Protocol of the Session on January 25, 2007

Was unsere sächsische Polizei jetzt erwartet, ist ein klarer Fahrplan, wann endlich der Digitalfunk auf den Weg gebracht wird. Wenn wir noch lange warten, wird die von uns jetzt geplante Technik möglicherweise wieder veraltet sein und wir werden sie günstiger als Second-Hand-Ware bei ebay besorgen können. Für meine Fraktion steht auf jeden Fall fest, dass alle Behörden und Organisationen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben – wie Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Technisches Hilfswerk – von einer zukunftsträchtigen Technik profitieren müssen. Alles andere ist ein unvertretbares Sicherheitsrisiko und wirkt, wie im Falle der Polizei, demotivierend im Kampf gegen das Verbrechen. Verbrecher sind in aller Regel immer hochgerüsteter als die Polizei.

Deswegen hält die Große Koalition in Berlin am begonnenen Aufbau der Bundesanstalt für Digitalfunk als zentrales Bund-Länder-Organ für die Einführung des Digitalfunks fest. Eine Neuausschreibung des Digitalfunks sollte allerdings – das ist unsere Meinung – vor allem aus Zeitgründen möglichst vermieden werden.

Als Alternative kommen möglicherweise – dafür haben sich schon einige in Stellung gebracht – EADS, die Telekom oder auch Vodafone als Netzbetreiber infrage. Ich weiß, dass die Innenminister von Bund und Ländern gerade nach dem Fiasko mit der DB Telematik mit Hochdruck an der baldigen Einführung des Digitalfunks, notfalls auch mit einem anderen Anbieter, arbeiten. Bis zum 31. März dieses Jahres soll hierzu eine Entscheidung getroffen werden. Dass Eile geboten ist, ist mittlerweile so selbstverständlich, dass es des Entschließungsantrages der FDP nicht bedarf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort. Herr Petzold, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niemand in diesem Haus wird bestreiten wollen, dass die Digitaltechnik unseren Alltag revolutioniert

(Martin Dulig, SPD: Wissen Sie, was das ist?)

und mittlerweile Einzug in fast jedes Wohnzimmer gehalten hat. Wenn man bedenkt, dass heute schon Grundschüler modernste Funktelefone wie selbstverständlich einsetzen, kann man nur darüber den Kopf schütteln, dass zum Beispiel Polizisten, die tagtäglich ihre Gesundheit und oft ihr Leben im Dienst an der Allgemeinheit riskieren, auf völlig überalterte analoge Funktechnik der Siebzigerjahre angewiesen sind. Nicht wenige Beamte, deren Funkgeräte älter sind als sie selbst, greifen lieber schnell zum privaten Funktelefon.

Deutschland ist inzwischen das einzige europäische Land ohne digitalen Polizeifunk. Alle anderen europäischen Staaten haben mittlerweile funktionierende Digitalsysteme. Nach dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen mit der Bahn-Tochter DB Telematik rücken die Errichtung und der Betrieb des deutschen Digitalfunknetzes wieder in weite Ferne. Der Vorsitzende der BRDPolizeigewerkschaft, Wolfgang Speck, erklärt in diesem Zusammenhang, dass sich die Kolleginnen und Kollegen von der Politik verschaukelt fühlen. Das schier endlose Hickhack um den Digitalfunk erinnert auf fatale Weise an das Gerangel zwischen Politik und Wirtschaft bei vergleichbaren Großprojekten. Als Beispiel nenne ich nur die Magnetschwebebahn, die jetzt durch China fährt, und das Tollhaus Toll Collect.

Ob das nun angekündigte alternative Konzept zustande kommt, damit eine Entscheidung von Bund und Ländern bis Ende März getroffen werden kann, bleibt aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und der bisher schlechten Vorerfahrungen nach Auffassung der NPDFraktion äußerst fragwürdig. Dass ein Entschließungsantrag des Sächsischen Landtags hierbei hilfreich sein kann, wage ich zu bezweifeln.

