Die gemeinsamen deutsch-polnischen oder deutschtschechischen Kindergärten und übrigen Einrichtungen blühen und gedeihen. So etwas wie der im Jahresbericht erwähnte Einsatz der deutschen Feuerwehr in der Gemeinde Nova Ves horach, zu deutsch Gebirgsneudorf, auf tschechischer Seite wird immer mehr Schule machen. Dem ehrenamtlichen Bürgermeister von Deutschneudorf im Mittleren Erzgebirgskreis, Herrn Heinz-Peter Haustein, sei hier ebenfalls stellvertretend für viele andere gedankt.
Kontakte mit Ausländern stellen für die Allermeisten im Freistaat eine Bereicherung dar. Wie anders war dies noch im Honecker-SED-Regime! Dort wurden Ausländer aus dem so genannten kapitalistischen Ausland unter Generalverdacht gestellt und nicht selten von der Geheimpolizei, der Staatssicherheit – wir hörten es eben –, bespitzelt und ständig beobachtet. Männer und Frauen, die diese Kontakte bewusst suchten um der Freiheit willen, wurden gleichfalls unter diese Beobachtung und unter diesen Generalverdacht gestellt. Es war nicht selten, dass sie daraus Nachteile zu erleiden hatten. Der Honecker-Staat, der von einigen hier im Hause immer noch hochgehalten wird, hat aber nicht nur systematische Kontakte zu Menschen aus anderen Ländern erschwert; die kommunistische Diktatur war selbst die Ursache für massenhafte Flucht und Vertreibung unserer eigenen Landsleute.
In diesem Jahr dürfen wir das 15. Jahr der deutschen Einheit begehen und feiern. Wir feiern die Befreiung von der kommunistischen Diktatur, die so viele Sachsen, Thüringer, Mecklenburger, Brandenburger, Berliner, Sachsen-Anhalter und Vorpommern aus ihrer Heimat vertrieben hat. Nicht wenige aus diesen Gruppen sind glücklicherweise in ein freies und demokratisches Sachsen zurückgekehrt. Gerade diese Menschen haben nicht selten vor 1989 nach ihrer Flucht nach Westdeutschland oder ins Ausland Hilfe und Unterstützung erfahren. 1989 waren hier besonders Ungarn und Österreich zu nennen. Dafür sind wir diesen Ländern dankbar.
Die betroffenen Menschen wissen, was es heißt, Heimat zu verlassen und flüchten zu müssen. Aber ich denke hier auch an die vielen Vertriebenen, die nach dem Kriege ihre Heimat verloren haben. Auch diese Menschen wissen bis auf den heutigen Tage, was es heißt, Heimat zu verlassen und vertrieben zu sein. Dies alles sollten wir uns bei der Befassung mit dem Elften Jahresbericht des Sächsischen Ausländerbeauftragten noch einmal in Erinnerung rufen.
Meine Damen und Herren, die in Sachsen lebenden ausländischen Staatsangehörigen sind nicht nur Zuwanderer oder Flüchtlinge. Es sind viele EU-Bürger darunter, die im Rahmen des zusammenwachsenden Europa Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit genießen und, wenn sie ausreichend krankenversichert sind und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, hier im Lande leben können. Wir wollen diese Freiheit für uns und die übrigen Unionsbürger
in einem zusammenwachsenden Europa. Dieser Bericht benennt auch, dass viele ausländische Studenten darunter sind, viele Professoren, Manager und Selbständige sowie deren Ehegatten.
Ich möchte aus dem Jahresbericht noch einige einzelne Aspekte besonders erwähnen, nämlich die Situation der jüdischen Einwanderer, die der ausländischen Studenten und die der Flüchtlinge. Jüdische Einwanderer insbesondere aus den GUS-Staaten stellen nach wie vor einen großen Teil der Zuwanderer nach Sachsen dar. Wir alle und insbesondere wir hier im Parlament tragen Verantwortung dafür, dass sie sich bei uns zu Hause fühlen können und hier ihre neue, zukünftige Heimat finden.
