Deshalb ist es sinnvoller, klar zu sagen, was wir wollen. Klar ist, dass wir uns als SPD zum jetzigen Zeitpunkt zu dem Kompromiss der Antiterrordatei bekennen – alles andere wäre fahrlässig –, und im Moment sehen wir
aufgrund der Anträge und der Diskussion, die wir gerade geführt haben, keinen offenen Verfassungsbruch. Insofern bitten wir um Verständnis, dass wir die Anträge der Opposition ablehnen werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Innere Sicherheit bedeutet Schutz der Bürger vor Kriminalität, Gewalt und Terrorismus. Innere Sicherheit ist eine der zentralen staatlichen Aufgaben. Ohne Sicherheit kann es keine Freiheit geben – weder für den Einzelnen noch für die Gemeinschaft. Sicherheit entspricht einem tief verwurzelten menschlichen Bedürfnis, vor potenziellen Unsicherheiten abgeschirmt und bewahrt zu werden.
Dieses Grundbedürfnis der Sicherheit kann aber leicht missbraucht werden, indem man Gefahren beschwört und Ängste schürt. Mit dem Gefühl einer vermeintlichen Bedrohung kann man leicht den kritischen Verstand ausschalten. Mehr noch: Man kann einem Volk, das mehrheitlich mit den politischen Verhältnissen unzufrieden ist; einem Volk, das beginnt, sich von den Herrschenden abzuwenden, noch einmal fest die Zügel anlegen, indem man die gegenwärtigen Zustände für bedrohlich erklärt.
Als Handlanger der Herrschenden sind die Medien beständig dabei, solche Bedrohungsszenarien als Kulisse aufzuzeigen. BSE-Skandal, Hühnergrippe, internationaler Terrorismus – immer wieder muss ein Thema als potenzielle Bedrohung herhalten, damit das Gefühl der Bedrohung auch ja nicht beim Bürger verschwindet. Bedrohung wird so ein Mittel der Herrschaftsausübung und der Herrschaftssicherung.
Nur: Die tatsächlichen Bedrohungspotenziale werden den Bürgern in den Medien und seitens der Politiker der Blockparteien nicht vor Augen geführt. Die Bedrohungen für die Zukunft des Einzelnen und unseres Volkes ergeben sich aus völlig anderen Bereichen der Politik als die, die uns die Medien und die etablierte Politik immer wieder um die Ohren schlagen.
Die tatsächlichen Bedrohungen, die wir politisch überwinden müssen, sind die demografische Schrumpfung unseres Volkes, die Abwanderung aus dem ländlichen Raum, die millionenfache Einwanderung raum- und kulturfremder Menschen, die Umwandlung einer deutschen Mehrheitsgesellschaft in eine deutsche Minderheitengesellschaft, wie sie sich schon heute in den westdeutschen Großstädten herausbildet, die Landnahme durch Islamisten, die – mit religiösem Selbstbewusstsein ausgestattet – auf religiösen Selbstzweifel und nationalen Selbsthass stoßen, die internationale Kriminalität, die seit
die Zerstörung unserer sozioökonomischen Grundlagen, unserer wirtschaftlichen und kulturellen Lebensgrundlagen durch die Globalisierung. All diese Bedrohungen, meine Damen und Herren, werden verharmlost, verschwiegen oder schöngeredet.
Wenn sich nun der amtierende Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble – wie bereits sein Amtsvorgänger Otto Schily, der vom Terroristenanwalt zum angeblichen Terroristenjäger mutierte – als Schutzherr des Volkes aufstellt, dann ist diese Rolle nicht nur unglaubwürdig; nein, sie ist mehr als das: Sie ist schlicht und ergreifend verlogen. Wenn genau derselbe Innenminister, der immerhin einer Partei angehört, die sich „christlich“ nennt, bei der Islamkonferenz am 28. September erklärt, dass der Islam nach drei Generationen von Einwanderung Teil von Deutschland und Europa sei, dann, meine Damen und Herren, ist dies eine geistige Kapitulationserklärung vor dem internationalen Terrorismus.
