Protocol of the Session on January 25, 2007

Hier wurden teilweise von Unwissenden Fragen gestellt. Es geht bei dem Wegfall der Grenzkontrollen nicht darum, dass wir als Sachsen überheblich oder arrogant auf unsere Nachbarländer zeigen. Das Lagebild der Kriminalität wird sich bei offenen Grenzen diesseits und jenseits verändern. Können Sie das nicht einmal in den Schriften der Experten, die warnend schon Jahre darauf hinweisen, nachlesen?

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

Diese Fachleute äußern sich kritisch zur Erweiterung des Schengen-Raumes. Europol macht deutlich, dass es überhaupt nicht darum geht, einen Schwarzen Peter zu suchen, sondern darum, zu ermitteln, wie die Kriminellen in den europäischen Ländern agieren. Ich verweise auf das Lagebild zur organisierten Kriminalität, das eine deutliche Sprache spricht. Menschenhandel, illegale Prostitution, Kinderpornografie und Drogenhandel sind die wichtigsten Themen, die ich ansprechen wollte.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Das können Sie damit alles bekämpfen?)

Das betrifft Deutsche und Vertreter der ausländischen organisierten Kriminalität. Sie müssen doch wissen, dass wir überhaupt keinen Grund haben, überheblich über unsere Nachbarn herzuziehen. Das würde uns nicht im Traum einfallen. Wir müssen es gemeinsam mit den tschechischen und polnischen Polizisten und Staatsanwälten schaffen, diese Kriminalität einzudämmen. Darauf hinzuweisen kann doch nicht schlecht sein.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Im Lagebericht zur organisierten Kriminalität wird unter anderem auf Folgendes hingewiesen: In Osteuropa, Portugal, Spanien und Nordafrika gibt es die Bereitschaft zum Kauf von gestohlenen Baumaschinen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Minibagger, Tieflöffelbagger, Kompressoren, Gabelstapler und Verlader. Diese Gegenstände werden von Baustel

len in der Europäischen Union gestohlen, auf gestohlenen Pritschenwagen in die Abnehmerländer transportiert und – gewerbsmäßig organisiert – kriminell verkauft.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.

Das können Sie im Lagebericht von Europol zur organisierten Kriminalität nachlesen. Die Gruppierungen, die die OK in den europäischen Ländern beherrschen, kommen oft nicht aus dem europäischen Raum. Es sind russische OK-Gruppierungen, es sind rumänische, bulgarische, ethnisch-albanisch gemischte und chinesische OKGruppierungen.

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

Es gibt eine enorme Zunahme von chinesischen Gruppierungen. Das können Sie nachlesen. Wir kennen alle die Gefährlichkeit der OK-Gruppierungen aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus dem kurdischen und türkischen Bereich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weise noch einmal darauf hin, dass wir uns gemeinsam mit den Polizisten und Staatsanwälten der Tschechischen Republik und der Republik Polen als unseren direkten Nachbarn dagegenstellen wollen. Wenn Sie Grenzkontrollen abschaffen, werden diese Gruppierungen ein leichteres Spiel in Polen, aber auch in den anderen Ländern der EU haben.

Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass wir weiterhin die Meinung vertreten, dass die Türkei nicht beitrittsfähig ist. Die Türkei hat noch viele Aufgaben zu erfüllen. Ich fordere deshalb ein besonnenes Vorgehen beim Erweiterungsprozess der EU, damit die Bürger der EU durch ihn nicht verängstigt werden und Europa nicht überfordert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich sagen, dass Europa nur erfolgreich sein kann, wenn die Bürger der europäischen Mitgliedsstaaten hinter dem Gedanken der europäischen Integration stehen und deren Vorteile erkennen. Deshalb müssen diese Vorteile im Hinblick auf eine gemeinsame Wirtschafts- und Sicherheitspolitik in der Öffentlichkeit erfolgreicher dargestellt werden.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bleiben sächsisch, europäisch und weltoffen, aber wir wollen auch sicher bleiben!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wird von der SPD-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Dann frage ich die Linksfraktion.PDS. – Frau Dr. Ernst.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schiemann, glauben Sie wirklich ernsthaft, dass die Grenzkontrollen all diese Dinge, die Sie angemahnt haben, verhindern können?

Im Übrigen, auch unter Deutschen gibt es Leute, die nicht ganz koscher sind und die auch Verbrechen begehen. Ihre Darstellung lässt glauben, man könne, indem man die Grenzkontrollen erst später abschafft, unter den von Ihnen dargelegten Voraussetzungen Verbrechen verhindern. Das ist wirklich eine Fiktion.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

So wird das nichts, das will ich Ihnen sagen. Man kann Europa nicht halb bekommen; man kann Europa nicht zur Hälfte vereinnahmen und die andere Hälfte beiseitelegen. Ich glaube kaum, dass Sie mit Ihrer engherzigen und kurzsichtigen Blickrichtung auf Europa und die Grenzkontrollen nur einen einzigen Schritt von dem realisieren können, was Sie hier dargelegt haben. – Das, Herr Schiemann, wollte ich Ihnen noch einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von den anderen Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Es liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Bandmann vor.

