Protocol of the Session on July 20, 2006

Dieser Stellenbedarf wird jedoch in zwei bis drei Jahren nicht mehr gegeben sein, weil es dann auch hier zu einer Halbierung der Schülerzahl kommen wird. Neue Stellen

sollten deshalb nach heutiger Kenntnis unter diesem Gesichtspunkt nicht geschaffen werden. Deshalb wurden im Haushalt für die Jahre 2005/2006 statt Stellen finanzielle Mittel für Honorarkräfte eingestellt – übrigens in erklecklicher Höhe – und die Flexibilisierung von Stellen im Haushalt ermöglicht. Diese Mittel und die Möglichkeit der Abordnung von Lehrkräften von Mittelschulen und Gymnasien an Berufsschulen sollten genutzt werden.

Die CDU-Fraktion hatte sich für diese Flexibilisierung bei der letzten Haushaltsberatung eingesetzt, um Über- und Unterbedarfe an den einzelnen Schularten auszugleichen. Frau Falken, die Gewerkschaft sollte sich dagegen nicht sperren, denn diese Flexibilisierung benötigen wir. Auch im nächsten Doppelhaushalt plädiere ich deshalb dafür, Mittel für Honorarkräfte an berufsbildenden Schulen einzustellen und Stellen zu flexibilisieren.

Hinzu kommt im berufsbildenden Bereich aber auch, dass es einen Mangel an qualifiziertem Personal bzw. an Stellenbewerbern in den berufstheoretischen Fächern, insbesondere im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich, gibt. Das beklage ich an dieser Stelle schon seit Jahren. Um dies zu überwinden, muss in Zukunft auf Seiteneinsteiger zurückgegriffen werden. Damit diese über die nötigen pädagogischen Qualifikationen verfügen und eine entsprechende berufliche Perspektive erhalten, ist ihnen die Möglichkeit der berufsbegleitenden Weiterbildung zu geben. Wir fordern deshalb von der Staatsregierung einen Bericht über die Aktivitäten zur Qualifizierung von Seiteneinsteigern an unseren berufsbildenden Schulen.

Auch für die Verbesserung der Situation an Förderschulen – bei diesen macht sich der starke Rückgang der Schülerzahlen nicht so bemerkbar wie bei anderen Schularten – werden nach dem Beschluss der Staatsregierung zum nächsten Doppelhaushalt mehr Stellen als vorgesehen zur Verfügung stehen.

Abschließend möchte ich betonen, dass ein Eingriff in den vom Hohen Haus beschlossenen Haushalt 2005/2006 nicht möglich ist und wir im Herbst bei den anstehenden Beratungen zum nächsten Doppelhaushalt sicherlich im Schulausschuss noch herzhaft über die Stellenfrage diskutieren werden und können.

Meine Damen und Herren! Wir alle kennen die Entwicklung unserer Haushaltslage.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Wir alle wissen, dass wir in den nächsten Jahren mit der zurückgehenden Finanzkraft leben müssen. Wer sich aber hier für eine einzelne Berufsgruppe besonders stark macht und überhöhte Forderungen stellt – und das noch aufgrund falscher Zahlen –, schadet dieser Berufsgruppe nachhaltig. Ich denke, das haben unsere Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen nicht verdient.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Staatsministers Steffen Flath)

Meine Damen und Herren! Aufgrund des Gesagten möchte ich um Ablehnung des Antrags der Linksfraktion.PDS und um Zustimmung zu unserem Antrag Seiteneinstiegsprogramm an berufsbildenden Schulen bitten.

Ich danke Ihnen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Staatsministers Steffen Flath – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das war ein gruseliger Beitrag! Da hätte lieber Herr Colditz reden sollen! – Zuruf von der CDU: Das ist doch Quark!)

Herr Abg. Dulig für die SPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden Anträge beschäftigen sich aus unterschiedlicher Sicht mit der Lehrersituation in verschiedenen Schularten. Während der eine in den laufenden Haushaltsvollzug eingreift und Stellen fordert, will der andere den Bedarf an qualifizierten Berufsschullehrern sichern.

(Zuruf von der FDP-Fraktion: Sehr richtig!)

Die Forderung nach mehr Lehrerstellen ist populär und so alt wie dieser Antrag. Das sagt noch nichts über die Qualität der Forderung aus, verweist aber auf ein Problem.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das hat die SPD früher immer beantragt!)

