Meine Damen und Herren! In vielen Verfügungen und Prüfungen der zuständigen Behörden wurde über Jahre hinweg die Zulässigkeit des Geschäftsbetriebes von bwin immer wieder festgestellt. Es gab Versuche staatlicher Konkurrenten, gegenüber bwin mithilfe von Aufsichtsbehörden einzugreifen. Sie waren ohne Erfolg, meine Damen und Herren.
Vor diesem Hintergrund sind die angekündigten Schadenersatzforderungen mit Sicherheit nicht nur Säbelrasseln, sondern ganz reale Gefahr für den Staatshaushalt, und zwar in erheblichem Umfang.
Am 26.06. hat das Bundesverwaltungsgericht über die Sportwetten Gera geurteilt und festgestellt, dass die noch von der DDR erteilten Lizenzen gültig sind. Sie haben Bestand. Aber die Staatsregierung setzt sich einfach darüber hinweg. Der Europäische Gerichtshof hat das Staatsmonopol für Lotto- und Totoveranstaltungen ebenfalls beanstandet. Die Kommission spricht von klaren Verstößen gegen die Dienstleistungsfreiheit, selbst wenn es sich hier um Sektorenausnahmen handelt. Private Sportwettenanbieter dürfen nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts München im Privatfernsehen werben.
Aber die Staatsregierung macht mit Sofortvollzug einen Betrieb dicht, der 16 Jahre ohne Beanstandungen gearbeitet hat. Er soll auf einmal so gefährlich sein, dass ein Rechtsmittel gegen die Untersagungsverfügung nicht einmal mehr abgewartet werden kann und man das Licht von heute auf morgen ausschaltet. Das ist völlig unverhältnismäßig und wird bei der Bemessung und Bewertung von Schadenersatzansprüchen ausführlich zu besprechen sein.
Vom Juristischen abgesehen stellen sich auch praktische Fragen. Wie soll man ein Verbot durchsetzen, wenn Wetten über das Internet angeboten werden? Wollen Sie Anleihen bei der chinesischen Regulierungsbehörde nehmen und Inhalte aus dem Internet entfernen?
Auf die Frage, wie das Verbot durchgesetzt werden soll, zuckt die Staatsregierung die Schultern und sagt, dass sie das auch nicht weiß, dass dies die Behörden aber irgendwie hinbekommen müssten. So einfach kann man sich das nicht machen, vor allen Dingen nicht auf diese Art und Weise mit möglicherweise fatalen Folgen für den Freistaat. Am Ende zahlt der Steuerzahler die Zeche für den Versuch, mit ziemlich rüden Mitteln ein überholtes und nicht mehr funktionsfähiges Monopol zu sichern.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe heute den undankbaren Job, immer in juristischen Debatten mitreden zu dürfen. Ich hoffe, trotzdem auch ein wenig Politik zu transportieren.
Schon im Juni haben wir hier im Landtag über Sportwetten debattiert. Wie ich sehe, haben Sie als Liberale die Zeit genutzt, um sich weiter als Anwalt sämtlicher vermeintlicher Opfer einer monopolsüchtigen Staatsregierung darzustellen. Teile der Opposition haben wohl den Zwang, sich auf diese Weise zu profilieren.
Ihre heutige Anzeigenkampagne, sehr geehrte Kollegen von der FDP, spricht eine deutliche Sprache: „bwinVerbot zurücknehmen!“ Dass es nicht so schnell gehen kann, muss ich Ihnen heute erklären. Da haben Sie in Ihren Anzeigen wohl zu hoch gepokert.
Neben der Profilierung ist es in meiner Erinnerung immer ein anderes Feld gewesen, das die FDP hochgehalten hat. Das war die Wahrung des Rechtsstaates und der damit verbundenen Verfahren.
Politik soll danach nicht willkürlich nach Gutsherrenart in Dinge hineinregieren, sondern sich an die vereinbarten Spielregeln halten. Diesen Ansatz unterstütze ich vollkommen. Ich denke, wir sollten ihn auch auf das Untersagungsverfahren gegen bwin anwenden.
Unabhängig davon, wie man zur politischen Frage eines Sportwettenmonopols steht, ist unbestritten, dass auch im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Sportwettenmonopol grundsätzlich zulässig und dieses derzeit gesetzlich verankert ist.
