Protocol of the Session on March 14, 2007

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welche Gründe waren es denn, die uns bewogen haben, einen eigenen Gesetzentwurf zu erarbeiten? In der hochschulpolitischen Diskussion ist unbestritten, dass unsere Hochschulen größere finanzielle und personelle Eigenständigkeit erhalten müssen. Universitäten, Fachhochschulen und Kunsthochschulen müssen in die Lage versetzt werden, ihr eigenes Profil zu entwickeln und entsprechend ihrer jeweiligen Zielsetzung Entscheidungen im Detail zu treffen. Höchst umstritten ist indessen, welches Verhältnis Staat und Hochschule zueinander einnehmen und wie die Entscheidungen innerhalb der Hochschulen zustande kommen sollen. Die Diskussion darüber ist nicht nur eine sächsische, sondern sie hält deutschlandweit an.

Wir wollen in dieser Diskussion um die künftige Ausrichtung der Hochschulen ganz bewusst einen Gegenentwurf zum herrschenden Modell der Dienstleistungs- und

Managementhochschule bieten, ohne in den derzeitigen Strukturen zu verharren. Wir schlagen vor, Hochschulen als Agenturen einer demokratischen Wissensgesellschaft zu verstehen. Wir sehen in ihnen Räume, in denen wissenschaftliche Reflexion über und für eine demokratische, wissensbasierte Gesellschaft stattfindet, und nicht Orte der Wissensproduktion für die Marktgesellschaft.

Diese Unterscheidung berührt zutiefst das Selbstverständnis der Hochschulen und letztlich den wissenschaftlichen Alltag. Für Studierende und Wissenschaftler ist es von zentraler Bedeutung, ob sie die Freiheit des Studiums, der Lehre und Forschung in ihrer Hochschule leben können oder ob sie durch marktgerechte Entscheidungen von Rektoraten und Hochschulräten entmündigt werden.

Wir vertreten mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Überzeugung, dass nur solche Hochschulen für die gesamte Gesellschaft und insbesondere für die Wirtschaft von Nutzen sind, die sich aus sich selbst heraus organisieren und selbstbewusst in den gesellschaftlichen Diskurs treten können. Deshalb wollen wir mehr Autonomie wagen. Mit „mehr Autonomie wagen“ meinen wir umfassende organisatorische Selbstständigkeit der Hochschulen und zugleich moderne, effektive Mitbestimmungsrechte der Studierenden, Wissenschaftler und demokratisch gewählten gesellschaftlichen Vertreter – und das durchaus bewusst in Anlehnung an das berühmte Motto von Willy Brandt.

Nicht zuletzt deshalb haben wir bei der Erarbeitung und Diskussion dieses Gesetzes die Hochschulen mit ihren Studierenden, Hochschullehrern, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Hochschulleitungen eingebunden und den Gesetzentwurf im Juli letzten Jahres öffentlich zur Diskussion gestellt. Im Ergebnis konnten wir den Entwurf in vielen Punkten verbessern. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Beteiligung und Diskussion lohnen können. Einen solchen Prozess der offenen Diskussion mit den Hochschulen und ihren Angehörigen hätte ich mir auch für die Erarbeitung des Hochschulgesetzentwurfes der Staatsregierung gewünscht anstelle des harten Ringens der Koalition im stillen Kämmerlein.

Unser nun vorliegender Gesetzentwurf setzt, ausgehend von dem beschriebenen generellen Ansatz, sechs Schwerpunkte: Wir wollen erstens die Selbstverwaltung der Hochschulen neu justieren und stärken, zweitens die bisherige Detailsteuerung durch das Ministerium auf eine vertragliche Zielsteuerung zwischen Hochschule und

Staat umstellen und drittens die Personalstruktur modernisieren. Darüber hinaus wollen wir den Zugang zu den Hochschulen gerecht gestalten, die Flexibilität und Qualität des Studiums steigern sowie die Frauenförderung und die Internationalisierung verbindlich verankern.

Zunächst einige Worte zur Selbstverwaltung der Hochschulen. Hier verbinden wir, wie bereits angedeutet, die umfassende organisatorische Selbstständigkeit der Hochschulen mit stärkeren internen Teilhaberechten. Dabei trennen die gesetzlichen Regelungen unseres Entwurfes die Geschäftsführungskompetenzen, welche in den Händen von Rektorat und Dekanat liegen, von den strategischen Kompetenzen, die dem Senat und dem Fakultätsrat als satzungsgebenden Entscheidungsorganen sowie dem Hochschulrat als vorwiegend beratendem Organ zugewiesen werden.

