Protocol of the Session on December 12, 2006

(Heiterkeit)

und Gegenstimmen ist der Einzelplan dennoch mit sehr großer Mehrheit angenommen worden. Herzlichen Glückwunsch!

Meine Damen und Herren, wir unterbrechen die Sitzung bis morgen früh, 10:00 Uhr. Es geht dann mit dem Einzelplan 07 – Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit – weiter.

Eine gute Nacht! Wir liegen genau in der Zeit.

(Unterbrechung der Sitzung: 22:06 Uhr)

Fortsetzung der Sitzung am 13. Dezember 2006

Eröffnung (Beginn der Sitzung: 10:00 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen die 67. Sitzung des 4. Sächsischen Landtages fort. Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer heutigen Sitzung vorliegen, sind beurlaubt: Frau Hermenau, Frau Simon, Herr Dr. Gillo, Herr Mirko Schmidt, Herr Rasch, Herr Prof. Dr. Milbradt und Herr Gebhardt.

Meine Damen und Herren, wir behandeln jetzt die weiteren Einzelpläne des Haushaltsgesetzes 2007/2008. Nun eine Ansage an die Parlamentarischen Geschäftsführer. Folgende Redezeiten stehen noch zur Verfügung: CDUFraktion bis zu 185 Minuten, Linksfraktion.PDS 77 Minuten, SPD 70 Minuten, NPD 29 Minuten, FDP 27 Minuten, GRÜNE 39 Minuten, Staatsregierung 93 Minuten.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 1.9

Einzelplan 07 – Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit

Zunächst erhält, wenn gewünscht, der Berichterstatter des Haushalts- und Finanzausschusses, Herr Pecher, das Wort. – Er möchte nicht.

Herr Minister Jurk, Sie haben jetzt das Wort. – Ich darf noch einmal fragen, ob das so respektiert wird.

Ich folge dem Präsidenten gern.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sachsens Wirtschaft und die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt geben Anlass zu Optimismus. Mit einem Plus von 3,8 % beim Bruttoinlandsprodukt im 1. Halbjahr 2006 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steht Sachsens Wirtschaft wieder an der Spitze. Motor ist nach wie vor das verarbeitende Gewerbe. Mit 15,7 % war das Wachstum in diesem Bereich dreimal so hoch wie im gesamtdeutschen Durchschnitt. Die industrielle Entwicklung Sachsens verläuft wieder überdurchschnittlich. Bis September konnte die Industrie ihren Umsatz gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 14,4 % steigern. Zum Vergleich: In den alten Ländern ohne Berlin belief sie sich lediglich auf 6,0 %.

(Unruhe im Saal)

Die investitionsfreudigsten Unternehmen kommen im Herbst 2006 aus Sachsen. Zwei Drittel aller Betriebe wollen im nächsten halben Jahr investieren. Das ist das Ergebnis einer von der „Creditreform“ veröffentlichten Untersuchung. Es folgen mit Abstand Hamburg, BadenWürttemberg und Bayern, wo jeweils nur die Hälfte der Betriebe dieses vorhaben.

Meine Damen und Herren! Darf ich um Aufmerksamkeit für die Rede des Ministers bitten.

Was mich als Arbeitsminister aber am meisten freut und bewegt: Der Aufschwung erreicht langsam den Arbeitsmarkt. In Sachsen steigt die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung seit März 2006 kontinuierlich an.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU und des Staatsministers Dr. Horst Metz)

Im Vorjahresvergleich beträgt der Zuwachs mehr als 20 000 Arbeitsplätze, also 1,5 %. Der Zuwachs in Sachsen ist damit überdurchschnittlich. Als Vergleichsmaßstab nenne ich den Durchschnitt von Deutschland mit 1,2 %. Das ist für mich die wohl beste wirtschaftspolitische Nachricht des Jahres.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und der CDU)