Ausländische Studenten sind bei uns Gäste auf Zeit. Aber gerade sie sind nicht selten zukünftige Wirtschaftskapitäne und zukünftige politische Entscheidungsträger in ihren Herkunftsländern. Einige davon bleiben auch auf Dauer im Freistaat Sachsen und tragen mit dem von ihnen erworbenen Wissen zum Leistungsvermögen und auch zur kulturellen Vielfalt im Freistaat Sachsen bei.
Schließlich leben nicht wenige Flüchtlinge in Sachsen. Dem Bericht des Ausländerbeauftragten zufolge waren es Ende 2003 gut 10 000. Nicht wenige von ihnen kommen, weil Krieg und Vertreibung in unserer Welt auf der Tagesordnung stehen. Ich erinnere an die grauenhaften Vertreibungen und Massaker im ehemaligen Jugoslawien. Dieses Grauen mitten in Europa ist uns allen noch gegenwärtig. Die Opfer dieser Auseinandersetzung haben in Sachsen immer wieder Hilfe und Unterstützung erfahren. Wir verkennen dabei nicht, dass kriminelle Organisationen, nämlich Schlepperbanden, die Notlage von Menschen ausnutzen. Ich sage aber hier in aller Deutlichkeit: Wir werden nicht nachlassen, Schleuserkriminalität zu bekämpfen. Wir tun dies auch, um extremistischen Organisationen, die den Fremdenhass schüren, den Boden zu entziehen.
Die CDU-Fraktion wünscht der neuen Ausländerbeauftragen, unserer Kollegin Friederike de Haas, das Beste, viel Erfolg und Gottes Segen für ihre Tätigkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bandmann, Sie haben mich in meinen Gefühlen eben hin- und hergerissen. „Haben Sie Kreide gefressen?“, hätte ich beinahe gesagt. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie ab und zu einmal zum Thema gesprochen hätten. Es war alles dabei, man kann es sich jetzt aussuchen. Sie haben gewissermaßen an den Ketten der neuen Konstellation in der Koalition gezerrt, so nehme ich an. Heute liegt der Elfte Ausländerbeauftragtenbericht vor. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Herrn Sandig und seiner Crew zu danken.
Ich danke ihm vor allem auch aus einem Grund ganz besonders: dass er sein Amt als ein überparteiliches auf
gefasst hat. Ich kann sagen, dass das in einer ziemlich schwierigen Zeit geschah, nämlich in den Jahren, als das Asylrecht in Deutschland und insbesondere die Asylpraxis in Sachsen drastisch verschlechtert, ausgehöhlt, abgewertet wurde und Ausländerfeindlichkeit wieder hoffähig geworden ist. In dieser Situation Ausländerbeauftragter zu sein, egal in welcher Fraktion, ist kompliziert. Dies mit Vertretern verschiedener Fraktionen gemeistert zu haben ist Leistung. Insofern galt Herr Sandig wohl in seiner eigenen Fraktion als Rufer in der Wüste. Die Lorbeeren hat er sich von der Opposition, von Flüchtlingsverbänden und -initiativen geholt, und doch wohl zu Recht.
In einem hat sich aber Herr Sandig geirrt: dass es in Sachsen keine Fremdenfeindlichkeit gebe. Heute sitzt die NPD im Landtag, zu deren ideologischem Kern kämpferische Fremdenfeindlichkeit – so bezeichnet es Sandig in seinem letzten, hier vorliegenden Ausländerbericht – definitiv gehört, und davor warnt er.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen ehrlich sagen: Es kommt jetzt weniger auf salbungsvolle Reden zu diesem Ausländerbericht an, sondern was wir tun müssen, ist, endlich die Augen zu öffnen und das Problem der Ausländerfeindlichkeit, das uns außerhalb dieses Raumes, aber auch innerhalb dieses Raumes begegnet, beim Namen zu nennen sowie jede Form von Ausländerhetze – damit meine ich wirklich jede – öffentlich zu ahnden. Sonst bleiben Bündnisse gegen Naziparteien ein leeres Wort.
