Protocol of the Session on December 12, 2006

Meine Damen und Herren, heute muss man ergänzen: Es ist noch nicht einmal Geld da, um auf die verkehrlichen Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft konzeptionell zu reagieren. Die demografische Entwicklung wird nicht nur zu einem veränderten Altersaufbau der Gesellschaft führen, sondern auch zu neuen Mobilitätsformen und zu veränderten Relationen zwischen Stadt und Land. Dass die Schülerinnen und Schüler bereits jetzt längere Wege in Kauf nehmen müssen, sollte bei allen Beteiligten angekommen sein.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion.PDS: Sehr richtig!)

So können wir an dieser Stelle wieder fragen: Wie reagiert die Staatsregierung auf die Herausforderungen einer zukünftigen Mobilität? Nach genauer Lektüre der Ausgaben im Verkehrsbereich haben wir nicht einen Cent gefunden, der erkennen lassen würde, dass die Größe dieser neuen Aufgabe freistaatlicher Verkehrspolitik bei den politisch Verantwortlichen angekommen wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Grundlage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Freistaat Sachsen sind Innovationen. Grundlage für Innovationen sind Weitsicht und die gedankliche Vorwegnahme künftiger Entwicklung. In diesem Entwurf des Einzelplanes 07 habe ich beides vermisst. Da gibt es weder Innovation noch Weitsicht. Für einen Wirtschaftsetat ist das zu wenig.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von der CDU-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Nicht. Dann, bitte, die Linksfraktion.PDS; Frau Lay.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haushaltsberatungen über die Einzelpläne bieten immer wieder die Gelegenheit, Zwischenbilanz in den verschiedenen Arbeitsfeldern zu ziehen. Ich möchte das an dieser Stelle noch über die Arbeitspolitik in Sachsen tun – auch vor dem Hintergrund, dass mit Ausnahme meiner Kollegin Ingrid Mattern fast keiner der Vorrednerinnen und Vorredner systematisch darauf eingegangen ist.

(Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS – Johannes Lichdi, GRÜNE: Aha!)

Es ist ja auch nicht so, dass der Koalitionsvertrag besonders ambitioniert gewesen wäre, was die Arbeitspolitik anbelangt. Aber zweifellos ist es so, Herr Jurk, dass die

Hoffnungen, die viele – auch wir – in Sie gesetzt haben, deutlich größer waren. Denn als erster sozialdemokratischer Arbeitsminister hätten Sie durchaus die Gelegenheit gehabt, hier in Sachsen Akzente zu setzen. Sie konnten es nur besser machen als Ihre Vorgänger, insofern sich diese einer Arbeitsmarktpolitik immer verweigert haben. Leider enttäuschen auch Sie die Hoffnungen, die wir in Sie gesetzt haben, und es ist sicherlich kein Zufall, dass Sie in der Einbringungsrede vorhin gar nicht den Anspruch erhoben haben, eine neue Arbeitspolitik in Sachsen zu betreiben.

Im Übrigen: Ja, wir freuen uns alle über den konjunkturellen Aufschwung; ja, wir freuen uns alle über weniger Arbeitslosigkeit in Sachsen – nur, dass dies das Ergebnis Ihres wirtschafts- und arbeitspolitischen Handelns sein soll, das bestreiten wir.

Ergebnis Ihres Handelns ist vielmehr, dass wir – der Kollege von der FDP ist schon darauf eingegangen – auch in diesem Jahr wieder ESF-Gelder in einer Größenordnung von 60 Millionen Euro zurückgeben werden, auch wenn wir andere Konsequenzen aus diesem Desaster ziehen würden.

Und nun auch noch dieser Haushaltsplan. Das Besondere daran ist, dass wir hier über Dinge sprechen müssen, die in der Tat gar nicht in diesem Haushaltsplan stehen. Herr Bolick, Sie haben schon auf das Verhältnis von EFRE- zu ESF-Mitteln im Verhältnis 78 : 22 hingewiesen. Das halten wir für eine falsche Prioritätensetzung zugunsten der Wirtschaft und zuungunsten der Arbeit in Sachsen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Der zweite Punkt, meine Damen und Herren, die dezentrale Veranschlagung – worin liegt das Problem? Zum einen, wenn wir über die gesamte Förderperiode sprechen, geht es immerhin um 350 Millionen Euro, die in den anderen Ministerien verwaltet werden. Die Koalition hat damit dafür gesorgt, dass der Arbeitsminister in dieser Frage das Heft des Handelns aus der Hand geben muss. Das ist das Problem. Der Hit ist, dass dann auch noch die Verwaltungskosten für die Bewirtschaftung des ESF von Ihnen allein gezahlt werden. Sie zahlen für die anderen Häuser mit, und da, muss ich einfach sagen, haben Sie schlecht gehandelt. Vor allem gibt es dafür im Entwurf des Operationellen Programms auch keinerlei Notwendigkeit.

Die Analyse der Situation stimmt weitgehend. Es wird aber kein einziges Argument genannt, warum die Gelder in die anderen Häuser gegeben werden, zumal wir vom Umweltministerium und vom Sozialministerium kaum Erkenntnisse darüber haben, was sie eigentlich mit den Geldern machen wollen. Es liegt die Vermutung nahe, dass Haushaltslöcher gestopft werden sollen. Eine systematische Arbeitspolitik in Sachsen sieht wirklich anders aus.

Herr Kollege Pecher, gestatten Sie mir einige Aussagen zum Verfahren. Ja, es ist zum Teil in den Haushaltsverhandlungen und auch in den Ausschusssitzungen sehr

schnell gegangen. Das liegt unter anderem daran, dass Sie nicht mit uns geredet haben und dass in keiner Weise auf unsere Anträge eingegangen wurde. Wo war die SPDFraktion in der Debatte?

(Widerspruch des Abg. Mario Pecher, SPD)

Wo war die SPD-Fraktion, um uns darin zu unterstützen, einmal mehr Arbeitsmarktpolitik in Sachsen zu betreiben? Da haben Sie gefehlt oder waren da und haben geschwiegen.

(Mario Pecher, SPD: Da haben Sie in den letzten Wochen was verpasst!)

Es ging auch deswegen so schnell – hier muss ich noch einmal das Operationelle Programm erwähnen –, weil Sie diesen Antrag en passant durch den Wirtschafts- und Arbeitsausschuss haben bestätigen lassen, möglicherweise aus lauter Angst vor dem Organstreitverfahren der GRÜNEN. Der Entwurf des Operationellen Programms wurde einfach abschließend durch den Landtag bestätigt, obwohl er noch nicht fertig ist. Es sind Fragen noch nicht beantwortet, wir haben inhaltlich noch nicht darüber geredet, und jetzt wird er nach Brüssel geschickt. An dieser Stelle muss ich ganz klar sagen, dass das schlechter politischer Stil ist.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Wir wollen Arbeitsmarktpolitik in Sachsen machen, wir wollen in die Menschen investieren und nicht, Herr Bolick, in erster Linie in Straßen. Dafür müssen wir Prioritäten setzen. Herr Milbradt hat es gestern gesagt: Wir müssen Sachsen wieder attraktiver für junge Menschen machen. Auch im Koalitionsvertrag heißt es: Abbau der Bugwelle, Fachkräftemangel entgegenwirken. Das ist alles richtig, nur wo steht das in dieser Deutlichkeit im Haushaltsplan? Dafür hätte man die Gelder in einem Haus bündeln müssen, Herr Pecher. Das ist der zentrale Unterschied zu uns. Wir wollen eine zentrale Veranschlagung, aber eine dezentrale Umsetzung über die Regionalbudgets; Sie wollen genau das Umgekehrte. Sie machen ein dezentrales Programm, aber eine zentralistische und teure Umsetzung durch die SAB. Hier verfolgen wir in der Tat einen komplett anderen Ansatz.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Zwei Sätze zum Inhalt. Ich werde beim Änderungsantrag noch darauf eingehen. Zum Ersten: Wir wollen eine andere Ausbildungsförderung in Sachsen. Sie darf nicht länger Ausbildung für die Arbeitslosigkeit sein. Die Ausbildung muss sich am zukünftigen Bedarf orientieren. Hier kann ich noch nicht erkennen, dass Sie Instrumente eingefügt haben, um einen entscheidenden Unterschied zu machen. Zum Zweiten brauchen wir mehr Geld für die Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit in Sachsen. Auch das war immer eine Schwachstelle der bisherigen Arbeitsmarktpolitik. Die Linksfraktion.PDS will Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das, meine Damen und Herren, können wir uns sogar leisten. Mit 10 bis 15 Millionen Euro im Jahr können wir 3 000 Langzeitarbeitslose in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bringen. Ich hoffe, dass Sie gleich unserem Änderungsantrag Ihre Zustimmung geben werden. Meine Damen und Herren! Arbeitsmarktpolitik in Sachsen braucht nicht nur mehr Geld und ein systematisches Herangehen, sie braucht auch innovative Ideen. Mit zehn Arbeitskoordinatoren für ganz Sachsen kommt man sicherlich nicht weit.

Dieser Haushaltsplan ist aus unserer Sicht keine Grundlage für eine neue Arbeitsmarktpolitik und insofern eine einzige Enttäuschung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von der SPD-Fraktion das Wort gewünscht? – Ich frage die NPD-Fraktion. – Ich frage die FDP-Fraktion. – Ich frage die GRÜNEN. – Dann ist die Rednerliste abgearbeitet.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 07, Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit. Ich schlage Ihnen vor, über den Einzelplan kapitelweise abzustimmen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Dann verfahren wir so. Wir kommen damit zur Abstimmung selbst.

Einzelplan 07, Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit. Ich lasse über Kapitel 07 01 und 07 02 abstimmen. Wer den beiden Kapiteln die Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist den Kapiteln in der Fassung des Ausschusses zugestimmt.

Wir kommen zum Kapitel 07 03. Hier gibt es eine ganze Anzahl von Änderungsanträgen. Ich rufe den Änderungsantrag der FDP-Fraktion zum Titel 547 02, Drucksache 4/7298, auf. Ist der Änderungsantrag schon eingebracht, Herr Morlok?

Herr Präsident, ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass die Gebühren der SAB um 140 % auf 20 Millionen Euro steigen. Das ist aus unserer Sicht nicht angemessen. Deswegen ist eine Reduzierung des Ansatzes im Haushalt angebracht. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

Danke. – Wird dazu das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 4/7298 abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS zu Titel 685 10 in der Drucksache 4/7339 auf. Frau Mattern, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um den Titel 685 10. Wir haben es schon in der Aussprache begründet, die Sächsische Stiftung für gesellschaftliche und wirtschaftliche Innovationen soll gegründet werden. Ich muss klarstellend noch einmal sagen, dass sie sich vor allen Dingen der Tatsachse zuwenden soll, dass sich viele kleine und mittelständische Unternehmen in Sachsen keine Forschungsabteilung leisten können. Wir brauchen dafür eine Bündelung unter dem Dach dieser Stiftung.

Die Forschungs-GmbHs und die Technologiezentren sollen den Boden und das Dach für diese Stiftung bilden. Wir wollen so Forschungsleistungen besser in kleine und mittelständische Unternehmen transferieren, als das bisher der Fall ist, und insbesondere wirtschaftliche und gesellschaftliche Innovationen so befördern, dass Technologie, Wissenschaft und Forschung strukturell vernetzt werden. Es soll nichts gestrichen und nichts gekürzt werden; es soll auch überhaupt nichts wegfallen, wie uns von den Kollegen der Koalition unterstellt worden ist. Wir wollen vielmehr das Vorhandene unter einem Dach konzeptionell und strukturell für die kleinen und mittelständischen Betriebe in Sachsen bündeln, da es hier viel besser für die Entwicklung, zum Beispiel der strukturschwachen Regionen, eingesetzt werden kann.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird dazu das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bringe ich den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS in der Drucksache 4/7339 zur Abstimmung. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich bitte um Einbringung des Änderungsantrages der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/7302 zu Titel 699 01.

(Dr. Johannes Müller, NPD: Wie gestern!)

Wie gestern. Dann sind die Anträge der NPD-Fraktion in Gänze eingebracht. Ich lasse über diesen Änderungsantrag abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und einer ganzen Reihe von Gegenstimmen ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag der NPDFraktion in der Drucksache 4/7301. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten, damit Ablehnung.

Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag der NPDFraktion in der Drucksache 4/7300. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten wie vordem, damit Ablehnung.

Ich rufe auf den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS zu Titelgruppe 73, Drucksache 4/7340. Ich bitte um Einbringung. Frau Mattern, bitte.

Meine Damen und Herren! Hier geht es um die Einrichtung von Regionalbudgets. Darin sollen eine ganze Reihe bisheriger Haushaltstitel mit dem Ziel zusammengefasst werden, in den fünf Planungsregionen nach dem Einwohnerschlüssel sogenannte Regionalbudgets zu bilden.

In den regionalen Planungsverbänden sollen künftighin nicht nur Planungsleistungen erbracht werden, sondern ganz direkt auch Mittel zur Verfügung stehen, um die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen selbst mit zu steuern und eben auch zu befördern. Die Dinge sollen vor Ort selbst in die Hand genommen werden können.