Protocol of the Session on March 17, 2006

Frau Staatsministerin Ludwig arbeitet eng mit dem Staatsminister aus Rheinland-Pfalz zusammen, um ein gemeinsames Konzept zum Hochschullastenausgleich vorzulegen und für dieses auf Länderebene zu werben und darüber zu diskutieren. Der Aufforderung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an die Staatsregierung, sich für eine Neuordnung der Hochschulfinanzierung einzusetzen, bedarf es daher nach unserer Meinung nicht mehr, denn das geschieht bereits. Wir halten es nach Rücksprache mit unserer Staatsministerin nicht für besonders sinnvoll, voreilig Beschlüsse mit konkreten Handlungsoptionen zu fassen. Herr Dr. Wöller hat dies angedeutet. Die Abstimmung der Länder hat gerade erst begonnen. Hier sollte der Kreativität der Fachminister, auf die wir hoffen, und der Kreativität der Landesparlamente Raum gelassen werden.

Aus diesem Grund lehnen wir den vorliegenden Antrag ab. Unseren Änderungsantrag ziehen wir zurück, da das entsprechende Anliegen schon erfüllt ist.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die NPDFraktion tritt der Abg. Gansel ans Rednerpult.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Idee eines Hochschullastenausgleichs hat gute Argumente für sich. Vor dem Hintergrund des grundsätzlichen Gebotes der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse darf es nicht sein, dass ein Schulabgänger etwa aus Brandenburg oder SachsenAnhalt in seinem Bundesland schlechtere Startbedingungen vorfindet, weil sich sein Land ein qualifiziertes, konkurrenzfähiges Hochschulsystem mit umfangreichen Studienangeboten vielleicht nicht leisten kann. Hier haben wir es auch 15 Jahre nach der Einheit immer noch mit strukturellen Schieflagen und Defiziten zu tun.

Diese Schieflagen führen dazu, dass Abiturienten aus finanzschwächeren Bundesländern mit einem weniger attraktiven Angebot an Hochschulen und Studiengängen in Bundesländer abwandern, in denen es dieses Angebot gibt, beispielsweise Bayern und Baden-Württemberg, die sich deshalb schon seit vielen Jahren über einen „Studenten-Importüberschuss“ beklagen und diesem mit ver

schiedenen Hilfskonstruktionen wie dem Numerus clausus oder dem so genannten Landeskinderprivileg zu begegnen versuchen. Das Bundesverfassungsgericht hat solche Regelungen immer wieder für unzulässig erklärt und zur Abhilfe unter anderem die Möglichkeit eines Hochschullastenausgleichs zwischen den Bundesländern angeregt, um so die Schieflagen aufzufangen und den Aufbau von Hochschulen und verbesserten Studienplatzangeboten in strukturschwächeren Regionen als Gemeinschaftsaufgabe im Sinne des Grundgesetzes in die Wege zu leiten.

Bereits 1972 hat das Bundesverfassungsgericht das deutsche Hochschulwesen als zusammenhängendes System definiert, das zwischen allen Hochschulen und Bundesländern einen fairen Wettbewerb ermöglichen soll und weder die Mobilität noch die freie Wahl des Studienortes oder des Studienfaches einschränken darf.

Ein Hochschullastenausgleich macht Sinn. Aus unterschiedlichen Gründen werden wir allerdings den beiden jetzt noch vorliegenden Anträgen nicht zustimmen, sondern uns enthalten.

(Beifall bei der NPD)

Für die FDPFraktion spricht Herr Dr. Schmalfuß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir drängt sich beim Lesen des vorliegenden Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Eindruck auf, dass die GRÜNEN Studenten, die nicht aus dem Freistaat Sachsen kommen, als „Last“ empfinden. Anders kann ich mir die Überschrift des Antrages „Hochschullastenausgleich“ nicht erklären. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels im Freistaat Sachsen ist jeder Student, der von außerhalb kommt, um an einer sächsischen Hochschule zu studieren, ein mehrfacher Gewinn.

(Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Studenten sind Multiplikatoren und Botschafter für unser Bundesland, ziehen Arbeitsplätze im Technologiebereich an und schaffen selbst nach erfolgreichem Studienabschluss durch die Gründung eigener Unternehmen Arbeitsplätze.

