im Vorstand nie eine Rolle gespielt. Wenn er dafür verantwortlich ist, warum hat er denn nie danach gefragt? Wer nicht die richtigen Fragen stellt, der bekommt auch keine brauchbaren Antworten.
Es muss doch zwangsläufig schief gehen, wenn sich ein Vorstand jahrelang als Frühstücksgremium versteht und ein Vorstandsvorsitzender offenbar als Frühstücksdirektor.
Man muss sich mal die Frage stellen, worin Herr Lucassen – wie im Übrigen auch die anderen Vorstandsmitglieder – eigentlich seine Aufgabe gesehen hat.
Können Sie mir vielleicht mal den Namen der alternierenden Vorsitzenden des Vorstandes der LVA nennen, weil Sie hier immer nur von Herrn Lucassen sprechen? Meinen Sie nicht auch, dass ein Vorstand insgesamt verantwortlich ist? Der Vorsitzende natürlich immer, aber wir hatten abwechselnd zwei. Woher wissen Sie, dass bei den Vorfällen gerade Herr Lucassen der Vorstandsvorsitzende war?
Es war von der Arbeitnehmerseite Herr Lucassen und es war von der Arbeitgeberseite Frau Bosse. Sie sehen, ich nenne Ihnen beide. Ich werde dann noch deutlich machen, warum ich gerade das Verhalten von Herrn Lucassen kritisiere, wenn Sie meinen Ausführungen weiter zuhören. Was auch immer zutrifft: Warum soll Herr Lucassen qualifizierter oder engagierter bei der Aufklärung der Missstände sein? Wenn ich auf der anderen Seite immer höre, an welchen Stellen überall von Gewerkschaftsseite mehr Mitbestimmung gefordert wird, dann muss ich mich ernsthaft fragen: Warum nimmt man die Verantwortung dort nicht wahr, wo man diese Mitbestimmung hat?
Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich nach wie vor der Meinung, dass Herr Lucassen das Rückgrat haben sollte, aus dem Vorstand zurückzutreten und seinen Sessel zu räumen. Auf der Arbeitgeberseite hat es im alten LVAVorstand Konsequenzen gegeben. Alle betroffenen Personen wurden ausgetauscht, und das mit Recht. Diese
Der Sumpf, der offenbar in der alten LVA entstanden ist, muss ausgetrocknet werden. Das ist im Interesse der Versicherten, denn deren Vertrauen ist am Ende erschüttert. Man sagt den Versicherten, dass es mit den Rentenkassen immer schlechter aussieht, und dann müssen die Versicherten erfahren, wie schamlos in die Kasse gegriffen wurde, die sie ein Leben lang mit ihren Beiträgen füllen, und dass leider auch diejenigen, die ihre Interessen in diesem Vorstand wahrnehmen sollten – das ist nun einmal bei einer Selbstverwaltung so –, offenbar jahrelang weggeschaut haben oder Teil des Systems waren.
Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion fordert eine umfassende Aufklärung der erhobenen Vorwürfe. Wir erwarten vom neuen LVA-Vorstand eine professionellere und engagiertere Arbeit und wir erwarten einen sichtbaren Aufklärungswillen bei der Staatsregierung. Wir werden deshalb beiden Anträgen zustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vorfälle, die zu der heutigen Debatte hier im Hohen Haus geführt haben, sind doch sehr zahlreich. Sie sind von meinen Vorrednern auch im Einzelnen genannt worden, deshalb will ich an dieser Stelle darauf verzichten.
Ich stimme Herrn Dr. Pellmann insofern zu, als es auch für unsere Fraktion mindestens sehr bedauerlich ist, dass wir von den Vorfällen aus der Zeitung erfahren mussten. Wir bedauern die mangelnde Informationsbereitschaft der Staatsregierung an dieser Stelle. Bei der Zeitungslektüre in den letzten Wochen konnte man jedenfalls den Eindruck gewinnen, dass die allermeisten Beteiligten sich nichts vorzuwerfen haben. Trotzdem ermittelt in manchen Punkten die Staatsanwaltschaft.
Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die beiden vorliegenden Anträge. Wie Herr Dr. Pellmann schon gesagt hat, geht es der Linksfraktion.PDS um Aufklärung, und mein Eindruck war nicht, dass es ihr in erster Linie um Schuldzuweisung geht. Der Antrag der Koalition, der zur Debatte steht, fordert eine sehr gründliche und eingehende Analyse. Das begrüßen wir. In diesem Zusammenhang wäre dann auch zu klären, welche Verantwortung das Sozialministerium als Rechtsaufsichtsbehörde und welche Verantwortung die LVA zu übernehmen hat. Unter Umständen wird das auch bedeuten, dass einige Vorwürfe in einem Gerichtsverfahren zu klären sind.