Die Beteiligungsrechte der Mitglieder der Hochschulen werden gestärkt, indem die Viertelparität im Konzil und bei Angelegenheiten, die nicht unmittelbar Forschung und Lehre betreffen, auch im Senat und Fakultätsrat neu eingeführt wird. An diesem Punkt möchte ich hervorheben, dass unser Entwurf das Konzil als zentrales Gremium der Hochschule bewusst beibehält. Die problematischen Vorgänge insbesondere an der TU Dresden sind für uns keine Aufforderung zur Abschaffung des Konzils, wohl aber zu seiner Umgestaltung und effektiveren Organisation. Mit einer effektiv gestalteten Mitbestimmung werden innerhalb der Hochschulen die Information, die Legitimation und die Durchsetzbarkeit der Entscheidungen verbessert. Das steht ganz im Gegensatz zu einer monokratischen Entscheidungsstruktur, wie sie in Hochschulgesetzen anderer Länder verfolgt wird.

Innerhalb der Hochschulen stärken wir die dezentrale Ebene durch Leistungsvereinbarungen und Fakultätsbudgets, indem Dekaninnen und Dekane Dienstvorgesetzte werden und die Position der Fakultätsgeschäftsführung neu eingeführt wird. So können wesentliche hochschulische Entscheidungen problemnah in den Fakultäten getroffen werden. Ähnlich den Hochschulgesetzen anderer Länder führt der Gesetzentwurf für die Hochschulen Globalbudgets ein und überträgt ihnen weitgehend die Personalhoheit. Dadurch wird insgesamt ein abgestimmtes und leistungsfähiges Finanz- und Personalmanagement ermöglicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Verhältnis von Staat und Hochschule wollen wir grundlegend neu gestalten. Die bisherigen detaillierten Eingriffsrechte des Ministeriums werden zugunsten einer strategischen Steuerung über Vereinbarungen eingegrenzt. Künftig soll eine Landeshochschulvereinbarung die Gesamtfinanzierung der sächsischen Hochschulen über mehrere Jahre regeln. Zielvereinbarungen sollen darüber hinaus die konkreten inhaltlichen Ziele der einzelnen Hochschulen festlegen. Damit diese Zielvereinbarungen als echte Vereinbarungen gleichberechtigt zwischen Hochschule und Ministerium ausgehandelt werden können, sehen wir dafür einen mehrstufigen Prozess und eine Schlichtungs

kommission vor, die in Konfliktfällen entscheidet. Dieses Prinzip der Steuerung über Verträge wird auch auf die Fakultäten und die Studierendenwerke übertragen.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des GRÜNENHochschulgesetzentwurfes ist die Modernisierung der Personalstruktur. Die bisher unübersichtlichen, differenzierten Personalkategorien werden im Sinne flacher Hierarchien beschränkt. Die Kategorie des wissenschaftlichen oder künstlerischen Mitarbeiters wird zur zentralen Personalkategorie des Mittelbaus. Der international übliche senior lecturer als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit dem Schwerpunkt Lehre kann unter der Bezeichnung Lektor künftig in Sachsen tätig sein. Die wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräfte erhalten eine Aufwertung. Sie werden in die tarifvertraglichen Regelungen einbezogen.

Um eine weitere neue, wichtige Veränderung zu nennen: Die Verbeamtung von Professorinnen und Professoren schaffen wir mit dem Gesetzentwurf ab. Hier bitte ich die Kolleginnen und Kollegen aus der CDU-Fraktion um besondere Aufmerksamkeit, denn zumindest in diesem Punkt entsprechen wir einem mehrfach geäußerten Wunsch des Ministerpräsidenten.

Über die organisatorischen Veränderungen hinaus wollen wir mit dem neuen Gesetz vor allem die Qualität des Studiums erhöhen. Mit einer verbesserten Studiumseingangsphase und mit flexibler Studienorganisation, beispielsweise mit einem verbindlichen Teilzeitstudium, werden wir der vielfältigen Lebenswelt heutiger Studierender gerecht und schaffen wichtige Voraussetzungen für weniger Studienabbrüche und eine höhere Absolventenquote.

