Protocol of the Session on April 7, 2006

Das ist sehr nett, dass Sie das noch einmal so benennen. Ich wollte das von Ihnen wissen, weil nach meinem Kenntnisstand eigentlich das größte Problem bei Schließungen von Mittelschulen im ländlichen Bereich existiert. Wenn Sie mir unterstellen, dass ich Hauptschulen mit meinen Überlegungen zur Einzügigkeit von Mittelschulen fordere, war meine Frage: Gehen Sie davon aus, dass im ländlichen Bereich nur Kinder mit ihren Eltern leben und wohnen, die ein Hauptschulniveau haben? Das würde der logische Schluss für mich sein. Genau das konnte ich im ländlichen Bereich nicht feststellen.

Die Frage ist für mich nicht beantwortbar. Aber Ihre Behauptung ist aus meiner Sicht falsch, Frau Falken.

(Beifall bei der CDU)

Heute gehen die Anhörungsschreiben an die Schulträger. Es sind etwa 55 an der Zahl. Am Montag wird die Liste allen zur Verfügung gestellt. Dann haben die Träger der Schulen und auch die Landkreise die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Nach Auswertung dieser Stellungnahmen wird die endgültige Entscheidung fallen.

Abschließend kann ich sagen: Wir haben es fast geschafft, was die Anpassung des Schulnetzes an die demografische Entwicklung betrifft. Bei den Gymnasien ist dies vollständig gelungen. Unbestritten ist, dass die Änderung der Bildungsempfehlung dort auch etwas geholfen hat. Bei den Grundschulen wird es keine Eingriffe geben. Auch das ist sehr erfreulich. Bei den Mittelschulen schätze ich ein, wenn wir in diesem Jahr noch 35 Mittelschulen aus dem Netz nehmen, dass sich dann das übrige Schulnetz so weit stabilisiert hat, abgesehen einmal von der einen oder anderen Großstadt, dass es möglich sein wird, im nächsten Jahr weitestgehend auf Eingriffe zu verzichten. Wenn wir das geschafft hätten, stünde den Eltern eine gute Zeit bevor, weil sie dann nicht mehr in dieser Ungewissheit schweben, ob ihre Kinder auch tatsächlich ihren Abschluss an einer bestehenden Schule machen können.

Insgesamt bin ich mit dieser Entwicklung sehr zufrieden. Aber in diesem Jahr müssen wir noch einmal durch.

Danke schön.

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Dr. Hahn.

Herr Staatsminister, Sie sind vielleicht zufrieden mit der Entwicklung, wir aber nicht mit Ihrer heutigen Stellungnahme und Ihrer heutigen Rede. Trotz zweimaliger Fragestellung haben Sie offenbar nicht begriffen, was Frau Falken von Ihnen wollte.

Sie behaupten, einzügige Mittelschulen würden in der Endkonsequenz Hauptschule bedeuten. Wir sagen, dass der Anteil von potenziellen Schülern mit Hauptschulabschluss prozentual bei 20 Schülern genauso hoch ist wie bei 40 oder 60. Demzufolge gibt es keinen Grund für die

Behauptung, die Sie hier zweimal in den Raum gestellt haben.

Sie haben gesagt, Sie haben eine Liste über die Schulschließungen im Kopf. Irgendwie müssen wir gestern alle nicht richtig geguckt haben. Sie hatten eine Liste auf dem Papier, eine richtig schöne Liste für jeden Kreis. Sie haben sich jeden Wahlkreisabgeordneten der CDU und der SPD genommen, haben denen die Liste gezeigt und getestet, wie der Widerstand ausfallen wird, wo Sie die größten Prügel bekommen. Das korrigieren Sie jetzt noch über Nacht und informieren nun die Schulen.

Da muss ich einfach sagen: Das ist eine inakzeptable Teile-und-Herrsche-Politik. Es gibt keine zwei Klassen von Abgeordneten in diesem Landtag.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Deshalb unterstreiche ich noch einmal, was Frau Falken gesagt hat: Ich fordere Sie auf, dass Sie diese Liste heute und hier dem ganzen Haus zur Verfügung stellen und keine Geheimniskrämerei betreiben, wie Sie es getan haben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber bitte.

Bitte.

Herr Kollege Hahn, können Sie beweisen, dass die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen eine Liste oder Einsicht in eine Liste bekommen haben, wie Sie behauptet haben? Ich habe nämlich so etwas nicht gesehen.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Ich auch nicht!)

Da habe ich mehr gesehen als Sie, denn ich habe die Liste mit eigenen Augen gesehen, aber ich durfte nicht hineinschauen. Das ist der Unterschied.

(Lachen des Abg. Horst Rasch, CDU)

Ich durfte sie nicht lesen. Der Minister hat sie mir gestern trotz Nachfrage nicht gegeben. Ich habe mich persönlich an ihn gewandt. So weit zu Ihrer Frage.

Ich möchte noch etwas anderes sagen, weil mich die Äußerungen von Herrn Colditz sehr geärgert haben. Er hat gesagt, eine höhere Abiturquote sei nicht erstrebenswert, und hat fortgeführt: Dann hätte ja möglicherweise auch die Krankenschwester Abitur.

Herr Colditz, was wäre daran so schlimm? Wir wollen eine möglichst hohe Bildung für alle Menschen in diesem Land. Ich muss sagen, manchmal hat man den Eindruck, die CDU handelt in der Bildungspolitik nach dem Motto: Ein dummes Volk lässt sich besser regieren.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der Abg. Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE)

Das scheint Ihr Motto zu sein. Unseres ist es nicht, wir wollen ein möglichst kluges Volk.

(Zuruf von der CDU: Das ist eine Frechheit!)

Herr Colditz hat noch ein Zweites gesagt: Er könne nicht verstehen, wo denn der Zusammenhang zwischen den veränderten Zugangsbestimmungen und der Schulnetzplanung liegt. Herr Colditz ist jetzt leider nicht mehr da, aber ich will trotzdem darauf eingehen.

Wenn ein Drittel mehr, mancherorts sogar doppelt so viele Schülerinnen und Schüler von der Grundschule ans Gymnasium gehen, dann fehlen natürlich diese Schüler an den Mittelschulen. Aber die Lösung kann doch nicht allein darin bestehen oder darin liegen, dass man Mittelschulen schließt. Aus unserer Sicht liegt der richtige Weg darin, die Vorgaben für die Klassenbildung, für die Mindestschülerzahlen herabzusetzen oder wenigstens die Ausnahmeregelungen großzügiger anzuwenden. Das wäre die richtige Antwort, zumal man nicht weiß, ob die Tendenz, wie sie sich jetzt abzeichnet, was den Zugang zum Gymnasium betrifft, auch noch in den nächsten Jahren anhalten wird.

Herr Flath, Sie haben dann in Ihrer Rede hier auch noch gesagt, leistungsstarke Schüler werden an den Mittelschulen gebraucht. Ich gebe Ihnen da völlig Recht; richtig. Aber warum ziehen Sie dann die Besten aus der Mittelschule nach der Klasse 4 ab, indem Sie sie zum Gymnasium geben, wenn sie an der Mittelschule gebraucht werden?

Das führt mich zu meiner letzten kurzen Bemerkung. Wir hätten uns fast die ganze Debatte über die Schließung von Schulstandorten sparen können, wenn man endlich von der Trennung der Kinder nach der Klasse 4 wegkommen und eine längere, mindestens bis zur 8. Klasse gehende gemeinsame Schulzeit durchsetzen würde.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der Abg. Astrid Günther- Schmidt, GRÜNE)

Dafür stehen wir, die Linksfraktion.PDS, seit Langem; Frau Falken hat darauf hingewiesen. Ich glaube, es wäre gut für Sachsen, wenn wir möglichst schnell die Weichen in diese Richtung stellen würden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Dann Herr Minister, bitte.

Herr Abg. Dr. Hahn, ich muss noch einmal etwas erwidern und das zurückweisen, was Sie hier vorgetragen haben.

Zum Ersten. Ich habe nicht behauptet, dass, wenn wir ein einzügiges Mittelschulsystem haben, dann jede Mittelschule eine Hauptschule werden würde. Es würde aber bedeuten, dass einige dieser Schulen sich von selbst zu Hauptschulen entwickeln. Dieser Gefahr begegnen wir,

indem wir Schulen eine gewisse Mindestgröße vorschreiben. Das zum Ersten.

Zum Zweiten. Ich will ganz deutlich sagen, ich kenne meine Pflicht, dass ich Abgeordnete gleich zu behandeln habe. Ich weise noch einmal zurück, dass es eine Schließungsliste gäbe, die ich Ihnen gestern nicht gezeigt hätte.

(André Hahn, Linksfraktion.PDS: Was?)

Das ist völliger Quatsch! Natürlich, wenn ich mit Abgeordneten der Koalitionsfraktionen spreche, dann habe ich mich bei den Gesprächen auf eine Anmeldeliste bezogen.

(André Hahn, Linksfraktion.PDS: Daraus gingen ja die Schließungen hervor!)

Ja, Herr Dr. Hahn, da sind Sie doch nicht im Nachteil! Das hat doch bereits jede Lokalredaktion fast am selben Tag, damals am 18. März, veröffentlicht. Die Zahlen haben Sie doch auch, Herr Dr. Hahn.

Dass ich mit Abgeordneten spreche, von denen ich mir Unterstützung für diese unpopulären Einschnitte erhoffe, ist doch wohl ganz logisch. Mit Ihnen habe ich gestern deshalb nicht gesprochen, weil ich mir von Ihnen von vornherein keine Unterstützung in dieser Sache erhoffe.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Bei Schulschließungen nicht!)

Herr Dr. Hahn, Sie vertreten eine Partei, die im 16. Jahr ausschließlich aus Protest versucht, Honig zu saugen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.

Bitte.