Herr Präsident! Die Ahnungslosigkeit, die hier zum Teil vorgetragen wird, ist wider besseres Wissen.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Frau Dr. Ernst war bei der Sicherheitskonferenz der CDU in Dresden anwesend. Sie ist genau mit diesem Wissen konfrontiert worden. Ich sage noch einmal deutlich für die Union: Ein wesentliches Ziel muss eine gemeinsame Kriminalitätsbekämpfung sein. Wir haben doch das Problem, dass damit der letzte stehende Filter gezogen wird. Die Vorkommnisse, die in Niederschlesien mit Kunstraub in Kirchen und Schlössern passieren, sind ein Problem in Polen. Dies wird von internationalen Banden organisiert.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

Natürlich ist davon auszugehen, dass auch Deutsche dabei sind. Deswegen ist die Frage der Zusammenarbeit für uns so wichtig und deshalb habe ich das Karlsruher Abkommen angesprochen. Das Karlsruher Abkommen ist gerade für eine Stadt wie Görlitz/Zgorzelec von elementarer Bedeutung, um genau diese Zusammenarbeit, die wir brauchen, weiter voranzutreiben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte keine Zwischenfrage. – Klar ist aber auch eines: Die Landespolizei wird die Aufgaben der Bundespolizei im grenznahen Raum personell nicht übernehmen können. Die Bundespolizei muss daher, auch nach Wegfall der Grenzkontrollen, die Arbeit der sächsischen Polizei unterstützen. Gemeinsam mit den sächsischen Polizisten muss sie an der Grenze zu Polen und Tschechien für die Gewährleistung der Sicherheit für die sächsische Bevölkerung weiter präsent bleiben, um insbesondere verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen.

Diese gemeinsame Arbeit wird in der Fachhochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg für den europäischen Raum organisiert. Deshalb sprechen wir uns immer wieder für dieses Projekt aus

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

und wissen um die guten Ergebnisse. Es ist doch in der Vergangenheit nachgewiesen worden, dass italienische Mafiosi in Ludwigsdorf herausgefiltert worden sind. Es ist doch nachgewiesen worden, dass steckbrieflich gesuchte Leute, die mit falschen Pässen unterwegs waren, in Ludwigsdorf aufgegriffen worden sind. Ich denke, wir können uns doch nicht blind machen und der Bevölkerung in Sachsen in einer Weise die Taschen füllen, wie Sie es hier soeben getan haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Gefahren durch Kriminalität und organisierte Kriminalität,

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

insbesondere Drogenkriminalität – Sie sprechen sich ja für die Freigabe der Drogen aus –, sind natürlich für Sie kein Thema.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Drogenkriminalität und Zigarettenschmuggel sind nach wie vor unverändert hoch. Deren Bekämpfung muss auch Ziel des Bundes sein;

(Zuruf der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS)

denn beispielsweise durch den Zigarettenschmuggel gehen dem Bund Gelder in Millionenhöhe verloren. Die Statistik des Bundes besagt, es wird weniger geraucht. Es wird nicht weniger geraucht, sondern es wird mehr illegal über die Grenze gebracht!

(Zurufe der Abg. Dr. Cornelia Ernst und Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Im Jahr 2005 – lassen Sie mich das nur als Beispiel anführen – fielen den mobilen Kontrollgruppen der Hauptzollämter Dresden und Erfurt und dem Zollfahndungsdienst circa 21 Millionen unversteuerte Zigaretten

in die Hände. Damit wurde ein Steuerschaden von 3,1 Millionen Euro verhindert.

Blicken wir kurz auf die Rauschgiftkriminalität. Im Jahr 2005 stellten die Beamten mit insgesamt 113 Kilogramm Drogen – unter anderem 5,7 Kilogramm Heroin, 13,4 Kilogramm Kokain, 66 Kilogramm Haschisch, 8,7 Kilogramm Marihuana – doppelt so viel wie im Jahr 2004 sicher.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wie viel Schnaps?)

Ich denke, diese Beispiele machen deutlich, dass auch nach dem Wegfall der Grenzkontrollen die Zusammenarbeit zwischen Zollbehörden, Bundespolizei und Landespolizei notwendig ist, um effektiv und mit Erfolg Kriminalität dieser Art zu bekämpfen. Die Sicherheit für die Menschen muss oberste Priorität haben. Dass für Sie das alles lächerlich ist, wissen wir.