Die FDP fordert in ihrem Entschließungsantrag einen aktuellen, überarbeiteten und realistischen Zeitplan für die Einführung des Digitalfunks in Sachsen. Meine Damen und Herren von der FDP! Der Freistaat Sachsen macht das doch nicht allein. Bund und Länder müssen die Voraussetzungen für ein flächendeckendes Digitalnetz gemeinsam schaffen.

Das Gleiche gilt übrigens für Ihre Forderung nach einem transparenten Vergabeverfahren und einer Ausschreibung hinsichtlich des Betriebes des Digitalfunksystems. Angesichts des sensiblen Bereichs, der durch diese Digitalfunktechnik abgedeckt werden soll, und der erheblichen Bedenken in Bezug auf Sicherheit und Zuverlässigkeit dieses Funknetzes liegt es auf der Hand, dass nicht jedes Unternehmen als Betreiber infrage kommen kann. Der Staat muss sicherstellen können, dass er jederzeit die notwendige Verfügungsgewalt über das digitale Funknetz hat.

Die Bahn-Tochter DB Telematik hatte dazu als staatsnahes Unternehmen die erforderlichen Voraussetzungen. Aus diesen Gründen plädiert die NPD weiterhin für eine freihändige Auftragsvergabe für den Betrieb des Systems. Eine uneingeschränkte Ausschreibung, wie sie die FDP fordert, lehnen wir jedoch ab. Wir werden uns bei der Abstimmung über den vorliegenden Antrag der Stimme enthalten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion GRÜNE das Wort; Herr Weichert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Firma Lange & Söhne in Glashütte beweist, dass man nicht unbedingt auf digitale Technik setzen muss, wenn man erfolgreich sein will. Einschränkend muss man hinzufügen, dass die Uhrenindustrie eine Ausnahme in ihrem erfolgreichen Bemühen ist, an altbewährter Technik festzuhalten. Was bei den Uhren funktioniert, mutet im Bereich der elektronischen Medien wie eine Posse an.

Das Hickhack um das Digitalfunknetz geht jetzt ins elfte Jahr und noch immer ist kein Ende abzusehen. Was sich die Bundesrepublik in diesem sicherheitsrelevanten Bereich erlaubt hat, geht auf keine Kuhhaut. Wenn der Telekommunikationsmarkt ähnlich schnell und innovativ wäre, wie sich der Staat in diesem Fall verhalten hat, würden wir wahrscheinlich unsere Botschaften heute noch mit Morseapparaten oder Rauchzeichen verschicken.

1996 hat sich die Ständige Konferenz der Innenminister darauf verständigt, ein digitales Funksystem für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben zu entwickeln und einzuführen. Dazu wurde im Jahre 1996 das Telekommunikationsgesetz extra geändert. Sie haben richtig gehört: 1996! Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre.

Wenn wir uns einmal die Europakarte im Hinblick auf den Digitalfunk anschauen, stellen wir fest, dass es sich beim Digitalfunk im Sicherheitsbereich in Europa genauso verhält wie bei Asterix und Obelix. Sie kennen sicher das Titelbild dieser Geschichte. Alle Polizeien und sicherheitsrelevanten Behörden in Europa benutzen den Digitalfunk. Alle? Dann kommt die Lupe – nur ein kleines Land in der Mitte des Kontinents wehrt sich erfolgreich gegen die Einführung dieser modernen Technologie.

(Volker Bandmann, CDU: Die hatten aber einen Zauberstab!)

Meine Damen und Herren! Ich will das Thema nicht länger als nötig strapazieren. Es ist ohnehin reif fürs Kabarett. Holen wir Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste aus dem Funkloch! Ich danke den Kolleginnen und Kollegen der FDP für ihre Initiative und würde mich freuen, wenn es zur Beschleunigung beitragen würde.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann Herr Minister, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Projekt zur Einführung eines bundesweit einheitlichen Digitalfunknetzes in Deutschland beschäftigt in der Tat die Gemüter seit mehreren Jahren. Man muss ja bald in Jahrzehnten rechnen und nicht mehr in Jahren.

