Herr Gansel, Sie wissen doch sicher, dass Sie sich laut Verfassung selbst zum Sorbentum bekennen können und dann als Sorbe gelten. Sind Sie bereit, das nach diesem Loblied jetzt zu tun?
Können Sie Ihre Frage noch einmal wiederholen? Das war wieder Porsch-typische Rabulistik. Was wollten Sie jetzt hören?
Ob Sie nach dem Loblied auf das Sorbentum bereit sind, die Chance, die die Sächsische Verfassung gibt, sich zum Sorbentum zu bekennen, jetzt nutzen wollen.
Also, Herr Porsch, wenn Sie als Germanist aus meinen in deutscher Hochsprache vorgetragenen Worten nicht das Bekenntnis zum Sorbentum herausgehört haben, tut es mir leid.
Alles klar, Herr Porsch. – Ich fahre im Programm fort. Um auf das zurückzukommen, was wir als NPD an den Sorben so positiv finden – nämlich das Bekenntnis zum Kultur- und Volksbewusstsein –, kann ich Ihnen einige nette Zitate vortragen. Da gibt es beispielsweise die sorbische Schriftstellerin Lubina Hajduk-Veljkovicowa. Wissen Sie, was diese Dame in einem MDR-Bericht über das „Festival der Sorbischen Kultur“, das im Mai 2005 in Prag stattfand, sagte? Auf die Frage, was die Sorben von den Deutschen unterscheide, sagte sie – und nun können Sie sich alle einmal festschnallen; ich zitiere –: „Es ist eine Liebe zur Gemeinschaft, würde ich sagen. Die ist den Deutschen nicht eigen, und das unterscheidet die beiden Kulturen. Weitere Unterschiede sind“, ich zitiere immer noch, „eine andere Moralvorstellung, Liebe zur Gemeinschaft, mehr Nationalismus.“
Sie haben richtig gehört, es war von Nationalismus die Rede. Aber nun glauben Sie bitte nicht, dass Frau HajdukVeljkovicowa eine „rechtsextremistische“ Einzeltäterin wäre. Das ist sie weiß Gott nicht.
Eine Landsmännin von ihr, die Journalistin Bogna Korjenkova, sagte in der gleichen Sendung des Mitteldeutschen Rundfunks etwas ganz Ähnliches, etwas, was man als normal empfindender, noch aufrecht gehender und herkunftsbewusster Deutscher nur unterschreiben kann. Frau Korjenkova sagte nämlich – ich zitiere wieder –: „Die Kultur ist immer an das Volk gebunden und an die Sprache und vor allem an diejenigen, die die Kultur auch weitertragen. Solange die sorbische Sprache lebt, gepflegt
und weitergegeben wird, lebt ja auch die Kultur. Denn Sprache und Kultur gehören für mich zusammen.“
Zwischenfragen von Frau Astrid Günther-Schmidt gestatte ich in dem Moment, in dem sie das Kunststück fertig bringt, ihre Fragen mit ihrer Rückseite zu stellen. Da sie diese anatomische Fähigkeit noch nicht beherrscht, darf sie sitzen bleiben.
Ich fahre fort. Hätten wir derartige Aussagen getroffen, wie ich sie eben von einer sorbischen Schriftstellerin vortrug, hätte die NPD-Fraktion auf eine so natürliche Art und Weise den Zusammenhang von Sprache, Kultur und Volkstum hervorgehoben. – Sie wissen alle, was dann passiert wäre. Dann wäre wieder einmal die morsche Faschismuskeule aus der Waffenkammer herausgeholt worden. Während aber – und das zeigt weiterhin, wie viel sprach- und sorbenpolitisch in diesem Freistaat im Argen liegt – die sorbische Sprache in ihrem historisch angestammten Verbreitungsraum am Sterben ist, wird gleichzeitig – wir haben es gestern erlebt – von mancher Fraktion, darunter auch der PDS, die Einführung von Englischunterricht schon für Erstklässler gefordert. Auch hier scheint eine komische Verschiebung des Blickwinkels vorzuliegen.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Wie viele Stunden Sorbisch haben Sie denn schon genommen, Herr Gansel?)