Offensichtlich besteht zumindest in der subjektiven Wahrnehmung ein Mangel an Lehrern, obwohl sich in den vergangenen Jahren die Schüler-Lehrer-Relation insgesamt stetig verbessert hat.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Objektiv!)

Verglichen mit anderen Schulsystemen leistet sich Deutschland aber eine durchschnittlich gute SchülerLehrer-Relation und die neuen Länder einschließlich Sachsen deutlich überdurchschnittliche Ausstattungen, die mit skandinavischen Ländern vergleichbar sind.

Wir haben darum in der letzten Haushaltsdebatte lange gerungen und dadurch sehr viel Transparenz erreicht. Die Probleme im Bereich der Förderschulen und der berufsbildenden Schulen waren dabei offensichtlich. Im Bereich der Grundschulen blieb abzuwarten, wie dort die zusätzlich ausgebrachten Stellen zur Wirkung kommen. Wir werden diese Diskussion bei den Beratungen zum nächsten Haushalt erneut zu führen haben. Die Signale aus dem Kabinett stimmen positiv, aber sie bedeuten noch keine Entwarnung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Allerdings kann ich nur warnen, diese Probleme allein durch einen Stellenaufwuchs lösen zu wollen. Wir bleiben bei unserer Position, dass die Verwendung unseres Lehrerpotenzials nicht dem von uns gewünschten Standard genügt. Das hat Gründe, die im traditionellen Verständnis des deutschen Schulwesens liegen und auch in Sachsen leider noch nicht über

wunden sind. Es bleibt doch die Frage, warum andere Systeme mit ähnlicher oder schlechterer Lehrerausstattung gut oder besser zurechtkommen als wir. Der Grund ist wohl in der Unterrichtsfixierung unserer Schulen zu suchen. Wir sind immer noch der Auffassung, dass Lernen nur im Unterricht stattfindet, und haben immer noch eine Unterrichtsschule, die kaum Raum für selbstständiges Lernen und Flexibilität in der Schule zulässt.

Gerade weil wir unsere Lehrerarbeitszeit fast vollständig für Unterricht aufbrauchen, fehlen uns die Ressourcen für individuelle Förderung oder gar für die Unterrichtsversorgung selbst. Finnland als Vergleich mutet seinen Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern bis zur 9. Klasse, gemessen am sächsischen Maßstab, rund anderthalb Schuljahre weniger Unterricht zu. Einen Unterrichtsausfall gibt es praktisch nicht und die Bildungsergebnisse müssen sich wohl kaum hinter den sächsischen Bildungsergebnissen verstecken. Das ist das generelle Problem. Das haben wir nach wie vor nicht gelöst. Ich bleibe aber dabei, wie bei der letzten Haushaltsverhandlung, dass die Schulseite dieses Problem lösen muss und nicht auf die Finanzseite mit immer neuen Forderungen treten kann.

Um es ganz einfach zu sagen: Wenn andere mit weniger Mitteln bessere Leistungen erzielen, dann sollten wir von ihnen lernen.

Auf dem Status quo zu verharren und mehr Lehrer zu fordern ist nicht nur eine Schraube ohne Ende, sondern eine Schraube, die wir auf Kosten der nächsten Generationen drehen, und zwar in doppelter Art: Zum einen laden wir diesen Generationen mehr Schulden auf, zum anderen verbessern wir ihre Bildung nicht.

Herr Dulig, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Hahn?

Bitte sehr.

Herr Kollege Dulig! Sie haben eben darauf hingewiesen, dass das Geld nicht im Überfluss vorhanden ist und dass man auch von anderen lernen kann. Ich möchte Sie deshalb fragen, ob Sie der Auffassung sind, dass es die Aufgabe des Staates ist, eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung gemäß Stundentafel und Lehrplänen sicherzustellen. Ja oder nein?

Es ist unsere Aufgabe, für unsere Kinder und Jugendlichen die beste Bildung zu gewährleisten

(Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

und auch die Ressourcen dafür in einem guten Verhältnis zur Verfügung zu stellen. Wenn andere mit weniger Geld bessere Bildung machen, wenn sie eine bessere Unterrichtsversorgung hinbekommen, dann kann das alleinige Argument nicht der Verweis auf die Lehrerstellen sein.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wenn die nicht ausreichen!)