Eine Qualitätssteigerung der Lehre wird durch verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Hochschuldidaktik ermöglicht. Zugangsgerechtigkeit zur Hochschulbildung ist für uns – wie zitiert – ein zentrales Ziel. Mit der gesetzlichen Verankerung der Studiengebührenfreiheit für das Erststudium bis zum ersten Masterabschluss und für das Graduiertenstudium schaffen wir dafür eine wichtige Voraussetzung.

Ein weiteres wichtiges Anliegen ist für uns die Förderung der Frauen in der Wissenschaft. Anstelle der bisher eher vagen Absichtserklärungen zur Frauenförderung werden im Gesetzentwurf konkrete Regelungen verankert. Bisher sind Frauen in wissenschaftlichen Berufen deutlich unterrepräsentiert, von Professuren ganz zu schweigen. Dem begegnet unser Gesetzentwurf auf der Berufungs- und Einstellungsebene durch eine Mindestrepräsentanz von Frauen in den Berufungskommissionen und die Verpflichtung zu einer bevorzugten Einstellung von Frauen bei gleicher Eignung. Darüber hinaus werden Gender Mainstreaming und Gender Budgeting als neue Instrumente geschlechtergerechter, hochschulinterner Steuerung verpflichtend eingeführt.

Frauenförderung wird auch zum Kriterium bei der leistungsorientierten Mittelvergabe und der Graduiertenförderung. Damit werden die bisherigen positiven Erfahrungen

mit dem Hochschul- und Wissenschaftsprogramm durch geeignete gesetzliche Regelungen aufgenommen und unterstützt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einer Einbringungsrede lassen sich lediglich die Schwerpunkte eines solchen umfangreichen Gesetzentwurfes skizzieren. Vonseiten der Hochschulen und der Hochschulforschung – ich erwähne hier das Gutachten des Instituts für Hochschulforschung Wittenberg – sind uns in mancherlei Hinsicht innovative Lösungen bescheinigt worden, Lösungen, die wir in den Ausschüssen und in der Anhörung sicher mit Ihnen diskutieren werden, Lösungen, die ich insbesondere den Koalitionsfraktionen nahelegen möchte.

Meine Damen und Herren von der Koalition, ich kann Sie nur auffordern, diesen Gesetzentwurf zu studieren und in Ihre Überlegungen einzubeziehen. Es wird sich lohnen für Sie und vor allem für die sächsischen Hochschulen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Sächsisches Hochschulgesetz an den Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist das einstimmig so beschlossen. Der Tagesordnungspunkt 6 ist damit beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zurück zu

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 1

Mir liegt das Ergebnis der geheimen Wahl eines berufsrichterlichen Mitglieds und der Wahl von zwei Stellvertretern von berufsrichterlichen Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes vor. Abgegeben wurden 119 Stimmscheine. Alle Stimmscheine waren gültig. Es wurde wie folgt abgestimmt: Für Herrn Dr. Matthias Grünberg stimmten 92 Abgeordnete, Neinstimmen gab es 19 bei 7 Enthaltungen. Für Herrn Dr. Rühmann stimmten 93 Abgeordnete, 21 Stimmen dagegen, 3 Enthaltungen.

Für Herrn Stephan Thuge stimmten 92 Abgeordnete mit Ja, es gab 19 Neinstimmen und 7 Enthaltungen. Damit sind als Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes durch den Landtag gewählt:

Herr Dr. Matthias Grünberg als berufsrichterliches Mitglied, Herr Dr. Rühmann als Stellvertreter und Herr Stephan Thuge ebenfalls als Stellvertreter.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Neufassung des Sächsischen Fischereigesetzes

Drucksache 4/8094, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es sprechen daher nur die Einreicherinnen, die CDU- und die SPD-Fraktion. Für die Koalition spricht Herr Kupfer. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Landtag liegt heute ein völlig neu gestaltetes Fischereigesetz vor. Das 1993 vom Sächsischen Landtag beschlossene Gesetz wurde auf Herz und Nieren geprüft, in seinen Paragrafen gestrafft und in der Handhabung vereinfacht. Das ist unser Beitrag zur Deregulierung und Entbürokratisierung.