Die Bedeutung einer derartigen Kommunikationsstruktur wurde uns in Sachsen spätestens im Jahr 2002 klar. Wir

haben die Nachteile erleben müssen. Wir wissen, wie notwendig ein Digitalfunk ist. Die jahrelange Verzögerung im Projekt ist nicht von der Hand zu weisen und ist in der Tat kein Ruhmesblatt. Herr Dr. Martens, ich spreche im Normalfall auch davon, dass es auf Bundesebene wieder ein Maut-II-Projekt werden kann.

In den zwei vergangenen Jahren wurden jedoch wesentliche Voraussetzungen für den Beginn des Aufbaus im Jahr 2007 geschaffen. Drei der vier Säulen des digitalen Funknetzes wurden erarbeitet.

1. Am 28. August 2006 wurde nach einem europaweiten Vergabeverfahren der Zuschlag für Systemtechnik an die Firma EADS vergeben.

2. Das Gesetz zur Errichtung der Bundesanstalt für Digitalfunk des BOS wurde in Kraft gesetzt. Aufgabe der Bundesanstalt ist es, die Bündelung der Interessen aller BOS in Bund und Ländern, die zentrale Steuerung und Koordinierung zwischen Bund und Ländern auf der einen Seite und den Auftragnehmern auf der anderen Seite wahrzunehmen.

3. Das Verwaltungsabkommen zur Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der Errichtung des Digitalfunks wurde im Mai von den Innenstaatssekretären von Bund und Ländern paraphiert. Es beinhaltet die Regelungen zur Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern. Die Unterzeichnung ist am Rande der IMK am 31. Mai 2007 vorgesehen.

4. Die vierte Säule des Projektes – der Vertrag über die Planung, den Aufbau und den Betrieb des Digitalfunknetzes – ist gegenwärtig der diskutierte kritische Punkt. Das DB-Telematik-Angebot, das vorgelegt wurde, war aus wirtschaftlichen, fachlichen, zeitlichen und rechtlichen Gründen nicht annehmbar. Die Verhandlungen mit DB Telematik werden nach der Lenkungsausschusssitzung der Innenstaatssekretäre von Bund und Ländern vom 13. Dezember 2006 nicht mehr fortgesetzt. Durch dieses verfehlte Vergabeverfahren ist im Freistaat Sachsen nur eine zeitliche Verzögerung eingetreten, ein wirtschaftlicher Schaden noch nicht. Durch Beendigung der Verhandlungen mit der DB Telematik konnte vielmehr Schaden vom Freistaat Sachsen abgewendet werden.

Das vom Bund vorgesehene Vertragskonstrukt in Verbindung mit der Partnerschaft mit der DB Telematik war meines Erachtens nicht geeignet, den Digitalfunk wirtschaftlich sicherzustellen. Die Staatsregierung hat frühzeitig alternative Planungen für den Fall des Scheiterns der Verhandlung mit der Bahn beim Bund angemahnt. Die Staatsregierung drängt weiterhin den Bund, seiner Führungsverantwortung auf diesem Gebiet gerecht zu werden.

Gegenwärtig wird, wie Sie wissen, das alternative Betreibermodell erarbeitet. Die Leistungspakete Planung, Aufbau und Betrieb sollen aufgeteilt werden. Ich halte es auch für vernünftig. Die gesamtunternehmerische Verantwortung eines Betreibers entfällt damit. Einzelne Leistungen können aus bestehenden Verträgen abgerufen

werden. Der Betrieb des Digitalfunks kann in aller Sorgfalt neu ausgeschrieben werden. Parallel kann bereits das Netz geplant und errichtet werden, damit eine zeitnahe Verwendung der bereits bezuschlagten Systemtechnik erfolgen kann und eine weitere Verzögerung vermieden wird.

Die Errichtung des Netzes und die Bindung eines wirtschaftlich zuverlässigen Betreibers bis 2010 sind aus meiner Sicht durchaus noch möglich. Dieser Ansatz beinhaltet gegenüber dem Generalunternehmermodell erhebliche Beschleunigungspotenziale, zahlreiche Steuerungsmöglichkeiten und die Chance, den avisierten Kostenrahmen für das Gesamtprojekt einzuhalten. Dieser neue Weg bedeutet aber auch erhöhte Verantwortung für Bund und Länder.

