Protocol of the Session on January 26, 2006

Als Viertes: Frau Raatz, Sie sagten, es sei nun einmal so mit der Opposition: Sie wird halt nicht einbezogen. Aber ich muss sagen: Nur weil man es schon immer so gemacht hat, ist es ja noch lange nicht gut.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich dachte, dass Beteiligung bereits eine Art sozialdemokratische Tugend sei. Wir haben hier aber auch einen anderen Ablauf miterleben können, ich erinnere an die Diskussion zur Verwaltungs- und Funktionalreform. Da wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Es gab einen Bericht, dieser wurde allen Abgeordneten zugänglich gemacht. Man konnte darüber diskutieren, und aus dieser

Diskussion wird dann ein Gesetzentwurf entstehen. So stelle ich mir Diskussionen oder Verfahrensweisen vor, die einem Gesetz, in dem es um die zukünftige Entwicklung der sächsischen Hochschullandschaft geht, angemessen wären.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Gibt es seitens der Fraktionen, die noch Redezeit haben, Aussprachebedarf? – Dies scheint nicht der Fall zu sein. Dann bitte ich Frau Staatsministerin Ludwig, das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst möchte ich der Antragstellerin zustimmen, dass die im Antrag genannten Punkte, zum Beispiel die Gremienstruktur an Hochschulen, die jetzt sehr detaillierte Steuerung der Finanzierung an Hochschulen oder das Verhältnis zwischen Staats- und eigener Verantwortung von Hochschulen, einer Überprüfung und Novellierung im Sächsischen Hochschulgesetz bedürfen. Ich denke, es ist auch allgemein bekannt, dass dies Zielstellung ist.

Es ist kritisch zu überprüfen: Wo stehen wir, wo besteht Veränderungsbedarf und was sind die richtigen Lösungen, die sich am Ende in einem Gesetzentwurf niederschlagen sollen? Diese Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes folgt objektiven Notwendigkeiten. Eine ganze Reihe von Bedingungen hat sich in den letzten Jahren für unsere Hochschulen verändert. Wir haben, wie von Herrn Dr. Schmalfuß ausgeführt, erst vor Kurzem hier darüber debattiert, und die Diskussion, die wir im Moment über die Ergebnisse der Exzellenz-Initiative führen, zeigt, welche dynamischen Prozesse die Hochschulen gegenwärtig erleben – durchaus auch Prozesse der Irritationen.

Wir hatten 300 Antragsteller für die drei Förderlinien im Exzellenz-Wettbewerb. Nur 36 sind in die letzte Runde gekommen. Das heißt, wir haben im Moment viele, die sich fragen: Was haben wir falsch gemacht, oder: Wer hat etwas falsch gemacht? Man befragt gegenwärtig alles, und man muss dies auch gemeinsam tun. Man muss fragen: Was können Hochschulen anders machen, damit sie mehr Möglichkeiten haben, sich an Spitzenforschung zu beteiligen? Aber man darf auch nicht vergessen, dass Wissenschaft an unseren Hochschulen zwei starke Standbeine braucht. Das eine ist die Forschung und das andere ist die Lehre. Diese beiden Dinge gilt es auch weiterhin immer zusammenzubringen. Aber dies alles sind Prozesse – einschließlich des zukünftigen Wegfalls des Hochschulrahmengesetzes –, die natürlich auch die Gesetzgebung beeinflussen werden.

Ziel der Novellierung, dies ist keine Frage – ich habe es hier auch schon ausgeführt –, ist es, unsere Universitäten und Hochschulen stark zu machen in diesem Prozess der vielfältigen Veränderungen, damit sie die Qualität von Lehre, Forschung und Weiterbildung weiterentwickeln

und steigern können. Ziel muss es außerdem sein, die Hochschulen gerade jetzt in die Lage zu versetzen, unter den gegebenen Rahmenbedingungen die besten Konzepte für ihre jeweilige Hochschule zu erarbeiten, an der Hochschule die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und diese dann auch durchzusetzen.

