Protocol of the Session on November 16, 2006

In den Jahren 2007 bis 2013 stehen Sachsen insgesamt knapp 4 Milliarden Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Das sind rund 10 % weniger als in der abgelaufenen Förderperiode. Gleichwohl ist das Ergebnis deutlich besser, als lange Zeit befürchtet worden war.

Bei knapper werdenden Mitteln müssen wir uns erst recht auf die Bereiche konzentrieren, mit denen der stärkste wirtschaftliche Effekt erzielt werden kann. Im Einklang mit der Lissabon- und der Göteborg-Strategie der EUKommission lautet deshalb die Weichenstellung in Sachsen für die Europäischen Strukturfonds: Vorrang für Innovation, Wachstum und Beschäftigung.

Das heißt für den EFRE konkret: Investition, Innovation, Wissenschaft, Forschung und Bildung werden deutlich aufgestockt. Der Anteil dieser Mittel erhöht sich von rund 30 % auf 40 %. Die direkte Unterstützung der Unternehmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bleibt angesichts der nach wie vor schlechten Eigenkapitalausstattung und der starken internationalen Standortkonkurrenz eine wichtige Säule der Förderpolitik. Der Anteil bleibt mit 19 % konstant.

Ich weise darauf hin, dass Mittel aus dem Innovationsschwerpunkt wie etwa die F- und E-Förderung selbstverständlich auch direkt Unternehmen zugute kommen. Die

verstärkte Konzentration der Mittel auf das Innovationspotenzial führt unweigerlich zu finanziellen Beschränkungen auf anderen Feldern. Insgesamt werden für die Investitionen in die Infrastruktur nur noch rund 40 % statt 50 % der Mittel eingesetzt. Das heißt übrigens auch Reduktion beim Straßenbau.

Wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt bilden keinen Gegensatz, sondern bedingen sich auf lange Sicht gegenseitig. Der Europäische Sozialfonds in Sachsen soll genau dieser Philosophie folgen. Einerseits sind ein wesentliches Element der Innovationsstrategie angesichts der immer rasanteren Innovationszyklen gut ausgebildete Fachkräfte als Voraussetzung für wirtschaftliche Spitzenleistungen. Auf der anderen Seite verfolgt der ESF auch sozialpolitische Zielstellungen, indem er Benachteiligten den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, sozialen Ausgleich schafft und damit zum inneren Frieden in unserer Gesellschaft beiträgt.

Besonderen Wert habe ich darauf gelegt, dass in der neuen Förderperiode zum ersten Mal Mittel dafür eingesetzt werden, die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss deutlich zu verringern. Individuelle Förderung heute soll dazu beitragen, dass die sozialen Probleme von morgen vermieden werden. Das ist angesichts der stark zurückgehenden Schülerjahrgänge auch im Interesse unserer Unternehmen besonders wichtig.

Auf EU- und Bundesebene liegen die wesentlichen Rahmenbedingungen und die Rahmendokumente mittlerweile vor. Die Verordnungen sind seit Juli – ich erinnere – in Kraft. Im Oktober wurden die strategischen Kohäsionslinien der Gemeinschaft beschlossen. Der Bund hat seinen nationalen strategischen Rahmenplan nunmehr fertiggestellt. Die Komplexität der Entscheidungsprozesse lässt sich anhand dieser Dokumente gut erahnen.

Der Abstimmungsprozess innerhalb der Staatsregierung zu den Operationellen Programmen EFRE und ESF ist weit fortgeschritten. Für den EFRE haben wir am Dienstag Einigung im Kabinett erzielen können. Der Entwurf für den ESF befindet sich in der Kabinettsabstimmung und steht kurz vor der Beschlussfassung. Mit diesem Verfahrensstand ist Sachsen im Ländervergleich weit vorn. Das muss einmal angemerkt werden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die Programme sind aber noch nicht fertig. Änderungen und Präzisierungen sind möglich und auch zu erwarten. Das gilt besonders für den ESF, weil wir bis heute nicht wissen, wie das Bundesprogramm aussieht. So werden nach Abschluss der sogenannten ex-ante-Evaluierung die Ergebnisse ausgewertet und gegebenenfalls eingearbeitet.

Sehr verehrte Frau Hermenau, uns haben die Wirtschafts- und Sozialpartner bestätigt, dass sie in die Prozesse der Erarbeitung wesentlich einbezogen wurden, unter anderem durch Workshops sowohl beim EFRE wie beim ESF.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich kann mich sehr gut erinnern, dass auch Abgeordnete des Sächsischen Landtages eingeladen wurden, an Workshops teilzunehmen, dort informiert zu werden und sich selber einzubringen. Das ist erfolgt, aber es ist von der Opposition nicht wahrgenommen worden.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Wir hatten eine Anhörung, da waren Sie nicht da!)

Frau Hermenau, ich kann nicht bei jeder Veranstaltung anwesend sein.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte gern ausreden. Danach werde ich die Zwischenfrage gern erlauben.

