Protocol of the Session on October 12, 2006

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Dieses Modell schafft gute Grundlagen der Revitalisierung und der späteren Ausbildung in den Grundschulen bzw. anderen weiterführenden Schulen. Das im Auftrag des Comenius-Instituts und der Fachleute des Sorbischen Schulvereins entwickelte neue pädagogische Konzept „2 plus“ wird praktiziert und von Kindern, Eltern und Lehrern angenommen. Allerdings ist es für eine abschließende Einschätzung jetzt noch zu früh; erst in einigen Jahren wird sich zeigen, ob das Konzept Erfolg hatte.

Man muss dabei bemerken, dass dieses Konzept natürlich in der Not geboren ist, weil eben zu wenige Kinder noch diese Schulen besuchen. Deshalb haben sich alle an einen Tisch gesetzt und versucht, dieses Konzept zu entwickeln, um auch deutschen Eltern wohnortnah dieses Angebot zu machen. Ob es zu dem Ziel führt, wird die Zukunft zeigen. Ich weiß aber, dass man bei Sprache an allererster Stelle mit viel Einfühlungsvermögen, aber mit großer Konsequenz diese Vermittlung durchführen muss.

Dieses Konzept wird im Auftrag des Kultusministeriums von der Universität Hamburg evaluiert. Sorbischunterricht im Status der Mutter- bzw. Zweitsprache nach schulartübergreifendem Konzept wird seit 2001 mit staatlicher Unterstützung in Sachsen erteilt. Zwei- und Mehrsprachigkeit wird zum Schulprogramm erhoben. In dieses Konzept sind sorbische Kinder, Sorbisch sprechende Kinder, auch von gemischtsprachigen Eltern, und deutsche Kinder mit unterschiedlichen Sorbischkenntnissen integriert. Jeder, der vielleicht hier in diesem Raum als Lehrer sitzt, weiß, wie schwierig es ist, diese Bandbreite zu unterrichten. Das neue, schulartübergreifende Konzept soll sich in ein für Sachsen allgemein verbindliches Konzept der Mehrsprachigkeit eingliedern.

Danken möchte ich Ihnen, Herr Staatsminister Steffen Flath, ganz deutlich für die Zusage des Erhalts der sorbischen Grundschulen. Sie haben derzeit sichergestellt, dass die sorbische Grundschulstruktur im Freistaat Sachsen mit ihren Angeboten erhalten geblieben ist. Ich glaube, dass es eine sehr wichtige Zusage ist, zumal wir feststellen müssen, dass die Kinderzahl in den Grundschulen nicht größer geworden ist. Herzlichen Dank dafür. Ich bitte Sie, das auch in Zukunft so weiterzuführen.

Das Witaj-Modellprojekt und die Schulausbildung stehen dennoch einem starken Prozess der Assimilierung gegenüber. Sorgenvoll nehmen wir die rückläufigen Geburtenzahlen und die damit verbundenen rückläufigen Schüler

zahlen zur Kenntnis. Die Zahl der Sorbischschüler ist von 3 680 im Schuljahr 1994/1995 auf 2 200 im Schuljahr 2005/2006 gesunken. Diese rückläufige Bevölkerungs- und Schülerentwicklung lässt, wie gesagt, verständlicherweise Sorge aufkommen. Deshalb wird jede Schulschließung im sorbischen Bereich besonders kritisch begleitet, geht mit ihr doch ein Stück sorbische Identität verloren. Dies betrifft auch die Schließung der Sorbischen Mittelschule Panschwitz-Kuckau.

Die Kritik folgt daraus, dass der Verwaltungsverband am Klosterwasser mit circa 7 700 Einwohnern in fünf Gemeinden das einzige noch erhaltene sorbische Kerngebiet ist. In diesen fünf Gemeinden wohnen 70 bis 90 % Sorben bzw. zweisprachige Einwohner.

