Protocol of the Session on September 13, 2006

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

Ich würde gern noch die Gedanken zu Ende führen, und dann gestatte ich die Zwischenfrage.

Herr Porsch hat, wie ich meine, seltsame Vorstellungen von einem Parlament, das nicht einmal hören will, was sich die Staatsregierung bei ihrem Entwurf gedacht hat, denn die Debatte über alle Haushaltspositionen findet ja in ausreichendem Maße auch mit viel Redezeit für die Opposition in den Ausschüssen statt und schließlich in 2. und 3. Lesung auch hier im Parlament. Dafür nehmen wir uns dann wenigstens drei Tage Zeit. Da kann noch viel, viel bis zur Erschöpfung geredet werden.

Heute geht es um die Vorstellung des Haushaltsentwurfs der Regierung. Wenden wir uns also dem Haushaltsentwurf zu, dessen Linien uns der Finanzminister eindrucks

voll dargestellt hat, wie es seine Pflicht gegenüber dem Parlament ist.

Gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage?

Jetzt gestatte ich die Zwischenfrage.

Bitte, Herr Prof. Porsch.

Ich wollte eigentlich eine andere Frage stellen. Sie haben mich jetzt zu dieser provoziert. Herr Dr. Hähle, wenn alles stimmt, was Sie gerade gesagt haben, wie begründen Sie dann die so bequeme Ausstattung mit Redezeit für die Koalitionsfraktionen und für die Staatsregierung?

Nun rechnen Sie erst einmal nach. Der Herr Finanzminister hat weniger als 35 Minuten von dem verbraucht, was uns insgesamt zusteht.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Er hat die Möglichkeit gehabt!)

Im Prinzip hatte er diese Möglichkeit. Aber die Möglichkeit muss er doch auch haben, wenn er den Haushaltsentwurf vorstellen will.

(Beifall bei der CDU)

Das Parlament, das nicht hören, sondern selbst nur reden und quatschen will, das ist kein Parlament, sondern wir sind hier dazu da, die Regierung zu kontrollieren, auch wir als regierungstragende Fraktion, und da müssen wir sie erst einmal hören und nicht schon anfangen zu reden, bevor überhaupt klar ist, worum es geht.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ihre Zwischenfragen werden sicher nicht besser werden, aber bitte.

(Gelächter bei der CDU)

Das wird wohl mit den Antworten zusammenhängen.

Habe ich Sie denn jetzt richtig gehört – da geht es um bessere oder schlechtere –, dass Sie dem Parlament unterstellt haben, dass hier nur gequatscht wird?

Wenn ich jetzt Ihre Rede zum Maßstab nehme, könnte ich durchaus zu diesem Eindruck kommen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das fällt aber auf Sie zurück!)

Sprechen wir einmal über die Schwerpunkte dieses Haushaltes, soweit sie jetzt erkennbar sind. Wir haben ihn

ja auch alle als dickes Werk vorliegen. Wir wollen das alles in wenigen Worten so darstellen, wenn möglich, damit es auch die Bevölkerung versteht. Da spricht man zunächst einmal über die Schwerpunkte. Diese sind – das will ich noch einmal deutlich machen –: Ende der Neuverschuldung, Vorrang für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Bildung und der weitere Ausbau unserer Infrastruktur. Das sind nach unserer festen Überzeugung die richtigen Schwerpunkte für unser Land. Darin werden uns die Bürgerinnen und Bürger Sachsens zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Nun müssen wir dazusagen, dass diese Zukunftsschwerpunkte, die wir jetzt setzen können, nur möglich sind, weil wir in der Vergangenheit die Ausgaben in anderen Bereichen konsequent begrenzt haben.

(Beifall des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Daran führt auch künftig kein Weg vorbei, auch wenn hier noch so viele Wunschvorstellungen von der Opposition geäußert werden.

Der Doppelhaushaltsentwurf steht in der Kontinuität erfolgreicher sächsischer CDU-Politik. Ich freue mich, dass wir uns über die bewährten Grundsätze innerhalb der Koalition einig sind und zunehmend die Zustimmung anderer Fraktionen finden.

Ich will die SPD-Fraktion hier ausdrücklich in Schutz nehmen. Sie verdient nicht, mit Hohn und Spott überschüttet zu werden, wenn sie das Beste für unser Land mitentscheidet. Wir sind dankbar dafür, dass wir das gemeinsam tun und dies in einer vernünftigen Haushaltspolitik dem Lande vorstellen können.

(Höhnisches Lachen des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ich freue mich, wie gesagt, darüber. Ich werde hier auch die kleinere Koalitionsfraktion immer verteidigen.

Einige Details von den Schwerpunkten hat der Finanzminister schon vorgestellt. Ich möchte mich deshalb bewusst auf einige wenige Aspekte beschränken. Wie gesagt, zu größeren Debatten und ausführlichen Beratungen ist noch Zeit genug.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die EnqueteKommission des Landtages und eine Kommission der Staatsregierung seit Längerem die Folgen des demografischen Wandels untersuchen. Eine Erkenntnis ist heute schon unbestritten. Sie lautet: Der Hauptgrund für die Abwanderung junger Menschen aus Sachsen, aber auch für die zögerliche Entscheidung für mehr Kinder ist die immer noch ungenügende Perspektive am heimischen Arbeitsmarkt. Das Gehaltsniveau spielt dagegen nur eine eher untergeordnete Rolle. Der Staat ist daher in der Pflicht, alles zu tun, damit künftig jungen Menschen noch bessere berufliche Perspektiven in Sachsen geboten werden können. Das heißt, im Haushalt sind entsprechende Schwerpunkte zu setzen. Bessere Berufsperspektiven in Sachsen sind nach meiner Erfahrung für die meisten

Menschen auch weit wichtiger als weitere Verbesserungen bei Sozialleistungen, wie zum Beispiel ein kostenloses Vorschuljahr. Das heißt nicht, dass wir nie über diese Möglichkeiten sprechen.

