Protocol of the Session on May 11, 2006

(Heiterkeit bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Mehr sagt Herr Metz nicht? Das glaube ich nicht.)

Ich kann hinzufügen: Wir waren uns auch mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der

FDP einig. Deshalb ist es wohl folgerichtig, dass Herr Minister Metz dem Parlament die Ablehnung vorschlägt.

Der Zufall will es – das finde ich gar nicht so schlecht –, dass ich als Bildungsminister hier Stellung nehmen kann. Deshalb erlaube ich mir auch eine Anmerkung, denn es hat genau mit Bildung etwas zu tun.

Natürlich ist es richtig – es zeichnet Sie aus, Herr Prof. Porsch, dass Sie es immer in ein charmantes Kleid hüllen –, dass auch ich im Lande werbe: Leute, nehmt Geld in die Hand, denn alle Ausgaben in Bildung – in Wissenschaft und Forschung, kann ich erweitern – sind Investitionen in die Zukunft.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Das ist so,

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Ja!)

und das findet sich wohl auch in jeder Rede von führenden Politikern. Nun könnte man daraus Schlussfolgerungen ziehen, und das versuchen Sie auch und deshalb werben Sie um Unterstützung für Ihren Antrag. Aber in Ihrem Antrag geht es um etwas völlig anderes.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Sie wollen, dass die Staatsregierung initiativ wird, um § 10 des Haushaltsgrundsätzegesetzes zu ändern. Da haben Sie, Herr Weckesser, nicht ganz Recht, wenn Sie sagen, das sei alt und verstaubt. So lange ist es gar nicht her, dass man sich darauf verständigt hat, es so zu regeln, wie es jetzt geregelt ist. Das müssen Sie, denke ich, zugeben. Überlegen Sie doch einmal genau. Wofür ist es eigentlich wichtig? Ein Haushalt legt fest – und in diesem Jahr haben wir Haushaltsberatungen –, wo die entsprechenden Prioritäten gesetzt werden. Als Bildungsminister kann ich jetzt noch ein bisschen ruhiger schlafen, denn ich habe heute von allen Rednern gehört: Es wird breite Unterstützung geben, eine Priorität eins für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Haushalt zu setzen. Darauf kommt es doch an.

Wenn Sie nun mit dem Investitionsbegriff des Haushaltsgrundsätzegesetzes operieren, dann geht es doch darum: Wofür ist es denn wichtig? – Lediglich für die Frage, in welcher Höhe dem Staat erlaubt ist, Kredite aufzunehmen. Das ist nämlich nur für Investitionen erlaubt. Da will ich Ihnen sagen: Mich freut, dass nach und nach die Zustimmung wächst, dass wir alsbald auf Neuverschuldung verzichten und dass wir das auch in der Verfassung verankern sollten. Wenn das geschehen ist, ist es völlig uninteressant, wie ich die Ausgaben in einem Haushalt bezeichne, ob als Investitionen oder als Konsum, denn es entfällt dann das Problem, dass die Gefahr besteht, für Gehälter Schulden aufzunehmen.

Dazu verführen Sie, Herr Prof. Porsch, aber im Augenblick, und das muss ich hier einmal entlarven. Sie wollen die Möglichkeit einräumen, dass zukünftig auch für

Gehaltszahlungen Schulden aufgenommen werden können. Wer das empfiehlt, der muss den jungen Leuten im Land sagen, dass er möchte, dass wir als Gesellschaft weiterhin auf Kosten der Kinder leben. Das darf es nicht mehr geben, das ist Lumperei!

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie haben Herrn Weckesser nicht zugehört! Das ist aktuell gar nicht die Frage!)

Herr Kollege Bolick hat darauf hingewiesen, dass die Diskussion an einer zweiten Stelle eine Rolle spielt. Landauf, landab wird diskutiert, ob es nicht von Vorteil wäre, wenn wir den Investitionsbegriff im Zusammenhang mit dem Solidarpakt zwischendurch ändern sollten und Ausgaben für Bildung, für Wissenschaft und Forschung dort als Investitionen deklarieren würden. Wenn Sie das gemeint haben, Herr Prof. Porsch, dann empfehle ich Ihnen, sich zunächst einmal mit den Ländern abzustimmen, in denen Sie in der Regierung sitzen, in denen die PDS in der Regierung sitzt. In Berlin könnte es sein, dass Sie Zustimmung bekommen, aber schon in Mecklenburg-Vorpommern werden Sie keine bekommen.

