che aus. Deshalb müssen auch in Sachsen Träger, die neue Projekte entwickeln, die über den sozialen Einsatz hinausreichen, stärker gefördert werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Leitbild einer aktiven Bürgergesellschaft vor Augen, deshalb verstehen wir bürgerschaftliches Engagement als einen wesentlichen Ausdruck demokratischer Kultur. Wir fordern daher, in eine Neugestaltung der Förderung von bürgerschaftlichem Engagement auch den Aufbau einer Engagement fördernden Infrastruktur einzubeziehen. Dadurch kann eine bessere Vernetzung und Beratung erreicht werden. Wir schlagen unter anderem die Einrichtung einer Servicestelle Bürgerschaftliches Engagement beim Sächsischen Staatsministerium für Soziales nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen oder der Geschäftsstelle Ehrenamtsförderung des Landes Rheinland-Pfalz vor. Außerdem ist die Qualifizierung als Teil einer umfassenden Anerkennung des bürgerschaftlichen Engagements zu entwickeln. Es ist zu überlegen, im bürgerschaftlichen Engagement erworbene Qualifikationen für Ausbildung und Beruf anzuerkennen. Darüber hinaus gilt es, bürgerschaftliches Engagement als Bildungsziel zu verankern. Wie kann bürgerschaftliches Engagement besonders in Kindheit und Jugend gelernt werden?
Wir erwarten, dass diese Gesichtspunkte beim Bericht der Staatsregierung und bei einer Neugestaltung eine Rolle spielen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Willst du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt dir geben. „Willst du nicht zu früh ins Grab, lehne jedes Amt gleich ab.“ – So weit Wilhelm Busch.
Studien besagen heute genau das Gegenteil. Wer sich ehrenamtlich engagiert, der lebt länger, ist zufriedener, er ist gesünder, er ist leistungsstärker und erfolgreicher. Das Ehrenamt macht nicht reich, aber es bereichert, den Einzelnen und die Gesellschaft.
Die Politik ist deshalb gut beraten, alles zu tun, damit dies so bleibt. Das wollen wir mit diesem Antrag erreichen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ehrenamt blüht in Sachsen wie im Frühjahr die Krokuswiesen in Drebach. Jeder dritte Sachse ist ehrenamtlich engagiert. Das sind zirka 1,3 Millionen Menschen. Dazu zähle ich auch diejenigen, die sich am „Tauris“-Projekt beteiligen. Ich würde Herrn Pellmann gern einmal einladen, auch diese Projekte kennen zu lernen, wo sich zum Beispiel Leute in der Pflege engagieren, wo sie spazieren gehen usw.
Das ist ein ganz tolles ehrenamtliches Engagement. Dass Sie auch dort einmal vorbeischauen, freut mich.
Ich möchte noch auf die Jugendlichen ganz speziell eingehen. Auch viele Jugendliche sind ehrenamtlich engagiert. Der Kinder- und Jugendring in Sachsen hat im vergangenen Jahr eine Umfrage gemacht. Danach sind 46 000 junge Leute freiwillig tätig.
Auf ein Beispiel möchte ich noch speziell eingehen. Das ist die evangelische Jugend in Sachsen. Dort engagieren sich allein 9 600 junge Menschen. Tausend von ihnen haben die Jugendleiterkarte erworben, also haben sich in ihrem Ehrenamt qualifiziert.
Wir müssen aber gar nicht weiter herumschauen, um Beispiele für das Ehrenamt zu finden. Wir können hier in diesem Saale bleiben, denn wohl jeder von uns ist in irgendeiner Art und Weise ehrenamtlich engagiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir zum Ehrenamt stehen, das zeigt auch, welches Gesellschaftsbild wir haben. Diktaturen hatten immer Vorbehalte gegen das Ehrenamt.
Der Staat misstraute dem Engagement seiner Bürger. Der Staat wollte steuern. Das Ehrenamt sollte gelenkt, geführt und kontrolliert sein. Letztlich sollte also der Staat die Gesamtverantwortung haben.