Dieser vorgenannten positiven Wirkung nichtsächsischer und sächsischer Studenten wirkt eine Forderung nach einem Hochschullastenausgleich eher entgegen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Was ist die eigentliche Zielsetzung des Antrages der GRÜNEN? Die GRÜNEN beziehen sich in ihrem Antrag auf die Thesen der Professoren Grötzinger und Zöllner. Das Grötzinger-Konzept beinhaltet die folgenden drei zentralen Elemente: erstens den Hochschullastenausgleich, aber in Verbindung mit Bildungsgutscheinen; zweitens den Bund als virtuelles Bundesland für Bildungsausländer und

drittens die so genannte Akademikerabgabe auf höhere Einkommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bemerkenswert ist dabei, dass der Baustein Akademikerabgabe auf höhere Einkommen im Antrag der GRÜNEN fehlt. Im Übrigen ist die Akademikerabgabe nichts anderes als eine nachgelagerte Studiengebühr.

Die vorgenannten Thesen waren vom Verfasser als Gesamtpaket gedacht. Offenbar traut sich Herr Gerstenberg nicht, seiner Hauptklientel geringe finanzielle Belastungen aufzuerlegen. Darüber hinaus lässt der vorliegende Antrag vollkommen offen, wer denn eigentlich der Empfänger der finanziellen Mittel sein soll.

Sehr geehrte Damen und Herren, die nachhaltige Forderung nach einem Hochschullastenausgleich, die gleichfalls durch den Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS unterstützt wird, ist eine Diskussion zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt. Zwischen Bund und Ländern findet derzeit der Länderfinanzausgleich auf der Einnahmenseite statt. Finanzschwachen Ländern wird dabei vom Bund und den finanzstärkeren Ländern geholfen. Die einzelnen Bundesländer entscheiden dann selbst, wofür sie die finanziellen Mittel mit welcher Priorität einsetzen. Hochschulausgaben werden grundsätzlich mit allgemeinen Deckungsmitteln finanziert. Eine Ausnahme ist die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau, die aber im Zusammenhang mit der Föderalismusreform abgeschafft werden soll.

Die GRÜNEN wollen meiner Meinung nach mit ihrem Hochschullastenausgleich auf die Ausgabenseite abstellen. Damit, sehr verehrte Damen und Herren, wird das bewährte Prinzip des Länderfinanzausgleichs ausgehöhlt. Bei einer Diskussion über die Ausgabenseite können der Freistaat Sachsen und die neuen Länder nur verlieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Herausforderungen in der Umgestaltung der sächsischen Hochschullandschaft sind gewaltig. Keinesfalls aber brauchen die Hochschulen in Sachsen einen Hochschullastenausgleich, sondern ein international wettbewerbsfähiges Hochschulgesetz mit eigener Personalautonomie, eigenem Globalhaushalt sowie die Übertragung der Liegenschaften auf die universitären Einrichtungen selbst.

(Beifall bei der FDP)

Vor dem Hintergrund meiner Ausführungen wird die FDP-Fraktion den vorliegenden Antrag der GRÜNEN sowie den Änderungsantrag ablehnen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Das war die erste Runde der Fraktionen. Gibt es seitens der Fraktionen weiteren Redebedarf? – Möchte jemand von der Staatsregierung stellvertretend für Frau Ludwig sprechen? – Nein. Damit kommen wir zum Schlusswort. Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schmalfuß, Sie haben das Papier möglicherweise gelesen, aber ich erkläre Ihnen das Prinzip im Anschluss gern noch einmal; Sie haben es leider nicht verstanden.

Ich werde auch nicht um den Namen debattieren. Auch mir gefällt Vorteilsausgleich am besten, und vor allen Dingen sollten wir keine Debatte über die Urheberschaft führen; die Urheber sind die Schweizerinnen und Schweizer, diese klugen Leute.

Ich bin eigentlich von der Annahme ausgegangen, dass dieser Antrag eine breite Mehrheit finden könnte, nachdem vorgestern das vorgelegte Modell in die KMK eingebracht wurde. Konkrete Handlungsoptionen ständen hier drin? Unser Antrag ist wesentlich allgemeiner gehalten und lässt der Regierung die Handlungsoption offen. Das, was der KMK von Staatsministerin Ludwig vorgelegt wurde, ist wesentlich konkreter.

Überholt soll dieser Antrag sein. Überholt? Wir beginnen gerade erst. Die Widerstände in den anderen Bundesländern werden erheblich sein und ich wollte mit der Bitte an alle demokratischen Fraktionen herantreten, sich jetzt in ihren Parteien bundesweit für einen entsprechenden Lastenausgleich einzusetzen – so wie wir es bereits in der GRÜNEN-Fraktionsvorsitzenden-Konferenz der Landtagsfraktionen getan haben.

Die Widerstände der Länder, die vom derzeitigen Zustand profitieren, werden erheblich sein. Aber wer Wettbewerb zwischen Hochschulen und Bundesländern will, der kann sich nicht ernsthaft auf Dauer widersetzen, wenn es um die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen geht.