Was wir gegenwärtig brauchen, sind keine kleinen Verbesserungen, keine kosmetischen Wohltaten, keine kleinen, hübschen Änderungen bei Gesetzen, sondern wir brauchen ein Umdenken in der Politik, und zwar weg von einer ausgrenzenden, seit Jahren betriebenen Ausländerpolitik hin zu einer richtigen, sehr wohl praktischen Integrationspolitik.
Ich glaube, wir sollten den Begriff „Ausländerpolitik“ aus unseren Köpfen streichen und lieber darüber reden, wie wir die Ausländerin und den Ausländer in den einzelnen Politikbereichen berücksichtigen. Das sollte ganz praktisch und nicht ideologisch erfolgen. Die Leute leben hier und wir sollten schauen, was wir tun können.
Deswegen wünsche ich mir – das will ich ehrlich sagen – weniger eine sächsische Ausländerbeauftragte als sehr viel mehr eine sächsische Integrationsbeauftragte. Darauf kommt es an.
Meine Damen und Herren! Seit dem 1. Januar 2005 ist das Zuwanderungsbegrenzungsgesetz in Kraft, das einige Integrationsmaßnahmen enthält, die ich für sehr wichtig erachte: Das sind die Sprachenorientierungskurse. Wir als PDS sind der Auffassung, dass all denjenigen, die seit langem hier leben, egal, welchen Status sie haben, diese Integrationsangebote zukommen müssen. Es ist außerordentlich wichtig, dass alle eine Sprachausbil
dung erhalten können. Aber selbst wenn uns das gelänge, wir uns darüber einig wären und das überall so machen würden, müssten wir uns darüber im Klaren sein, dass wir damit hierzulande die Integration nicht im Kasten hätten. Wir dürfen zu diesen Fragen auch nicht die Augen verschließen.
Deshalb fordert die PDS-Fraktion seit langem und jetzt ganz vehement – an die Adresse der Ausländerbeauftragten, aber auch an die Adresse des Hauses gerichtet – ein Integrationskonzept für Sachsen. Das brauchen wir gegenwärtig.
Es gibt dafür in Berlin und in Hessen gute Beispiele. Im hessischen Konzept hat die CDU-Regierung konkrete Maßnahmen zur Integrationsförderung, wie zum Beispiel die Sprachenförderung einschließlich des Muttersprachenunterrichts, verankert. Das finde ich hervorragend. Das Regierungsprogramm beinhaltet die Ausbildungsförderung, Clearingstellen für ausländische Unternehmer, die Einführung interkulturellen Lernens in Kindergärten und Schulen, Fortbildungsangebote, ethnienspezifische Aspekte in der Altenpflege und vor allem – was sehr wichtig ist – im Gesundheitssystem und eine landesgeförderte Migrationssozialberatung. Das haben wir in Sachsen nicht. Ich kann nur sagen, das brauchen wir schleunigst. Wir als PDS-Fraktion werden dafür kämpfen.
Man kann nicht alles auf einmal, werden Sie sagen. Ich teile diesen Standpunkt. Das ist richtig. Aber der Weg, den man in Hessen beschreitet, ist ein Weg, dem wir nacheifern sollten und den ich auch für richtig halte, für den einzig richtigen halte.
Ein zweiter Aspekt. Wir brauchen die weitere Stärkung der Mitbestimmungsrechte und der Mitwirkungsrechte von ausländischen Mitbürgern hier im Land.
Wir wollen, dass die Selbstvertretung auch ausländischen Bürgerinnen und Bürgern zusteht, und zwar ganz selbstverständlich.
