Protocol of the Session on November 16, 2006

Meine Damen und Herren! Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zu den Schlussworten. Wer beginnt? – Keiner möchte sprechen.

Herr Prof. Bolick, ich habe jetzt ein Problem. Ich hatte Sie vorhin so verstanden, dass Sie eine Rücküberweisung an den Ausschuss möchten.

(Prof. Gunter Bolick, CDU: Ja, das möchten wir!)

Also Rücküberweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Meine Damen und Herren, es gibt den Antrag auf Rücküberweisung des Antrages an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Wer dem die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – 2 Abgeordnete stimmen dagegen. Wer enthält sich der Stimme? – Eine Anzahl von Abgeordneten enthält sich der Stimme; aber mit übergroßer Mehrheit ist die Rücküberweisung beschlossen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet. – Wenn wieder Ruhe einkehrt, könnten wir fortfahren. Herr Morlok, darf ich weitermachen? – Danke.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Rechtsverbindliche Bestimmung der Zulassungsvoraussetzungen für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen in Sachsen

Drucksache 4/4588, Antrag der Linksfraktion.PDS

Die einreichende Fraktion beginnt, danach die gewohnte Reihenfolge. – Bitte schön, Frau Falken.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, wenn es ums Geld geht, wird es ziemlich hitzig. Ich verspreche Ihnen, dass es vielleicht heute bei uns mit den Schulen ähnlich ist. Vielleicht nicht ganz so hitzig, da das Geld natürlich immer die Voraussetzung ist. Wenn Sie bei den Mitteln genügend Geld für Schule zur Verfügung stellen, finde ich das in Ordnung; dann können Sie auch weiter streiten.

Nun aber zu unserem Thema und zu unserem Antrag. Was macht ein Kultusminister, wenn er Gemeinschaftsschulen nicht zulassen will, obwohl diese im Koalitionsvertrag fest verankert sind? Ich kann es Ihnen sagen, denn unser Kultusminister macht das so: Er erlässt eine Leitlinie, lehnt sich zurück und schaut zu, was die anderen tun. Ach nein, nicht ganz. Er verstößt auch gegen seine eigenen

Leitlinien, und was ich besonders gravierend finde, ist, dass der Koalitionspartner dabei zuschaut.

Nun aber zu den Details.

(Leichte Unruhe)

Wenn eine Schule oder ein Schulträger im Freistaat Sachsen alle Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt, eine Gemeinschaftsschule zu werden, heißt dies noch lange nicht, dass sie eine Gemeinschaftsschule werden kann, da eine Leitlinie keinen Rechtsanspruch – weder für die Schulen, noch für die Schulträger – darstellt. Daher fordern wir eine Rechtsklarheit und eine Rechtsverbindlichkeit für die neue Schulart Gemeinschaftsschulen im Freistaat Sachsen. Die Schulträger benötigen schon für die Erarbeitung, aber auch für die Aufstellung und natürlich für die Eigenprüfung ihrer Konzeptionen zur Einrichtung von Gemeinschaftsschulen im Rahmen des Schulgesetzes § 15 rechtlich verbindliche, verlässliche und vor

allem im Zweifel auch rechtlich durchsetzbare Vorgaben; und genau diese fehlen.

Herr Jurk, ich weiß, dass das mit dem Geld sehr wichtig ist. Aber wenn Sie so heftig diskutieren, vielleicht tun Sie das dann doch draußen. Danke.

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS: Die hören nicht auf dich!)

Die hören nicht auf mich? Da wollen wir einmal schauen!

(Staatsminister Thomas Jurk: Ich höre Ihnen doch zu!)

