Protocol of the Session on October 11, 2006

Meine Damen und Herren! Ab 2007 soll unsere neue Förderrichtlinie Siedlungswasserwirtschaft in Kraft treten. Für diese Richtlinie wollen wir künftig öffentliche und nichtöffentliche Abwasseranlagen gleichberechtigt fördern. Voraussetzung ist, dass sich die Anlagen mit den bestehenden kommunalen Abwasserbeseitigungskonzepten im Einklang befinden. Es kann auch sein, dass die eine oder andere Abwasserentsorgungskonzeption noch der demografischen Entwicklung anzupassen ist. Gleichberechtigte Förderung heißt vor allem auch keine – ich betone es ausdrücklich – Einflussnahme auf abwassertechnische Lösungen durch unterschiedliche Förderung. Entscheidend ist für uns zukünftig die wirtschaftlichste Lösung, um die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort in einem vertretbaren Rahmen zu halten, und das gegenwärtig, vor allem aber auch zukünftig. Es macht doch keinen Sinn – da bin ich mit allen Rednern einverstanden –, unbedingt den Letzten oder die Letzte noch mit riesigem Aufwand anzuschließen und sich dann über die explodierenden Betriebskosten zu wundern.

Wir planen für die neue Förderperiode sowohl Darlehen als auch einwohnerbezogene Festbetragszuschüsse. Zu diesen Finanzierungsformen gibt es keine Alternative, denn wir haben trotz großer Aufgaben nur noch ein Viertel des bisherigen Geldes zur Verfügung. Waren es in der letzten Förderperiode noch 140 Millionen Euro im Jahr, werden es zukünftig nur noch, wie von Frau Windisch schon erwähnt, 37 Millionen Euro sein. Dieses Geld – da hat Frau Windisch recht – müssen wir

zielgenau einsetzen. Das wollen wir auch. Wir werden das tun. Wir werden die Förderung dezentraler örtlicher Lösungen mit Kleinanlagen prioritär auf die abwassertechnische Sanierung ganzer Ortslagen ausrichten. Die Förderung soll keineswegs nach dem Gießkannenprinzip erfolgen. Deshalb werden private Kleinkläranlagen, also die berühmten im Garten, nur in Übereinstimmung mit dem Abwasserbeseitigungskonzept und dem Aufgabenträger der Abwasserentsorgung, das heißt, dem Abwasserzweckverband oder der Gemeinde, gefördert. So schließen wir das Bedienen von Einzelegoismen aus.

Meine Damen und Herren! Diese neue Abwasserförderstrategie ist die logische Konsequenz aus unserem bisher erreichten Stand in der öffentlichen Abwasserentsorgung, den neuen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und der demografischen Entwicklung im Freistaat Sachsen. Wir können nur mit dieser neuen Strategie die Abwasserverhältnisse im ländlichen Raum mit einem ökonomisch

vertretbaren Aufwand sanieren. Wir können nur mit dieser neuen Strategie finanzielle Erblasten für die kommenden Generationen vermeiden, und wir können nur mit dieser Strategie ein wichtiges Stück Lebensqualität und Attraktivität im ländlichen Raum sichern. Daher bitte ich Sie für diese neue Ausrichtung um eine breite Unterstützung im Sächsischen Landtag und bedanke mich bei den meisten Rednern für die überwiegend sachliche Debatte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von den Fraktionen CDU und SPD zum Thema „Stand und Perspektiven der Abwasserbeseitigung im Freistaat Sachsen – Erfüllung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie“, beendet.

Wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Die Haltung der Sächsischen Staatsregierung in der Debatte um eine neue Gesundheitsreform

Antrag der Linksfraktion.PDS

Zunächst hat die beantragende Fraktion, die Linksfraktion.PDS, das Wort; danach CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die Linksfraktion.PDS das Wort nimmt. Bitte, Herr Dr. Pellmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt wohl in den letzten Monaten kein Thema, das die Medien und uns alle derart bewegt hat und bewegt wie die sogenannte neue Gesundheitsreform, die bekanntermaßen ein großer Wurf werden sollte. Aber ich kann Ihnen jetzt schon prophezeien: Wenn das Hickhack, das wir täglich erleben, so weitergeht, dann ist diese groß angekündigte neue Gesundheitsreform schon gescheitert, bevor sie überhaupt in Kraft getreten ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sehr richtig! – Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Auch die Sächsische Staatsregierung hat sich in diese Debatten hineinbegeben. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kritisiere ich nicht.

(Staatsministerin Helma Orosz: Sehr nett!)

Es kommt noch, Frau Ministerin!

Angesichts dessen, dass dies alles die Gemüter bewegt, war es regelrecht die Pflicht der Staatsregierung, hier Stellung zu nehmen;

(Staatsministerin Helma Orosz: Das wissen wir!)

insbesondere auch deshalb, weil die sächsischen – insbesondere gesetzlich – Versicherten, besonders hart durch diese Reform betroffen sein werden.

Aber – auch das will ich deutlich sagen – die Verlautbarungen, insbesondere des sächsischen Ministerpräsidenten, waren doch im hohen Maße provinziell, und sie waren auch einseitig parteiergreifend für die Arbeitgeber. Sie waren schließlich ein Festhalten an den Privilegien und den Privilegierten der Privaten Krankenversicherung, und sie waren nicht ausreichend – das wäre nötig gewesen – gegen die verkrusteten Strukturen im Gesundheitswesen, die bekanntermaßen weitgehend nicht angetastet werden sollen, gerichtet.