Die Rede von Herrn Wöller hat mich leider eines Besseren belehrt; wir haben eine unglaubliche Situation: Die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag lehnt eine Initiative ab, die deutschlandweit bereits mit Sachsen verbunden wird. – Herr Wöller, Sie haben sich alle Mühe gegeben, den wahren Grund zu verbergen und Nebelkerzen zu werfen, aber es ist doch ganz offensichtlich: Sie prügeln hier auf einen GRÜNEN-Antrag ein, wollen aber eigentlich die SPD-Wissenschaftsministerin treffen. Helfen wird das allerdings niemandem. Helfen wird das leider vor allem nicht den sächsischen Hochschulen, ihren Studierenden und Lehrenden, die dringend auf einen baldigen Einstieg in eine zukunftssichere Hochschulfinanzierung angewiesen sind.

Helfen wird das auch der CDU nicht. Das, was wir heute von Ihnen gehört haben, war keine Spur von sachgerechter Politik, sondern eher von politischer Schizophrenie getragen. Aber genau das ist es doch – diese albernen machtpolitischen Spielchen –, von denen die Menschen die Nase voll haben und die die Politik in Verruf bringen. Ich bedauere sehr, dass sich das heute im Sächsischen Landtag ereignet hat. Ich bin trotzdem froh, dass wir diesen Antrag eingebracht haben, denn ich weiß, es wird weitere Diskussionen auf diesem Feld geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Wir haben noch einen Änderungsantrag vorliegen, den Frau Werner begründen möchte; bitte schön.

Ich will die Gelegenheit nutzen, im Anschluss an die Diskussion ein paar Worte zu sagen. Frau Raatz, Sie sprachen von der Kreativität der Landesparlamente – es ist schön, dass Sie das auch so sehen. Wir wollen Ihnen mit unserem Änderungsantrag die Möglichkeit geben, diese Kreativität – –

Frau Werner, Sie begründen jetzt bitte Ihren Änderungsantrag; wir hatten bereits das Schlusswort.

Ja, ich bin gerade dabei.

Wir wollen mit unserem Änderungsantrag dem Parlament die Möglichkeit geben, diesen Hochschulfinanzausgleich tatsächlich im Ausschuss oder im Parlament zu diskutieren. Wir begrüßen diese Idee des Hochschulfinanzausgleiches sehr und wir haben mit unserem Änderungsantrag die Möglichkeit geschaffen, zum einen den Antrag zu qualifizieren, also noch einige Punkte richtig zu stellen, zum anderen die Mitwirkung des Parlamentes zu sichern.

Sie haben davon gesprochen, dass Haushaltsverhandlungen anstehen. Da wird es wichtig sein zu wissen, welche Prognosen die Staatsregierung sieht, welche Auswirkungen dies auf den Haushalt haben wird, welche Minder- oder Mehrausgaben auf das Land zukämen.

Zum anderen ist es uns als Linksfraktion sehr wichtig, diese Finanzierungsgeschichten aus der Blackbox Staatsregierung oder „Fachbrüderschaften“ herauszuholen. Wir möchten der Staatsregierung nicht unbedingt einen Blankoscheck überreichen; damit haben wir in letzter Zeit relativ schlechte Erfahrungen gemacht.

Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen, dass ich den Änderungsantrag der Koalition sehr kleinlich fand; man hätte doch einfach den Antrag der GRÜNEN übernehmen können.

Wir erwarten also – das steht in unserem Änderungsantrag –, dass die Staatsregierung dem Parlament eine Konzeption für einen Hochschulfinanzausgleich vorlegt; dass sie außerdem darlegt, welche weiteren Schritte zur bundesweiten Umsetzung einer solchen Konzeption des Hochschulfinanzausgleiches sie vorsieht, und wir hoffen, dass Sie Lust haben, gemeinsam hier im Parlament über einen Hochschulfinanzausgleich zu diskutieren. Wir erwarten natürlich die Zustimmung zu unserem Antrag.

Danke.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren, gibt es Aussprachebedarf zu diesem Antrag? – Beginnen wir mit der größten Fraktion; Herr Dr. Wöller, bitte.

Herr Präsident! Ich hatte bereits ausgeführt, dass die Staatsregierung im Rahmen der KMK-Kommission verhandelt und über der Erarbeitung eines Modells ist. Wir wollen diese Verhandlungen nicht belasten; sie sollen im Ergebnis offen geführt werden.

Selbstverständlich sind wir auch der Meinung, dass es auf Vollkostenbasis zu geschehen hat. Aber diese sehr weitgehenden Forderungen der PDS sind aus unserer Sicht nicht zielführend.

Wir werden den Änderungsantrag daher ablehnen.