In einer Pressemitteilung des Innenministeriums vom 20. September lautet die martialische Schlagzeile: „Die Antiterrordatei ist ein unverzichtbares Instrument im Kampf gegen den Terror“. Dann werden uns in der Pressemitteilung die inhaltlichen Eckpunkte der vom Kabinett beschlossenen Gesetze genannt:
Allein die Kernpunkte dieses Gesetzentwurfes sind weitreichend, und da stellt sich die Frage, ob eine so weitreichende Kooperation von Polizei und Geheimdiensten verfassungsrechtlich zulässig ist. Die Meinung der NPD-Fraktion ist in dieser Frage eindeutig: Es gibt ein Trennungsgebot von Polizei und geheimdienstlich operierenden Nachrichtendiensten nach Artikel 82 Abs. 3 der Sächsischen Verfassung. Aber auch aus Artikel 87 des Grundgesetzes ist ein solches Trennungsgebot ableitbar.
Wenn die Staatsregierung die Verfassung ernst nähme, dann hätte Herr Buttolo schon auf der Innenministerkonferenz die Errichtung einer Antiterrordatei aus verfassungsrechtlichen Gründen ablehnen müssen.
Eine weitere Frage stellt sich, nämlich jene, ob denn ein internationaler Terrorismus, der die BRD bedroht, durch ein Datennetz zwischen 37 Sicherheits- und Geheimdiensten überhaupt wirklich effektiv bekämpft werden kann. Fakt ist: Es gibt international tätige Gruppen, die Gewalt in die westlichen Gesellschaften hineintragen. Aber es
gibt auch Personen und Gruppen in den westlichen Gesellschaften, die dort leben und von dort aus den Widerstand gegen die westliche Gesellschaft organisieren.
Der geistige Hintergrund dieses Widerstandes ist eine völlig andere, entgegengesetzt ethische und religiöse Haltung, die im Islam wurzelt, und auch wenn es nicht in Ihr harmoniesüchtiges Weltbild passt, meine Damen und Herren: Die mehr als dreieinhalb Millionen Moslems in der Bundesrepublik Deutschland sind einer der vielen potenziellen Brückenköpfe des Islams in Europa.
Glauben Sie wirklich, dass Sie diese dreieinhalb Millionen Moslems mithilfe einer Antiterrordatei und einer Videoüberwachung öffentlicher Plätze und Bahnhöfe in die Kategorien friedlich und terroristisch einsortieren können? Auch mit informellen Zusammenfassungen von Polizei und Geheimdiensten wird Ihnen dies nicht gelingen.
Schließlich fragen wir uns: Wo liegen denn die Ursachen für eine vermeintliche oder tatsächliche Terrorgefahr in Deutschland? Meine Damen und Herren, es liegt auf der Hand: Das Nichtvorhandensein einer Antiterrordatei ist sicher keine Ursache für die terroristische Bedrohungslage der Bundesrepublik. Wenn es eine terroristische Bedrohungslage gibt, dann ist sie das Ergebnis einer verfehlten Politik; einer Politik, wie sie die Blockparteien seit Jahrzehnten gemeinsam zu verantworten haben.
Die Freizügigkeit für Ausländer aller Herren Länder, der Speichelleckerkurs gegenüber den Kriegstreibern der USA, die ungehemmte Beweglichkeit von Kapital und Menschen – genau das, meine Damen und Herren, sind doch die Grundvoraussetzungen für den internationalen Terrorismus. Eine erfolgreiche Antiterrorpolitik muss an diesem Punkt ansetzen. Die Beweglichkeit von Kapital und Menschen muss wieder kontrollierbar werden.
Und: Die Einwanderung von Ausländern muss in eine Auswanderung und Rückführung von Ausländern umgekehrt werden. Allein diese beiden Maßnahmen wären ausreichend – zumindest ein gewisser Grundstock –, um die Terrorgefahr in unserem Lande zu bannen.
Solange aber auf Bundesebene diese politische Kehrtwende nicht eintritt, so lange ist der Ruf nach einer Antiterrordatei nicht mehr als eine Maske, hinter der sich eine Politik verbirgt, die den Terrorismus als Folge einer deutschfeindlichen Politik billigend in Kauf nimmt.
Die NPD-Fraktion sieht in der Antiterrordatei ein unwirksames Mittel der Terrorismusbekämpfung und wird daher dem Antrag der PDS zustimmen, den Antrag der GRÜNEN jedoch ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu meinem Vorredner sei nur so viel gesagt: Wer die in Deutschland lebenden Moslems mit internationalem Terrorismus gleichsetzt,
trägt zur Sache nichts bei. Er bedient nur gängige Feindbilder und Klischees, mit denen Hass geschürt werden soll,
Meine Damen und Herren! Der internationale Terrorismus stellt in der Tat eine neue Bedrohung dar, die sich auch gegen Deutschland richtet. Sie erfordert angemessene und wirksame Antworten. Dabei gilt es zwischen „Was ist wirksam?“ und „Was ist angemessen?“ abzuwägen.