Denn wer diesen Weg geht, der versündigt sich an unserem Land. Ich sage Ihnen: Wenn dieser Weg mehrheitsfähig wird, dann wird an dem nächsten Tag, nachdem der Begriff geändert ist, der Solidarpakt durch die westlichen Bundesländer berechtigt aufgekündigt werden, denn dieser Solidarpakt beruht auf Folgendem – das will ich im Hohen Hause noch einmal anführen –:

Es wurden nach 1989 Dinge aufgelistet, bei denen nachweisbar war, dass es im Osten Deutschlands einen Nachholbedarf gibt – im Übrigen genau aufgrund dessen, was die DDR hier hinterlassen hat. Diese Dinge wurden definiert und es wurde eben nicht definiert, dass etwa die Menschen in Ostdeutschland dümmer wären als die in Westdeutschland – dann hätte man es definiert und hätte festgelegt, wie viel dort zu investieren ist –, sondern es wurde festgestellt, dass Schulen, Hochschulen, Straßennetze, Eisenbahnnetze, Flughäfen usw. usf. in marodem Zustand sind. Das wurde damals vereinbart und wir hängen alle sehr davon ab, dass dieser Pakt bis 2019 hält. Ich kann nur davor warnen. Herr Prof. Porsch, Sie versündigen sich an Sachsen, wenn Sie weiter dafür werben, das aufzuweichen. Das wäre für unser Land eine Katastrophe.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Sven Morlok, FDP)

Ergibt sich daraufhin weiterer Aussprachebedarf? – Dann bitte ich um das Schlusswort. Herr Kollege Hilker, Linksfraktion.PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manches Mal würde ich Ihnen empfehlen, den Text, wie wir den Antrag formuliert haben, genau zu lesen. Und zwar geht es uns darum, einen Investitionsbegriff zu verändern, wohlgemerkt einen

Investitionsbegriff, der seit 50 Jahren so gilt, wie er gilt. Wenn Sie 50 Jahre zurückschauen, werden Sie feststellen, dass Deutschland damals anders aussah als heute. Wir sind der Meinung, im 21. Jahrhundert bedarf es auch neuer Definitionen und Leitgedanken, um die Bundesrepublik Deutschland nach vorn zu bringen.

Sie unterstellen uns, Herr Bolick, dass wir den Rahmen für die Nettokreditaufnahme erhöhen wollen, allein den Beweis für Sachsen bleiben Sie schuldig. Ich möchte daran erinnern, dass wir in den Haushaltsdebatten der letzten Jahre seit 2000 immer einen Haushalt vorgelegt haben, der im Rahmen der Nettokreditneuaufnahme der Staatsregierung blieb, zum Teil sogar darunter lag.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Herr Staatsminister Flath, Sie unterstellen uns, wir wollten den Investitionsbegriff verändern, um den Beamten mehr Geld zu zahlen, um den Angestellten mehr Geld zu zahlen und somit die Verschuldung in die Höhe zu treiben, allein den Beweis bleiben Sie schuldig und ich sage: Unser Haushalt hieß „Bildung statt Rückbau“ und nicht „Bildung und höhere Gehälter“ allein.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ja, meine Damen und Herren von der CDU, Sie können sagen, wir würden mit unseren Vorschlägen dazu beitragen, dass zukünftige Generationen stärker belastet würden. Doch sehen wir uns einmal die Ergebnisse Ihrer Politik an: Zehn Kilometer Autobahn kosten 60 Millionen Euro. Das sind die Mittel zur Errichtung eines Fraunhofer-Instituts. Noch heute baut die Bundesrepublik Autobahnen und über die Folgekosten von Autobahnen, die in Zukunft zumindest in Ostdeutschland viel weniger genutzt werden, wird kaum gesprochen. Diese Folgekosten werden auch Sachsen und die sächsischen Steuerzahler in Zukunft belasten.

Herr Minister Flath, da Sie uns direkt angesprochen haben: Welche Schule hat denn welche Abbrecherquoten? Ich frage Sie: Warum ist es so, dass in Sachsen seit 15 Jahren 5 000 Schüler jährlich – oder auch mehr – die Schule ohne Abschluss verlassen?

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Hört, hört!)

5 000 Schüler und mehr pro Jahr! Nehmen wir es mal 15, dann sind wir bei 75 000. Das werden sicherlich auch Menschen sein, die in Zukunft mehr oder weniger die staatlichen Kassen belasten. Setzen wir dafür nur 10 000 Euro pro Jahr an, kommen wir in Zukunft auf 750 Millionen Euro Folgekosten pro Jahr.

Natürlich muss das nicht alles der Freistaat zahlen. Einen Teil trägt der Freistaat, einen Teil die Kommunen und einen Teil der Bund. Aber mit dieser Politik – einer Politik von 15 Jahren – haben Sie auch die Zukunft belastet. Ja, wir fördern eine Überführung des Investitionsbegriffes in einen zukunftsfähigen Investitionsbegriff.