Es geht bei uns zunächst darum, die Qualität zu sichern, das, was wir haben, auszubauen und unseren Haushalt so zu konsolidieren, dass wir über mehr Einnahmen verfügen, als wir Ausgaben tätigen können. Ich rede hier von den laufenden Ausgaben. Das ist im privaten Leben so, bei jedem Privathaushalt wie auch beim Staatshaushalt: Man kann nur das ausgeben, was man zuvor eingenommen hat.

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Bei Studenten ist das anders!)

Ich will noch einmal zu den Betreuungsmöglichkeiten in Kindertagesstätten usw. sprechen. Diese sind bei uns gut. Trotzdem verlassen junge Menschen mit ihren Familien Sachsen und ziehen nach Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen, obwohl die dortigen Kinderbetreuungseinrichtungen bei Weitem nicht an das sächsische Niveau heranreichen. Der Schlüssel gegen die Abwanderung liegt daher eindeutig in einer ausreichenden Anzahl von attraktiven Arbeitsplätzen. Die CDU-Fraktion begrüßt es deshalb ausdrücklich, dass für die kommenden zwei Jahre mehr Geld für Forschung und Entwicklung in Betrieben und an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bereitgestellt wird. Dies stärkt die Innovationskraft unseres Landes und ist die beste Voraussetzung für zukunftssichere Arbeitsplätze, ergänzt durch weitere Investitionsförderungen und den zielgerichteten Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur. Dazu gehört der weitere Ausbau der Verkehrswege. Das sind die Rahmenbedingungen, die ein Land für mehr Arbeitsplätze bereithalten kann.

Natürlich müssen weitere Punkte hinzukommen wie die Senkung von Lohnnebenkosten, ein vereinfachtes und wettbewerbsfähiges Steuersystem und eine Reform des Arbeitsmarktes. Für diese notwendigen Reformen ist jedoch der Bund zuständig. Wir erhoffen uns noch einiges von der Großen Koalition in Berlin.

Wir wollen immer mal fein das auseinanderhalten, was wir hier im Sächsischen Landtag entscheiden können, und das, was wir eben nicht entscheiden können und bei dem wir nur abwarten oder einen gewissen Einfluss auf das nehmen können, was in Berlin entschieden wird.

Wir in Sachsen können sagen: Was wir für die Entwicklung unseres Landes und für mehr Arbeitsplätze tun können, wird auch gemacht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Nachhaltigkeit ist zu einem von Politikern gern benutzten Begriff für alles und jedes geworden. Er stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und meint, etwas vereinfacht ausgedrückt, dass man für jeden gefällten Baum zugleich einen oder mehrere neue pflanzen muss.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist aber kompliziert!)

„Wir dürfen unsere Zukunft nicht verbrauchen.“ Diese Kernaussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Debatte zum Bundeshaushalt in der vergangenen Woche im Deutschen Bundestag gilt auch für uns. Wir haben nicht das Recht, die materiellen Ressourcen unseres Landes heute übermäßig in Anspruch zu nehmen, um die zugehörigen Lasten nachfolgenden Generationen aufzubürden. So wie Zurückhaltung beim Rohstoffverbrauch und Schonung der Umwelt anerkannte Prinzipien sind, müssen diese auch für die finanziellen Grundlagen des Staates gelten.

Sicherlich profitieren auch künftige Generationen von den Kraftanstrengungen des Neuanfangs in Sachsen nach 1990. Die seither erreichten Umweltverbesserungen kommen auch unseren Kindern und Enkeln zugute. Heute wird wieder in der Elbe gebadet und die Luft ist wieder sauber. Gleiches gilt für die moderne Infrastruktur. Weil diese Aufgaben in kürzester Frist erledigt werden mussten, haben wir einen Teil davon mit Krediten finanziert.

Da die Vorteile, die damit erreicht wurden, weiterhin bestehen, ist gegen eine anteilige Kreditfinanzierung grundsätzlich nichts einzuwenden. Ein Kaufmann würde jedoch Jahr für Jahr Abschreibungen bilden, sodass am Ende des Nutzungszeitraumes das Wirtschaftsgut abgeschrieben und finanziert wäre. Allein in der gegenwärtigen Staatsbilanz, meine Damen und Herren, der Haushaltsrechnung, sucht man Abschreibungen – sprich: den Wertverzehr von Staatsvermögen – vergebens. Die Rückzahlung von Schulden ist nicht an den Wertverzehr der damit finanzierten Investitionen gebunden.

Nun will ich deutlich sagen: Wenn wir nicht aufpassen, kann dies ein böses Erwachen geben. Ich habe deshalb eine gewisse Sympathie für die Initiative von Hamburg, künftig auch im staatlichen Bereich den tatsächlichen Ressourcenverbrauch darzustellen, allein um die Folgen von Politik transparenter zu machen.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Unsere Schlussfolgerung zur Nachhaltigkeit muss heißen: Wir tun gut daran, mit dem Doppelhaushalt 2007/2008 einen endgültigen Schlussstrich unter die Neuverschuldung zu setzen.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)