Aber es ist tatsächlich so, dass wir informiert haben, vielleicht mehr informiert haben als in der Vergangenheit, um möglichst viele Dinge einzeln aufzunehmen, die wir dort hören. Sicherlich, Frau Hermenau, wird es Leute geben, deren Informationsbedarf nie vollständig gedeckt werden kann. Aber wir haben Angebote unterbreitet, die übrigens auch angenommen wurden.

Herr Morlok, bitte.

Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, dass die Oppositionsfraktionen an den Workshops nicht teilgenommen hätten. Ist Ihnen entgangen, dass ich selbst an einem dieser Workshops in Leipzig einen ganzen Tag lang teilgenommen habe?

Ich habe nur gesagt, dass Ihnen entgangen ist, dass das stattgefunden hat. Wenn Sie daran teilgenommen haben, zeigt das, dass Sie das Angebot angenommen haben. Das finde ich gut, es macht aber auch deutlich, dass Sie einbezogen worden sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Abg. Pecher hat darauf hingewiesen, dass der Haushaltsplanentwurf natürlich eine deutliche Sprache gesprochen hat und die Aufteilung der entsprechenden Mittel vorsieht.

Ich möchte jetzt auf die Kritik von Frau Mattern eingehen. Wissen Sie, Frau Mattern, mir fällt bei Ihnen auf, dass Sie keine Grautöne kennen. Sie kennen nur schwarzweiß oder rot-weiß oder wie auch immer. Sie haben von einem Totalausfall gesprochen und gesagt, es sei nichts getan worden. Das ist eine Beleidigung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses, die fleißig daran arbeiten, diese schwierige Programmierung vorzunehmen. Sie haben die schwierige Aufgabe zu meistern, Dinge der Vergangenheit aufzuklären und zu lösen. Auch das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

Wenn Sie Mecklenburg-Vorpommern ansprechen, so mag es durchaus sein, dass dort der Kontakt gesucht wurde. Man steht in Mecklenburg-Vorpommern aber vor genau der gleichen Situation wie in Sachsen. Wir alle müssen warten, was der Bund zum Beispiel beim ESF festlegen

wird, damit sich die Förderschwerpunkte nicht gegenseitig behindern. Sie wissen – das war in der Vergangenheit ein wesentliches Problem mit dem ESF, da wird mir mein Vorgänger, Herr Gillo, zustimmen –, dass mit der Änderung der Arbeitsmarktpolitik im Bund Konsequenzen für unsere ESF-Förderung verbunden waren, weil bestimmte Maßnahmen durch nationale Programme abgedeckt wurden, sodass wir sie nachher nicht mit dem ESF fördern konnten.

Das muss man in Erinnerung rufen, wenn Sie fragen, wie es sein kann, dass Mittel der Europäischen Union nicht abgerufen werden können. Wir wollen die Mittel auch nicht verschwenden. Es ist wirklich so, dass Sie auch mit den besten operationellen Maßnahmen nicht verhindern können, dass das, was nicht bewilligt wurde, am Ende auch nicht ausgezahlt werden kann. Der Prozess von der Bewilligung über die Auszahlung bis zur Verwendungsnachweisprüfung ist ein Prozess, der wenigstens ein Jahr bis anderthalb Jahre dauert. Deshalb muss ich Ihnen einfach sagen: Sie können in den Jahren 2005 und 2006 einfach nicht mehr Geld ausreichen, weil Sie es dann nicht mehr abrechnen können. So einfach ist das – so schwer es im Einzelfall auch für Sie sein mag, das zu verstehen.

Fakt ist aber auch, dass Sie mit Ihrer Pauschalkritik übersehen haben, was im Ministerium geleistet wurde und was wir getan haben. Ich habe nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass wir uns im Ländervergleich durchaus sehr gut sehen lassen können.

Deshalb, Frau Hermenau, sehe ich Ihrer Klage auch mit bestimmten Erwartungen entgegen,

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ich auch!)

weil sie nämlich einen Klärungsprozess herbeiführen soll. Wir verhalten uns nicht anders als andere deutsche Bundesländer, auch in der Frage, wie mit dem Parlament verfahren wird. Das sind keine Bösartigkeiten, sondern ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir selbstverständlich das Parlament nach bestem Wissen und Gewissen informiert haben.

Wenn Sie, Herr Abg. Morlok, noch einmal darauf abheben, dass der Entwurf des Operationellen Programms ESF den Arbeitsstand vom 6. November darstellt und am 10. November die Ausschusssitzung stattfand, so gestatte ich mir als Minister den Hinweis, dass wir uns das, was die Fachebene erarbeitet hat, auch noch einmal genau anschauen, um Ihnen nachher das entsprechend qualifizierte Papier vorlegen zu können, was wir am vergangenen Dienstag gemacht haben. Auch diese Prozesse laufen in einem Ministerium. Dass sie wenige Tage dauern, macht deutlich, dass wir daran interessiert sind, zügig zu arbeiten. Aber ich möchte Ihnen auch nichts Unfertiges vorlegen, sondern das, womit wir auch ins Rennen gehen wollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Entwürfe der Operationellen Programme bilden eine in sich stimmige Innovationsstrategie für Sachsen, die auf umwelt

verträgliches Wachstum und auf mehr Beschäftigung setzt. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir damit eine ausgezeichnete Grundlage für die Sachsen schaffen werden, die gerade jungen Menschen Perspektiven in unserem Land bietet.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren, ergibt sich nach den Darlegungen des Ministers noch Aussprachebedarf? – Frau Mattern für die Linksfraktion.PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jurk, ich habe sehr bewusst Grautöne in meine Rede eingeflochten. Ich habe sie deutlich gemacht anhand des Beispiels Staatsminister Tillich/Staatsminister Jurk. Genau das ist die Grauzone, die ich sehe und in der man sich hätte bewegen können. Wenn Sie ein wenig an das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft herangerückt wären, hätte ich außer Grautönen überhaupt nichts erzählen können.

Herr Pecher, man sieht, getroffene Hunde bellen. Je mehr sie getroffen worden sind, desto lauter geht das Gekläffe los. Wie war denn das wirklich mit den Zeitabfolgen, mit den Terminen? Am Freitag, dem 10. November, also noch in überschaubarer Vergangenheit, tagte der Ausschuss. Dort haben wir nach Auszeiten und nach allem möglichen Drumherum erzwungen, dass Staatsminister Jurk uns zusagte, uns das OP zum ESF am 17. November, also morgen, zu überreichen. Dass wir da noch eine Auszeit beantragen und sagen, es kann doch wohl nicht wahr sein, dass wir heute und morgen im Parlament über diese Operationellen Programme sprechen und überhaupt nicht wissen, was in ihnen steht, ist wohl selbstverständlich. So wird das Ganze doch zur Farce. Also haben wir die Sondersitzung für den 14. November beantragt und dort beschlossen, dass diese Sondersitzung ausschließlich der Vorstellung des ESF dienen soll.

Diese Sitzung hat auch stattgefunden. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie, Herr Pecher, bis zu diesem Moment dem ganzen Vorgang zugestimmt.

(Zuruf des Abg. Mario Pecher, SPD)

Sie haben dieser Sondersitzung zugestimmt. Sie haben dann sogar der zweiten Sondersitzung zugestimmt. Das Problem bestand eigentlich nur darin, dass Sie am 14. November, also vorgestern, in den Ausschuss kamen mit der netten Bitte an die anderen Abgeordneten, die zweite Sondersitzung, die für den 21. November vorgesehen war, zu verschieben, weil Sie nach Brüssel wollen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

Das waren wir doch nicht! Wir haben nicht beantragt, die zweite Sondersitzung zu verschieben. Das waren Sie! Daraufhin haben wir uns gesagt: Okay, gibt es ein Verfahren, wie wir damit umgehen können? – Ja. Wir haben also ein schriftliches Frage-und-Antwort-Verfahren mit dem

Staatsminister vereinbart. Ich muss Ihnen sagen: Wenn dieses Verfahren nicht läuft, werden wir uns anlässlich der regulären Ausschusssitzung am 1. Dezember überlegen müssen, wie die weiteren Schritte sind, um zu einer ordnungsgemäßen Haushaltsberatung im Wirtschaftsausschuss zu kommen. Wir werden darauf bestehen, dass das ordnungsgemäß abläuft. Dann können Sie wieder hier herumbellen und sich aufregen. Das ist mir dann auch egal.

Sie haben hier in den Saal gebrüllt, wo unsere Änderungsanträge zum Haushalt des Wirtschaftsministeriums seien. Da muss ich mich eigentlich kaputtlachen. Herr Pecher, am 14., am Dienstag, kamen bergeweise ESFDokumente bei uns an: Operationelles Programm, Übersichten usw. Wissen Sie, wenn man solide mit diesen Dingen umgeht, dann kann man in zwei Tagen nicht ernsthaft ein solches Programm bewerten, geschweige denn Änderungsanträge formulieren.

Zum Schluss will ich Folgendes hinzufügen: Sie werden sich noch wundern, welche Änderungsanträge aus unserer Fraktion während der Haushaltsdebatte auf den Tisch kommen werden. Sie werden sich dann vielleicht ein Stück weit daran erinnern, was seinerzeit auch Sozialdemokraten hier im Hohen Hause erstreiten wollten, nämlich eine Arbeitsmarktpolitik, die von der Zielsetzung her durchaus mit dem, was wir wollen, in Übereinstimmung gebracht werden kann. Doch davon haben Sie sich verabschiedet.

(Zurufe von der SPD)

Darauf zielt vor allen Dingen unsere Kritik an Ihrer Fraktion. Wo sind denn die Vorschläge der SPD, die

darauf abzielen, in Sachsen wieder zu einer Arbeitsmarktpolitik zu kommen? Sie haben keine! Das ist doch das Desaster und die Hilflosigkeit, die zum Ausdruck kommt, wenn ein Abgeordneter einer Koalitionsfraktion hier brüllt wie ein kleines Hündchen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall.