Das Kabinett wird, wie schon in der Debatte erwähnt, in Kürze darüber entscheiden. Das Standardkostenmodell ist ein rechnerisches Hilfsmittel, das auf praktische Erfahrungen aus den Niederlanden, Dänemark, Norwegen und Schweden beruht. Mit diesem können die Kosten, die in Unternehmen – und nicht nur dort – durch staatliche Informationspflichten entstehen, relativ einfach bestimmt werden.
Sie werden fragen, warum wir uns auf die Kosten beschränken, die durch die Information staatlicher Stellen, etwa Statistiken, entstehen. Weil diese einfach zu beziffern sind und weil sie unpolitisch sind. Der Verzicht auf materielle Standards ruft politische Diskussionen hervor – gegen die Vereinfachung und den Abbau von Mitwirkungspflichten gibt es demgegenüber regelmäßig keine Einwendungen. Zudem will der Bund dieses Modell nach der in Berlin beschlossenen Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene einführen und auch die EU hat sich für die Einführung des Standardkostenmodells in die Brüsseler Gesetzesfolgenabschätzung entschieden. Ein einheitliches Modell schafft Vergleichbarkeit und Transparenz.
Was haben wir vor? – Wir wollen in einem ersten Schritt mit dem so genannten Quickscan, einem gegenüber dem Standardkostenmodell nochmals vereinfachten Verfahren, zunächst die dicken Fische, das heißt, die Gesetze und Verordnungen mit den größten Informationskosten, aus dem Paragrafenteich herausangeln. Anschließend möchten wir die von den einzelnen Gesetzen und Verordnungen hervorgerufenen Kosten nach der so gewonnenen Prioritätenliste genauer ermitteln.
Mit einer so genannten Nullmessung wollen wir die gegenwärtigen Bürokratiekosten ermitteln – Holland kam bei einer solchen Messung auf eine Summe von 16,4 Milliarden Euro oder 3,6 % des BIP –, danach legen wir Abbauziele fest. In den Niederlanden hat man sich eine Senkung der Bürokratiekosten in einer Legislaturperiode um 25 % vorgenommen.
Ich begrüße deshalb grundsätzlich die Intention des Antrags der FDP. Er ist aber nicht erforderlich. Wir sind schon auf dem Weg, auf den die FDP uns weisen will.
Auf der anderen Seite sollten wir uns aber auch vor Schnellschüssen, wie zum Beispiel in Brandenburg, schützen. Dort versucht ein Landtagsausschuss, einen Bürokratie-TÜV in kürzester Zeit einzuführen. Dabei bleibt aber eine Abstimmung mit dem Bund und den übrigen Ländern auf der Strecke, und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse geht verloren.
Wir wollen dagegen schrittweise vorgehen. Vor der verbindlichen Einführung des Standardkostenmodells wollen wir ein Modellprojekt unter Einbeziehung der Industrie- und Handelskammern sowie der Fachressorts durchführen. Wir wollen uns zudem mit dem Bund und den anderen interessierten Ländern abstimmen, auch was die genaue Methode anbelangt. Anschließend hat der Landtag Anspruch auf einen Bericht über den weiteren Fortgang der Sache. Erst dann sollten wir das Modell verbindlich einführen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zielsetzung des Antrags der FDP-Fraktion ist es, einen Beitrag zum hoffentlich nunmehr in Deutschland und auch in Sachsen eintretenden Mentalitätswechsel zu leisten. Weniger Bürokratie und dafür mehr Freiheit für Bürger und Unternehmen, das ist das Gebot der Stunde.
Lassen Sie mich auf den Redebeitrag des Kollegen Petzold zurückkommen. Er hat eindrucksvoll dargestellt, dass eine kleine mittelständische Firma im Vogtländischen, die Firma Gerber – das ist eine Firma, die zu den kleinen Firmen in Sachsen gehört –, vier bis fünf Tage ihrer monatlichen Arbeitszeit zur Bearbeitung von Vorlagen, Formularen und sonstigen Arbeitsanweisungen benötigt.
Diese Dinge gehören abgeschafft und diese Arbeitszeit dazu verwandt, Wachstum und Beschäftigung im Freistaat Sachsen zu fördern.
eine Erkenntnis habe ich in den letzten Tagen gewonnen: dass Sie immer noch nicht verstanden haben, dass, wenn
ich einen Staat finanziere, das mit Geld zu tun hat. Dass Ihre Partei über 40 Jahre lang nichts von Geld verstanden hat und auch heute noch nicht versteht, das haben Sie mit Ihrem heutigen Redebeitrag bewiesen.
Herr Prof. Porsch, Sie hatten gestern die Gelegenheit, mich zu fragen. Heute nutzen Sie es auch nicht. Entweder Sie nutzen das Mikrofon oder – –
Sie kommentieren, gut. – Dann möchte ich als Nächstes meinen Kollegen Bräunig kommentieren. Erstens hat es mich schon verwundert – –
Das ist nicht notwendig, wir sind eine liberale Partei. Aber ich kann jetzt keine Frage mehr zulassen, weil meine Zeit abläuft.
Auch der Verweis von Herrn Bräunig auf den Paragrafenpranger, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann den FDP-Antrag nicht entkräften. Der Paragrafenpranger stellt lediglich eine mögliche Deregulierung von Einzelvorschriften im Freistaat Sachsen dar.
Sehr geehrte Damen und Herren! Bürokratie kostet Geld, viel Geld – Geld, das an anderer Stelle fehlt.
Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen bitte ich Sie, unserem Antrag zur Einführung eines BürokratiekostenTÜV in Sachsen zuzustimmen.
Sie haben es noch in der Zeit geschafft. – Meine Damen und Herren, das war das Schlusswort und somit kommen wir zur Abstimmung.
Ich stelle die Drucksache 4/4774 jetzt zur Abstimmung. Wer der Drucksache zustimmt, der melde sich bitte jetzt. – Die Gegenprobe! – Die Stimmenthaltungen. – Bei einigen Stimmenthaltungen und Pro-Stimmen ist dieser Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Aufklärung des Einsatzes sächsischer Polizisten vom 6. März 2006 in der Dresdner Kindertagesstätte „Outlaw“ und Schlussfolgerungen für die strikte Wahrung der Grund- und Menschenrechte bei polizeilichen Maßnahmen gegenüber Ausländerinnen und Ausländern
Die einreichenden Fraktionen haben wie immer die ersten Worte. Es beginnt die Fraktion der GRÜNEN, Herr Lichdi, danach die Linksfraktion.PDS, danach wie gewohnt.
Herr Lichdi, Sie haben das Wort. – Während Herr Lichdi nach vorn kommt: Die Ausländerbeauftragte, Frau de Haas, sowie Herr Schmidt von den Fraktionslosen haben zusätzlich das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am Mittwoch haben wir in aller Länge und Breite über die Familie in Sachsen debattiert. Die Staatsregierung hat uns dazu eine 50-minütige Regierungserklärung beschert. Heute gab es Diskussionen über die richtigen Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls. Nun können Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, konkret in Sachen Familie und Kinder tätig werden.
Die Entführung eines dreijährigen Kindes aus Angola als Pfand für eine Abschiebung der Mutter und ihres kleinen Kindes hat Ihnen, verehrte Staatsregierung, bundespolitische Aufmerksamkeit beschert. Man kann Sie also beglückwünschen. Sie sind nicht nur von den überregionalen Medien registriert worden, sondern waren auch Thema am Mittwoch in der Kinderkommission des Bundestages. Von dieser wurden Sie zu einer Stellungnahme aufgefordert. Danach wird die Kinderkommission entscheiden, welche weiteren Schritte sie einleiten möchte.
Wir als GRÜNEN-Fraktion möchten nicht unterstellen, dass ein solcher Abschiebefall in Sachsen gang und gäbe wäre, wir möchten Ihnen jedoch die Ernsthaftigkeit des Falls vor Augen führen und fordern Konsequenzen, zum einen für die Betroffenen, zum anderen und vor allem für die künftige Abschiebepraxis.
Was ist geschehen? – Am 6. März 2006 dieses Jahres erschienen um 06:00 Uhr morgens zwei Polizeibeamte an der Wohnung der angolanischen Frau und ihres dreijährigen Sohnes, um die Abschiebung zu vollziehen. Beide waren nicht anwesend. Ein Nachbar informierte die Polizei darüber, dass der dreijährige Junge in die Kita in Dresden-Gorbitz geht. Daraufhin haben die Beamten bei ihrer Polizeidienststelle angerufen, um nachzufragen, ob sie das Kind aus der Kita holen sollten. Dies wurde wohl
bejaht. Die Polizeibeamten – und das ist mir sehr wichtig – handelten also wohl nicht auf eigene Faust, sondern auf Weisung.
In der Kita angekommen, forderten die beiden Polizeibeamten die Herausgabe des dreijährigen Jungen. Die KitaMitarbeiterinnen informierten die Mutter, die einen Bekannten zur Kita schickte, der bevollmächtigt war, das Kind abzuholen. In der Zwischenzeit sandte die Polizei zwei weitere Beamte. Es befanden sich also zwischenzeitlich vier Beamte in der Kita, um – eindeutig rechtswidrig – ein Kind an sich zu nehmen. Die Kita-Mitarbeiterinnen beschreiben das Verhalten der Polizeibeamten als – ich zitiere – „völlig unangemessen, einschüchternd und aufdringlich“. Die Polizei verbrachte den Jungen und – worauf die Kita bestand – eine Kita-Mitarbeiterin zum Kinder- und Jugendnotdienst der Stadt Dresden. Nach drei Stunden gab die Polizei den Jungen wieder zurück, wie uns im Innenausschuss mitgeteilt wurde, weil mittlerweile die Abschiebung durch Zeitablauf nicht mehr möglich war.
Diese Maßnahme stellt sich aus unserer Sicht als rechtswidrig dar. Im Einzelnen: Nach § 42 SGB VIII kann das Jugendamt ein Kind in Obhut nehmen, wenn sich das Kind in einer dringenden Gefahr befindet und die Personen des Sorgeberechtigten nicht widersprechen oder eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann.
Meine Damen und Herren! Sie erkennen unschwer, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen, und zwar abgesehen davon, dass es die die Abschiebung vollziehenden Beamten offensichtlich nicht für nötig befunden haben, eine Person vom Jugendamt hinzuzuziehen.