Kurz und gut: Die NPD-Fraktion unterstützt das Bemühen der Sorben um die Bewahrung ihrer sprachlichen und kulturellen Identität im Zeitalter einer identitätsvernichtenden Globalisierung. Wir Nationaldemokraten werden deshalb den beiden vorliegenden Anträgen zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen von Herrn Gansel waren wirklich unterirdisch. Ich bin zwar kein Sorbe, aber ich glaube, wenn hier ein Sorbe stehen
(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)
Nun zum Thema. Der Antrag der Koalition, gemeinsam mit den Sorben ein tragfähiges Netz an sorbischsprachigen Schulen zu sichern, kommt aus unserer Sicht spät – er kommt sehr spät. Hoffentlich kommt er nicht zu spät für die Sorben und hoffentlich nicht zu spät für den Erhalt der sorbischen Kultur in Sachsen.
Ich sage ganz klar: Die sorbische Sprache und die sorbische Kultur sind eine Bereicherung für unser Land, eine Bereicherung für den Freistaat Sachsen. Wir haben ein Interesse daran, dies weiter zu pflegen. Wer einmal Gast im Witaj-Sprachenzentrum in Bautzen war bzw. sich mit Vertretern der Domowina über die Schulausbildung im sorbischen Bereich unterhalten hat, der erfährt viel über das Engagement vor Ort. Wenn ich daran denke, dass beispielsweise Schulbücher in sorbische Sprache übersetzt und Lernmaterialien sehr akribisch mit viel Engagement erstellt werden, dann kann man diese Mühen nur loben. Es ist beeindruckend, wie viel Arbeit die Sorben auf der einen Seite in die Pflege ihrer Kultur und ihrer Sprache stecken, und es ist auf der anderen Seite ernüchternd, wie ihnen durch die Schulverwaltung viele Steine in den Weg gelegt werden.
Über eine lange Zeit wurden sorbische Schulen bei der Schulnetzplanung nicht anders als unsere anderen sächsischen Schulen behandelt. Dabei verwundert es kaum, dass die sächsische Schulpolitik – die Schulschließungspolitik muss ich genauer sagen – von CDU und SPD selbst auf der europäischen Ebene in das Blickfeld gerückt ist. Dort befürchtete man, dass mit dieser Politik die einzigartige Kultur der Sorben und ihre Minderheitenrechte gefährdet werden.
Schulschließungen, die wir als FDP-Fraktion übrigens immer kritisiert haben, haben für den sorbischen Raum noch schlimmere Auswirkungen als für viele andere Landstriche. Die Wege für die Kinder, die sorbisch lernen wollen, wurden länger. Viele Eltern entscheiden sich dann natürlich für eine Schule ohne sorbischsprachiges Angebot. Wenn wir das am Fall der Mittelschule PanschwitzKuckau betrachten, dann sind es nach unserer Information rund 20 % der Schüler, die sich dort für eine Schule ohne sorbischen Unterricht als Alternative entschieden haben.
Es sind aber auch die kleinen Dinge, die den sorbischsprachigen Unterricht schwer machen. Dabei denke ich beispielsweise an die Zuweisung von Lehrern durch das Regionalschulamt, die noch nicht einmal die sorbische Sprache beherrschen. Wir haben hier wieder das typische Problem: Zentrale versus Entscheidungskompetenz vor Ort. Wenn wir den Schulen mehr Autonomie geben – es wäre eine sinnvolle Entscheidung auch für die Sorben –, dann können dort auch bessere Entscheidungen getroffen
werden. Wenn wir über ein Zukunftskonzept sprechen – das wird zumindest im Antrag von CDU und SPD gefordert –, warum denken wir nicht daran, den sorbischen Schulen eine weitreichendere Autonomie einzuräumen. Der Freistaat kann dann einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen die Sorben ihre Schule selbst ausgestalten können. Das wäre ein Fortschritt gegenüber dem bisherigen System.
Wenn ich mich an meine Besuche und Gespräche vor Ort erinnere, dann bin ich überzeugt davon, dass die Sorben mit diesem Modell sehr gut leben könnten. Ich glaube, im Bereich der sorbischen Schulen sind Entscheidungen vor Ort die besten, um die sorbische Sprache und Kultur in den nächsten Jahrzehnten weiter zu fördern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorhin bin ich nicht zu Wort gekommen. Den Nazi Gansel wollte ich eigentlich fragen, ob er weiß, dass die Sorben während des Dritten Reiches massiv Terror und Verfolgung ausgesetzt waren. Bereits im Jahre 1933 wurden sorbische Vereine verboten. Ab dem 18. März 1937 wurde die Domowina gänzlich verboten. Ich frage mich, was dieses Gerede jetzt soll, die persönlichen Verächtlichmachungen einmal dahingestellt. Aber es ist unsäglich, wenn sich ein Nazi mit dieser Geschichte hier als Sorbenfreund ausgibt.