(Beifall bei der CDU)

Nach dem jetzt noch gültigen Fischereigesetz haben wir 52 Paragrafen, in dem vorliegenden nur noch 36. Statt der bisher fünf Rechtsverordnungen soll es nur noch eine gemeinsame Rechtsverordnung zur Durchführung des Fischereirechtes geben, die sogenannte Fischereirechts

verordnung. Die bisher im Gesetz verstreut liegenden Verordnungsermächtigungen zugunsten des SMUL werden am Ende des Gesetzes zusammengefasst.

Meine Damen und Herren! Fischer und Angler sind Naturschützer. Diesem hohen Anspruch wird mit dem neuen Fischereigesetz entsprochen. Ökonomie und Ökologie in den Gewässern des Freistaates bilden eine Einheit. Sie werden nachhaltig durch die Berufsfischer und Angler genutzt. Dabei sollen der Lebensraum für wild lebende Tier- und Pflanzenarten und die Lebensgrundlage für die Menschen geschützt und entwickelt werden.

Aus der Landwirtschaft kennen wir den Begriff der „guten fachlichen Praxis“. Die Einbeziehung dieses Begriffes ist eine wesentliche Neuerung. Angler und Berufsfischer sollen zur Einhaltung der Anforderungen an die gute fachliche Praxis verpflichtet werden, wodurch die nachhaltige, also ökologisch und ökonomisch verträgliche Bewirtschaftung der Gewässer gesichert werden soll.

Um gewährleisten zu können, dass die Fischerei im genannten Sinne ausgeübt wird, ist vorgesehen, in Zukunft durch die Fischereiausübungsberechtigten einen Hegeplan erstellen zu lassen. An dieser Stelle entsteht der Fischereibehörde ein höherer Verwaltungsaufwand durch die Hegeplanprüfung und -genehmigung. Gleiches gilt für die Durchführung der Fischbestandsüberwachung, welche durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen ist. Umwelt und Naturschutz, meine Damen und Herren, werden es uns aber danken.

(Beifall bei der CDU)

Die Geltungsdauer der Fischereischeine soll in Zukunft nicht mehr wie bisher auf maximal fünf Jahre begrenzt werden, sondern sie wird vollkommen flexibilisiert, sodass ein lebenslanger Fischereischein erworben werden kann. Damit ist auch den Vorgaben des Paragrafenprangers Genüge getan.

Infolge der Flexibilisierung der Gültigkeitsdauer der Fischereischeine wird es zu einer weiteren Erleichterung bei der Ausstellung der Fischereischeine kommen, und es wird weniger Bürokratie anfallen. Auch wird der bislang nur auf dem Erlasswege geregelte Fischereischein für Menschen, die aufgrund einer Behinderung keine Fischereischeinprüfung ablegen können, nunmehr durch eine offene Regelung in das Gesetz aufgenommen.

Eine weitere Neuerung: Das Mindestalter für die Jugendfischereischeine wird von zehn auf neun Jahre gesenkt und die Gültigkeit bis zum Anschluss an den Fischereischein auf bis zu sieben Jahren verlängert. Kinder und Jugendliche können in Zukunft, soweit sie in einem Anglerverein organisiert sind, auch ohne Begleitung eines erwachsenen Fischereischeininhabers ihrem Hobby nachgehen.

Seit 1993 gibt es umfangreiche EU-rechtliche Änderungen, die im Gesetzentwurf ebenfalls Berücksichtigung

gefunden haben, unter anderem in der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der FFH-Richtlinie. In deren Umsetzung sind durch die Fischereibehörde Fischbestandsuntersuchungen durchzuführen. Entsprechende Regelungen, die diese Aufgabe ermöglichen, werden in das Gesetz aufgenommen. Die Aufgaben und Befugnisse der Fischereibehörde und der Fischereiaufseher werden konkreter gefasst, und die staatlichen Fischereiaufseher, die in der Praxis keine Bedeutung erhielten, werden abgeschafft.

Meine Damen und Herren! Wichtig war und ist uns, dass das Gesetz verständlich ist, nicht nur für künftige Fischereischeinprüflinge. Deshalb haben wir für das konkrete Verständnis des Gesetzes die notwendigen Begriffsbestimmungen an den Anfang des Gesetzes gestellt.