Protocol of the Session on December 10, 2004

(Beifall bei der FDP und den GRÜNEN und vereinzelt bei der PDS)

Bei der Frage der inneren Sicherheit und dem Schutz vor internationalem Terrorismus orientiert sich liberale Politik an den Grundsätzen der Erforderlichkeit und der Geeignetheit einer jeden einzelnen Maßnahme. Das ist

die Basis für eine differenzierte und effiziente Sicherheitspolitik nach innen. Die Zusammenführung und der Austausch von Informationen, die Entzerrung von Zuständigkeiten im Sicherheitsbereich sind sinnvolle Maßnahmen, aber auch die Beseitigung von Vollzugsdefiziten bei bestehenden Gesetzen oder eine Verbesserung der sachlichen Ausstattung der Sicherheitsbehörden gehören dazu.

Allein neue Gesetze werden es nicht reißen. Es gibt mehr Punkte, an denen wir ansetzen müssen. Kollege Bandmann hat einen angesprochen. Das sind zum Beispiel in der Frage des Katastrophenschutzes in der Tat die verschiedenen Kompetenzen, die Neuordnung.

Erstens. Zum Antrag lassen Sie mich kurz zu den Fragen anmerken: Die erste Frage nach Strukturen des internationalen Terrorismus in Sachsen dürfte verfehlt sein, denn es würde mich sehr wundern, wenn es derartige Strukturen in Sachsen a) gäbe, b) sie festgestellt worden wären und c) der Innenminister jetzt hierüber berichten könnte.

Zweitens. Es wird gefragt nach einer Gefährdung in Sachsen durch Terroristen, insbesondere durch Nutzung des Landes als Transit- oder Ruheraum. Das ist ja das Gemeine, dass man diese Leute in ihren Ruheräumen und Rückzugsräumen in der Regel nicht ausmacht und dass sie dort auch nichts anstellen. Deswegen ist die Frage falsch.

(Beifall bei der FDP)

Drittens. Die Frage des Schutzes einzelner Bürger, einzelner Objekte oder einzelner Gruppen ist ebenfalls verfehlt. Die lassen sich nämlich sehr schnell ausmachen. Das sind die „bekannten Opfer“: Einrichtungen von Religionsgesellschaften, jüdische Einrichtungen, Einrichtungen amerikanischer Firmen, Behörden, Konsulate. Das sind Einrichtungen – das weiß jeder –, die in allen Bundesländern zu den so genannten gefährdeten Objekten zählen.

Mich würde mehr interessieren: Was macht die Staatsregierung zum Schutz der Allgemeinheit, wenn unberechenbarerweise irgendwo der internationale Terrorismus zuschlägt? Wie sieht es mit dem Katastrophenschutz, dem Zivilschutz, mit den verschiedenen Kompetenzen, mit der Abstimmung aus?

Gleichwohl werden wir diesem Antrag auf Berichterstattung zustimmen, aber der Staatsregierung auch ankündigen: Falls notwendig, werden wir zu den wirklich interessanten Fragen unsere Fragen auch noch nachreichen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der PDS)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Lichdi.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich gar nicht das Wort ergreifen,

(Beifall bei der CDU und der NPD)

denn der Antrag der Koalition ist wenig nützlich. Aber ein Berichtsantrag ist immer vernünftig. Doch ich denke, die Kollegen Bartl und Dr. Martens haben eigentlich das dazu Erforderliche gesagt.

Zum Anfang zur Klarstellung: Auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wissen, dass es eine islamistisch motivierte Gefahr des Terrorismus gibt. Das streiten wir nicht ab. Ich bedaure aber sehr, Herr Bandmann, dass Sie Ihren Vortrag, Ihre durchaus vernünftigen Vorschläge, wie eine Verbesserung des Zivil- und Katastrophenschutzes oder die Verbesserung der Arbeit des Stabes im SMI eingeleitet werden könnten, mit den üblichen dümmlichen Angriffen auf die Grünen verbunden haben. Sie glauben, hier einen nach ganz rechts integrierenden Wahlkampfschlager gefunden zu haben.

Wir Grünen haben niemals einen vagen Multikulturalismus, wie Sie es zu nennen belieben, vertreten. Wir vertreten den Begriff – Herr Eggert, hören Sie gut zu! – der multikulturellen Demokratie.

(Zuruf des Abg. Heinz Eggert, CDU)

Ich möchte es auch für Sie, Herr Eggert, gern noch einmal definieren.

(Heinz Eggert, CDU: Für mich bitte nicht!)

Okay, dann vielleicht für die anderen Kollegen. Wir verstehen unter der multikulturellen Demokratie eine Ordnung, die allein – ich betone: allein – auf den Werten des Grundgesetzes, ich kann auch etwas pathetisch sagen: auf den Werten von 1789 von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit beruht,

(Beifall bei der PDS)

und nur auf diesen Werten.

Schließlich, Herr Bandmann, wir reden nicht von einer vagen „abendländischen Kultur“ oder einer vagen „Schicksalsgemeinschaft“, die neben dem Grundgesetz möglicherweise auch noch eine Wertgrundlage bilden sollte.