Nun zum eigentlichen Antrag. Die CDU und die SPD streben mit ihrem Antrag ein langfristiges Konzept für das sorbische Schulnetz an. Das finde ich nett. Es ist ein Fortschritt im Vergleich zu dem, was Sie bisher an Schulpolitik im sorbischen Bereich vorgebracht haben. Allerdings zwingt mich das, was Sie bislang getan haben, zu glauben, dass Sie die Sorben nach wie vor nach den Regeln der deutschen Mehrheitsgesellschaft im Schulwesen behandeln. Der Schülerrückgang führt auch hier nach wie vor zu Schulschließungen und damit zu einer Bedrohung der sorbischen Sprache.
Ich wurde vorhin hellhörig, als Martin Dulig sagte, dass die Schulnetzplanungen im Konsens mit der deutschen Bevölkerung ausgehandelt werden müssen. Das bestreite ich. Minderheiten müssen nicht im Konsens mit Mehrheitsgesellschaften ihre Rechte bekommen, sondern sie haben diese Rechte, weil sie eine Minderheit darstellen.
Deshalb kann ich nicht erkennen, dass der von Ihnen vorgelegte Antrag eine tatsächliche Entspannung des sorbischen Schulwesens nach sich ziehen wird, denn er ist zu unverbindlich. Daher haben wir uns die Mühe gemacht, einen eigenen Änderungsantrag zu formulieren, in dem wir Fristen, Mindestschülerzahlen und auch Mindestzügigkeiten festschreiben wollen. Ich werde später darauf noch zurückkommen.
Zunächst möchte ich aber auf die besondere Verantwortung der Freistaates für die sorbische Minderheit eingehen. Die Rechte der Sorben – wir haben es vorhin bereits mehrfach gehört – sind in der Landesverfassung geregelt. Sie finden ihren Niederschlag auch im Sächsischen Schulgesetz. Da aber das Schulgesetz sehr interpretationsfähig ist, führt es im sorbischen Siedlungsgebiet dazu, dass in Auslegung des Sächsischen Schulgesetztes dort Schulen geschlossen werden.
Das aktuelle Beispiel ist die anstehende Schließung der Mittelschule Panschwitz-Kuckau. Die sorbischen Vertreter haben sich eindeutig und mehrheitlich für den Erhalt dieser Mittelschule ausgesprochen. Im Vorfeld des Kreistagsbeschlusses haben der Sorbische Schulverein, die Domowina und die Gemeinden Ralbitz-Rosenthal, Nebelschütz und Panschwitz-Kuckau gegen die Schulschließung votiert und wurden ignoriert. Die Folge – die Schule gibt es noch – ist: 25 % der Schülerinnen und Schüler sind an Nachbarschulen ohne Sorbischunterricht ausgewichen. Das ist das Problem. Die Fahrzeiten werden berücksichtigt, die Bestandskraft der Schule wird ins Kalkül gezogen, und damit erreichen Sie, dass die Schüler aus dem sorbischen Siedlungsgebiet, mit sorbischen Wurzeln an deutsche Schulen gehen und in ihrer sprachlichen Entwicklung behindert werden. Dadurch ist ein bereits jetzt irreparabler Schaden entstanden.
Zur pädagogischen Bewertung und Notwendigkeit der sorbischen Schullandschaft: Sorbisch im Status der Muttersprache wird in Muttersprachenklassen unterrichtet. Das ist unbestritten die effektivste Form, diese Sprache zu lernen. Sorbisch im Status der Fremdsprache als zusätzliches Unterrichtsfach und lediglich in Randstunden erteilt kann das gewünschte Sprachniveau nicht erreichen. Diese Form des Unterrichts wird dort praktiziert, wo die Witaj-Kindergruppen noch nicht existieren.
Sorbischunterricht im Status der Mutter- bzw. Zweitsprache wird in Sachsen seit 2001 erteilt. In dieses Konzept sind folgende Kindergruppen integriert: erstens sorbische Kinder, deren beide Elternteile Sorbisch sprechen, zweitens sorbisch sprechende Kinder, bei denen ein Elternteil Sorbisch spricht, drittens deutsche Kinder mit unterschiedlichen Sorbischkenntnissen und viertens Kinder ohne Sorbischkenntnisse, die mit ihren Eltern neu in die Region gezogen sind. Unbestrittenes Ziel des Unterrichts wird es also sein, erstens sorbischmuttersprachliche Schüler im Vergleich zu ihren Mitschülern nicht zu benachteiligen und zweitens die Zweitsprachler nicht zu überfordern.