Im Gegenteil, der massive Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung führt zu unnatürlichem und angepasstem Verhalten.
Der Verdacht drängt sich auf, dass es gar nicht um die Verhinderung gewalttätiger Ausschreitungen geht, sondern bestimmten Interessenvertretern möglicherweise gar um die generelle Zurückdrängung sozial auffälligen Verhaltens im Dienste derjenigen, die Immobilien besitzen, eventuell im Dienste von „Haus und Grund“. Mit anderen Worten: Bunte Bevölkerung, Punks und Penner stören das Image eines prosperierenden sauberen Viertels, und das kann wohl kein sozialpolitischer oder stadtplanerischer Ansatz sein.
Häufig taugen Aufnahmen bei Dunkelheit – wenn ich mich in Ihre Logik hineinversetze – nicht einmal zur Beweissicherung, vor allem dann, wenn andere Lichtquellen, wie zum Beispiel Feuer, das Geschehen überlagern. So gesehen bei den letzten Vorfällen auch auf der Alaunstraße. Das heißt, noch nicht einmal die zweifelsfreie und beweissichere Identifizierung von Straftätern ist in jedem Fall technisch gewährleistet.
Aber es geht, wie eingangs formuliert, nicht in erster Linie um die technischen Details; denn grundsätzlich sind die Pläne des Innenministeriums, die ich dargelegt habe, abzulehnen, weil sie nichts bringen, teuer sind, Grundrechte beschneiden, soziales Verhalten normieren sollen,
weil sie alle Bürgerinnen und Bürger der Neustadt, in der auch ich lebe, unter einen Generalverdacht stellen –
ja, meine Damen und Herren, natürlich, deswegen habe ich auch erlebt, wie diese Diskussion in der Neustadt aufgenommen worden ist –; und ich erwarte einfach, dass die Bedürfnisse der Anwohnerinnen und Anwohner auch in der Landespolitik eine Rolle spielen –
und weil sie unter dem Strich zu weniger Freiheit führen, ohne die Sicherheitslage zu verbessern. Ergo: Die eingangs genannten Ziele des Ministers werden mit Sicherheit verfehlt.
Nächster Punkt: Die Kameraüberwachung wird für den Innenminister schwer durchzusetzen sein. Schon die hohen Kosten sind angesichts des zu erwartenden mäßigen Erfolgs kaum zu rechtfertigen und sein Einlenken, nur mobil zu überwachen, kann bereits als Rückzug gewertet werden. Die Neustadt-Bevölkerung, der Ortsbeirat und der Dresdner Ordnungsbürgermeister stehen gegen die Videoüberwachung. Auch innerhalb der CDU bekommt Herr Buttolo für seinen Vorstoß von verantwortlichen Sachpolitikern offensichtlich keine Unterstützung.
Ich habe den Hinweis auf die Debattenbeiträge, die hier noch kommen können, extra herausgenommen. – Aber diejenigen, die verantwortlich an der Erarbeitung von Konzepten beteiligt sind, stehen gegen die Videoüberwachung.
Sie haben mitgezählt, Frau Bonk. Vielen Dank. – Frau Bonk, ich möchte Sie, da Sie gerade die CDU in Dresden erwähnt haben, fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass der Arbeitskreis Sicherheit und Ordnung der CDU in Dresden, dem der Ordnungsbürgermeister angehört, eine Beschlusslage hat,
in der es heißt, dass man sich unter anderem einsetzt für einen – ich zitiere – „Einsatz mobiler Überwachungsanlagen nach Lageeinschätzung über die im Einsatzgeschehen übliche Video- und Fotodokumentation hinaus“. Ist Ihnen das bekannt?
Ich frage weiter, ob Sie mit mir übereinstimmen, dass das kein Unterschied zur Meinung des Herrn Staatsministers ist.
Der entscheidende Punkt ist, dass sich, was diesen Sachverhalt angeht, auch Vertreter Ihrer Fraktion in Arbeitsgruppen engagieren, zusammen mit Gewerbetreibenden, mit anderen Lokalpolitikern Lösungen unterhalb solcher Grundrechtsverletzungen oder Grundrechtsbeschneidungen zu suchen, indem man vor Ort mit den Spätshopbetreibern zu Lösungen kommt, um eventuelle Aggressivitätspotenziale zu mindern. Das ist die Strategie, die bei Ihnen verfolgt wird, und grundsätzlich sind Sie ohnehin nicht mein Adressat.
Danke, Frau Präsidentin. – Ich wollte Folgendes fragen: Frau Bonk, ist Ihnen bekannt, dass die CDU-Fraktion im Stadtrat die Videoüberwachung in der Neustadt abgelehnt hat, und wie bewerten Sie das?
Es ist mir bekannt und auch, wie gesagt, die weiteren Aktivitäten, die von CDUVertretern verfolgt werden, sind mir bekannt. Ich denke, dass das ein Zeichen dafür ist, dass auch die Vertreter der CDU lokale Lösungen suchen und versuchen, innerhalb der Neustadt und im Interesse der Neustadt diese Videoüberwachung nicht durchzusetzen; denn wahrscheinlich wird auch der CDU klar sein, dass die Neustadt für Videoüberwachung nicht zu haben ist und dass sich die Neustadt als ein starkes Viertel auch entsprechend dagegen erheben wird.
Ich komme zurück und fasse zusammen: Die entsprechende Unterstützung – vielen Dank auch noch einmal von der Seite – der städtischen CDU, des Ordnungsbürgermeisters ist nicht gegeben und „Haus und Grund“, mit dem sich der Innenminister bislang getroffen und auseinandergesetzt hat, ist als politische Kraft, das durchzusetzen, so leid es mir tut, wohl einfach zu wenig.
Auch wenn alle in der Neustadt eine Lösung der Konfliktsituationen wünschen, die nicht allein in der Neustadt hervorgerufen werden, die in dem gesamtgesellschaftlichen Rahmen zu sehen sind, auch wenn sich alle diese Lösungen sonnabends und freitags wünschen, ist die Stimmung in der Neustadt eindeutig gegen die Kameraüberwachung.
Wir verlangen in unserem Antrag ein Maßnahmenkonzept, betonen dabei aber: Wahrscheinlich wird dieses nicht allein unter Federführung des Innenministeriums erarbeitet werden können. Wirkliche Prävention schließt sozialpolitische und stadtplanerische Erwägungen ein. Ich würde sagen: Vertrauen wir auch auf die Kräfte, die sich innerhalb der Neustadt entfalten! Denn, nicht zu vergessen: Die Dresdner Neustadt ist ein in sich starkes Viertel, das sich das nicht einfach gefallen lassen wird. Herr Minister Buttolo, „Haus und Grund“ ist eben nicht die Dresdner Neustadt. Auch der Neustädter Kreis Immobilienbesitzerinnen und Immobilienbesitzer verfolgt seine eigenen Interessen, nicht notwendig die eines oder explizit dieses Viertels.
Ja, ich wollte moderat bleiben. – Der Ortsbeirat, der sich als gewähltes Vertretungsgremium in der Neustadt gegen die geplante Videoüberwachung gewendet hat, steht eindeutig dagegen. Wer das Wort vom Lösungenvor-Ort-Suchen ernst nimmt, kann nicht einfach über diesen Ortsbeiratsbeschluss hinweggehen. Generell muss das Hineinregieren in die Angelegenheiten der Dresdner Neustadt aufhören.
Das Kulturzentrum „Scheune“ hat zur kulturellen Nutzung des Platzes vor der „Scheune“ aufgerufen. In der Neustadt hat sich ein breites Bündnis aus Kulturschaffenden, Gewerbetreibenden, Anwohnerinnen und Anwohnern gebildet. Es sammelt Unterschriften gegen die Videoüberwachung und plant weitere Aktivitäten. In einem Online-Meeting können sich alle Neustädterinnen und Neustädter über die geplante Videoüberwachung informieren, austauschen und gemeinsame Aktivitäten dagegen entwickeln.
Meine Damen und Herren! – Ich spreche explizit auch die Kollegen von den Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der FDP an. – Weil die Neustadt ein Viertel ist, das auf seine Unkonventionalität, seine Buntheit und seine Freiheit Wert legt, weil die politische Kräftekonstellation auch in Dresden zu Ungunsten der Videoüberwachung des Innenministers ist, wird es uns vielleicht gelingen, die permanenten Übergriffe staatlicher Überwachung und Repression an diesem Beispiel mit diesem Viertel und dieser Kameraüberwachung endlich einmal abzuwehren.
Dieses Parlament, meine Damen und Herren, beschließt die Grundzüge des Regierungshandelns. Es kann hier eine Mehrheit gegen die Überwachung in der Dresdner Neustadt und gegen eine Verordnung für die Überwachung von Szenevierteln in Sachsen allgemein geben. Dies hat eine landespolitische Bedeutung. Wir hier haben die Verantwortung, uns zusammenzufinden und zu beschließen, dass es eine solche Verordnung nicht geben kann. Die Macht dafür liegt in diesem Haus.
Als nächsten Schritt, das am Beispiel der Dresdner Neustadt zu verhindern, bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Ich hoffe auf eine konstruktive Diskussion.
ein Recht, das nicht verhandelbar ist. Es gehört zu den Grundrechten der Bundesrepublik Deutschland.
Sie können davon ausgehen, dass wir die von Ihnen eingeforderten rechtsfreien Räume im Freistaat Sachsen nicht zulassen werden.