Ein zentraler Ansatz, eine zentrale Antwort auf die Herausforderungen, denen sich unsere Universitäten und Hochschulen stellen wollen und stellen müssen, ist, ihnen mehr Eigenverantwortung zu übertragen. Auch darüber haben wir hier bereits diskutiert. Dies ist, wie Sie wissen, auch Bestandteil des Koalitionsvertrages. Da mehr Autonomie für die Hochschulen heißt, dass sie in Zukunft mehr eigene Verantwortung tragen sollen und wir das Verhältnis zwischen Staat und Hochschulen regeln wollen, war es für mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Dr. Gerstenberg, selbstverständlich, dass ich von Anfang an Beteiligte in den Prozess der Vorüberlegungen, also in den Prozess der Erarbeitung dieses Gesetzes, einbeziehe.

In Ihrem Antrag gehen Sie zwar auf die Punkte ein, die novellierungsbedürftig sind, Ihre Begründung ist jedoch eine Begründung für den Prozess. Wenn Sie mit Beteiligten, die an diesem Prozess teilnehmen und nach wie vor beteiligt sind, sprechen, wissen Sie auch, dass es in Sachsen noch nie einen solchen Prozess gegeben hat, wie sich ein Gesetz entwickelt, dass also frühzeitig ein Ministerium Beteiligte einlädt, weil diese später mit den Ergebnissen dieses Gesetzes umgehen sollen. Daher war es mir wichtig, dass nicht erst in der Anhörungsphase die Beteiligten zu Wort kommen, sondern sie das Gesetz selbst mit entwickeln können.

Nun kann man sagen, es sind nicht alle gewesen. Das ist sicherlich richtig. Nur muss man sich bei einem solchen Prozess entscheiden, wen man in die Vorüberlegungen einbezieht. Ich habe mich entschieden, die Landeshochschulkonferenz zu bitten, eine Arbeitsgruppe zu bilden, in der die Universitäten, unter anderem die TU Dresden mit der amtierenden Kanzlerin, die Fachhochschulen und die Kunsthochschulen vertreten waren.

Ferner habe ich sehr frühzeitig von der Zielbestimmung über das Arbeitspapier, das Eckpunktepapier genannt wird, bis hin zu den Vorentwürfen die Studentenvertretungen einbezogen, weil eines unserer Ziele ist, dass wir die Qualität an unseren Hochschulen steigern wollen. Dazu brauchen wir vor allen Dingen die Studentinnen und Studenten, die das mit beurteilen sollen. Daher war mir diese Gruppe besonders wichtig.

Jetzt können Sie gern kritisieren, warum die beiden anderen Gruppen nicht auch einbezogen worden sind. Ich habe mich so entschieden, weil der Prozess der Beteiligung natürlich kein einfacher ist und weil ausreichend Zeit sein wird, wenn der Referentenentwurf vorliegt, dass sich alle anderen noch zu Wort melden und im Übrigen dies gegenwärtig auch tun. Auch das ist beabsichtigt.

Frau Werner, wenn Sie behaupten, hierbei gehe es um Geheimpapiere, so muss ich sagen, genau das Gegenteil

ist der Fall. Ich hätte selbstverständlich diesen Gesetzentwurf in meinem Haus erarbeiten lassen können, ich hätte aber niemanden dazu hören können, denn ansonsten hätte ich den Entwurf immer wieder einsammeln müssen. Dann wäre es ein Geheimpapier gewesen. Was haben wir gemacht? Wir haben einen Vorentwurf an alle sächsischen Hochschulen geschickt und sie um Stellungnahme gebeten. Selbstverständlich hat auch die KSS diesen Entwurf bekommen und wurde um Stellungnahme gebeten.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Die meisten Hochschulen und verschiedene Gruppen haben Stellungnahmen dazu abgegeben. Gegenwärtig sind wir dabei, diese Stellungnahmen auszuwerten. Sie sind – das will ich Ihnen auch sagen – eine gute Bestandsaufnahme und im Übrigen auch ein gutes Lebenszeichen für das Interesse an Beteiligungsprozessen, das so in Sachsen bisher noch nie stattgefunden hat.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich sind die Interessen der Vertreter der verschiedenen Gruppen, die sich jetzt gemeldet haben, aber durchaus auch die der verschiedenen Hochschulen unterschiedlich. Sie wissen, es gibt allein an der TU Dresden viele verschiedene Pläne. Es gibt sehr unterschiedliche Aussagen – das können Sie zum Teil auch öffentlich wahrnehmen – der Vertreter der Rektoren in unserem Land, wie sie sich ein zukünftiges Hochschulgesetz vorstellen. Ich halte es durchaus für richtig, dass man eine solche Diskussion führt und dass man sie auch öffentlich führt. Das ist ein sehr zentrales Anliegen für das Land. Insofern sollte das auch passieren.