Die Zusammenfügung von Erkenntnissen verschiedener Quellen erscheint zunächst sinnvoll, um im Vorfeld Aufklärung zu betreiben oder um drohende Straftaten abzuwenden bzw. begangene zu verfolgen. Die Frage ist nur, ob das mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Großen Koalition in Berlin zur Antiterrordatei tatsächlich erreicht wird, die auf der Grundlage des Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 4. Juli 2006 eingerichtet werden soll. 37 Behörden sollen verpflichtet werden, dort Daten einzustellen. Es ist unklar, in welchem Umfang dies erfolgen soll und wer Zugriff darauf hat.
Aus der Sicht Sachsens ergeben sich besondere Probleme hinsichtlich der Einhaltung des Trennungsgebotes. So einfach, wie die PDS es sich macht, kann man es sich allerdings nicht machen, Herr Kollege Bartl. Einfach nur zu sagen „Wir wollen keine Antiterrordatei!“ geht nicht an. Ich habe gesagt, dass es eine neue Bedrohung gibt, der wir uns stellen müssen. Zu sagen „Nein, findet nicht statt!“ ist zwar im Moment politisch der einfachste Weg; er ist aber nicht redlich und nicht sinnvoll, wenn es darum geht, zu einer zweckmäßigen gesetzlichen Regelung zu kommen.
Der vorliegende Gesetzentwurf geht nach unserem Dafürhalten einseitig zulasten von Rechtsgütern des Individualrechtsschutzes, aber auch des Trennungsgebotes und damit der Ordnung des Sicherheitsgefüges insgesamt. Hier wird in bedenklicher Weise in Richtung auf Auflösung des verfassungsmäßigen Gebotes der Trennung von Verfassungsschutz und Polizei gearbeitet.
Herr Bandmann, wenn Sie sagen, Bundesrecht habe grundsätzlich Vorrang, dann ist dazu auszuführen: Dieses Recht gilt dann nicht, wenn die Länder aufgrund ihrer Verfassungen in eigener Verantwortung Aufgaben wahrnehmen, zum Beispiel bei Datensammlungen im Sinne des Polizeirechts, nicht bei der Strafverfolgung. Da gilt der Vorrang des Bundesrechts so nicht.
Ich kann auch nicht Ihre Aussage unterschreiben, Sicherheit habe oberste Priorität. Nein, wir leben nicht in einem
Staat, in dem Sicherheit oberste Priorität hat. Wir leben in einem Verfassungsstaat, der Einzelrechte seiner Bürger zu schützen hat und sich dabei immer wieder vergewissern muss, wie weit er gehen darf, um diese Rechte nicht unnötig zu beeinträchtigen, sondern sie gerade zu schützen. Deswegen kann ich Ihre pauschale Aussage, Herr Bandmann, in keiner Weise unterstützen.
Hier ergeben sich in der Tat Probleme vor dem Hintergrund des Trennungsgebotes – die Kollegen Lichdi und Bartl haben es angesprochen – im Bundesrecht, dort auf der Grundlage des Polizeibriefes zur Verfassung bereits verankert und ausdrücklich in Artikel 83 Abs. 3 der Sächsischen Verfassung genannt. Die historischen Erfahrungen sind sattsam bekannt. Sie müssten sie aus dem täglichen Erleben besser kennen als ich. Das in die Verfassung aufgenommene Trennungsgebot wirft man nicht einfach über Bord. Das ist keine mal eben dahingeschriebene Regelung. Das Trennungsgebot gehört zu den politischen Essentials und den Gründungsfundamenten der Verfassung Sachsens. Es wundert mich, wie die CDU als Verfassungspartei einfach darüber hinweggeht und sagt, die Hauptsache sei Sicherheit und das Trennungsgebot müsse insoweit zurücktreten.
Herr Kollege Lichdi, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch anfügen: Herrn Kollegen Schiemann muss ich insofern ein bisschen in Schutz nehmen. Er hat sich nämlich immer ausdrücklich für die Verfassung und das in ihr enthaltene Trennungsgebot ausgesprochen.