Protocol of the Session on July 19, 2006

Ich verstehe ein wenig vom Tourismus-Marketing, da ich in diesem Bereich tätig bin. Ich bin bei der DWT mit allem, was dazugehört. Wenn diese Stadt eines nie machen wird, dann ist es, diesen Titel offensiv zu verkaufen. Wenn man ihn hat, müsste man es richtigerweise tun. Warum tut man es nicht? Weil die Stadt dafür überhaupt kein Geld hat.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Aber für die Brücke!)

Die Stadt macht etwas in ihrem Stadtmarketing völlig richtig, das Prinzip heißt: Stärken stärken. Wir haben die Frauenkirche seit Kurzem wieder aufgebaut und wir haben ab dem 15.09. das Grüne Gewölbe. Das sind unsere Trümpfe, auf diese müssen wir uns konzentrieren. Die Stadt wird mit diesen Trümpfen Touristen in die Stadt holen. Ich finde, das ist der richtige Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Uwe Leichsenring, NPD: Stadion!)

Lars Rohwer hat vorhin bereits Herrn Goller von der Tourismus-Marketing-Gesellschaft zitiert. Ich kann dem Mann nur Recht geben, er hat es völlig richtig gesagt. Es wird für die Stadt nicht relevant mehr Touristen bringen. Dieser Titel ist für uns strategisch nicht verwendbar. Er wäre nett, das möchte ich ganz klar sagen – ich finde ihn auch nett –, aber er ist effektiv für uns kaum strategisch einsetzbar, und wir müssen auch sagen: Er bringt angesichts der 830 Weltkulturerbestätten weltweit der Stadt auch nicht das Renommee, das sich der eine oder andere vielleicht wünscht. Er bringt der Stadt kein Geld, sondern kostet die Stadt Geld. Zuletzt haben wir im Dresdner Stadtrat beschlossen, das Weltkulturerbebüro im Lingnerschloss unterzubringen, das waren mal eben 90 000 Euro – auch nicht ganz schlecht.

Wir haben sogar zugestimmt, weil ich es als Subvention für das schöne Lingnerschloss gesehen habe. Für das Büro wäre es sicherlich nicht sinnvoll gewesen, meine Damen und Herren.

Ich glaube, dass man darüber nachdenken muss, ob das wirklich die richtige Entscheidung gewesen ist. Aus dem, was die GRÜNEN gerade praktiziert haben, weiß ich, was

uns in Dresden ins Haus steht. Schauen Sie sich bitte einmal die Karte an, was alles zum Weltkulturerbe zählt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Es ist fast schon eine Schande, wenn man dabei ist!)

Zum Beispiel die Leipziger Straße in Richtung Ufer, nicht gerade der schönste Ort in Dresden. Das sieht von hier niemand: zweite, dritte Reihe – Weltkulturerbe. Auch die Bautzener Straße hinten bei mir: zweite, dritte Reihe – Weltkulturerbe. Wenn irgendeinem in Dresden demnächst irgendein Bauprojekt nicht passt, dann winke ich und gehe fix zur UNESCO. Das ist das, was uns das Weltkulturerbe bringt, meine Damen und Herren. Das haben die damaligen Stadträte – ich war damals noch nicht im Stadtrat – sicherlich nicht im Blick gehabt. Deswegen muss man darüber nachdenken, diese Entscheidung gegebenenfalls auch zu revidieren, meine Damen und Herren.

Der Eingriff der UNESCO geht zu weit. Er zeugt aus meiner Sicht von regionaler Unkenntnis.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Meine Güte!)

Er ignoriert die Entwicklungschancen der Stadt und pfeift auf den Willen der Bürger.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Bitte hören Sie auf!)

Das kann und darf sich eine selbstbewusste Stadt nicht gefallen lassen. Wenn Dresden sich wehrt, wird der Imageschaden – das meine ich ganz ehrlich, weil sich endlich einmal jemand wehren würde, denn fragen Sie einmal in Köln oder in anderen Städten – unter Umständen auf die UNESCO selbst zurückfallen.