Den wenigen verbliebenen Berufspessimisten schreibt Bundesminister Müntefering ins Stammbuch: „Auch notorische Nörgler und Miesmacher können es nicht mehr ignorieren: Der Durchbruch am Arbeitsmarkt ist da. Wir haben Grund, uns zu freuen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was Sachsen angeht, so sind diese guten Nachrichten keine Husche, kein Platzregen, der so schnell verschwindet, wie er gekommen ist. Wir haben es – davon bin ich überzeugt – mit einer nachhaltigen und langfristigen Entwicklung zu tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei den längerfristigen Daten spiegelt auch der Arbeitsmarkt diese relative Stärke Sachsens wider. Bei der Arbeitsplatzdichte hält Sachsen mit 442 Erwerbstätigen je 1 000 Einwohner den sechsten Rang unter allen deutschen Flächenländern, noch vor Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und SchleswigHolstein und mit Abstand der höchsten Quote in Ostdeutschland. Der Durchschnitt der neuen Bundesländer mit Berlin beträgt 426. Von 1 000 Erwerbstätigen sind in der sächsischen Wirtschaft im Durchschnitt fünf Personen in Forschung und Entwicklung tätig. Damit ist Sachsen Spitzenreiter unter den neuen Ländern, deren durchschnittlicher F/E-Personalbesatz bei 3,6 Personen liegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich all dies zusammennehme – die niedrigste Arbeitslosigkeit in Sachsen seit zehn Jahren, zum ersten Mal seit der Wende einen nennenswerten Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, einen Staatshaushalt, der nicht nur eine Nettoneuverschuldung von null vorweist,

sondern auch noch Vorsorge für zukünftige Risiken betreibt, eine investive Schwerpunktsetzung bei Bildung, Forschung und Innovation, einen Aufbruch zu zukunftsweisenden Strukturen in der Verwaltung und die Verbindung von Effizienz und Bürgernähe –, so stelle ich fest: Sachsen wird von Schwarz-Rot sehr gut regiert.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsprozess selbst war das beste Beispiel. Die notwendigen Verhandlungs- und Abstimmungsprozesse haben eben nicht dazu geführt, dass wir uns in der Koalition gegenseitig lahmgelegt haben. Im Gegenteil, wir haben uns gegenseitig angeregt, aufgeregt und dann beigelegt. Gute Kompromisse wurden gesucht und gefunden. Jeder hat respektiert, dass der andere auch seine Akzente setzen kann. Koalitionen müssen nicht Gewinner-VerliererSpiele sein, manchmal gewinnt auch das Land und damit seine Menschen. Bestimmt gibt es Zyniker, die sagen: Das alles ging doch nur, weil es mehr Geld zu verteilen gab als erwartet. Diesen Zynikern sage ich: Mit mehr Geld sinnvoll umzugehen ist genauso schwierig wie mit weniger.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Beifall des Staatsministers Dr. Horst Metz)

Dort, wo es um meinen Verantwortungsbereich als Minister geht, nutzen wir das Geld, um die gute Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt weiter zu stärken, weil es notwendig ist. Wir wollen uns auf den Wind setzen und den Drachen noch höher fliegen lassen. Es sollten viele bunte Drachen am Himmel fliegen. Ich war und bleibe Gegner einer reinen Leuchtturmpolitik, die wirtschaftliche Potenz immer nur in den Ballungsräumen gesehen hat. Die vielen regionalen Leistungsträger bis hin zu Global Playern auch in strukturschwachen Räumen Sachsens waren es, die uns dazu gebracht haben, im Koalitionsvertrag ein Förderprogramm „Regionales Wachstum“ festzulegen. Bis zum 30. November dieses Jahres konnten von 290 Anträgen 152 positiv beschieden und Zuschüsse in Höhe von knapp 6 Millionen Euro bewilligt werden. Durch dieses Sonderprogramm wurden 616 Arbeitsplätze gesichert und 215 neu geschaffen. Im neuen Doppelhaushalt sind erneut 10 Millionen Euro jährlich für das regionale Wachstum vorgesehen.