Herr Bolick, Sie können uns natürlich unterstellen, dass die Debatte überflüssig wie ein Kropf ist. Doch manchmal frage ich mich: Wo leben Sie denn? Wenn Sie die gesellschaftliche Debatte verfolgen, werden Sie feststellen, dass es von allen Ecken und Seiten drängt: Der Investitionsbegriff muss verändert werden. Manchmal denke ich, dass Sie sich immer noch im Tal der Ahnungslosen fühlen. Mein Kollege Weckesser hat es deutlich gemacht: Was Sie hier betreiben, meine Damen und Herren von der CDU, ist nicht mehr und nicht weniger als geistige Arbeitsverweigerung. Ich denke, für manche von Ihnen gilt: Arbeiten wie unter Honecker, leben wie unter Kohl.

(Peter Wilhelm Patt, CDU: Pfui!)

Doch die Zeiten, meine Damen und Herren, sind ein für allemal – zumindest im 21. Jahrhundert – vorbei. Halten Sie sich nicht weiter an Formalien fest. Stellen Sie sich der Zukunft und stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Das war das Schlusswort, meine Damen und Herren. Wir nähern uns den Abstimmungen. Es gibt einen Änderungsantrag seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Hermenau, Sie möchten ihn noch einbringen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Weckesser, Sie von der PDS haben den Antrag so gestellt, dass ihm wirklich keiner zustimmen kann. Ich denke auch, dass Sie das absichtlich so machen; denn Sie wollen gern mit einer Monstranz vor sich herlaufen und sagen: Wir sind die Wahren, die Helden, die Aufrechten und die Guten. Wir wollten das Richtige, alle anderen haben es verhindert.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

So gefallen Sie sich. Aber wissen Sie: So verhindern Sie jeden Fortschritt in dieser Sache; denn für das, was Sie wollen, brauchen Sie Mehrheiten in diesem Lande. Und vor die Mehrheiten hat der liebe Gott die Arbeit gesetzt. Das gilt gerade hier im Parlament.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

So ist das. Da hätten Sie sich sehr wohl anschauen können, welche ganz konkreten Vorschläge unser Änderungsantrag macht, wie man sich hier im Parlament – sei es im Haushalts- und Finanzausschuss oder im Plenum – ruhig und sachlich mit Einzelfragen auseinander setzt, um ein klares Bild zu gewinnen und vielleicht dann wirklich einmal Mehrheiten herzustellen. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch Leute anderer Fraktionen damit sympathisieren, zum Beispiel in Zukunft einen Zuschuss an die Landesbank von 300 Millionen Euro nicht mehr als Investition gelten zu lassen, sondern lieber woanders in den Haushalt hineinzustecken. Damit, denke ich, bin ich nicht allein.

Oder die Frage, ob man zum Beispiel etwas in betriebsnahe Forschung und Entwicklung hineinsteckt, das als

Investition aufnimmt. All das wäre möglich, wenn man dies alles von der Sache her aufdröseln würde. Dabei muss man sehr viele Dinge herausnehmen. Diese Debatte haben Sie nicht geführt. Im Gegenteil: Sie haben Ihren Antrag unannehmbar gemacht, weil Sie ihn völlig von der Verschuldungsbegrenzung entkoppeln. Das hat schon damals nicht funktioniert, obwohl Sie 1972 auf dem VIII. Parteitag der SED beschlossen haben, Sie wollen gern Wirtschafts- und Sozialpolitik vereinen. Herausgekommen ist bei der ganzen Angelegenheit dann das Ende der DDR.

(Widerspruch des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Ich halte nichts davon, wenn man etwas postuliert, wie eine Monstranz vor sich her trägt und keine Einzelschritte abarbeitet. Der Änderungsantrag hätte Ihnen das Abarbeiten ermöglicht. Aber vielleicht gehen Sie auch davon aus, dass er keine Mehrheit findet. Das kann gut sein. Darüber will ich mich nicht streiten. Trotzdem hat der liebe Gott vor den Erfolg die Arbeit gesetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der SPD)

Danke schön. Meine Damen und Herren, gibt es dazu Aussprachebedarf? – Ladys first – Frau Mattern, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hermenau, erst einmal ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie sagen, dass wir die Guten sind. Damit sind wir einverstanden.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Zum anderen sind wir Ihnen sogar dankbar für Ihren Änderungsantrag; denn Sie sind im Wesentlichen die einzige Fraktion im Hohen Hause, die überhaupt auf unser Angebot eingegangen ist, eine Diskussion über diese Thematik würdig zu führen.