Anträge zu stellen. Spätestens im Dezember dieses Jahres müssen derartige Anträge vorliegen, weil die Anmeldungen der Schüler für das Schuljahr 2007/2008 bereits Anfang März 2007 durchgeführt werden.
Die Schülerzahlen sinken. Das ist keine Weisheit. Das ist auch nicht strittig. Ich denke, darüber sind wir uns in diesem Hohen Haus einig. Aber die Schülerzahlen sinken an öffentlichen Schulen. Schauen Sie sich die entsprechenden Statistiken an. Sie sinken nicht an den Schulen in freier Trägerschaft und auch nicht an öffentlichen Schulen mit einem besonderen pädagogischen Konzept. Herr Colditz hat das eben bestätigt. Die Schülerzahlen an der Nachbarschaftsschule in Leipzig sinken nicht, im Gegenteil. Die Schülerzahlen beim Chemnitzer Schulmodell sinken auch nicht, sondern steigen. Darüber müssen wir hier im Plenum nachdenken, um Veränderungen zu ermöglichen.
Einen ersten, großen Erfolg haben wir in Geithain erzielt. Ich habe gestern den Schulleiter angerufen und ihn gefragt: Wie sind die Anmeldezahlen für die neue Gemeinschaftsschule in Geithain?
Er hat mir gesagt, dass bisher für diese Schule 70 Anmeldungen vorliegen. Heute ist der letzte Termin für die Anmeldung.
wird diesen Schulversuch integriert finden in generelle Bemühungen um einen produktiven Umgang mit Heterogenität und damit einer anderen Lernkultur an unseren Schulen.
Wer sich die Rahmenrichtlinien für die Gemeinschaftsschule ansieht, findet wenig Strukturvorgaben und stattdessen die Übertragung eines Maßes an Verantwortung auf jede Schule, die sich auf den Weg machen will. Gemeinschaftsschule ist kein Modell, sondern ein Prinzip, nämlich eigenverantwortliche, differenzierte und förderliche Lern- und Entwicklungsprozesse zu gestalten und zu organisieren.
Gemeinschaftsschulen sind heute vor allem auch dank internationaler Vorbilder in guter Qualität gestaltbar. Allerdings setzt dies einen Entwicklungsprozess voraus bzw. in Gang. Eine schüler- und weltorientierte Lernkultur, die individuelle Förderung sehr viel besser als durch die Separierung in getrennten Klassen und Schulen ermöglicht, muss auf selbst gesteuertem Lernen beruhen und entmachtet die nach wie vor dominante instruktive Pädagogik und Didaktik. Das verlangt von Lehrerinnen und Lehrern, dass sie sich auf einen Prozess begeben, in dem sie ihre Schule und ihre Rolle als Lehrer gründlich verändern. Dass dies einige Zeit braucht, wird jeder sehen, der nur etwas von Schulen in Deutschland versteht. „Schools change slower than churches“, sagte dazu schon ein amerikanischer Schulforscher. „Unsere Schulen haben die Verantwortungslosigkeit kultiviert und sind reformunfähig“, sagt die deutsche Wirtschaft.
Wir ermutigen und unterstützen Schulen, die sich auf einen solchen Weg machen, und sind für jede weitere Unterstützung dankbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer vor diesem Hintergrund gemeint hat, er könne Gemeinschaftsschulen aus dem Boden stampfen, der hat eben keine Gemeinschaftsschule vor Augen. Wenn im Herbst die erste Schule diesen Schritt geht, dann hat sie bis dahin noch viel zu tun.
Wenn verzweifelte Schulträger einfach einen Antrag ohne Konzept gestellt haben, um ihren Schulstandort zu erhalten, ist es nicht verwunderlich, dass diese Anträge nicht akzeptiert werden konnten.
Es gibt eine Reihe von Schulen, die mittlerweile anfangen, Konzepte zu erarbeiten. Wenn das erfolgreich ist, werden diese Schulen ab 2007 mit ihrer Arbeit beginnen. Es gibt Versuche, mit dem Etikett „Gemeinschaftsschule“ Grund- und Mittelschule zusammenzufassen. Das hat nichts mit produktivem Umgang mit Heterogenität zu tun, schadet aber auch nicht. Es gibt – das wird wohl niemanden verwundern – mehr freie Schulen als staatliche, die schnell eine Gemeinschaftsschule werden wollen. Aus unserer Sicht können sie das im Rahmen der bestehenden Gesetze. Wir haben sie nicht in den Schulversuch aufgenommen, weil selbstverständlich eine freie Schule keiner Versuchsbedingung bedarf, sie hat sie ja.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun will ich die Situation nicht schönreden und auch auf die Probleme zu sprechen kommen, die wir aktuell haben. Ein Problem ist sicher die ausbaufähige Unterstützung durch die Schuladministration. Auch sie ist noch sehr vom instruktiven Lernen und der deutschen Schulkultur geprägt und berät ebenso. Andererseits scheint die Gemeinschaftsschule das bestehende oder sich schmerzhaft ausbildende Schulnetz erneut zu gefährden und wird nicht selten als Bedrohung empfunden. Dabei wird völlig übersehen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Wenn der Jahrgang zusammengehalten wird, dann spielt es doch keine Rolle, ob 30 oder 60 % eine Bildungsempfehlung für das Gymnasium haben. Die Motivation, über einen freien Träger einen sonst gefährdeten Standort zu erhalten, verschwindet, wenn der Standort durch eine Gemeinschaftsschule gesichert wird. Wenn eine Gemeinschaftsschule mit ihrer auf selbst verantwortetem Lernen basierenden Lernkultur besteht, ist ein weiteres wesentliches Merkmal für eine freie Schule verschwunden, nämlich eine pädagogische Alternative zur staatlichen Schule zu sein. Damit wären wir auf einem guten Weg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion um Gemeinschaftsschulen ist eines der Lieblingsthemen mancher Fraktionen in diesem Haus. Immer wieder wird gerade auch von der Fraktion der GRÜNEN versucht, das dreigliedrige Bildungssystem infrage zu stellen. Man hat dann sehr schnell Beispiele aus dem europäischen Ausland zur Hand, um zu beweisen, dass unser Bildungssystem veraltet ist und auf einem veralteten Leistungsbegriff aufbaut.
Nun bieten vielleicht gerade der jüngste Besuch des UNSonderberichterstatters Munoz und seine negativen Anmerkungen zum dreigliedrigen Schulsystem den Aufhänger, wieder einmal eine Diskussion über Gemeinschaftsschulen zu entfachen. Die Diskussion um seinen Besuch sollte allerdings dringend versachlicht werden. Bisher ist er von interessierten Gruppen dafür benutzt worden, längst überwunden geglaubte Debatten wie die um die Strukturierung des Schulsystems neu anzufachen.
Als Landtag können und wollen wir uns dieser Diskussion nicht entziehen. Wir sollten allerdings nicht immer wieder darauf verfallen, jegliche schulpolitische Debatte zu einem Friedhof werden zu lassen, auf dem ständig fröhliche Auferstehung gefeiert wird.
Sicherlich kann man darüber nachdenken, ob man gemeinsames Lernen bis zur 6. Klasse verlängert. Hier wird sich unsere Fraktion einer sachlichen Diskussion nicht verschließen. Wir sollten aber nicht alles auf den Prüfstand stellen, wenn wir keine wirklichen Alternativen aufzeigen können.
Gesamtschulen in Deutschland können seit drei Jahrzehnten beispielsweise in den Stadtstaaten, in NRW und in Niedersachsen erprobt werden. Ihre Bilanz allerdings ist – freundlich formuliert – wenig überzeugend.
Die neue Schulleistungsstudie DESI – das heißt DeutschEnglische Schülerleistungen International – erhärtet vielmehr den Befund, dass Gesamtschulen in ihrer Leistung weit unterdurchschnittlich sind, Frau GüntherSchmidt. Im Durchschnitt liegen Gesamtschulen bis zu zwei Schuljahre im Leistungsunterschied zu gleichen dreigliedrigen Schulmodellen zurück.
Es gibt bisher keine bekannt gewordene wissenschaftliche Studie, welche Gesamtschulen in einem einzigen Bereich Gleichstand mit den Schulen des gegliederten Schulwesens, geschweige denn einen Vorsprung attestiert.
Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, die Humboldt-Universität Berlin oder die LudwigMaximilians-Universität in München – alle Studien sehen Gesamtschulen abgeschlagen zu den Schulen des gegliederten Schulsystems.
Auch die Pisa-E-Studie 2003 sieht den Freistaat Sachsen im Landesvergleich auf Platz 2 hinter Bayern. Beide Länder haben bekanntlich ein dreigliedriges Schulsystem.
Auch der immer wieder krampfhaft bemühte Vergleich mit Gesamtschulen anderer OECD-Länder zieht nicht oder ist recht einäugig. Einäugig ist er dann, wenn er vernachlässigt, dass die Pisa-Schlusslichter Brasilien und Mexiko ein Gesamtschulsystem haben. Wenig zugkräftig ist er, wenn er Japan, Finnland, England oder die USA zum Maßstab nimmt. Wer nämlich glaubt, die dortigen Gesamtschulsysteme seien leistungsfähig, der verdrängt, was der Preis dafür ist. In Japan etwa besuchen zwei
Drittel der Schüler – umgerechnet von den Eltern für Tausende von Euro erkauft – eine private Nachhilfeschule. In Finnland gibt es erstens eine viel homogenere Schülerschaft, weil die wesentlich weniger Migranten haben,