Sie sagen, das seien Peanuts? Ich sage, kleiner Einsatz, große Wirkung. Ich gebe Ihnen ein konkretes Beispiel. Ein Zuschuss in Höhe von 13 950 Euro ist an ein Elektroinstallationsunternehmen ausgereicht worden. Der Zuschuss beträgt 45 % der Gesamtinvestitionssumme in Höhe von 31 000 Euro, die für den Kauf eines Minibaggers für die Verlegung von Kabeln ausgegeben wurden. Die Verlegung von Kabeln ergänzt als neues Geschäftsfeld die stagnierenden Geschäftsbereiche Reparatur und Elektrohandel und wird zunächst nur regional angeboten. Daher war eine GA-Förderung hier nicht möglich. Mit der Anschaffung wird zu den bestehenden Arbeitsplätzen des Inhabers ein neuer Dauerarbeitsplatz geschaffen. Wenn

ich daran denke, was in hoch subventionierten Bereichen für einen Arbeitsplatz auf den Tisch gelegt wird, ja, gelegt werden muss, dann ist es ein wirklich zugkräftiges Programm.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser regionalpolitischer Ansatz geht aber weit über das Fördergeld für Einzelunternehmen hinaus. Es geht uns um die Stärkung regionaler Branchenschwerpunkte. Sie sind die Keimzellen wirtschaftlicher Dynamik. Sie entfalten positive Ausstrahlung auf die gesamte wirtschaftliche Entwicklung ihrer Region. Von ihnen gehen Magnetwirkungen aus. Daher arbeiten wir an der Stärkung von Strukturen der Zusammenarbeit in den einzelnen Branchen.

Es ist ein Zerrbild des Kapitalismus, dass sich der unternehmerische Erfolg nur im halsabschneiderischen Wettkampf aller gegen alle einstellt. Im heutigen globalen Wettbewerb ist die strategische Zusammenarbeit ein wichtiger Erfolgsfaktor. Netzwerkförderung ist und bleibt aus diesem Grund ein Kernelement unserer Politik. So konnten am 1. Januar 2006 nach dem Vorbild unserer erfolgreichen Verbundinitiativen für die Chip- und die Automobilzulieferindustrie sowie den Maschinen- und Anlagenbau zwei neue strategische Netzwerke an den Start gehen: die Verbundinitiative Bahntechnik Sachsen und eine für technische Textilien. Beide geben neue Impulse für ihre zumeist jenseits der großen Ballungsräume beheimateten Branchen.

Zu den Branchen, die für die industrielle Zukunft im Freistaat Sachsen von besonderer Bedeutung sind, gehört auch die Luft- und Raumfahrtindustrie. Deshalb werden wir mit dem neuen Haushalt die Netzwerkförderung dieser Branche anschieben. Gerade die aktuelle Situation rund um die EADS/Airbus macht überdeutlich: Die sächsischen KMU sind im rauer werdenden Wind des internationalen Wettbewerbs noch mehr als bisher auf Zusammenarbeit untereinander und auf gemeinsame Projekte – auch mit den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen – angewiesen. Darüber hinaus befindet sich eine Initiative auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien in Vorbereitung. Auch den Tourismus sehe ich als eine Branche, die in hohem Maße auf der Vernetzung ganz unterschiedlichen Wirtschaftstreibens beruht. Da müssen regionale Produkte mit dem Gaststättengewerbe und den Kulturangeboten zusammengebracht werden. Weihnachten ist ein schönes Beispiel, bei dem Hochkultur und sächsisches Brauchtum, Städtereisen und lokales Handwerk, Luxusprodukte und Export zusammenspielen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Schön, Herr Prof. Porsch, dass Sie das mit Ihrem Zwischenruf unterstreichen.

Ohnehin sind die Dienstleistungen ein Sektor, dessen Bedeutung in der Vergangenheit eher unterschätzt wurde. Die Zahlen sprechen für sich: 70 % der Bruttowertschöp

fung, 70 % der Erwerbstätigen, 50 % des Gesamtumsatzes in Sachsen. Kaum ein Bereich ist so vielfältig und dynamisch. Hier entstehen übrigens auch die meisten neuen Arbeitsplätze. Hier finden wir vom höchst qualifizierten IT-Dienstleister bis zur einfachen haushaltsnahen Dienstleistung eine sehr breite Palette der Beschäftigung. Hier geht es nicht um Schuhputzer oder Scherenschleifer. Es geht um Wirtschaftsleistungen, die sowohl den Produkten wie der Lebensweise der Menschen quasi beigemengt sind. Ich bin der Überzeugung, dass wir die Potenziale noch nicht ausgeschöpft haben. Deshalb wollen wir im Jahr 2007 eine Dienstleistungsinitiative starten. Im Haushalt 2007/2008 haben wir erstmals Mittel für eine solche Initiative ausgewiesen.