So weit zum allgemeinen Problem. Nun wird es aber spezieller, wenn wir tatsächlich Grundschulen, Förderschulen und berufsbildende Schulen betrachten.

Mit unseren Maßnahmen zur Verbesserung der Schuleingangsphase haben wir erfreuliche Bewegung im Grundschulbereich ausgelöst. Wir haben auch ein Umdenken in die Richtung angeschoben, dass es auf den Anfang ankommt, dass es also günstiger ist, mehr in den Anfang zu investieren, als nachträglich auf Dauer Kosten zu erzeugen. Es ist nicht nur das Berufsvorbereitungsjahr oder die hohe Zahl an Wiederholern, die volkswirtschaftlich ineffizient ist; es sind vor allem auch die künftigen Kosten für ALG-II-Empfänger und die vielen Versuche, sie doch noch fit zu machen für das Leben in einer dynamischen, modernen Gesellschaft.

Wenn wir dieses Dilemma nachhaltig überwinden wollen, müssen wir über mehr als zehn Jahre lang doppelt investieren, nämlich in den neuen Anfang und in das alte Ende.

(Zuruf der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion.PDS)

Das ist aber eine Diskussion, die wir zum nächsten Haushalt konkret führen müssen, wohl wissend, dass es nicht nur um Stellen,

(Cornelia Falken, Linksfraktion.PDS, steht am Mikrofon.)

sondern um eine andere Lernkultur geht. Diese stellt sich nicht automatisch mit mehr Stellen ein. Im Gegenteil, mehr Stellen werden eher ermöglichen, alles im bisherigem Stil weiterzumachen. Das wollen wir nicht.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Herr Dulig, Sie möchten das Thema jetzt gern in die Haushaltsdiskussion schieben. Ich finde das auch in Ordnung. Wir werden darüber sicherlich sehr intensiv diskutieren.

Meine Frage ist aber: Was passiert mit den Kindern, die ab dem 04.09. in die Schule gehen, wenn es in Dresden wirklich passiert? Wenn die beiden 1. Klassen zu einer 2. Klasse zusammengelegt werden, sind 28 Schüler in dieser Klasse. Das ist vom Schulgesetz her möglich, also formal korrekt, aber in der Umsetzung äußerst problematisch, denn für die 2. Klassen gibt es überhaupt keine zusätzlichen Fördermöglichkeiten. Vielmehr wird pro 28 Schüler in einer Klasse ein Lehrer stehen. Wie will ich dann diese 28 Schüler, und zwar jeden, nicht nur die schwachen, sondern auch die starken, wirklich fördern? Nur allein mit der Methodik des Lehrers funktioniert das nicht.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Wir werden hier im Landtag die Lehrerstellen nicht auf die einzelnen Schulen aufteilen, auch wenn ich Ihre Sorge durchaus teile, dass es bestimmte Optimierungsbestrebungen gibt. Darauf werde ich dann noch einmal eingehen. Wichtig ist, dass wir mit dem vorhandenen Potenzial die beste Bildung ermöglichen und, wenn es an der einen oder anderen Stelle Probleme gibt, auch darauf hinweisen, dass dies nicht zulasten von Schülerinnen und Schülern gehen darf. Aber grundsätzlich müssen wir mit den Ressourcen auskommen, die wir zurzeit haben. Wenn es um die zukünftige Ausgestaltung geht, werden wir in den Haushaltsverhandlungen sehen, ob es ausreicht oder ob man dort nachlegen muss.

Zurück zu meinen Ausführungen: Wir wollen aber auch nicht, dass die Regionalschulämter die Schüler, wo sie nur können, zur „Optimierung“ der Klassengröße hin- und herschieben. Das würde das Problem ohnehin nicht lösen. Im Gegenteil, wir sind gehalten, die Klassengröße zumindest in der Schuleingangsphase nicht über 25 Schüler anwachsen zu lassen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Und was tun Ihre Direktoren?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Prekär ist die Situation an den Förderschulen, die viele andere Schulsysteme gar nicht kennen. Es ist nicht nur so, dass Lehrer fehlen, um den Förder- und Ergänzungsbereich zu bedienen, es ist auch so, dass wir nach wie vor nur zirka 40 % förderpädagogisch qualifiziertes Personal an diesen Schulen haben. Wir werden hier in nächster Zeit drei Probleme zu lösen haben: