Protocol of the Session on March 17, 2006

(Beifall bei der CDU)

Das Schlimme daran ist immer wieder, dass wir nicht voneinander lernen bzw. aufeinander eingehen, sondern dass wir die Positionen eigentlich nur unter verhärteten Forderungen immer wieder darstellen und aus Ideologiegräben nicht herauskommen. Das bringt uns in der sächsischen Schulpolitik nicht weiter, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und des Staatsministers Steffen Flath)

Frau Günther-Schmidt, Sie sind relativ neu im Landtag. Lassen Sie sich gesagt sein: Sachsen hat seit 15 Jahren kein dreigliedriges, sondern ein zweigliedriges Schulsystem.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Oh, oh!)

Wir haben auch keine reinen Hauptschulen, sondern wir haben eine Mittelschule, in der Haupt- und Realschulbildungsgang unter einem Dach vereinigt sind. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Ich denke, dazu müssen keine zusätzlichen Fragen gestellt werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Frau Günther-Schmidt.

Herr Colditz, gestehen Sie mir zu, dass das zweigliedrige Schulsystem doch als ein pseudodreigliedriges zu werten ist, da Sie ja in der Mittelschule einen Hauptschulzweig und einen Realschulzweig etablieren? Aus diesem Grunde brauchen Sie ja mehrzügige Mittelschulen, weil Sie die Hauptschule ab der 7. Klasse einrichten wollen.

Frau Günther-Schmidt, die Differenzierung in Haupt- und Realschulbildungsgang unter einem Dach ist eine andere Qualität als die Einrichtung von reinen Hauptschulen und reinen Realschulen. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass mittlerweile deutschlandweit das sächsische Modell verallgemeinert wird. Sie können mit Kollegen Rößler sprechen. Er wird demnächst in Hamburg bezüglich unseres Schulsystems die Initiative ergreifen. Es wird nämlich nachgefragt, wie dieses Schulsystem dort angewendet werden kann. Es ist kein Einzelfall.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Schlimm genug!)

Meine Damen und Herren! Frau Günther-Schmidt! Wenn jemand ideologisch diskutiert, dann haben Sie das eben getan. Sie erheben einen Wahrheitsanspruch, der so nicht stimmt, Frau Günther-Schmidt.

(Beifall bei der CDU)

Sie behaupten hier, dass es wissenschaftliche Aussagen gäbe, die die Gesamtschule bzw. die Gemeinschaftsschule, wie sie jetzt heißt – es ist im Prinzip nur ein Etikettenschwindel –, hervorragend darstellen, als die zu erstrebende Schulstruktur deklarieren und das dem gegenübergestellte Schulsystem völlig infrage stellen.

Schauen Sie bitte ganz nüchtern in die Analyse der PisaStudie, und zwar im nationalen und internationalen Vergleich, wie sich Sachsen dort etabliert hat und welchen Platz wir sowohl national als auch international errungen haben. Vor diesem Hintergrund dieses System infrage zu stellen und dies jetzt durch die Hintertür über die Gemeinschaftsschulen aushebeln zu wollen, kann nur einen ideologischen Hintergrund haben. Das hat mit Sachlichkeit in der Diskussion nichts mehr zu tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau GüntherSchmidt! Sowohl im Koalitionsvertrag als auch in den inzwischen veröffentlichten Leitlinien und Rahmenvorgaben zu den Gemeinschaftsschulen ist die Grundlage für die Einrichtung dieser Schulform geschaffen. Ziel dabei ist es, im Rahmen des § 15 Schulgesetz – Frau GüntherSchmidt, auch den sollten Sie nachlesen – solche Einrichtungen modellhaft und mit wissenschaftlicher Begleitung einzurichten.

Demgegenüber zu meinen – das scheint Ihr Ansatz zu sein –, dass es zu einer flächendeckenden Substitution unseres Schulsystems durch Gemeinschaftsschulen kommt, ist eine irrige Vorstellung. Dieser werden wir in keiner Weise folgen. Offensichtlich folgt das Thema dieser Debatte genau dieser Intention. Durch die Möglichkeit, alternative Schulformen zu erproben, wissenschaftlich zu begleiten und zu bewerten und mit vorhandenen Strukturen zu vergleichen, ist demgegenüber meines Erachtens eine objektive Grundlage gegeben, Vor- und Nachteile vorhandener Systeme zu analysieren. Dann, Frau GüntherSchmidt, können wir eine Diskussion führen, wie sie jetzt von Ihnen angesprochen worden ist, aber nicht eher.

Notwendig ist zudem das Festhalten an der Beantragung durch die jeweiligen Schulträger. Wir wollen – auch das ist in der Koalition unstrittig – keine Verordnung von oben. Gemeinschaftsschulen sollen dort eingerichtet werden, wo die Akzeptanz der Schulkonferenzen und der regionalen Planungsverantwortlichen vorhanden ist.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Zur Problemlösung von bestandsgefährdeten Schulstandorten eignen sich diese Einrichtungen jedoch nicht. Deshalb ist die in der Rahmenvorgabe getroffene Festlegung für 40 Schüler pro Klasse auch zu rechtfertigen. Wenn der vorliegende Antrag den Stand zur Einrichtung von Gemeinschaftsschulen hinterfragen will, kann man das eben Genannte nicht ausblenden.

Es mag aus Sicht der Opposition unzureichend sein, dass den bestehenden Einrichtungen – Sie sollten Chemnitz und Leipzig durchaus dazuzählen, es gibt ein Chemnitzer Schulmodell und die Nachbarschaftsschule in Leipzig, die ähnlich wie eine Gemeinschaftsschule funktionieren – weitere neue Einrichtungen dieser Art in Geithain ab dem

kommenden Jahr folgen werden. Das ist aus Sicht der Opposition offensichtlich unzureichend.