Die Brücke muss gebaut werden und wenn es nicht anders geht, geben wir den Welterbetitel freundlich zurück und werden, was ich schon zu Beginn gesagt habe – Görlitz hat damit gute Erfahrungen, der Fußballdritte Deutschland hat damit auch gute Erfahrungen –, Weltkulturerbe der Herzen sein – für alle Zeiten.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Die erste Runde wird beendet mit dem Beitrag des fraktionslosen Abg. Schmidt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Welterbe oder Waldschlößchenbrücke – das ist hier die Frage. Als hätten wir an einem so schönen Tag nichts anderes zu tun.

(Holger Apfel, NPD: Dann geh doch nach Hause! – Jürgen Gansel, NPD: Du kannst auch in deinen Weinberg gehen!)

In der Kulturausgabe der „Sächsischen Zeitung“ vom 18. Juli haben sich unter „Pro & Kontra“ die Herren Karl

Siegbert Rehberg und Hans-Joachim Brauns eigentlich schon genügend mitgeteilt. Gerade Herr Rehberg, Soziologie-Professor an der TU Dresden, hat Recht, wenn er sagt, dass eine Flussstadt Brücken braucht. Er meint weiter, dass das Fatale, das Störende der Standort sei.

Wie die Computersimulation der geplanten Brücke in einer der letzten „SZ“-Ausgaben zeigt, fügt sich meiner Meinung nach der moderne Stil der Brücke recht gut in das Gesamtbild ein. Daher verstehe ich die allgemeine Aufregung überhaupt nicht.

Dresden ist doch nicht die erste Stadt, in welcher Altes mit Modernem in Einklang gebracht wird. Meistens liegt es doch in der Natur des Menschen, dass alles Neue erst einmal auf Ablehnung stößt. Würde sich die Brücke bereits ein Jahr an diesem Standort befinden, würde man sich schon an sie und an das gesamte Ensemble gewöhnt haben. Die Elbtalbrücke in Meißen ist auch kein störendes Bauobjekt, blickt man von der Altstadtbrücke zu Burg und Dom. Wie weit sind wir doch von der in Deutschland hoch gepriesenen Demokratie entfernt, wenn Bürgerstimmen durch willkürliche Entscheidungen ignoriert werden.

Für mich sind die Stimmen und Meinungen der Mehrheit der Bürger unserer Landeshauptstadt entscheidender als Einzelmeinungen aus der UNESCO. Wichtig ist für die Landeshauptstadt, den zunehmenden Straßenverkehr fließend zu führen.

Der Titel der UNESCO löst die Verkehrsprobleme in Dresden nicht, aber das Leben dieser Stadt muss weitergehen – aus meiner Sicht auch ohne UNESCO-Titel. Die neue Brücke wird nicht Anstoß dafür sein, dass weniger Touristen in diese Stadt kommen werden. Sie wird nicht Anstoß dafür sein, dass all die vielen Kulturdenkmäler und Kulturschätze durch sie im Wert gemindert werden.

Ich appelliere an den Stadtrat von Dresden – es sitzen nicht wenige Mitglieder davon im Saal –: Bauen Sie endlich die Brücke. Was diese Brücke bereits an Planungskosten verschlungen hat, dafür haben wir in Meißen bereits zwei Brücken gebaut.

Für meine Person lehne ich die Anträge der PDS und der GRÜNEN ab.

Danke.

(Beifall des Abg. Uwe Leichsenring, NPD)

Meine Damen und Herren! Es liegen jede Menge Wortmeldungen vor. Ich gehe in der Reihenfolge vor, wie wir begonnen haben. Die GRÜNEN möchten noch einmal sprechen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Rohwer, wenn Sie sich hier hinstellen und vollmundig sagen „Wir sind das Volk!“ in Anlehnung an ein Zitat, an einen ehemaligen Ministerpräsidenten, dann kommt das nicht ganz so rüber, sondern es ist ein wenig Pluralis Majestatis, denn es hat niemand bei Ihnen geklatscht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sagen, mit dem Vergaberecht könne man nicht so beliebig umgehen. Warum hat die Stadt Dresden dann zugelassen, dass im Antrag an die UNESCO ein falscher Standort der Brücke stand? Sie wissen ganz genau, dass es ein Schreiben an das Auswärtige Amt gegeben hat, das an die Stadt weitergeleitet worden ist, in dem dieser Fehler moniert und deutlich gemacht wurde, dass die UNESCO nicht ausreichend über den Standort der Brücke informiert war, als der Antrag angenommen worden ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

