Ich muss einmal ehrlich sagen: Es mag ja so sein. Aber damit blenden Sie alles andere aus – soziale Schieflagen, Verkehrsaufkommen, Kriminalität, die es natürlich auch europaweit gibt. Das wird alles weggeschoben, das spielt keine Rolle.
Oder nehmen wir das andere wunderschöne Argument: den Vergleich zu den anderen Bundesländern. Da lese ich in einer Ihrer Vorlagen, dass im bundesweiten Stellenvergleich pro 1 000 Einwohner Sachsen zu den Ländern gehört, die die geringste prozentuale Stellenzahl aufweisen, wenn man dies einmal berechnet. Dazu sage ich doch: Was sind das für Argumente, mit denen Sie uns kommen?!
Bleibt noch das Haushaltsargument. Nun muss ich sagen, das ist natürlich immer ein Argument: Wir haben nicht viel Geld, wir müssen sparen. Okay, das ist ein Argument. Aber dazu will ich Ihnen ganz klar sagen: Wir, die Linksfraktion, sind sehr wohl der Meinung, dass die derzeitige Stellenstruktur auch im Zuge der Verwaltungsreform einer Evaluation bedarf, und wir sperren uns auch nicht gegen sinnvolle, aufgabenbezogene Kürzungen. Dies tun wir nicht, und das haben wir auch im Ausschuss nicht getan. Aber was mit uns nicht zu machen ist, sind wahllose Stellenkürzungen zur Sanierung des Haushaltes. So darf es nicht gehen. Das ist Abbau von Sicherheit, Herr Buttolo.
Machen wir es konkret an der Zahl 2 441 fest. Die Staatsregierung weiß doch lange, was das heißt. Ihr liegt die Analyse aus ihrem eigenen Haus vor, wie schon oft genannt. Sie weiß, dass damit die Polizeiposten fast durchgängig wegfallen, Reviere halbiert werden, die
Prävention rückgängig gemacht werden muss – vor allem ein Starobjekt in der Jugendprävention, Ihr Projekt, welches die Polizei in den letzten Jahren aufgebaut hat, dass die Kripo beschnitten werden muss, die Verkehrswacht, die Bürgerpolizisten, die gerade eingesetzt worden sind, wieder abgeschafft werden müssen, Konzepte für mehr Sicherheit für Senioren und Aktionen für Nachbarschaftshilfe nun wieder geerdet werden müssen.
De facto wird über den Stellenabbau – so deutlich muss man es sagen – ohne Gesetz eine zweite Polizeireform durchgeführt. Das kann doch wohl nicht sein!
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist aber keine Reform! – Beifall bei der Linksfraktion.PDS)
Ich finde ehrlich gesagt die Argumentation der Staatsregierung für hinterhältig, wenn sie sagt, dass im konkreten Haushalt nur 904 bzw. 934 Stellen zur Kürzung vorgesehen seien. Alles andere seien kw, ohne Jahresangabe und pauschale Stellen. Im Jahre 2009 werde noch einmal evaluiert.
Mit diesen 904 bzw. 934 Stellen könnte die Linksfraktion.PDS leben, das ist überhaupt keine Frage, aber die Zahlen sind der reinste Populismus. Im Haushalt wird festgeschrieben – das beschließen wir auch –, dass jede frei werdende Stelle nicht mehr besetzt werden darf. Ende der Durchsage.
Was passiert eigentlich, wenn der Landespolizeipräsident in Pension geht? – Eine Frage, die Ihnen schon der Chef der GdP gestellt hat. Ist das dann auch geerdet?
Was passiert, wenn spezifische qualifizierte Tätigkeiten aufgrund der Pensionierung von Beschäftigten wegfallen? Die Staatsregierung hat null Plan, wie verfahren werden soll.
Noch ein Wort zu der berühmten Evaluation im Jahre 2009. Diese Evaluation ändert an der Gesamtzahl, die wir mit dem Personalabbaukonzept beschließen, nichts. Wir beschließen diese 2 441.
Sie schießen den Vogel ab, indem Sie per Gesetz verordnen, dass 1 533 – eine sehr hohe Zahl im Vergleich zu der anderen – kw-Stellen ohne Jahresangabe pauschal abgebaut werden sollen. Wie das konkret aussehen soll, sagen Sie aber nicht. Sie haben nämlich keine konkreten Stellen, die Sie benennen und abbauen können. Das überlassen Sie schön den Polizeidirektionen. Sie wissen zugleich, es wird ein Fass ohne Boden für eine konzeptlose und unverantwortliche Strukturausdünnung der sächsischen Polizei aufgemacht, wie es sie noch nie gegeben hat.
Ich will Ihnen eines sagen: Einen solchen Wandel der Polizei handstreichartig per Haushalt zu exekutieren ist ein politischer Skandal, weil sich der Charakter der Polizei verändert. Stichwort stümperhafte Politik: Fakt ist, dass bis zum Jahre 2020 circa 30 % der Polizeibeamten im aktiven Dienst ausscheiden werden. Die Altersstruktur sieht schon jetzt bedenklich aus. Unter 30 Jahre alt sind 14 % der Beamten, 2,5 % der Angestellten und 1 % der Arbeiter. Über 50 Jahre alt – die Planstellen mitgerechnet – ist fast die Hälfte aller bei der Polizei Beschäftigten. Bis zum Jahre 2010 gehen mindestens 1 700 Personen in Pension. Die Staatsregierung negiert diese Entwicklung, indem sie es sich wirklich traut, den Einstellungskorridor – wenn man es bis zum Jahre 2010 hochrechnet – von insgesamt 500 Stellen vorzugeben.
500 Neueinstellungen, das ist lächerlich im Verhältnis zu dem, was wegfällt. Dieser Einstellungskorridor ist inakzeptabel. Man benötigt circa 300 Neueinstellungen. Das wissen wir alle sehr genau.
Diese Konzeptlosigkeit betrifft übrigens nicht nur die Umstrukturierung innerhalb der Polizei, sondern auch der Bereitschaftspolizei. Dort geht es auch drunter und drüber und niemand weiß, wer etwas will und was passiert. Es ist ein Grauen. Ich frage mich, wo die Sicherheit in den letzten Jahren und insbesondere die innere Sicherheit als CDU geblieben ist.
Lassen Sie mich ein zweites Beispiel für die allgemeine Verunsicherung beim Thema Sicherheit durch die Staatsregierung nennen. Das ist der Umgang mit dem Verfassungsschutz. Der Verfassungsschutz ist schon mehrfach in der Kritik gewesen. Ich verstehe die Staatsregierung und deren Umgang mit Recht und Gesetz mittlerweile nicht mehr. Im Juli 2005 hat das Verfassungsgericht Leipzig, wie wir alle wissen, entschieden, dass die organisierte Kriminalität beim Verfassungsschutz – außer FDGo, wie wir alle wissen – nicht mehr verankert wird. Das ist eine sehr klare Sache.
Mit großen Schwierigkeiten hat sich dann die Staatsregierung mit ihrer Koalition durchgerungen, das Verfassungsschutzgesetz doch zu ändern. – Das zum einen. Mit großen Schwierigkeiten stellen wir fest – die PKK hat es auszubaden –, dass beim Beschnüffeln – immerhin in fünf Fällen organisierter Kriminalität – trotzdem fröhlich weitergemacht wird. Und: Wenn ich in den Haushaltsplan schaue, staune ich. Dort haben Sie die Mittel, die ehemals für die organisierte Kriminalität vorgesehen waren, überhaupt nicht ausgeplant. Es ist alles so geblieben. Es ist so, als ob es das Urteil des Verfassungsgerichtes nicht gegeben hätte. So agieren Sie. Ich frage mich schon, wie Sie mit Recht und Gesetz umgehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer die organisierte Kriminalität bekämpfen will, muss die bezeichneten Mittel beim LKA unterbringen. Wo denn sonst?
Meine Damen und Herren! Eine solche Sicherheitspolitik macht unsicher, und die Bürger merken das. Dazu gehört auch, dass mittlerweile Sicherheitssysteme geschaffen werden, die keine Sicherheit schaffen, sondern europaweit Menschen unterschiedlichster Herkunft beschnüffeln, ohne dass diese es je erfahren. Ich nenne nur die Stichworte, die derzeit in der Diskussion sind: SES 2, Antiterrordatei, GASIM. Auch die fixe Idee der Sächsischen Staatsregierung, statt der Präsenz von Polizei vor Ort auf Videokameras wie in der Dresdner Neustadt zu setzen, gehört zu den überflüssigen Maßnahmen.
