Kollege Günther, können Sie uns vielleicht verraten, welche Programme aus dem ELER Sie zugunsten des Hochwasserschutzes zurückfahren wollen?
Das kann ich Ihnen in diesem speziellen Fall leider noch nicht sagen. Wenn wir aber im Hochwasserschutz mehr finanzieren müssen, müssen wir andere Programme herunterfahren. Wie die Aufteilung prozentual aussehen wird, kann ich Ihnen noch nicht sagen.
Herr Günther, sind Sie vielleicht mit mir auch einer Meinung, dass die verstärkt notwendigen Maßnahmen im Hochwasserschutz nach Möglichkeit überhaupt nicht aus dem ELER finanziert werden sollten, sondern lieber aus dem EFRE?
Die Finanzierung des Hochwasserschutzes wird, glaube ich, so viel Geld kosten, dass wir jede nur denkbare Möglichkeit ausschöpfen müssen, um diese für uns Sachsen lebenswichtigen Maßnahmen zu finanzieren. Ich gehe fest davon aus, dass wir auch etwas aus dem ELER-Programm nehmen müssen.
Ich war bei der Eigenvorsorge stehen geblieben. Die Informationskampagne „Eigenvorsorge beim Hochwasserschutz“ begrüßen wir ebenfalls ausdrücklich. Um welche Probleme geht es? Wir haben zum Beispiel das Problem, dass beim Hochwasser in Sachsen die Leute evakuiert werden mussten, weil die Stromversorgung gekappt wurde. Wir müssen dafür sorgen, dass die Elektrofirmen und die Stromversorger zum Beispiel, wie in Bad Schandau geschehen, die Elektrokästen, die Schaltkästen hoch setzen, damit bei Hochwasser die Leute in ihren Wohnungen, in ihren Häusern bleiben können.
Das nächste ganz spezielle Problem ist im Moment für die betroffenen Menschen, dass dann, wenn sie Ersatzinvestitionen an ihren Häusern neu vornehmen, von den Versicherungen nur die alten, nicht hochwassertauglichen Maßnahmen bezahlt werden. Darüber muss nachgedacht werden.
Aber es gibt auch Dutzende betroffene Betriebe beispielsweise aus dem Bereich der Gastronomie und der Hotellerie, die jetzt noch mit Wiederaufbaukosten der Jahrhundertflut von 2002 zu kämpfen haben. Hier muss der Freistaat mehr tun, als nur beratend zur Seite zu stehen. Hilfreich kann zum Beispiel auch die Unterstützung von Forderungen von Bürgern und Gewerbetreibenden aus Bad Schandau sein, die Flotte der sächsischen Dampfschifffahrt um eine Linie zu erweitern, um den Tourismus vor Ort zum Beispiel in Bad Schandau anzukurbeln.
Also, viele Maßnahmen, bei denen auch die Staatsregierung mitwirken kann, können helfen, die Nachwirkungen der Flut bzw. des Hochwassers in diesem Jahr zu verhindern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landeshochwasserzentrale erklärte am letzten Freitag das Frühjahrshochwasser 2006 für beendet und nun ist die Zeit gekommen, über die Ursachen dieser sich schnell wiederholenden Hochwasser nachzudenken und zügig Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Wir begrüßen als Bündnisgrüne den Antrag der Koalition, dem Landtag bis zum 30.07. einen Bericht vorzulegen. Die Koalition berührt auch alle wesentlichen Punkte von einer Beurteilung der bisher getroffenen Maßnahmen der Hilfe für die Betroffenen bis zur mittelfristigen Absicherung des Hochwasserschutzes im Haushalt. Was aber fehlt, lieber Martin Dulig, ist eine Prüfung, ob sich die bisherigen Planungen und Konzepte vor dem Hintergrund des Frühjahrshochwassers als ausreichend erwiesen haben. Sie wollen lediglich eine Darstellung der Wirksamkeit aller durchgeführten Maßnahmen sowie eventuell Änderungen in der Prioritätenliste. Damit setzen Sie aber
notwendig voraus, dass die Planungen im Grunde ausreichend sind. Es ist zwar verständlich, dass die Koalitionsfraktionen ihr Konzept für allein selig machend halten, für den nötigen selbstkritischen Blick reicht das, meine ich, aber wohl nicht aus.
Stichwort „Prioritätenliste, S 88“. Die Staatsstraße hat nachgewiesenermaßen dazu geführt, dass die Ortschaft Gohlis überflutet wurde. Die im Prioritätenkonzept vorgesehene Durchlöcherung des Straßendamms war erst für 2008 und nicht, wie vom Ministerpräsidenten in der letzten Sitzung behauptet, für dieses Frühjahr geplant. Es ist aber auch zu beachten, dass eben nach diesem Prioritätenkonzept durch die Schlitzung dann nur ein Schutz für ein HQ 5 erreicht werden sollte. Das Frühjahrshochwasser war aber ein HQ 10 mit Tendenz nach oben, etwas mehr. Das heißt im Klartext: Sie haben mit dem Straßenbau die Hochwassergefahr geschaffen, Sie haben zu spät gehandelt, das Prioritätenkonzept ist in diesem Punkt nicht ausreichend und es ist auch nicht sichtbar, dass Sie ausreichende Maßnahmen treffen. Aber – ich kann es mir nicht verkneifen – was soll man von einem Politiker halten, der die vorhandene Katastrophe nicht ausruft, weil er glaubt, damit einen Investor täuschen zu können?
