann passieren, die Mutti kommt bald erst abends 11:00 Uhr nach Hause.’ Da hat sie bald geheult. Meine Kleine, die sitzt immer auf der Bank, bis ich nach Hause komme, damit ich sie ins Bett bringe, denn die will mich schließlich noch einmal drücken.“
Über die Auswirkungen der letzten Änderung der Ladenöffnungszeiten hat diese Mutter auch etwas gesagt. Ich zitiere: „Wir haben bereits Öffnungszeiten bis 20:00 Uhr gehabt. Da ist Folgendes passiert. Alle, die bis dahin zu 70 oder 80 % beschäftigt waren, das sind 30,4 Stunden in der Woche, wurden auf 19 Stunden gedrückt. Ich hatte gerade gestern einen Anruf von einer alleinerziehenden Mutti mit einem sechsjährigen Kind. Die hat 700 Euro netto raus. Die fährt jeden Tag 50 Kilometer auf Arbeit; eine Strecke 50 Kilometer. Wofür soll die denn noch arbeiten? Sie fragt: Was wird denn, wenn das Geschäft bis 22:00 Uhr auf hat? Ich kann doch meine Kinder nicht erst nachts halb zwölf von meiner Mutter abholen und aus dem Schlaf reißen.“ So weit das Zitat.