Protocol of the Session on March 16, 2006

Ich bin bekanntermaßen selten einer Meinung mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig aus meiner Region. Sein Einsatz für die Hotelfachschule findet aber meine Unterstützung. Er hat einfach Recht, wenn er darauf hinweist, dass an dieser Schule vorrangig Jugendliche mit Hauptschulabschluss oder schlechten Mittelschulabschlüssen eine Chance bekommen, die woanders kaum eine Ausbildungsstelle finden würden. In einer Tourismusregion jetzt gerade die gastgewerblichen Ausbildungsberufe komplett streichen zu wollen, ist einfach absurd, Herr Minister.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Auch die Arbeitsagentur hält es für notwendig, dass die entsprechenden Stellen an der Hotelfachschule Pirna erhalten bleiben.

Letzte Bemerkung. Den Gesetzentwurf, den Referentenentwurf, haben Sie ja inzwischen schon zurückgezogen. Wenn die heutige Debatte dazu führt, dass Sie auch von den Plänen bei der Änderung der Berufsfachschulordnung ablassen und diese Schule, die eine gute Arbeit leistet, eine Chance hätte, auch in Zukunft zu bestehen, dann hat diese Aktuelle Debatte ihren Sinn erfüllt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und der FDP)

Aus den Fraktionen ist kein Redebedarf mehr gemeldet – doch, die Diskussion ist neu entfacht. Dann rufe ich jetzt die FDP auf. Herr Abg. Herbst.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hähle, Ihr Auftritt hat eines gezeigt: Sie haben den Bezug zur Realität mittlerweile verloren.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Sie wundern sich, dass ein Referentenentwurf diskutiert wird, der beispielsweise einen Großteil von 50 000 Ausbildungsplätzen bei privaten Schulträgern gefährdet. Ich wundere mich darüber nicht, wenn man mit offenen Augen durch Sachsen geht.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion.PDS)

Es ist nicht peinlich für dieses Parlament, dass Ihr Referentenentwurf zurückgezogen wurde. Es ist peinlich für Sie als Regierung, als die regierungstragenden Fraktionen und für Ihr Regierungsmanagement, dass Sie so stümperhaft arbeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS)

Ich möchte nur ganz kurz noch ein Wort zu den beruflichen Schulen sagen. 50 % Einnahmenkürzungen, das haben uns die meisten vorgerechnet, und zwar nach dem Rasenmäherprinzip. Es ging hier nicht um Qualität. Weder spielte die Qualität des Unterrichts eine Rolle noch die Vermittlungsquote auf dem Ausbildungsmarkt. Auch bei allen Entwicklungen, die man kritisch hinterfragen kann, muss ich doch differenzieren und kann nicht gleich alle Träger in kollektive Sippenhaft nehmen. Das wird es zumindest mit uns nicht geben.

Wir wollen den Blick aber auch nach vorn richten. Dazu haben wir später an diesem Tag Zeit. Die FDP-Fraktion hat einen Antrag zu einer realistischen Schulkostenermittlung eingebracht. Ich glaube, wir sollten uns alle bemühen, dass wir zukünftig eine Novelle des Gesetzes hinbekommen, die kein reines Kürzungs- und Bevormundungspapier ist, sondern die unsere private Schulträgerlandschaft insgesamt in Sachsen verbessert und unser Land damit voranbringt.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Die Fraktion der GRÜNEN hatte noch einmal Diskussionsbedarf. Frau Günther-Schmidt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hähle, Sie haben ein seltsames Demokratieverständnis. Durch Ihre Äußerungen ist mir eine große Diskrepanz zu dem deutlich geworden, was wir darunter verstehen. Für uns ist nämlich der Landtag der Ort der politischen Willensbildung.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Genau! – Frank Kupfer, CDU: Junge Frau! – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Kupfer, vielen Dank, dass Sie mich als junge Frau bezeichnen. Es geht nun weiter darum, dass wir hier über Schulpolitik reden.

(Zuruf des Abg. Uwe Leichsenring, NPD)

Der Punkt ist doch der: Sie haben als Minister einen Referentenentwurf in die Debatte eingebracht, der gänzlich am Thema vorbei war. Das war von Ihnen bewusst gemacht. Es war ein Auftragswerk. Sie haben ihn in die Debatte eingebracht und nun sind Sie erschrocken, dass man öffentlich darüber diskutieren möchte.

Ich habe doch gesehen, wie verzweifelt die CDUKollegen hier aus der Landtagsfraktion auf öffentlichen Podien gesessen haben, wo sie direkt und unmittelbar darauf angesprochen wurden. Peinlich war es dann noch, wenn es im Wahlkreis war, wo sie die Konflikte sehen. Dann haben sie sich gewunden und gesagt: Ja, das ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss. – Dann haben sie zugegeben, natürlich wollten sie Veränderungen. Sie wollten die „zu maßgebliche Eingriffstiefe“ – wörtliches Zitat – beseitigt sehen. Die Landeskinderregelung haben sie als Problem erkannt. Der Schutz bewährter Träger sollte gewährleistet sein. Die kommunale Förderung sollte möglich sein. Das sind alles Dinge, die wir komplett teilen. Ich finde es gut, dass die CDU hier auch aufgestanden ist. Deshalb weiß ich nicht, Herr Hähle, was Ihre Einlassung in diesem Zusammenhang sollte.