Eine für uns wesentliche Frage ist – sie ist hier auch schon angeklungen –: Reichen die Aufsichtsmöglichkeiten des Sozialministeriums aus oder müssen diese zwin
gend ausgeweitet werden – von der Rechtsaufsicht zur Fachaufsicht, wie Herr Dr. Pellmann das hier angeregt hat – oder sind die vorhandenen Kontrollmöglichkeiten einschließlich der Selbstkontrolle nur ungenügend angewendet worden?
Klar ist uns, dass eine Erweiterung der Aufsichtsrechte staatlicher Stellen gegenüber der LVA gleichzeitig eine Einschränkung des Selbstverwaltungsrechts der LVA bedeutete. Das wäre auf jeden Fall ein Spagat. Vom Bericht der Staatsregierung erhoffen wir uns jedenfalls Klarheit darüber, ob ein solcher Spagat wirklich geübt werden sollte. Von besonderem Interesse ist für uns zum Beispiel die unter Buchstabe a) Anstrich 2 des Koalitionsantrages gestellte Frage nach den konkreten Bereichen, auf die sich die Aufsicht erstreckt. Frau Staatsministerin hatte schon gesagt, dass sich die Aufsicht auch auf den Leistungsbereich erstreckt. Unsere Frage wäre schon, mit welchen Prüfmechanismen dieser Leistungsbereich geprüft wird.
Wir haben auch eine Kleine Anfrage zum Thema LVA gestellt. Diese wendet sich mehr dem Zusammenspiel von Landes- und Bundesrechnungshof zu. Wie ergänzen sie sich und wie findet ein Austausch an Informationen statt? Aus allen Antworten zu den beiden vorliegenden Anträgen und den verschiedenen Anfragen in dem Zusammenhang können wir uns hoffentlich eine Meinung zu der Frage bilden, wie notwendige Veränderungen in der Aufsicht der LVA aussehen sollten. Insbesondere, auf welche Weise lässt sich mehr Transparenz darüber erreichen, wie die LVA mit beratenden Hinweisen der staatlichen Aufsicht umgeht und wann gegebenenfalls welche anderen Aufsichtsmittel eingesetzt werden müssen. In welcher Weise können erfolgte Kontrollen und festgestellte Mängel öffentlich gemacht werden? Gleiches gilt für deren Behebung.
Das Staatsministerium hat in einer Pressemitteilung vom 10. Februar informiert – Frau Staatsministerin hat das heute noch einmal bekräftigt –, dass eine Änderung des Aufsichtsrechts über die Rentenversicherungsträger geprüft wird. Jahresrechnungen sollten demzufolge nicht mehr von der eigenen Innenrevision der LVA oder von einem vom Vorstand benannten Prüfer geprüft werden, sondern durch einen sachverständigen externen Prüfer. Eine externe Kontrolle ist eine Möglichkeit, mehr Transparenz zu schaffen. Das kann eine mögliche Konsequenz aus den Vorfällen um die LVA sein. Über weitere Konsequenzen sollten wir nachdenken, wenn alle Ergebnisse vorliegen.
Wir sollten uns in dem Zusammenhang ein altes chinesisches Sprichwort zu Herzen nehmen: „Führst du mich einmal hinters Licht, Schande über dich! – Führst du mich ein zweites Mal hinters Licht, Schande über mich!“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalitionsfraktionen haben mit dem Antrag bewiesen, dass sie an der Aufklärung der vorliegenden Zusammenhänge tatsächlich interessiert sind.
Man muss die möglichen Fehler oder Verfehlungen Einzelner von strukturellen Schwierigkeiten trennen. Bei Ersterem werden wir demnächst nach Abschluss der Ermittlungen von INES schlauer sein. Zum Zweiten müssen Maßnahmen geprüft und vollzogen werden, die dazu führen, dass es in Zukunft möglichst keine solchen Vorfälle mehr geben wird.
Die Ministerin hat dazu ausgeführt und erläutert, was bereits geschehen ist. Wir begrüßen die Neustrukturierung, die im SMS stattgefunden hat, ebenso die personelle Neubesetzung im Landesprüfungsamt. Inwieweit die derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen den Anforderungen gerecht werden, wird bereits geprüft. Die Aufsicht obliegt zunächst dem Vorstand. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit mit einer gesetzlichen Änderung ein solcher Vorstand, dem immerhin die Aufsicht über 13,9 Milliarden Euro Versicherungsgelder und immerhin 4 200 Angestellte oblag, bei seiner Tätigkeit unterstützt werden kann. Hierbei kann sinnvollerweise über strukturelle Verbesserungen, wie die von der Staatsregierung vorgeschlagene Änderung des § 77 SGB IV, eine externe Prüfung einzuführen, nachgedacht werden. Es ist weiterhin richtig, dass dem Sozialministerium nur die rechtsaufsichtliche Prüfung oblag. Wie wir gehört haben, hat das SMS viermal von seinen Prüfrechten bzw. Prüfpflichten Gebrauch gemacht.