Der positive Einfluss auf den Mittelstand ist bei dieser Lösung wahrscheinlicher, da viele Ertüchtigungsleistungen nicht mehr zentral durch die Bahn vergeben werden, sondern lokal durch die Länder, und damit die ansässige Wirtschaft eine reale Chance hat.

Nach wie vor steht der Entschluss fest, den Digitalfunk in Sachsen so schnell wie möglich einzuführen und damit die Zusammenarbeit und die Arbeitsbedingungen aller Beteiligten zu verbessern. Es wurde ja in den Redebeiträgen hinreichend auf die Mängel hingewiesen. Es werden aus meiner Sicht in Sachsen alle möglichen Anstrengungen unternommen, um tatsächlich das Ziel, 2010 den BOS-Funk realisiert zu haben, zu erreichen. Die Projektorganisation mit 17 hauptamtlichen und zehn nebenamtlichen Mitarbeitern ist aufgebaut. Die Projektgruppe arbeitet intensiv an der Erstellung des alternativen Betriebskonzeptes auf Bundesebene mit.

In Kürze wird dem Landtag die Vorlage zur Unterzeichnung des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern zugeleitet, damit ich in der Tat die Möglichkeit habe, am 31. Mai dieses Jahres auf der Innenministerkonferenz diese Vereinbarung zu unterzeichnen. Bis Mitte dieses Jahres soll ein erster Einzelabruf und damit der Beginn des Netzaufbaus realisiert werden, und zwar beginnen wir im Regierungsbezirk Leipzig, natürlich unter der Voraussetzung, dass der Bund seine Hausaufgaben macht und tatsächlich die notwendigen Entscheidungen trifft. Nach wie vor – ich möchte es noch einmal wiederholen, ich hatte es mehrfach in meinem Beitrag erwähnt – gilt: Das Jahr 2010 als Ziel für den Aufbau des Digitalfunks darf nicht infrage gestellt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Es liegt ein Entschließungsantrag vor. Ich frage Herrn Martens, ob er schon eingebracht ist oder ob er ihn noch einbringen möchte. – Bitte schön.

Herr Präsident! Ich möchte es kurz machen, nachdem ich vorhin den Antrag bereits mit begründet habe, und etwas zu dem sagen, was der Staatsminister erwähnt hat. Wichtig ist sicher, dass man sich bereits frühzeitig nach Alternativkonzepten umgesehen hat. Gleichwohl ist der Antrag, anders als es vielleicht der Kollege Pietzsch sieht, aus unserer Sicht noch nicht erledigt, denn wenn am 31. Mai ein Beschluss auf der IMK gefasst werden soll, halte ich es durchaus für sinnvoll, wenn der Sächsische Landtag im Vorfeld konkret über die zeitlichen Ablaufplanungen und die Grundüberlegungen der Sächsischen Staatsregierung auf diesem Gebiet unterrichtet wird.

Sicherlich ist es erfreulich, wenn man zügig mit dem Netzaufbau im Regierungsbezirk Leipzig beginnen möchte. Nur stellen sich dann auch andere Fragen wie: Wann ist zum Beispiel der Regierungsbezirk Dresden dran, in welcher Geschwindigkeit geht das in der Fläche? Ich denke hier an die topografisch schwierige Sächsische Schweiz oder das Erzgebirge, das einen besonderen Aufwand erfordert, der wiederum abhängig ist von der Grundentscheidung der technischen Lösungen, je nachdem, welche Technik man dort einsetzt.

Ich halte diesen Entschließungsantrag nach wie vor für sinnvoll. Wir sollten darüber unterrichtet werden. Gleichzeitig möchte ich noch einmal klarstellen, dass dieser Antrag keine Vorwürfe gegen die Staatsregierung enthält, sondern er soll nur den Landtag, wie ich finde, in diesem sehr wichtigen Punkt in die Lage versetzen, hier die notwendigen Informationen zu erhalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Wird zum Entschließungsantrag weiterhin das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Damit bringe ich den Entschließungsantrag Drucksache 4/7642 zur Abstimmung. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt. Die Große Anfrage, beantragt von der FDP zum Thema „Digitalfunknetz“, ist damit beendet.

Ich rufe auf