Infolgedessen ist es aus rechtsstaatlichen Gründen auch nicht zu beanstanden, wenn die staatlichen Behörden geltendes Recht durchsetzen. Die offene Rechtsfrage ist derzeit, ob die aus DDR-Zeiten stammende Lizenz, auf die sich bwin beruft, tatsächlich rechtsgültig ist und ob die derzeitigen Wettangebote von dieser Genehmigung umfasst sind. Die Staatsregierung sagt: Das derzeitige Wettangebot ist nicht durch diese Genehmigung gedeckt. Bwin sieht dies selbstverständlich anders. Es ist also ein klassischer Streitfall, der nun gerichtlich geklärt werden kann. Genau dies geschieht jetzt. Bwin hat eine Untersagungsverfügung bekommen und dagegen Widerspruch eingelegt. Gegen den angeordneten Sofortvollzug der Untersagung läuft ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz.
Kollege Rohwer, Sie haben eben gesagt, dass rechtsstaatlich geklärt werden soll, ob die Tätigkeit von bwin mit der Rechtslage übereinstimmt. Wieso ist dann der Sofortvollzug notwendig?
Wenn Sie mich hätten meine Rede fortsetzen lassen, hätte ich dazu etwas gesagt. Deshalb würde ich einfach fortfahren.
Ich habe mich sowieso darauf vorbereitet, Herr Präsident. Vielen Dank für die Ermunterung. Ich hatte mir bereits überlegt, dass ich an dieser Stelle zu dieser Frage kommen könnte.
Bwin hat eine Untersagungsverfügung bekommen und dagegen Widerspruch eingelegt. Gegen den angeordneten Sofortvollzug der Untersagung läuft ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz. Das Verwaltungsgericht wird deshalb in Kürze entscheiden, ob der angeordnete Sofortvollzug auch vor einer Entscheidung in der Hauptsache aufrechterhalten oder ausgesetzt wird. Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten beim Oberlandesgericht Bautzen Beschwerde einlegen.
Die Staatsregierung hat daher mit ihrer Verfügung den üblichen Verfahrensweg eingehalten. Daran gibt es nichts zu deuteln. Nachdenklich müsste uns eher ein gegenteiliges Handeln machen, wenn eine Regierung trotz ihrer festen Überzeugung, dass hier eine rechtswidrige Verletzung des Sportwettenmonopols vorliegt, nicht handeln würde. Wenn so etwas auf einem anderen Gebiet passieren würde, dann wären Sie von der FDP die Ersten, die zu Recht den Finger in die Wunde legen würden. Ich erinnere an unsere Debatte über die Waldschlößchenbrücke. Da gab es einen ähnlichen Sachverhalt, nur mit anderen Vorzeichen.
Mit der Untersagungsverfügung wird auf dem vorgezeichneten Verwaltungsrechtsweg geklärt, wie die Lizenz von bwin zu bewerten ist. Eine gerichtliche Klärung kann für alle Seiten nur von Vorteil sein. Wir können deshalb Ihrem Antrag, die Untersagungsverfügung aufzuheben, nicht folgen.
Meine Damen und Herren! Auch uns als Koalition liegt daran, die Debatte um bwin einerseits und die Neuregulierung des Sportwettenmonopols andererseits in sachliche Bahnen zu lenken. Deshalb haben wir einen Berichtsantrag vorgelegt. Darüber war in den letzten Wochen in den Medien vieles zu lesen. Es fällt schwer, tatsächlich einen Überblick darüber zu erhalten, zumal unterschiedlichste Komplexe miteinander vermischt werden. Wir wollen mit unserem Antrag zu einer systematischen Sachverhaltsaufklärung beitragen und haben uns deshalb auf drei Komplexe verständigt.
Natürlich geht es in erster Linie darum, die Hintergründe der Untersagungsverfügung gegen bwin zu erfahren. Dies ist auch Anliegen der weiteren Berichtsanträge.
Zweitens sehen wir es als notwendig an, die steuer- und abgabenrechtlichen Rahmenbedingungen von OddsetSportwetten und deren Beitrag zur Sportförderung in Sachsen, insbesondere für den Amateur- und Breitensport, näher zu beleuchten.