Ich sage Ihnen ganz klar: Wer irgendwelche anderen Legitimationsressourcen als die Grund- und Menschenrechte zur Begründung der gesellschaftlichen Ordnung heranzieht, der verirrt sich leicht auf Abwegen. Ich sage Ihnen auch ganz klar und mit aller gebotenen Vorsicht, ich möchte Sie da nicht in einen Topf werfen: Der Beifall der NPD-Fraktion und der unsägliche Auftritt des Herrn Apfel hier sollten Ihnen dort etwas mehr Vorsicht einflößen. Ich denke, wir stehen dort auf der gemeinsamen Seite und sollten diesen Nazis hier keine Angriffspunkte bieten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der PDS und der SPD)

Wir sagen ganz klar, was unsere Bündnisgrüne-Position ist: Migrantinnen und Migranten müssen Deutsch lernen, Migranten müssen das Grundgesetz anerkennen. Dabei nützen aber nicht pseudoreligiöse Rituale, wie etwa ein Eid auf das Grundgesetz, wie es jetzt von Ihrer Seite vorgeschlagen wird.

Wir sagen aber auch, die Mehrheitsgesellschaft muss auf die Einwanderinnen und Einwanderer zugehen. Ich erinnere daran, dass der bisherige und von allen Seiten hoch geschätzte Ausländerbeauftragte, Herr Sandig, in diesem Land von einer Ausländerunfreundlichkeit gesprochen hat. Das sollte uns zu denken geben. Bevor wir etwas von den Migrantinnen und Migranten fordern, sollten wir vor unserer eigenen Haustür kehren und sehen, was wir selbst zu verbessern haben. Dann können wir glaubwürdig Forderungen stellen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, der PDS und der SPD)

Ich frage die CDUFraktion. – Herr Bandmann möchte sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lichdi, offensichtlich sind Ihnen die Aussagen Ihrer eigenen Parteifreunde nicht so recht bekannt, wenn Sie von Angriffen auf die Grünen sprechen. Die Vorsitzenden Roth und Bütigkofer schrieben dieser Tage, Multikulturalität fordere sogar Toleranz für Lebensweisen, die man für falsch halte.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Selbstverständlichkeit!)

Meine Damen und Herren! Ich zitiere jetzt Edmund Stoiber: Hierzu sage ich Ihnen ganz klar, das sollten Sie „mal den zwangsverheirateten Mädchen erklären, die vor den archaischen Ehrbegriffen und Traditionen ihrer Eltern in deutsche Frauenhäuser fliehen“. Parallelgesellschaften darf es in Deutschland eben nicht geben. Das ist genau der Punkt, der Nährboden, der im Grunde genommen zu solchen Ergebnissen führt.

Zu Herrn Apfel kann man ganz klar sagen: Herr Apfel, Ihr Tonfall hier in dieser Diskussion erinnert sehr stark an die Berichte der Wochenschauen, wo so eine „Goebbelsschnauze“ stand

(Holger Apfel, NPD: Verleumdung!)

und der ähnliche Tonfall genau aus dieser „Goebbelsschnauze“ kam. Das macht den Leuten in diesem Land Sorge. Gehen Sie davon aus, dass wir uns mit Ihnen außerordentlich genau auseinander setzen werden. Ihre Spielchen werden wir durchkreuzen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der NPD: Wir bitten darum!)

Herr Bandmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Karl-Friedrich Zais, PDS, steht am Mikrofon.)

Nein! Herr Bartl, wenn Sie der Meinung sind, dass Vorbeugen eine Gefahr ist, dann kann ich Sie nicht verstehen. Sie sind doch immer die Ersten, die durch Anfragen und Anträge versuchen, diese Debatte hier im Haus zu führen.

Ich denke, wenn die Dinge in Berlin, wenn die Dinge in den Niederlanden in einer Gewalt explodieren, wie sie

selbst die äußerst liberalen Niederlande in Erschrecken versetzt, dann haben wir die Pflicht und Schuldigkeit, aus Sorge, aus Verantwortung für die Menschen im Freistaat Sachsen die Staatsregierung zu fragen: Wie steht es um uns? Wir stehen unmittelbar vor den Haushaltsberatungen. Was muss getan werden, um genau in diesem Bereich möglicherweise mehr zu tun als bisher, was muss möglicherweise auch strukturell verändert werden? Ich habe nicht gerade ohne Not den Katastrophenschutz angesprochen. Ich halte es für sachgerecht, dass wir diese Fragen hier in diesem Hohen Haus thematisieren, nicht um Angst zu machen, sondern um die Bevölkerung aufmerksam zu machen, dass Vorsorge notwendig und dass Leichtfertigkeit das falsche Signal ist.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU – Klaus Bartl, PDS, steht am Mikrofon.)

Ich frage die SPDFraktion, ob noch Redebedarf besteht. – Wenn das nicht der Fall ist, dann die PDS-Fraktion. Herr Prof. Porsch, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war schon ziemlich schwer zu ertragen, was Herr Apfel alles über das Multikulturelle gesagt hat. Aber, Herr Apfel, als Sie dann vom ethnischen Zerfall gesprochen haben, da war das Fass übergelaufen und dafür bin ich Ihnen dankbar, denn da kam die braune Brühe raus.

(Beifall bei der PDS – Zuruf von der PDS: Jauche!)

Da wussten wir, was in dem Fass ist:

(Beifall bei der PDS, der SPD und den GRÜNEN)