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Man kann auch Pappkameraden aufstellen! – Volker Bandmann, CDU: Da kann ich Ihre Sorge zu den Videokameras verstehen! Vielleicht bringen sie interessante Ergebnisse!)
In der letzten Sitzung des Stadtrates Dresden – das sollten sich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU einmal anhören – haben sich, Herr Buttolo und Herr Bandmann, sogar die CDU-Fraktion namens ihres Sprechers auf diesem Feld und der für Ordnungsmaßnahmen zuständige Beigeordnete deutlich gegen eine Videoüberwachung in der Dresdner Neustadt ausgesprochen.
Das geschah mit dem Argument, dass damit niemandem geholfen wäre. Ich bitte Sie, was wollen wir hier? Wer wirklich etwas für die persönliche Sicherheit der Menschen tun will, muss die Instrumente der Gefahrenabwehr und die Prävention stärken, eine bürgernahe Polizei gewähren, den gesellschaftlichen Dialog zu Fragen von Gewalt, Terror und Sicherheit befördern und sich damit auseinandersetzen sowie die Rechte der Bürger stärken.
Ich will abschließend den Strafrechtler Prof. Albrecht zitieren, der vor Kurzem auf unserer ersten Sicherheitskonferenz der Linkspartei.PDS gesprochen hat: „Der Staat muss sich vor der Freiheit des Bürgers verneigen. Das ist der wirksamste Verfassungs- und Bürgerschutz.“
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg zwei Anmerkungen. Mir ist nach der Rede von Frau Ernst klar geworden, dass die Betrachtung eines Wasserglases die Frage in sich birgt, ob dieses Glas nun halb voll oder halb leer ist.
Natürlich ist es so, dass wir es – egal, wie wir Politik umzusetzen versuchen – den Oppositionsparteien ohnehin
(Beifall des Abg. Karl Nolle, SPD – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Sie können es doch einmal versuchen!)
Mit Blick auf die Redezeit und darauf, dass ich keine ritualisierten Handlungen unterstütze, möchte ich Herrn Hähle zitieren, der heute Morgen Folgendes gesagt hat: Ob das morgen jemand wahrnimmt und ob wirklich jemand daran Interesse hat, weiß ich zu dieser Zeit nicht. – Wer daran Interesse haben könnte, sind vielleicht die wenigen Zuhörer – ich sehe einige Interessenvertreter –, die sich genau anhören wollen, wie wir über den Einzelplan 03 diskutieren.
Es gibt ein sehr schönes Zitat des französischen Staatsmanns Talleyrand, das zu meiner Vorbemerkung passt. Er sagte, Geldmangel sei ein Segen. Schließlich könne niemand genau sagen, wie viele politische Dummheiten durch Mangel an Geld schon verhindert worden sind.
Das ist ein sehr interessantes Zitat. Warum nenne ich dieses? Ich nenne dieses Zitat deshalb, weil ich denke, dass es in der Tat eine falsche Herangehensweise bei der Innenpolitik ist, wenn man glaubt, dass mehr Geld automatisch auch mehr innere Sicherheit bedeute. Es geht nämlich im Wesentlichen darum, wie man die vorhandenen Strukturen und Ressourcen einsetzt und an welcher Stelle man sie für welche Aufgaben einsetzt.
Wir haben als Koalition bewusst versucht, mit dem vorhandenen Geld, das wir als Freistaat zur Verfügung haben, und mit Blick auf die Haushaltskonsolidierung genau diese Erfordernisse im Einzelplan zu definieren.
Das zeigt auch, dass wir in erster Linie bei der Personalplanung im Polizeibereich eben nicht die Rasenmähermethode angewendet, sondern versucht haben, im Bereich der Polizei darüber zu sprechen, welche zukünftigen Aufgaben dort zu erfüllen sind. Deshalb gibt es – und das ist auch allen hier im Hause bekannt; auch den Kollegen der FDP müsste es bekannt sein – einen Koalitionsantrag zu Qualität und Leistungsstandards bei der sächsischen Polizei.
Genau das ist ja aus unserer Sicht der eine Teil. Der zweite Teil ist in der Tat, dass wir uns als Koalition bewusst dafür entschieden haben, entgegen der Vorgabe aus dem Kabinett, wonach erst im Jahre 2011 eine Überprüfung stattfinden sollte, eine Sonderprüfung, eine Evaluation im Jahre 2009 durchzuführen.