In der Schulnetzplanung 2001 wurde den Sorben eine zentrale Mittelschule mit zwei unbefristeten Außenstellen zugesichert. Im Kreistagsbeschluss vom 08.03.2006 zum Schulnetz wurde aber der Schließung einer dieser beiden Schulen zugestimmt, obwohl Panschwitz-Kuckau mit circa 30 % aller Einwohner der größte Ort und Sitz des Verwaltungsverbandes ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dennoch halte ich es für wichtig, dass weitere sorbische und zweisprachige Schulen vorwiegend aufgrund des starken Geburtenrückgangs nicht einer Schließung anheimfallen dürfen. Unser heutiger Antrag hat zum Ziel, langfristig Klarheit über die Entwicklung des Schulwesens im Sorbischen zu bringen, und ich bitte daher um die Vorlage eines Konzepts zum Schulnetz unter Einbeziehung – das ist die starke Erweiterung – der sorbischen Vertreter und um eine weitere fachliche Begleitung der pädagogischen Konzepte durch das Staatsministerium für Kultus.

Ich halte es für sehr wichtig, dass diese Arbeit natürlich auch durch das Kultusministerium geleistet wird, weil durch die kleine Zahl des sorbischen Volkes nicht so viele Fachleute vorhanden sind, dass solche Spezialaufgaben geleistet werden könnten. Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung, Herr Staatsminister.

Ein wichtiges Anliegen bleibt der Erhalt der Grund- und/oder Mittelschulen in den Gebieten der evangelischen Sorben. Deshalb muss das Angebot in Schleife, im Umfeld von Hoyerswerda, aber auch im Bautzener Land erhalten bleiben. Vor Jahren begann an der Grundschule Baruth, einem kleinen Ort zwischen Bautzen und Niesky, ein einmaliges Projekt. Herr Staatsminister, ich bin heute noch froh, dass es ermöglicht worden ist. In einer Gemeinde, in der kaum noch muttersprachliche Eltern zu Hause waren bzw. sind, ist es Kindern, die zu Hause Deutsch gesprochen haben, mit unterstützenden Maßnahmen ermöglicht worden, ab der 1. Klasse 10 Stunden sorbische Unterrichtsbegleitung zu erhalten.

Die Fächer sind in Sorbisch unterrichtet worden, das heißt, man hat erst das Sorbische und dann das Deutsche alphabetisiert und dafür zehn Stunden wöchentlich zur Verfügung gestellt. Ich betone: Es ist einmalig in den letzten 50 Jahren, dass ein solches Projekt möglich geworden ist, besonders in einem Gebiet, in dem die

Sprachsubstanz vom Grund her nicht mehr zu Hause ist. Dafür danke ich Ihnen, Herr Staatsminister. Es ist nur schade, dass nach zwei Jahren die Zahl der Stunden auf fünf reduziert worden ist. Ich glaube dennoch, dass das ein guter Anfang war. Wer Sprache neu erlernen und revitalisieren will, der braucht diese Maßnahmen bereits in der Grundschule. Ich gehe davon aus – am Anfang habe ich es vorgetragen –, dass sich auch das WitajProjekt intensiv für die Revitalisierung einsetzt, damit ein Grundstein gelegt wird. Vielleicht kann daraus eine Grundschule, an der eine hohe Sprachqualität herrscht, hervorgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! An den starken Veränderungsprozessen, die es in den letzten Jahren gegeben hat, haben sich auch die sorbischen Lehrer beteiligen müssen. Die Reduzierung der Stunden für die Grundschullehrer und die herbeigeführten tariflichen Veränderungen haben nicht unbedingt zur Entspannung bei der Lehrerbereitstellung geführt. Deshalb brauchen wir dringend sorbischsprachigen Lehrer- und Erziehernachwuchs.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN)

An der Universität Leipzig gibt es die einzige Möglichkeit, Sorbischlehrer auszubilden.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Cornelius Weiss, SPD)

Danke, Herr Professor! – Die Zugangsvoraussetzungen gestalten sich derzeit wegen des NC in anderen Fächern schwierig. Wir brauchen dringend eine Lösung im Interesse des sorbischen Lehrernachwuchses. Deshalb bitte ich Sie, Frau Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange, herzlich, sich dafür einzusetzen, dass mehr Studenten die Möglichkeit erhalten, Sorbisch und weitere Fächer auf Lehramt in Leipzig zu studieren.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der Abg. Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE)

Ich möchte die Bitte an Sie mitgeben, sich auch dafür einzusetzen.

Zu diesen Punkten bitte ich Sie, Frau Staatsministerin, aber auch Staatsminister Steffen Flath, uns, dem Hohen Haus, bis Mitte des Jahres 2007 einen Bericht zur Entwicklung des sorbischen Schulnetzes vorzulegen, der sich insbesondere auf die pädagogischen Inhalte konzentriert und die Herausforderungen benennt, vor denen die junge Generation steht. Ich als Laie kenne diese Herausforderungen noch nicht; vielleicht haben sie noch nicht einmal die Schulpolitiker anvisiert. Ich würde mich freuen, wenn die Unterstützung der Staatsregierung für diese sorbischen Belange weiterhin möglich wäre, und bedanke mich bei Ihnen ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der Linksfraktion.PDS)

Die SPD-Fraktion erhält das Wort. Herr Abg. Dulig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem der sorbischen Schulen beschäftigt uns nicht zum ersten Mal. Das hat gute Gründe; denn das Problem ist nicht einfach zu lösen. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich aber betonen, dass es für uns keinerlei Abstriche an den verfassungsmäßigen und völkerrechtlich verbrieften Rechten der Sorben auf eine entsprechende schulische Bildung geben kann. Deshalb fordern wir in unserem Antrag ein langfristiges Konzept. Dass es nur mit den Vertretern der Sorben entwickelt werden kann, ist ebenso klar wie der Fakt, dass am Ende im Rahmen dieses Konzeptes über konkrete Standorte entschieden wird. Das kann auch die Korrektur bislang getroffener Entscheidungen bedeuten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allein dass entsprechende Entscheidungen getroffen wurden, zeigt, wie wichtig und überfällig ein nachhaltiges Konzept für das sorbische Gebiet ist. Offensichtlich passen die Entscheidungsstrukturen nicht mit dem Schutz der Minderheitsrechte zusammen. Damit sind wir beim größten Problem: Es gibt praktisch kein geschlossenes sorbisches Siedlungsgebiet. Es gibt keine sorbischen Gemeinden, die Träger einer Schule sind. Dies verweist wiederum auf zwei Probleme: Zum einen zeigt es, wie kritisch die Lage der Sorben tatsächlich ist. Ohne äußere Hilfe ist die sorbische Kultur in wenigen Jahren Folklore ohne ethnische Basis. Zum anderen kann das Problem der sorbischen Schulen immer nur in Kooperation mit den in sorbischem Gebiet wohnenden Deutschen erfolgen. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder versucht, in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Vertretern der Sorben Lösungen zu finden. Im Grunde laufen sie, gleich welche Rechtsform man wählt, stets auf einige wenige Grundsätze hinaus, die sich aus unserer Sicht im geforderten Konzept niederschlagen müssen.

Erstens. Sorbische Schulen müssen moderne, für alle offene Schulen mit gelebter sorbischer Kultur sein. Sie müssen das erfolgreiche Witaj-Projekt fortführen.

Zweitens. Sorbische Schulen müssen möglichst wohnortnah organisiert sein, weil sie neben der Bildungsfunktion zu den wichtigsten sorbischen Kulturzentren gehören. Ein verengender Blick auf diese Schule nur als Bildungseinrichtung wird der Problemlage nicht gerecht.

Drittens. Sorbische Schulen müssen einen Sozialisationsraum darstellen, der sorbischen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bietet, eine sorbische Identität auszubilden. Wir müssen immer berücksichtigen, dass es eine Zukunft der sorbischen Kultur nur im Rahmen einer modernen und dynamischen Gesellschaft geben kann, also nur dann, wenn auch sorbischen Jugendlichen die ganze Welt offensteht.

Viertens. Zur Ausbildung einer solchen Identität ist es darüber hinaus günstig, wenn sich die heranwachsenden Generationen, die ja eine sehr überschaubare Größe haben, kennen. Die Schule böte einen guten Raum, in dem sich diese Generationen über ein paar Jahre sozialisieren könnten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedem hier im Saal, der ein wenig von Schule versteht, wird klar sein, dass diese Grundsätze nicht im herkömmlichen System unserer Schule umgesetzt werden können. Das würde, nebenbei bemerkt, auch viel zu teuer. Unser Anspruch ist es auch, die besondere Förderung der sorbischen Schulen in einem Rahmen zu halten, der im sorbischen Gebiet nicht zu Neid und Missgunst führt. Wir alle wissen, dass es da eine Vergangenheit und viele Befindlichkeiten gibt.

Die getroffenen Entscheidungen zu den sorbischen Schulen sind ein Ausdruck dessen. Wir wissen, dass es inzwischen wieder eine Initiative von sorbischer Seite gibt, mit einem Konzept, das wir grundsätzlich für geeignet halten, die Probleme nachhaltig zu lösen. Allerdings bedarf es nunmehr der Moderation und Verhandlungen durch das Kultusministerium. Es reicht natürlich nicht, ein gutes Konzept zu haben; es muss von den Betroffenen auch angenommen und umgesetzt werden. Wir hoffen aber, dass auf der Basis dieses Konzeptes mit den Schulträgern, den Vertretern der Sorben und den Landkreisen ein Weg gefunden werden kann, der den vier von mir oben genannten Punkten Rechnung trägt. Wir erwarten vom Kultusministerium die nötige Offenheit und damit eine klare Sonderregelung.

Das Schulgesetz hat in § 4a für die sorbischen Schulen einen weiten, normativen Rahmen gesetzt. Um ihn zielgerichtet und ökonomisch auszufüllen, bedürfen diese Schulen auch der nötigen Gestaltungsräume. Die Vertreter der Sorben sind entsprechend ihrer Verantwortung gemeinsam mit den Schulträgern im Rahmen der Bildungsziele einzubeziehen. Was uns also vorschwebt, ist eher eine Lösung, nämlich eine hohe Verantwortung und damit Flexibilität vor Ort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir betrachten unseren Antrag als den weiterführenden und als den der Komplexität des Problems angemessenen. Deshalb bitten wir um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Für die Linksfraktion.PDS erhält Herr Abg. Kosel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wollte es der Zufall, könnte am heutigen Tage Folgendes passieren: Mitarbeiter des Menschenrechtskommissars des Europarates begegneten Abgeordneten des Sächsischen Landtages und fragten diese: Wie steht es um die Perspektiven des sorbischen Schulwesens? Denn zu keinem anderen Zweck als zur Aufnahme von Informationen zu genau dieser Angelegenheit – will heißen: zum Kontrollbesuch bezüglich der Realisierung der Menschenrechte für die Sorben, insbesondere bezüglich ihres Schulwesens, weilen hochrangige Vertreter aus dem Büro des Menschenrechtskommissars des Europarates heute in Bautzen und kommt der Menschenrechtskommissar,

Herr Thomas Hammarberg, am 17. dieses Monats voraussichtlich selbst nach Dresden.

Zu keinem anderen Zweck als zur Behandlung von Zukunftsfragen der sorbischen Schule sind wir jetzt in die Debatte eingetreten. Da liegt der Verdacht nahe, die Debatte gerade zum jetzigen Zeitpunkt könnte als eilig herangeholtes Alibi gedeutet oder missbraucht werden. Wir von der Linksfraktion.PDS erwarten und fordern deshalb von den Koalitionsfraktionen und der Staatsregierung, dass sie in der heutigen Debatte und in den dieser Debatte folgenden politischen Schritten eindeutig klarmacht, dass sie von der menschenrechtlichen Bedeutung und Dimension der Gestaltung des sorbischen Schulwesens ausgeht, diese erkannt hat und umsetzt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Wollte es nun wieder der Zufall, könnten die Abgesandten aus Strasbourg und die Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten dieses Hohen Hauses ein und dieselben Schriftstücke vor sich liegen haben, vielleicht etwa den zweiten Bericht der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 15 Abs. 1 der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen. Lesen kann man in diesem Bericht folgende Stellungnahme der Bundesregierung: „Der Gebrauch der sorbischen Sprache auch im privaten Bereich hängt weitgehend von der sorbischen Bevölkerung selbst ab, vor allem ob sie die Sprache an die Kinder weitergeben wird, sodass“, so heißt es weiter im Bericht, „der Besuch von sorbischen Schulen für diese Kinder besondere Bedeutung hat.“