(Zuruf der Abg. Rita Henke, CDU)

Die CDU war hier nicht einig.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Natürlich waren es maßgeblich die Sozialdemokraten. Das würdigen wir hier ausdrücklich. Wir finden es wichtig, dass wir diese Debatte führen. Befremdlich ist natürlich schon, dass die Linksfraktion.PDS sie auf die Tagesordnung gebracht hat; aber egal. Es ist wichtig, dass öffentlich über ein Privatschulgesetz in Sachsen diskutiert wird. Wir haben jetzt die Möglichkeit, eine mehrheitsfähige und konsensfähige Lösung zu finden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Prof. Weiss, SPDFraktion, hatte sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich bedaure ein wenig den Verlauf dieser Debatte. Es ging doch nie um die Frage, ob es eine Novellierung des Gesetzes zu den Schulen in freier Trägerschaft geben soll oder nicht. Es ging eigentlich auch überhaupt nicht um Personen. Es ging ausschließlich um zum Teil unterschiedliche Standpunkte in der Regierungskoalition zu speziellen, aber wichtigen Sachfragen, die auf der Seite beider Partner der Regierungskoalition nicht absolut einheitlich gesehen wurden.

Ich nenne diese Fragen durchaus noch einmal. Es ging um die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft. Es

ging um die so genannte Sozialklausel, also Stichwort Schulgeld. Wir können uns nicht damit abfinden, eine Reichenschule hier in Sachsen zu etablieren. Es ging um den großen Komplex Gemeinschaftsschule. Und es ging um einige branchenspezifische Differenzierungen bei den berufsbildenden Schulen.

Es war allen klar, auch dem Herrn Kultusminister, dass er eine Mehrheit braucht. Diese war zu dem Zeitpunkt nicht gegeben. Ich gehe trotzdem jetzt sehr optimistisch in die weitere Zukunft. Denn ich bin der Ansicht, dass wir die Diskussion in der Koalition nunmehr in aller Ruhe sachbezogen weiterführen werden. Dann werden wir auch ein entsprechendes Ergebnis vorlegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Der Staatsminister möchte sich auch dazu äußern. Selbstverständlich, Herr Minister Flath.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst hat es mich natürlich auch verwundert, wer die Debatte beantragt hat. Herr Dr. Hahn, wie auch immer: Aus meiner Sicht ist die Linksfraktion.PDS eine Protestpartei. Immerhin haben Sie das damit wieder unter Beweis gestellt.

Für mich ist auch die NPD eine Protestpartei. Sie versuchen Honig zu saugen aus jeder Situation, die sich im Lande ergibt.

(Beifall des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Deshalb springen Sie auch, je nachdem, was morgens in der Zeitung steht, von Thema zu Thema, bei dem Sie Protest erwarten.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Keine Argumente!)

Es ist nun einmal so. Überall, wo eine nationalsozialistische Partei eine Diktatur errichtet hat, wurden als Erstes die Privatschulen verboten. Und überall, egal ob man es sozialistisch oder kommunistisch nennt, wo Länder mit einer Diktatur regieren, hat es keine Privatschulen gegeben. Das ist nun einmal Fakt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Deshalb kaufe ich Ihnen Ihre vorgetragene Sorge, was Privatschulen betrifft, nicht ab.

(Zuruf des Abg. Alexander Delle, NPD)

Herr Dr. Hahn, dass Sie mit Protest weitermachen, zeigt doch Ihre Einlassung. Darauf will ich gleich einmal eingehen, auf die notwendigen Veränderungen, was die Hotelfachschule in Pirna betrifft.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Die macht gute Arbeit!)

Sie leistet gute Arbeit, das kann ich unterstreichen. Herr Dr. Hahn, Sie wissen doch auch genau, dass die Berufsausbildung keine rein staatliche Aufgabe ist. Sie wissen, dass es in erster Linie eine Aufgabe der Wirtschaft ist, und der Staat arbeitet bei der Berufsausbildung in einer Kooperation mit der Wirtschaft zusammen. Die Wirtschaft – so ist es in Deutschland organisiert; ganz gleich, was man davon hält – hat ein Kammersystem. Die Kammern kommen seit längerer Zeit auf unser Ministerium zu, unsere Regelungen so anzupassen, dass wir in zwei Jahren – es geht nämlich nicht um diesen Sommer, es geht um die Zeit in zwei Jahren – in diesem Bereich, in dem die Hotelfachschule Pirna tätig ist, wieder zu einem ausgewogenen Verhältnis kommen, was die duale Berufsausbildung betrifft.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Es gibt doch gar keine Plätze!)

Es ist völlig unstrittig, dass ich weiß, dass die Anpassung dieser Einrichtung Probleme bereitet. Wir sind gegenwärtig im Gespräch, wie wir diese Probleme – über einige Jahre gestreckt – gemeinsam meistern können. In diesem Gespräch sind wir, und dass Sie heute bereits wieder in diesem Hohen Hause verkünden, es gebe da einen Kultusminister, der eine Schule in Pirna platt machen will – dem ist mitnichten so.