Ja? Sehr gut! – Im dritten Jahr der Koalitionsregierung existiert im Freistaat nach wie vor eine Gemeinschaftsschule: die Gemeinschaftsschule in Geithain. Ich weiß, es gibt sofort Protest. Es gibt eine weitere Schule, die Nachbarschaftsschule in Leipzig. Allerdings möchte ich hierzu ein klein wenig ausholen. Die Nachbarschaftsschule in Leipzig existiert seit 15 Jahren mit genau dem Profil, wie sie jetzt auch im Schulversuch zur Gemeinschaftsschule existiert. Am 7. Oktober dieses Jahres hat sie ihr Schuljubiläum gefeiert. Bei einer solchen Schule, die erfolgreich ein besonderes Profil darstellt, die sowohl in der Bildungs- als auch in der Erziehungsarbeit sehr gute Ergebnisse vorweisen kann und die auch sehr gut bei den Eltern ankommt – die Anmeldungszahlen für die Schule zeigen es klar und deutlich –, halten wir es nicht für sinnvoll und gut, diese Schule noch einmal sechs Jahre in einen Schulversuch zu stecken. Hier wäre es angebracht gewesen, dieser Schule endlich den Status einer Gemeinschaftsschule im Freistaat Sachsen zu geben.

Schon im ersten Genehmigungsjahr hat der Staatsminister Herr Flath die eigenen Leitlinien mehrfach verletzt. Ich möchte dies hier aufführen.

(Staatsminister Steffen Flath: Das stimmt nicht!)

Na, wir schauen mal, Herr Flath! – Die Leitlinien sehen vor, dass die pädagogischen Konzepte Lehrpläne und Stundentafeln bereitstellen sollen. In Geithain werden in diesem und im nächsten Schuljahr die Lehrpläne erstellt. Das ist auch gar nicht anders möglich. Von einer Schule, die verpflichtet wird, bereits in der Erarbeitung vollständige Lehrpläne zu erstellen, ohne dass sie im Vorfeld weiß, ob sie überhaupt die Chance hat, Gemeinschaftsschule zu werden, da es keine Rechtssicherheit gibt, ist auch nicht zu erwarten und zu verlangen, dass dort vollständige Lehrpläne erarbeitet werden.

Der nächste Punkt: Antragsfrist. Die Antragsfrist in der Leitlinie sieht vor, dass der Antrag spätestens acht Wochen vor dem Anmeldetermin für den Besuch der zukünftigen 5. Klassen in den weiterführenden Schulen, der übrigens für das Schuljahr 2007/2008 bereits in der ersten Januarwoche 2007 sein wird, gestellt wird. Dieser ist für die Gemeinschaftsschule in Leipzig nicht eingehalten worden. Noch im April erklärte das sächsische Kultusministerium auf Anfrage, dass ein Antrag aus der Stadt Leipzig für eine Gemeinschaftsschule nicht vorliege.

Auch Sie, Herr Dulig, haben das in Podiumsdiskussionen erklärt, ich erinnere mich ziemlich genau daran. Einige Tage später hat die Nachbarschaftsschule die Genehmigung für die Gemeinschaftsschule bekommen. Alles, was einen Verstoß gegen Leitlinien zu den Gemeinschaftsschulen ergibt, unterstützen wir sehr. Aber dann brauche ich die Leitlinien nicht, sondern eine rechtlich verbindliche Festlegung.

Aber fahren wir fort. Leitlinien: Das SMK sichert die wissenschaftliche Begleitung. Ich habe eine Kleine Anfrage zu den Gemeinschaftsschulen mit der Drucksachennummer 4/6614 gestellt, und mir wurde mitgeteilt, dass es keine wissenschaftliche Begleitung gibt. Dies ist natürlich etwas fragwürdig.

Schauen wir weiter. Die Regionalschulämter unterstützen und beraten Schulen und Schulträger bei der Entwicklung, Beantragung und Durchführung von Schulversuchen zu den Gemeinschaftsschulen. In meiner Kleinen Anfrage wurde auch dazu eine Frage gestellt, und die Antwort lautet: Dem Kultusministerium sei nicht bekannt, dass es derzeit Schulen bzw. Schulträger gebe, die an Anträgen für Gemeinschaftsschulen arbeiten. Herr Flath, dies halte ich für äußerst problematisch; denn unserer Fraktion ist bekannt, dass sich fünf Schulen im Freistaat Sachsen sehr intensiv mit der Erarbeitung von derartigen Anträgen beschäftigen.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Wenn die Regionalschulämter, die ja eine nachgeordnete Behörde des Kultusministeriums sind, nicht wissen, welche Schulen bzw. Schulträger sich zurzeit mit der Erarbeitung von Anträgen beschäftigen, wie wollen Sie diese dann unterstützen? Wir halten dies für äußerst problematisch. Es zeigt uns ganz klar und deutlich Ihr Interesse im Kultusministerium für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen.