Wir wollen keine Liegestuhlgesellschaft, in der der Staat für alles die Verantwortung übernimmt. Ein perfektes staatliches Sicherungssystem garantiert zwar den monatlichen Scheck, ist aber nicht in der Lage, für die Nähe und das Mitgefühl zu sorgen, das am Krankenbett und im Alter mindestens genauso wichtig ist wie die materielle Absicherung.
Wir wollen nicht, dass anstelle von Nächstenliebe, Solidarität und menschlicher Wärme der Staat als Fernwärmesystem tritt. Für uns als CDU-Fraktion ist klar: Wir wollen die Wir-Gesellschaft mit einem blühenden Ehrenamt.
Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Wenn das nicht der Fall ist, bitte Frau Ministerin Orosz.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon fast alles von den Vorrednern ausgeführt, gestatten Sie mir aber trotzdem ein paar Worte zur Geschichte des hier mit Anerkennung belegten bürgerschaftlichen Engagements in Sachsen. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in Sachsen hat, wie wir ja wissen, eine lange und überaus erfolgreiche Tradition. Allein an der „Aktion 55“ haben seit der Einführung im Jahr 1993 rund 120 000 ältere Bürgerinnen und Bürger teilgenommen. Für dieses Programm hat der Freistaat in diesem Zeitraum mehr als 108 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese Mittel sind, wie wir ja wissen, in zahlreiche unterschiedliche
und heute schon angesprochene Projekte und Bereiche geflossen: außerschulische Betreuung von Kindern und Jugendlichen und – auch ganz wichtig – Begleitung von Arbeitsloseninitiativen, aber auch Verkehrs- und Umwelterziehung, um nur einige der wichtigsten Bereiche zu nennen.
Eine zusätzliche Fördermöglichkeit – wenn Sie sich erinnern – wurde aus Anlass des Internationalen Jahres der Freiwilligen im Jahr 2001 geschaffen, die so genannte Ehrenamtsförderung; ergänzend dazu auch – heute schon debattiert – kam dann die Initiative „Tauris“, die ich mit einer besonderen Anerkennung erwähnen möchte, zum einen weil sie über bürgerschaftliches Engagement von älteren Langzeitarbeitslosen erreicht hat, diese wieder in die Gesellschaft zu integrieren und zur Teilhabe an der Gesellschaft zu gewinnen und damit auch einen Wert zu erzielen, den jeder einzelne Bürger für die Gesellschaft leisten kann.
Die Initiative „Tauris“, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nach wie vor einmalig in Deutschland. Lange bevor die so genannten Ein-Euro-Jobs in die Diskussion gekommen sind, konnte mit dieser Initiative „Tauris“ schon der Beweis angetreten werden, dass Langzeitarbeitslose durch freiwilliges Engagement ihre Chancen zur Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt deutlich verbessern können.
All diesen Förderprogrammen, meine Damen und Herren, ist gemeinsam: Es wurden für das bürgerschaftliche Engagement Leistungen von Bürgern für Bürger erbracht. Ohne diese Leistungen wäre eine Vielzahl davon nicht möglich gewesen. Diese engagierten Bürgerinnen und Bürger haben dabei natürlich auch eine neue soziale Anerkennung erfahren, die ihnen selbst sicherlich als Bereicherung für ihr eigenes Leben dient. Das sind positive Erfahrungen, die wir selbstverständlich weiter als Grundlage für das bürgerschaftliche Engagement nutzen möchten und auch in der Weiterführung von Förderprogrammen berücksichtigen.
Zur Frage von Herrn Dr. Pellmann, warum eigentlich eine neuerliche Debatte stattfindet: Sie ist, glaube ich, dafür wichtig, dass wir die Veränderungen, die ich hier sehr deutlich ansprechen möchte, auch öffentlich kommunizieren. Es ist wahrlich so, dass ich im vergangenen Jahr im Sommer sehr deutlich gesagt habe, dass die Zusammenführung dieser Förderprogramme dringend notwendig ist. Dazu stehen wir heute nach wie vor. Aber wir müssen auch nach der Aktuellen Debatte deutlich sagen, dass mit der Förderung des „Tauris“-Projektes auch derzeitig eine Überlappung und entsprechende Schnittstellen zur Förderung im Rahmen von Hartz IV entstanden sind. Um das sehr dezidiert zu beobachten und die Fördermöglichkeit für Arbeitslose nicht generell ad absurdum zu führen, ist es wichtig, dass wir uns in den nächsten Wochen und Monaten sehr deutlich mit dieser Situation auseinander setzen, natürlich auch realistisch feststellen: Wo können wir ein bürgerschaftliches Engagement in diesem Bereich fortsetzen und wie können wir die Zielgruppen besser erreichen?
Deutlich wird im Moment nur, dass die Zielgruppe „Tauris“ mit der Zielgruppe „Hartz IV“ identisch ist. Das ist eigentlich der Grund, warum wir uns berechtigterweise im vorigen Jahr davon verabschiedet haben,
einen Schnellschuss zu starten, der nicht im Interesse des bürgerschaftlichen Engagements gewesen wäre. Deswegen bitte ich auch um Verständnis, dass wir noch einige Wochen bzw. einige Monate mit dieser Zusammenführung abwarten wollen.
Ich kann feststellen, dass eine adäquate Differenzierung eine entsprechende Zeit braucht. Aber es ist auch heute schon deutlich geworden, dass wir – das noch einmal als Antwort an Sie, Frau Schütz – sehr wohl die „Aktion 55“ und das Ehrenamt aus vielerlei Gründen zusammenlegen werden, zum einen – Herr Gerlach hat das schon angesprochen –, um die „lästigen Zugangsvoraussetzungen“ zu minimieren. Das sind auch Kritiken der Basis, die wir in diesem Zusammenhang sehr ernst nehmen.
Ein weiterer Punkt, den Sie angemahnt haben, der Bürokratieabbau, wird mit einer transparenten Förderstruktur bei der Zusammenführung dieser beiden Programme eine wichtige Rolle spielen. Wir werden auch versuchen, die einzelnen, doch teilweise sehr stringenten vorgeschriebenen Bereiche zu lockern, um dort das Feld entsprechend weiter zu fassen und die einzelnen Möglichkeiten der Teilnahme zu verbessern.
Darüber hinaus werden wir natürlich auch die Situation mit „Tauris“ beobachten. Wir stellen uns im Moment vor, dass es möglich ist, ein ehrenamtliches Engagement als Lösung zusätzlich zu Hartz IV oder eventuell als Ergänzung anzubieten. Aber hier ist es wichtig, da „Tauris“ auch mit ESF-Mitteln gespeist wird, natürlich die Zuwendungsvoraussetzungen sehr deutlich zu berücksichtigen, um nicht im Nachhinein Probleme wegen Nachrangigkeit der Fördermittel zu erhalten.
Wichtig ist – das möchte ich hier noch einmal sehr deutlich sagen –, dass der Freistaat im Haushalt unter Berücksichtigung der von mir gerade angemerkten Schnittstellen zu Hartz IV einen Betrag für die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements ausgewiesen hat, der sich weitgehend an dem bisherigen Gesamtfördervolumen orientiert, dass wir innerhalb des finanziellen Rahmens die Weiterführung der bisher geförderten gemeinnützigen Projekte gewährleisten und heute geförderte Teilnehmer auch zukünftig eine Aufwandsentschädigung erhalten werden.
Hier wird es aber – wie gesagt – zu einer Angleichung kommen. Denn wir wissen, dass im Moment alle drei genannten Förderprogramme unterschiedliche Aufwandsentschädigungen zahlen. Auch das wird an der Basis als ungerecht empfunden.
Bis zur Vorstellung des in Aussicht gestellten neuen Förderkonzeptes in den nächsten Monaten wird die Förderung nach Maßgabe der im letzten Jahr geltenden Förderbedingungen fortgesetzt. Im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung wurden den Landkreisen und Kreisfreien Städten bereits die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt. Alle Städte und Gemeinden sind von dieser Verfahrensweise auch rechtzeitig informiert worden.
Ich denke, damit sind zunächst die Voraussetzungen für eine lückenlose Fortsetzung des bürgerschaftlichen Engagements, welches wir dringend brauchen und das auch die Sächsische Staatsregierung maßgeblich und ausdrücklich weiter unterstützen wird, geschaffen worden.
Bei der geplanten Neufassung des Förderkonzeptes werden wir uns – wie gesagt – nicht nur darauf beschränken, die materielle Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements zu modernisieren, sondern auch die eben schon genannten Kriterien. Darüber hinaus werden wir auch einem Hinweis der Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ folgen und die unterschiedlichen Aktivitäten des Freistaates Sachsen auf dem Gebiet des bürgerschaftlichen Engagements aufnehmen und unter einer neuen Dachmarke präsentieren. In Kürze starten wir dafür die Kampagne „Wir für Sachsen – Bürgerschaftliches Engagement in Sachsen“.
Unter diesem Motto wird ein Internet-Portal eingerichtet, das nicht nur über die entsprechenden Rahmenbedingungen des bürgerschaftlichen Engagements informiert. Es enthält auch eine Freiwilligenbörse, in der alle Träger ihre ehrenamtlichen Projekte vorstellen können. Zudem werden wir mit der Herausgabe eines Bürgerheftes jedem ehrenamtlich Tätigen den Nachweis seines Engagements erleichtern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tausende Bürgerinnen und Bürger haben sich in den letzten Jahren in Sachsen freiwillig und selbstlos in den Dienst der Gesellschaft gestellt. Für das bisher Geleistete möchte ich hier die Gelegenheit nutzen, allen Beteiligten meinen herzlichen Dank und meine Anerkennung auszusprechen.
Die gewaltigen Herausforderungen, vor denen Deutschland in einer globalisierten und sich auch demografisch verändernden Welt zukünftig steht, werden wir nicht bewältigen, wenn es uns nicht gelingt, noch breitere Bevölkerungsschichten für das bürgerschaftliche Engagement zum Nutzen für das Gemeinwohl zu gewinnen. Dazu bedarf es der Anerkenntnis, dass die Probleme der Gesellschaft nicht allein durch den Staat, sondern auch durch ein umfangreiches Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu lösen sind. Aber dafür brauchen wir einen aktivierenden Staat – richtig! –, der die notwendigen Rahmenbedingungen schafft, damit sich dieses bürgerschaftliche Engagement auch frei entfalten kann und natürlich die Teilhabe jedes Einzelnen gestärkt wird. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann ich Ihnen heute zusagen, ist und bleibt Kernaufgabe der Sächsischen Staatsregierung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zuerst bei der Frau Ministerin für den sehr ausführlichen Bericht bedanken, der schon fast den Punkt 1 vorweggenommen hat. Trotzdem werden wir über Punkt 1 ab
stimmen lassen, um den Auftrag an die Staatsregierung noch einmal ganz klar zu formulieren. Ich möchte eigentlich nur noch auf zwei Punkte eingehen, die hier in der Diskussion genannt wurden. Das ist einmal, Frau Herrmann, dass Sie nicht ganz unberechtigt angemahnt haben, dass aus Ihrer Sicht bei dem, was wir in der Koalitionsvereinbarung geschrieben haben, diese aktive Bürgergesellschaft nicht vergessen werden darf. Aber das war natürlich nicht die vordergründige Zielrichtung dieses Antrages. Ich kann Ihnen versichern, dass wir, wenn das in diesem Antrag so nicht drinsteht, schon sehr genau darauf achten werden, dass wir das, was so dringend notwendig ist, um demokratische Prozesse in unserem Staatswesen nach vorn zu bringen, auch entsprechend umsetzen werden. Ich denke, ich spreche hier im Namen vieler Kollegen. Mir fallen bei dem, was Sie genannt haben, natürlich noch ganz andere Institutionen ein. Man könnte die „Thüringer Ehrenamtsstiftung“ nennen. Man könnte bundesweit nennen das „Bundesnetzwerk bürgerschaftliches Engagement“. Man könnte den Expertenpool des Projektes „Erfahrungswissen für Initiativen“, „Generationsübergreifende Freiwilligendienste“ und viele andere nennen. Wir wissen, dass es das alles in der Bundesrepublik gibt. Wir werden auch darauf mit zu achten haben, dass es der Freistaat Sachsen in dem Sinne, wie ich es vorhin versucht habe zu benennen, den Menschen, die das Ehrenamt leisten, ein Stück leichter macht, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, die entsprechenden Verbindungen zu finden. Aber das kann natürlich nicht alles staatlich organisiert werden. Doch der Staat hat die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich denke, da