Stichwort „Hochwasserschutzpolitiker“: Fachlich positiv zu bewerten sind etwa die Modellprojekte zu Hochwasserentstehungsgebieten im Ost- und Westerzgebirge. Hier wurde eine engagierte Arbeit geleistet. Jetzt müssen aber die aus den Untersuchungen abgeleiteten Vorhaben auch umgesetzt werden. Und siehe da, es gibt Widerstand aus der lokalen CDU. Der Regionale Planungsverband Südwestsachsen spricht sich vorerst gegen die Ausweisung in Rittersgrün-Breitenbrunn aus. Ich erwähne dies nur deshalb, weil es der Umweltminister im letzten Plenum für richtig gehalten hat, die Umweltverbände für Verzögerungen im Hochwasserschutz verantwortlich zu machen. Herr Tillich, ich sage Ihnen: Das ist ein ziemlich billiges und durchsichtiges Abwehrmanöver gewesen.
Übrigens: Allmählich kommen auch Versäumnisse der Schadensbeseitigung nach 2002 ans Licht. Im Dresdner Stadtrat wurde berichtet, dass „St. Josef“ in DresdenZschieren im Jahr 2006 nach 2002 zum zweiten Mal abgesoffen ist. Nach 2002 wurde zwar die Verlegung beantragt und, wie wir gehört haben, von der WASA auch befürwortet, allerdings vom Sozialministerium abgelehnt – wegen Geldmangels. Jetzt haben wir den Schaden wieder.
Ein weiteres Problem: Die Pieschener Mauer, gleich da hinten. Die LTV plant, in Dresden-Pieschen an der Böcklinstraße – manche kennen vielleicht das Ballhaus Watzke, das ist dort in der Nähe – eine fest installierte Mauer aus Stahlelementen auf den bestehenden Damm aufzusetzen, und zwar mit einer Höhe bis zu 3,50 Meter. Meine Damen und Herren, damit werden die Sichtbeziehungen zum Ostragehege und zur Altstadt völlig unmöglich. Die Stadt Dresden hat sich zu Recht dagegen ausgesprochen
und ich hoffe, dass wir hier zu einer stadtverträglichen Lösung, etwa durch mobile Elemente, kommen können.
Eine weitere Bemerkung. Hochwasserschutz heißt zuerst Prävention. Dabei sollte klar sein: Eine Asphaltierung von Feldwegen und Parkplätzen muss ebenso der Vergangenheit angehören wie die zweckentfremdete Verwendung von Fördermitteln für den Hochwasserschutz zur Straßenverbreiterung oder zur Dorfverschönerung. Die Ämter für ländliche Entwicklung, für die Sie, Herr Tillich, sich gegen Herrn Buttolo sehr einsetzen, zeigen besonderen Ehrgeiz bei der Versiegelung von Flächen im ländlichen Raum und begründen dies auch mit touristischen Nutzungskonzepten. Mir scheint, dass die Belange des Hochwasserschutzes dort noch nicht die nötige Aufmerksamkeit gefunden haben.
Was waren die Ergebnisse dieser Versiegelungsorgie? Von 2000 bis 2005 wurden für ganze 15 Millionen Euro 96 Kilometer Feldwege asphaltiert. Seit 1994 wurden fast 42 Hektar Fläche versiegelt. Dagegen wurden durch Nutzungsaufgabe nur drei Hektar entsiegelt. Herr Staatsminister Tillich, ich sehe keinen Grund, dass Sie diesen Sachverhalt in der Presse auch noch bejubeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Blick auf die Elblandschaft südlich von Dresden zeigt uns, dass wir in diesem Bereich selbst wenig für den Hochwasserschutz tun können. Ich glaube, wir sind uns hier auch einig, es wurde mehrfach angesprochen. Um Bad Schandau, Pirna, Dresden oder Meißen wirksam vor einem Elbehochwasser zu schützen, benötigen wir die Unterstützung der Tschechen und wir wissen auch, dass das Management der Moldau-Kaskaden beim Frühjahrshochwasser 2006 eine ganz erhebliche Schutzwirkung gehabt hat.