Nun aber noch etwas ganz Aktuelles: Die europäischen Bildungsminister haben in ihrem Beschluss vom Dienstag, also ganz aktuell, unmissverständlich auf die negativen Folgen der frühen Auslese von Kindern im Bildungsprozess hingewiesen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das ist bei der CDU noch nicht analysiert!)

In dieser Vorlage verweisen die europäischen Bildungsminister auf das längere gemeinsame Lernen aller Kinder. Wir fordern Sie auf, Herr Staatsminister: Schaffen Sie Voraussetzungen und gesetzliche Rahmenbedingungen zur Einrichtung von Gemeinschaftsschulen und, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Colditz, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Falken, es ist schon bemerkenswert, fast schon rührend, wie Sie um die Erfüllung des Koalitionsvertrages bemüht sind.

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Das Problem ist leider nur, liebe Frau Falken, dass Sie einfach an dem, was vereinbart ist, vorbeiargumentieren und,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Niemals!)

wenn man genau zuhört, gar nicht die Absicht haben, hier etwas sachlich zu diskutieren. Ihnen geht es doch eigentlich nur darum, den einen oder anderen Koalitionspartner infrage zu stellen bzw. vorzuführen.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der Linksfraktion.PDS)

Glauben Sie mir aber, liebe Frau Falken, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, das wird Ihnen weder mit dem vorliegenden Antrag noch mit anderen Anträgen jemals gelingen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sind Sie sich da nicht so sicher!)

Meine Damen und Herren! Sowohl im Koalitionsvertrag als auch in den von Ihnen inzwischen benannten Leitlinien und Rahmenvorgaben zu den Gemeinschaftsschulen ist die Grundlage für die Einrichtung dieser speziellen Schulform geschaffen. Ziel dabei ist es, im Rahmen des § 15 Schulgesetz solche Einrichtungen modellhaft, liebe Frau Falken, und mit wissenschaftlicher Begleitung zu errichten. Demgegenüber zu meinen – das war meines Erachtens ein Stück weit der Ansatz Ihrer Diskussion –, dass es zu einer flächendeckenden Substitution von vorhandenen Schulen durch Gemeinschaftsschulen kommt, ist eine irrige Vorstellung. Das wird mit uns nie stattfinden!

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Wir haben keinen Grund dazu, unsere Schulstruktur, die ihre Leistungsfähigkeit national und international bewiesen hat, infrage zu stellen. Das werden wir auch mit Ihren Anträgen so nicht tun.

(Cornelia Falken, Linksfraktion.PDS: Reden Sie nicht solch ein Zeug!)

Mit der im § 15 Schulgesetz getroffenen Regelung ist eine völlig ausreichende rechtliche Grundlage geschaffen, um Gemeinschaftsschulen einzurichten, zu genehmigen und zu erproben. Wir wollen – darin sind wir uns mit unserem Koalitionspartner einig – keine Verordnung dieser Angebote von oben. Gemeinschaftsschulen sollen dort eingerichtet werden, wo die Akzeptanz der Schulkonferenz und der regionalen Planungsverantwortlichen vorhanden ist. Deshalb eignen sich Gemeinschaftsschulen nicht dazu, bestandsgefährdete Schulorte im Nachgang retten zu wollen, und deshalb ist die Rahmenvorgabe der getroffe

nen Festlegung für 40 Schüler pro Klasse durchaus zu rechtfertigen. Organisatorische Vorgaben in Anlehnung an das schon bestehende Schulnetz sind damit gegeben.