Es ist völlig unwidersprochen, dass hauptamtliche Ausländerbeauftragte einfach nicht mehr hauptamtlich sind. Im Muldentalkreis – das hat mir meine Kollegin erzählt – hat man den Ausländerbeauftragten zum ehrenamtlichen Ausländerbeauftragten gemacht und ihm gesagt, dass er 100 Euro zusätzlich im Monat erhält. Er habe ein gutes Herz und solle nun als Ausländerbeauftragter schauen. Diese Tendenz halte ich für sehr schlimm. Wir müssen uns damit auseinander setzen. Wir brauchen solche Gremien. Wir brauchen auch Ausländerbeiräte in den Kommunen. Wir können das nicht durch andere Gremien ersetzen.
Ein dritter Punkt. Die PDS-Fraktion will einen Landesintegrationsrat auf der staatlichen Ebene als ein Beratungsgremium der Staatsregierung schaffen. Einen solchen Landesintegrationsrat gibt es in anderen Ländern.
Ich komme zum Kuratorium für ein weltoffenes Sachsen, wie es in Sachsen heißt. Ich habe häufig nachgefragt, Anfragen gestellt und herumtelefoniert. Teilweise stimmten die Adressen nicht mehr. Es ging hin und her. Wir brau
chen keine Präsidialgremien, sondern wir brauchen Gremien, in denen Facharbeit geleistet wird, damit wir zu einem Integrationskonzept kommen. Dieses Integrationskonzept ist seit langem überfällig.
Der vierte Gedanke. Die PDS-Fraktion verlangt seit Jahren – das werde ich im Namen meiner Fraktion auch immer wieder anmahnen – die Überprüfung der gesamten Asylpraxis in Sachsen. Herr Bandmann, wir sind für einen rigiden Umgang mit Ausländern bundesweit bestens bekannt. Sie kennen die alten Fakten. Wir müssen uns mit solchen Fragen, wie der Abschaffung von Massenunterkünften für Asylsuchende, auseinander setzen.
Warum soll es in Sachsen nicht möglich sein? Ich denke, es ist in Sachsen möglich, denn auch in anderen Ländern wird es gemacht.
Dabei denke ich an die Einführung von Bargeldzahlungen an Flüchtlinge, die Aufhebung der Praxis mit den unsäglichen Urlaubsscheinen, wenn zum Beispiel jemand aus einem Landkreis einen anderen in einem anderen Landkreis besuchen will, und eine zum Teil menschenunwürdige Abschiebepraxis gerade und besonders in Sachsen. Dafür gibt es zig Beispiele.
Meine Damen und Herren! Es ist scheinheilig, sich über zusätzliche Wahlstimmen, die die NPD zum Beispiel bei der Wahl der Ausländerbeauftragten erhielt, aufzuregen und gleichzeitig nichts, aber auch gar nichts dagegen zu unternehmen, dass Ausländer in diesem Lande wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, wohl wissend, dass die NPD gerade Ausländer in ihrem Fokus hat.
Frau de Haas, ich erwarte von Ihnen nicht nur, dass Sie sich für die längst überfällige Härtefallkommission engagieren und die oben genannten Themen in Ihren Berichten aufgreifen, sondern ich erwarte von Ihnen, dass Sie als parteiübergreifende Multiplikatorin wirken, gewissermaßen als Ombudsfrau für Ausländer und für Inländer.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke im Namen der SPD-Fraktion Herrn Heiner Sandig und seinem Team für diesen Bericht und die geleistete Arbeit ganz herzlich. Der Elfte Jahresbericht des Sächsischen Ausländerbeauftragten ist, wie auch schon sein Vorgänger, angereichert mit vielen Informationen und sehr aufschlussreich. Ich bin mir sicher, dass bei der überwiegenden Mehrheit der hier anwesenden Abgeordneten Konsens darüber besteht, dass das Amt des Sächsischen Ausländerbeauftragten eine Institution ist, die unserem Land gut tut und die sich in den zwölf Jahren ihres Bestehens mehr als bewährt hat. Natürlich wäre es besser, wenn wir dieses Amt überhaupt nicht brauchten,