Das ist aktenkundig. Deshalb kann man hier so etwas nicht einfach herumerzählen.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Karl Nolle, SPD)

Dann haben Sie sich auch noch aufgeschwungen und gesagt, Dresden hätte ja ein Vierteljahr mit dem Baubeginn gewartet und ganz respektvoll nach Vilnius geblickt. Wissen Sie, was die in Vilnius gemerkt haben? Die haben die Baggermotoren tuckern hören, weil sie heute eine Entscheidung zur Bauvergabe treffen wollten. Das haben die in Vilnius gehört. Da fühlten sie sich natürlich provoziert. Erst steht in der Anmeldung fünf Kilometer flussabwärts statt zwei Kilometer flussaufwärts. Das kann man nicht verwechseln. Wer Deutsch und Englisch kann, der weiß, dass die Zwei auch eine Zwei im Englischen ist. Da kann man keine Schreibfehler beim Übersetzen machen. Das heißt also, Sie haben erst im Antrag gemogelt und dann haben Sie auch noch die Baggermotoren am Elbbaustandort laufen lassen. Glauben Sie, dass die in Vilnius so dumm sind, das nicht zu begreifen? Ich muss doch sehr bitten!

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Karl Nolle, SPD)

An diesen Diskussionsbeiträgen merkt man eigentlich – gerade auch von Ihnen, Herr Zastrow, Sie haben hier eine Stadtratsdebatte geführt; ich weiß gar nicht, was das mit der Sache zu tun hat –, wie wenig Sie in der Lage sind, über den Tellerrand zu blicken. Genau das wäre jetzt aber nötig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Dabei will ich auch keine Ablenkungsmanöver hören. Wissen Sie, die GRÜNEN waren nicht in Paris, kein Einziger von uns. Die Macht hätten wir vielleicht gern, aber wir haben sie wirklich nicht. Das waren lokalpolitische Obelixe von der Stadtverwaltung,

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

aber die haben leider den klugen Asterix zu Hause gelassen, und das kam dabei heraus: Eine Persiflage eines sonst doch ganz tapferen gallischen Dorfes.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Wenn Sie hier wirklich den Popanz aufbauen wollen und sagen, die Dresdner GRÜNEN hätten auf internationale Entscheidungsgremien einen derartigen Einfluss, dann ist das zwar albern, aber erkennbar: die Suche nach dem schwarzen Peter. Sie merken, dass Sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Das ist Ihnen klar. Sie wollen es versuchsweise noch einmal dummdreist aussitzen. Das wird wahrscheinlich nicht klappen, also schauen Sie schon einmal, wen Sie dafür verantwortlich machen können: Es sind wieder einmal die armen GRÜNEN dran.

Machen Sie nur den Bürgerentscheid. Ihn wie eine Monstranz vor sich herzutragen und religiös zu beschwören, führt natürlich nicht dazu, dass Sie auf die Frage nicht antworten können. Machen Sie bei dem neuen Bürgerentscheid mit, oder haben Sie Angst davor, dass er dieses Mal anders ausfallen könnte? Herr Zastrow, Sie haben gemeint, die Bürger wüssten genau, was sie wollten. Mich haben viele angesprochen, die gesagt haben: Ich habe damals für die Brücke gestimmt. Hätte ich gewusst, dass wir den Welterbetitel verlieren, hätte ich es nicht getan.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und der SPD)

Herr Weckesser ist für die Linksfraktion.PDS gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hermenau, Sie haben bei Ihrem ersten Redebeitrag im Grunde genommen nur auf das Welterbe abgestellt.