Das kann man, meine Damen und Herren, nicht dem politischen Willen anlasten. Grundlage der einvernehmlich akzeptierten Rahmenvorgaben zur Genehmigung von Gemeinschaftsschulen ist die Vorgabe eines stimmigen Konzeptes durch den jeweiligen Schulträger. Dass solche Konzepte offensichtlich nicht stapelweise im Kultusministerium eingegangen sind, kann man doch nicht dem Hause Kultus oder der Politik anlasten.

Zudem sind an die Konzepte völlig zu Recht auch inhaltliche Erfordernisse zu stellen. Wie wir bereits im Schulausschuss gehört haben, waren selbst die vorgelegten Konzepte von höchst unterschiedlicher Qualität. Ich denke, es ist auch im Sinn der Befürworter dieser Schulform, die Qualität jeder einzelnen Einrichtung der Quantität solcher Einrichtungen vorzuziehen.

Die Rahmenvorgaben für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen in Sachsen sind vorhanden. Sie auszufüllen soll Anliegen der regionalen Ebene bleiben. Dieser Ansicht sind wir nach wie vor. Stimmige Konzepte bleiben die Grundlage für eine staatliche Genehmigung, um dafür Vergleichbarkeit mit vorhandenen leistungsfähigen Strukturen zu sichern. Gemeinschaftsschulen können, meine Damen und Herren, unser leistungsfähiges Schulsystem bereichern, es jedoch nie ersetzen. Dazu gibt es überhaupt keine Veranlassung. Ich erinnere an meine eingangs gemachten Bemerkungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Frau Falken, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst bei den GRÜNEN ganz herzlich bedanken, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wenn Sie es nicht getan hätten, hätten wir es getan. Deshalb noch einmal unseren herzlichen Dank.

Die Notwendigkeit, über dieses Thema zu sprechen, hat eben Herr Colditz in seinem Beitrag recht deutlich und ausdrucksvoll dargestellt. Heute, am 17.03., ist der letzte Tag der Anmeldungen für die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse für das Gymnasium und für die Mittelschule. Im dritten Jahr der Koalitionsregierung haben wir in Sachsen eine Gemeinschaftsschule, – –

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Sie wollen in fünf Jahren eine? Habe ich das jetzt richtig verstanden? Das ist sehr interessant. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie die Koalitionsvereinbarung derart auslegen. Ich denke, Herr Dulig wird sich nachher dazu vielleicht noch äußern.

eine einzige Gemeinschaftsschule im dritten Jahr der Koalition – –

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Können Sie nicht rechnen?)

Der Koalitionsvertrag enthält klar ein Bekenntnis zu Gemeinschaftsschulen.

Durch die Vorlagen des Koalitionsvertrages und der Richtlinien des SMK wird die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen fast unmöglich gemacht, zumindest extrem eingeschränkt.

Der Koalitionsvertrag sagt, dass Gemeinschaftsschulen stellen- und kostenneutral eingerichtet werden sollen. Ein neues pädagogisches Konzept, eine bessere andere Bildung, ein neuer Weg im Bildungswesen ist aber stellen- und kostenneutral nur schwer zu verwirklichen. Ich freue mich, dass Herr Dulig das jetzt eingesehen hat. In seiner Presseerklärung vom 14. März „ESF-Mittel für bessere Bildung nutzen“ habe ich gelesen, dass für die Schulen mehr Mittel notwendig sind.

Wir als Linksfraktion.PDS fordern Sie auf, Ihren Koalitionsvertrag an dieser Stelle klar und deutlich nachzubessern und mehr Mittel und Stellen für diese Gemeinschaftsschulen einzustellen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ein weiterer wichtiger und wesentlicher Punkt sind für uns die vom Kultusministerium festgelegten Richtlinien. Diese Richtlinien kamen viel zu spät und sind auch nicht ausreichend. Wir fordern als Linksfraktion.PDS eine rechtsverbindliche Bestimmung der Zulassungsvoraussetzungen für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen in Sachsen. Die Schulen müssen endlich eine Rechtsgrundlage haben, um Gemeinschaftsschulen auch wirklich einrichten zu können. Eine Schule, die Gemeinschaftsschule werden will und die Voraussetzungen erfüllt, kann noch lange keine Gemeinschaftsschule werden.

An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich den Lehrerinnen und Lehrern, den Eltern und auch den Schulträgern danken für die Mühe bei der Konzepterarbeitung, die derzeit vor Ort durchgeführt wird.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und den GRÜNEN – Heinz Lehmann, CDU: Zulasten Dritter!)

Für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen ist eine wissenschaftliche Begleitung unbedingt notwendig. Ein solch kompliziertes neues Bildungswerk braucht diese wissenschaftliche Begleitung bei der Erarbeitung des Konzeptes, bei der Umsetzung und natürlich auch bei der Evaluation. Deshalb frage ich Sie, Herr Staatsminister, und hoffe, dass Sie nachher darauf antworten können: Wie viele Schulen in Sachsen haben zurzeit eine wissenschaftliche Begleitung, um die Erarbeitung eines solchen Konzeptes überhaupt zu ermöglichen?

Wir haben bis zum übernächsten Schuljahr nur wenig Zeit, um in Sachsen neue Konzepte zu erarbeiten und

Anträge zu stellen. Spätestens im Dezember dieses Jahres müssen derartige Anträge vorliegen, weil die Anmeldungen der Schüler für das Schuljahr 2007/2008 bereits Anfang März 2007 durchgeführt werden.