Eine aktuelle tschechische Studie im Rahmen des Aktionsplans „Hochwasserschutz Elbe“ der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe hat die Speicherkapazitäten der Moldaukaskaden und des Beckens Nechanice an der Ohře geprüft. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Moldau-Kaskaden eine ausreichende Rückhaltefähigkeit für zehn bis 20 Jahre haben und das Nechanice-Becken sogar für ein HQ 100 ausreichen würde.
Was mir aber bis jetzt nicht klar ist: ob damit tatsächlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind oder ob wir nicht noch mit den tschechischen Freunden reden müssen, um eine weitere Entschärfung der Hochwassersituation für Sachsen herbeizuführen. Deswegen, Herr Staatsminister, möchte ich den Appell an Sie richten: Setzen Sie sich auch in Brüssel dafür ein, dass Tschechien mehr Geld aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung für Infrastruktursondervorhaben, für den Hochwasserschutz erhält. Damit kann auch in Tschechien unter anderem die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gefördert werden.
Darüber hinaus – und das sage ich ganz deutlich – müssen wir grundsätzlich bereit sein, uns im Interesse des Hochwasserschutzes für Bad Schandau bis Dresden an der Finanzierung von Anlagen in der Tschechischen Republik zu beteiligen. Im Klartext heißt dies: Wir müssen auch prüfen, sächsische Eigenmittel für tschechische Anlagen
einzusetzen. Ich erwarte dazu von Ihnen, Herr Staatsminister Tillich, im Bericht genaue Aussagen über die Möglichkeiten des Hochwasserschutzes für uns in Tschechien, die sich aus dem Management des NechaniceSpeichers ergeben, und über den Stand der Gespräche mit den tschechischen Behörden.
In diesen Tagen läuft die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung für die Staustufen in der Elbe. Wie ich gehört habe, beabsichtigt die Landeshauptstadt Dresden, aus Gründen des Hochwasserschutzes keine Einwendungen zu erheben. Ich kann dies fachlich nicht nachprüfen, da mir die Unterlagen nicht zugänglich gemacht wurden. Dennoch möchte ich sagen, dass mich diese Einschätzung doch sehr verwundert und dass ich Aufklärung über die Haltung der Staatsregierung in dieser Frage verlange. Ich erwarte hier eine sorgfältige Prüfung und Information des Landtags und der Öffentlichkeit. Die Stellungnahme der Staatsregierung zu den Elbestaustufen sollte in dem Bericht ausführlich behandelt werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich wieder an unseren hoch geschätzten Herrn Wirtschaftsminister wenden, der jetzt sicher für wichtige Dienstgeschäfte abwesend ist. Sie wissen, dass ich nicht müde werde, seine zwiespältige Haltung zu kritisieren. Als SPDVorsitzender und Wirtschaftsminister ist er offiziell gegen die Staustufen, als hundertprozentiger Inhaber der Sächsischen Binnenschifffahrt Oberelbe GmbH lässt er in Tschechien für den Ausbau der Staustufen werben. Herr Jurk, ich sage Ihnen: Das ist keine glaubwürdige Politik.
Es kommt noch ein kleiner Schlenker dazu, der in diesem Zusammenhang zu sagen ist: Die SPD hat es jetzt in Sachsen-Anhalt geschafft, auch dort zum Juniorpartner der CDU aufzusteigen, und ich möchte doch sehen, wie der Kollege Bullerjahn jetzt seinen neuen Einfluss geltend machen wird, damit Sachsen-Anhalt von seinen völlig überzogenen Ausbauplänen Abstand nimmt.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, es ist noch viel Arbeit zu leisten, und wir werden Sie weiter kritisch begleiten.
Frau Präsidentin, ich habe aus den Fraktionen vernommen, dass unserem Antrag zugestimmt wird. Deswegen kann ich mir jetzt weitere Überzeugungsarbeit sparen, ich werde also nicht reden. Wir werden auch noch einmal Gelegenheit haben, wenn der
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde gern dem Beispiel von Herrn Kupfer folgen.
Leider ist es mir nicht möglich, weil ich noch einige Fragen stellen möchte, die bisher unbeantwortet geblieben sind und die aus meiner Sicht mit in den Bericht gehören. Deshalb will ich sie an dieser Stelle noch einmal formulieren.
Dass wir dem Antrag zustimmen, hat Frau Kollegin Kagelmann bereits erklärt. Insofern gehe ich auch davon aus, dass es den Bericht geben wird.
Was das Hochwasser vom April anbelangt, ist Sachsen letztlich mit einem blauen Auge davongekommen. Wir haben einfach Glück gehabt, dass die Schäden nicht größer ausgefallen sind. Das Ganze ist halbwegs glimpflich abgelaufen. Aber ich füge hinzu: nicht wegen des umsichtigen Handelns der Staatsregierung, sondern trotz der Versäumnisse, die es seit 2002 leider in großer Zahl gegeben hat. Ich verweise diesbezüglich noch einmal auf den Redebeitrag vom 6. April, in dem ich darüber ausführlich gesprochen habe.