Die großen Ansiedlungserfolge Sachsens in der Vergangenheit verpflichten uns weiterhin, auch indem wir die Ausbildung unserer Fachkräfte auf internationalem Niveau halten und unser Standortmarketing verbessern. Ohne die Infrastrukturpolitik des Freistaates und besonders seiner Städte und Gemeinden wären sie nicht möglich gewesen. Deshalb stärken wir die Kommunen noch einmal mit dem Aufstockungsbetrag im Haushaltsentwurf 2007/2008 in Höhe von 184 Millionen Euro. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird sicherlich entsprechende Impulse auch für die Bauwirtschaft freisetzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das Augenmerk auf neue Ansiedlungen darf aber nicht zu einer einseitigen Wahrnehmung führen. Wichtig ist vor allem auch, dass sich die bestehenden Firmen in Sachsen stabilisieren und insgesamt mehr Fleisch auf die Rippen bekommen und damit Substanz gewinnen. Deshalb greifen wir zusammen mit den sächsischen Sparkassen und der sächsischen Landesbank besonders kleinen und mittleren Unternehmen durch die Förderung von Beteiligungskapital unter die Arme. Unser Fonds dient der verbesserten Kapitalausstattung dort, wo hohes Wachstumspotenzial vorliegt.

Aus dem gleichen Grund haben wir die Mittelstandsrichtlinien in Abstimmung mit Kammern, Verbänden, den Gewerkschaften und anderen Partnern einer umfassenden Überarbeitung unterzogen und hier, denke ich, eine neue Qualität erreicht. Dieses haben wir uns eine zusätzliche Million Euro im neuen Haushalt kosten lassen. So wollen wir mit einer neuen Markteinführungsrichtlinie eine seit Langem von Unternehmern und deren Interessenvertretern beklagte Förderlücke schließen. Innovation, Produktion und Verfahren sächsischer Unternehmen soll ein rascher Marketingerfolg beschieden sein.

Ein weiteres notwendiges Element zur Konsolidierung und zum Wachstum unserer Unternehmen liegt in der Steigerung des Exportes. Wir liegen zwar mit einer Exportquote von über 30 % im verarbeitenden Gewerbe an der Spitze der neuen Länder, haben aber bis zu den im Westen erzielten Quoten von über 40 % noch viel Spiel nach oben. Auch hier stellt sich heraus, dass im Bereich Marketing für bereits vorhandene innovative Produkte

und Dienstleistungen mehr getan werden muss. Dazu fördern wir verstärkt den Erfahrungsaustausch mit ausländischen Partnern.

Leider ist es so, dass auch die besten Produkte nicht von sich aus einfach aufstehen, winken und rufen: „Kauft mich, denn ich bin spitze!“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Schicksalsthema, das den Unternehmensbestand in Sachsen betrifft, ist zweifellos die Frage der Unternehmensnachfolge. Dieses Problem ist für Ostdeutschland noch viel dramatischer als im Westen, weil hier noch nicht die etablierten Familientraditionen bestehen oder in zu geringem Maße vorhanden waren. Ein weiterer Grund liegt sicher darin, dass Ostdeutschland im Vergleich zum Westen weitgehend eine vermögens- und eigentumslose Gesellschaft war und leider immer noch ist.

Die fünf neuen Bundesländer tragen mit nur 1,4 % zum Gesamtaufkommen der Erbschaftsteuer bei, während es für das etwa gleichgroße Unternehmen in NordrheinWestfalen knapp 25 % sind. Mit Vermögen im Hintergrund ist es allemal leichter, das Geschäft des „Alten“ zu übernehmen. Wir müssen also Geld durch professionelle Beratung mit ersetzen. Erste Maßnahmen sind das Internetportal und die Ausweitung der Beratungsförderung auf potenzielle Firmennachfolger. Wir müssen immer darauf achten, dass unsere Firmen stabil bleiben, damit sich die Nachfolgefrage überhaupt erst stellen kann.