Eventuell blättern auch die Mitarbeiter des Menschenrechtskommissars mit sächsischen Landtagsabgeordneten gemeinsam in der aus dem Jahre 2002 stammenden Stellungnahme des Beratenden Ausschusses des Europarates über die Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und lesen dort zunächst, dass der Beratende Ausschuss Anlass zu „erheblicher Besorgnis“ wegen der Schließung der Sorbischen Mittelschule Crostwitz sah. Das will heißen, der Beratende Ausschuss des Europarates wies hier auf die akute Gefahr einer Verletzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten hin.

Weiter heißt es dort: „Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass die Behörden die Möglichkeit der Fortführung der 5. Klasse der Crostwitzer Sekundarschule einer dringenden Überprüfung unterziehen sollten. Im Übrigen sollten die zuständigen Behörden eine Einigung über Grundsatzkonzeption, Programme und Mittel entsprechend dem Rahmenübereinkommen herbeiführen, um auf lange Sicht die Zukunft des historischen Netzwerks sorbischer Schulen im angestammten Siedlungsgebiet dieser Minderheit zu gewährleisten.“

Das hat der Beratende Ausschuss des Europarates der deutschen Bundesregierung und der Sächsischen Staatsregierung bereits vor vier Jahren ins Stammbuch geschrieben. Da aber trotz entsprechender konstruktiver

Anträge der Opposition – etwa vier von der PDS und je einer von der SPD und den GRÜNEN – bisher nichts geschah, sah sich das Ministerkomitee des Europarates veranlasst, der Bundesregierung am 1. März dieses Jahres zu empfehlen: „... sicherzustellen, dass durch die laufenden Rationalisierungsprogramme an Schulen in Sachsen die Ausbildung in Obersorbisch nicht gefährdet wird.“ Auch das könnten die Menschenrechtskontrolleure gemeinsam mit sächsischen Parlamentariern in den nächsten Tagen nachlesen.

Doch, meine Damen und Herren, wir sitzen hier nicht in einem theoretischen Seminar über Minderheitensprachen, sondern in einem Gremium der politischen Willensbildung, und wir sind der auch für das sorbische Schulwesen verantwortliche Gesetzgeber und haben daher die Pflicht, auch diese Angelegenheit zunächst politisch zu betrachten und dann unter übergeordneten rechtlichen und insbesondere verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Sicherlich hängt der Grad der weiteren Anwendung der sorbischen Sprache auch von ihren potenziellen Anwendern, also vor allem den Sorben selbst, ab. Doch in weit stärkerem Maße entscheiden unter den heutigen Verhältnissen die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen über die Anwendung der sorbischen Sprache. Damit sind wir im Landtag natürlich auch sofort wieder im Bereich des Rechts, bei der Protokollnotiz Nr. 14 des Artikels 35 des Einigungsvertrages, beim Sächsischen Sorbengesetz, bei § 4a des Sächsischen Schulgesetzes und vor allen Dingen bei Artikel 6 der Sächsischen Verfassung.

Vielleicht will es wieder der Zufall und der Menschenrechtskommissar liest bei seinem Aufenthalt in Dresden dem sächsischen Kabinett noch einmal einige Passagen aus diesem Verfassungsartikel vor. Dort heißt es unter anderem immerhin in Abs. 1 Satz 2, dass das Land das Recht der Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit auf Bewahrung ihrer Identität wie auch Pflege und Entwicklung ihrer angestammten Sprache, Kultur und Überlieferung, insbesondere durch Schulen sowie vorschulische und kulturelle Einrichtungen, gewährleistet und schützt.