Im Ergebnis der Prüfung wurden die meisten Beanstandungen für erledigt erklärt. Darüber hinaus wurde in 32 Fällen der Rechnungshof prüfend aktiv. Zu behaupten, dass nichts geschehen wäre, entbehrt jeder Grundlage. Aber über Verbesserungen nachzudenken ist dennoch sinnvoll. Eine Verbesserung, die die Selbstverwaltung stärken würde, ist beispielsweise die Einführung einer verbindlichen Rückmeldung der Prüfstellen auf die Berichte der Selbstverwaltung, die nach erfolgten Beanstandungen wiederum an die jeweilige Prüfstelle zurückgehen.
Eine Antwort darauf, ob die eingeleiteten Maßnahmen im Sinne der Beanstandung richtig waren, würde für die Selbstverwaltung bessere Rechtssicherheit bedeuten.
Die Vorkommnisse waren lehrreich. Es darf jetzt aber nicht dazu kommen, dass alle Mitglieder der Selbstverwaltung unter Verdacht geraten, hier kriminelle Machenschaften zu verfolgen oder aber nicht verantwortungsbewusst zu handeln. Das darf nicht geschehen. Mit Verdachtsvorwürfen und Anschuldigungen ist keinem
geholfen. Im Gegenteil, es behindert geradezu eine sachliche Auseinandersetzung. Die entsprechenden Verfahren und Prüfungen laufen. Ich sehe keine Veranlassung, an diesem Verfahren zu zweifeln.
An dieser Stelle will ich auch auf die Rücktrittsforderung der FDP-Fraktion gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden eingehen. Hier folgt die FDP eher ihrem antigewerkschaftlichen Beißreflex, anstatt wirklich erst einmal Aufklärung zu verlangen. Dem Vorstand vorzuwerfen, in die Kassen gegriffen zu haben, ist eine weitere bösartige Unterstellung. Wir stellen uns hinter Hanjo Lucassen, weil wir Vorverurteilungen ablehnen und uns klar zur Selbstverwaltung bekennen. Die Selbstverwaltung muss gestärkt werden. Deshalb muss auch innerhalb der Selbstverwaltung festgestellt werden, ob es Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Eine Stärkung des Büros der Selbstverwaltung würde bessere Zuarbeiten für die zumeist ehrenamtlich arbeitenden Vorstände ermöglichen. Bisher ist die Tätigkeit des Büros auf Protokollarisches beschränkt. Eine weitere Verbesserung wäre auch die Einführung einer verbindlicheren Rückmeldung der Prüfstellen.
Diese vorgeschlagenen Veränderungsmöglichkeiten sollten sorgfältig geprüft werden. Wenn sich eine Verbesserung erreichen lässt, sollte auch nicht gezögert werden, diese umzusetzen.
Zu den Belegungszusagen: Zusagen der Rentenversicherungsträger zwischen fünf und zehn Jahren sind üblich, insbesondere natürlich bei eigenen Einrichtungen. Trennen muss man dies von der Praxis der Krankenversicherung, die aber nur einen geringen Teil der Kurmaßnahmen verantwortet, beispielsweise Mutter-Kind-Kuren. Die Zusagen über 15 Jahre sind natürlich ungewöhnlich. Hiervon wurde der Vorstand aber erst anlässlich des Wechsels der Geschäftsführer informiert. Auch hierbei verweise ich auf die INES-Ermittlungen, die zeigen werden, ob hinter diesen Zusagen kriminelle Motive stecken.
Ja, wir wollen Aufklärung. Für den einen Bereich ist die Staatsanwaltschaft und INES zuständig, deren Ergebnisse wir abwarten sollten, bevor wir über Einzelne den Stab brechen. Für den anderen Bereich ist die staatliche Aufsicht zuständig, für den wir die Bedingungen schaffen sollten, damit dies effektiv möglich ist.
Vorverurteilungen lehnen wir ab. Deshalb muss man der Linksfraktion.PDS ihren eigenen Antrag vorhalten. Gegen die von Ihnen aufgeworfenen Fragen gibt es von uns nichts einzuwenden. Wenn Sie aber in Ihrer Überschrift schon die Bewertung der noch gar nicht vorliegenden Ergebnisse vornehmen, indem Sie sagen, dass Sie „Konsequenzen aus dem Versagen der Rechtsaufsicht bei der Kontrolle der Zuweisungspraxis der LVA Sachsen von Reha-Patienten an Kliniken“ erfragen wollen, nehmen Sie sich die Glaubwürdigkeit Ihrer Aufklärungsforderung.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen schriftlich vor. Wünscht noch ein Abgeordneter, das Wort zu nehmen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. –