Wenn immer wieder davon gesprochen wird, dass durch die Untersagungsverfügung Sponsorenverträge gerade auch von Amateurvereinen gefährdet sind, muss zur Vervollständigung über die gesamte Sportfinanzierung in Sachsen geredet werden. Immerhin stellt der Freistaat Sachsen im kommenden Jahr 34 Millionen Euro für den Sport zur Verfügung, wenn wir den Haushalt in dieser Höhe bestätigen. Das ist ein Beitrag, der eben auch aus
Drittens gilt es ganz nüchtern Näheres über die Umsetzung der Sportwettenentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu erfahren. Schließlich müssen alle Landtage dem geänderten Staatsvertrag ihre Zustimmung erteilen.
Dieser dritte Punkt ist für uns losgelöst von der bwinEntscheidung des Regierungspräsidiums Chemnitz zu sehen. Bei bwin geht es um die Durchsetzung bestehenden Rechts. Im anderen Fall geht es um die politische Frage, wie das Lotteriewesen in Zukunft ausgestaltet werden soll.
Natürlich wissen wir, dass letztlich die Auseinandersetzung um das künftige Lotteriemonopol des Pudels Kern darstellt und dass unterschiedlichste Akteure mit unterschiedlichsten Interessen auf unterschiedlichsten Ebenen zugange sind. Weil dies ein so vielschichtiges Geflecht ist, tun wir gut daran, nicht zur Unzeit Dinge über Bord zu werfen, deren Tragweite wir noch nicht vollständig erfasst haben.
Unser Berichtsantrag deckt ganz bewusst die ganze Palette der offenen Fragen ab. Deshalb sehen wir keinen Bedarf für weitere Berichtsanträge und können den Anträgen von FDP und NPD auch nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz etwas zu dem immer wieder vorgebrachten Arbeitsplatzargument sagen.
Herr Kollege Rohwer, ich hatte vorhin gefragt, mit welcher Begründung der Sofortvollzug aus Ihrer Sicht anzuordnen sei. Dazu haben Sie bisher noch nichts gesagt.
Das ist genau der Punkt: dass wir immer überlegen, warum wir im Landtag juristische Dinge klären. Wir sollten die Dinge auseinanderhalten. Wenn die Staatsregierung der Auffassung ist – das habe ich gerade gesagt –, dass Ihre Rechtsposition richtig ist, dann soll konsequent gehandelt werden. Dabei sehe ich überhaupt keine Fehler im Handeln der Staatsregierung.
Herr Dr. Martens, die Frage ist, ob wir jetzt wirklich diese Verhandlung zu Ende führen wollen. Ich denke, wir sollten politisch entscheiden. Das werden wir dann auch tun, aber wir müssen jetzt nicht die juristische Karte spielen. – Vielen Dank, ich würde jetzt gern fortfahren.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz etwas zu dem immer wieder vorgebrachten Arbeitsplatzargument sagen. Natürlich ist es für die Neugersdorfer ein schwerer Schlag, wenn von Amts wegen 50 Arbeitsplätze gefährdet werden, zumal der Freistaat neue Arbeitsplätze immer mit oberster Priorität fordert. Ich kann meinen Fraktionskollegen Heinz Lehmann, den örtlichen Wahlkreisabgeordneten, gut verstehen, wenn er sich persönlich mit aller Kraft für den Erhalt dieser Arbeitsplätze einsetzt. Das ist die Pflicht eines jeden Abgeordneten.
Als Landespolitiker haben wir jedoch auch die Pflicht, die vorgebrachten Argumente objektiv zu würdigen. Hierzu gehört auch die Wahrheit, dass neben den 50 Arbeitsplätzen in Neugersdorf einige hundert, sogar über 1 000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt vom staatlichen Anbieter Oddset und den staatlichen Lottogesellschaften abhängig sind. Auch diese Arbeitsplätze sind gefährdet, wenn das Lotteriewesen in Deutschland liberalisiert werden sollte.
Wir sollten deshalb nicht die einen gegen die anderen Arbeitsplätze ausspielen, sondern insgesamt darauf achten, dass auch künftig möglichst viele Arbeitsplätze in Sachsen auf dem Gebiet des Lotteriewesens erhalten bleiben.
Meine Damen und Herren! Am Ende möchte ich noch einmal auf den rechtlichen Aspekt eingehen. Auch europäisches Recht deckt nach unserer Auffassung das Glücksspielmonopol des Staates. Die Abwägung zwischen Wettbewerb und Suchtbekämpfung kann zugunsten der Suchtbekämpfung fallen und damit zugunsten des staatlichen Wettmonopols. So sieht es Prof. Jörg Ennuschat von der Universität Konstanz. So sehen auch wir das.