Lassen Sie mich das kurz an drei Beispielen belegen. Ich will allerdings hier bereits anmerken, dass mein Kollege Wehner und meine Kollegin Lauterbach noch zu unserer Generalkritik und zu unseren Reformvorstellungen das Wort nehmen werden.

Das erste Beispiel: Ja, es wird beklagt, dass die sächsischen AOK- und IKK-Versicherten erheblich höhere Beiträge durch den Gesundheitsfonds zu entrichten hätten. Das mag sein, aber hier meine ich, genau das ist provinzialistisch. Denn wer hat denn den sogenannten Gesundheitsfonds gefordert? Das war doch die CDU. Nach meinem Dafürhalten gehört die Mehrheit der Sächsischen Staatsregierung der CDU an. Im Übrigen will ich deutlich sagen: Wenn die sächsischen Kassen wirklich so gut wirtschaften und so gut dastehen – was ich nicht bezweifle –, dann können sie künftig die Überschüsse, die sie erwirtschaften, ihren Versicherten zurückgeben. Also dürfte gar keine Angst in dem Sinne bestehen.

(Zuruf der Abg. Kerstin Nicolaus, CDU)

Das zweite Beispiel: die sogenannte Überlastungsklausel. Damit widerspricht sich die Staatsregierung, insbesondere was ihre Angst vor den steigenden Beiträgen betrifft, denn

hier ist das klassische Beispiel der eindeutigen Parteiergreifung für die Arbeitgeber. Bekanntermaßen – wenn man meint, das müsse noch über 1 % gehen – haben diese zusätzlichen Ausgaben einseitig und ausschließlich die gesetzlich Krankenversicherten zu zahlen, und das kann nicht hingenommen werden.

Das dritte Beispiel: Ja, dem Ministerpräsidenten gehen die wenigen Eingriffe in das System der Privaten Krankenversicherung zu weit. Er will in Deutschland zwei Versicherungssysteme nebeneinander bestehen lassen. Das lehnen wir ab, das wissen Sie auch; darauf werden wir später noch eingehen. Aber eine Privilegierung der Privaten Krankenversicherung tragen wir nicht mit.

Schließlich und abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren: Auch wir sind für Reformen – das werden wir noch darstellen –; sie sehen anders aus als das, was die Staatsregierung uns offeriert, aber wir erwarten nicht nur die Kritik der Staatsregierung an der neuen Gesundheitsreform, sondern wir erwarten in erster Linie endlich konstruktive Vorschläge, und diese vermissen wir seit Langem.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort; Frau Nicolaus, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Pellmann, dass Sie die Dinge nicht mittragen, hat wahrscheinlich auch seine Ursache darin, dass Sie keine Regierungsverantwortung tragen – zumindest in Sachsen nicht,

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, Linksfraktion.PDS)

aber in einigen Bundesländern schon. Deshalb frage ich mich: Wo ist denn Ihre Stimme geblieben, wenn Sie das alles so monieren?

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Na wo wohl?)

Wenn wir jetzt zu den Reformvorschlägen kommen, muss man einfach sagen, es ist ein Schritt in die richtige Richtung gegangen worden, weil es ein notwendiger Schritt war; man hat sich bewegt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Die Erde ist rund, da ist immer Bewegung drin!)

Wenn Sie Zeitung gelesen hätten, dann hätten Sie lesen können, dass man einen Kompromiss gefunden hat und dass diese Diskussion damit zum Abschluss gebracht wurde.

Sicherlich hatten die jeweiligen Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen zu dem einen oder anderen Thema, und deshalb bedarf es am Ende eines Kompromisses, und dieser ist gefunden worden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber wo?)

In jedem Fall ist es so – dazu muss man einfach mal die Gesetze lesen –, dass der Vorschlag, von dem Sie gesprochen haben, dass von den Kassen Beiträge zurückerstattet werden könnten, dann nur auf die AOK zutrifft, denn das ist die einzige regionale Kasse. Alle anderen Kassen, die Sie angesprochen haben, sind Bundeskassen. Bei diesen kann man nicht so einfach sagen, man erstattet Beiträge zurück. Das geht relativ schwierig, eigentlich gar nicht.

Wenn man zu den Ergebnissen des Kompromisses kommt, dann muss man sagen: Wir als neue Bundesländer – zu denen gehören wir ja hier in Sachsen – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Nicolaus?

Liebe Frau Nicolaus, ich freue mich, dass Sie gesund hier am Rednerpult stehen.

Ich gestatte mir eine Frage: Ist die IKK auch eine nur unter Bundesaufsicht stehende Kasse, oder ist sie nicht eine Kasse, die der Landesaufsicht untersteht?

Ich habe darauf Bezug genommen, was die AOK betrifft; das ist die einzige regionale Kasse – und die IKK, ja, gut.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist eine Innungskasse!)

Alle anderen Kassen – Sie haben noch auf das eine abgestellt, da gebe ich Ihnen recht – sind bundesweit organisiert.

Natürlich könnte man sagen, ein Großteil der Versicherten ist bei der AOK versichert – das ist wohl richtig –, aber die haben am meisten damit zu kämpfen, dass die Morbidität der Versicherten relativ hoch ist. Es ist Bestandteil dieses Kompromisses, dass dies für die Zukunft Berücksichtigung findet. Das bringt für uns in den neuen Bundesländern durchaus einen Vorteil, weil Geld der jeweiligen Kassen herüber zu uns in die neuen Bundesländer, in die jeweiligen Kassen und Kassensysteme geschaufelt wird, um dies ausgleichen zu können. Das ist ganz klar und das muss man als Vorteil betrachten.