Es ist natürlich auch selbstverständlich, wenn dieses Meinungsbild zum Teil übereinstimmend ist. Ich gehe gleich auf die einzelnen Punkte ein. Ich habe ja 43 Minuten Redezeit, jetzt sind es nur noch 35 Minuten.

(Heiterkeit bei der CDU)

Unzweifelhaft ist, dass ein breites Meinungsbild Kontroversen hervorbringt, aber es gibt auch Punkte, in denen eine große Übereinstimmung besteht. Das ist auch selbstverständlich – hierbei will ich nichts Falsches versprechen –, weil Prozesse der Beteiligung gelegentlich als Einladung, die Meinung zu äußern, missverstanden werden – das ist richtig –, und dass diese dann auch eins zu eins übernommen wird. Wenn Sie das gesamte Meinungsspektrum sehen, ist es schier unmöglich, alle Meinungen eins zu eins in ein Gesetz zu übernehmen, das dann ein wirklich gutes Gesetz ist und unsere Hochschulen stark machen soll.

Ich möchte Ihnen einige Punkte nennen und zum Schluss begründen, warum ich, Herr Gerstenberg, diesen Antrag derzeit nicht beantwortet habe. Das hat nämlich etwas damit zu tun, wie ernst man Prozesse von Beteiligungen nimmt und nicht Ergebnisse vorher schon mitteilt, wenn es sie eben noch nicht geben soll.

Relativ einstimmig – es gibt nirgendwo eine Einstimmigkeit bei einem so breiten Prozess – sind die Rückmeldun

gen darüber, dass unsere Hochschulen mehr Autonomie wollen und dass die Vorschläge, die wir gegenwärtig im Vorentwurf gemacht haben, gute Vorschläge sind.

Es gibt eine größere Gruppe der Studenten, die einigen Zweifel haben, ob ihre Hochschulen wirklich in der Lage sein werden, mit dieser Autonomie dann so umzugehen, dass die Qualität von Lehre und Forschung verbessert werden kann. Ich denke, dass wir hier noch Überzeugungsarbeit leisten können, um die Studentinnen und Studenten davon zu überzeugen, dass das insgesamt der richtige Weg ist.

Ein breites Meinungsspektrum gibt es bei der Gremienstruktur. Hier ist in der Tat infrage gestellt, ob die jetzigen Vorschläge, was die Kompetenzen des Rektorates anbetrifft, die richtigen sind. Es gibt verschiedene Vorstellungen, welche Gremien es sein sollten und welche nicht. Das Meinungsspektrum geht hierbei besonders weit auseinander. Ich kann Ihnen zusagen, dass wir das ernst nehmen, dass wir die Stellungnahmen gründlich auswerten werden und es mit Sicherheit nicht so sein wird, Frau Werner, dass Meinungen nicht ernst genommen werden.

Wir haben uns mit den Studenten, die in dieser Woche, glaube ich, da waren und auch wiederkommen werden – ich weiß nicht, wie viel Gespräche wir inzwischen geführt haben –, darauf verständigt, dass es nicht ständig neue Vorentwürfe geben wird, was natürlich Unsinn wäre. Es gibt einen Zwischenstand, einen Arbeitsstand, der gegenwärtig die Grundlage ist. Wir werten jetzt die Stellungnahmen aus. Es gibt noch keinen Referentenentwurf.

Der Prozess der Beteiligung ist noch nicht abgeschlossen und daher gibt es gegenwärtig auch noch keine Ergebnisse, die man einem Parlament vorlegen kann.

Ich will noch zurückkommen auf die Gremienstruktur und Ihnen an einem Punkt deutlich machen, wie schwierig es ist. Wir haben für alles Zielstellungen und Vorstellungen, warum wir bestimmte Vorschläge gemacht haben. Wir möchten, dass die Hochschulen in der Lage sind, durch ihre Leitungs- und Gremienstrukturen mit den neuen Kompetenzen umzugehen, die wir ihnen übertragen wollen, zum Beispiel die Berufung von Professorinnen und Professoren oder die Ausfüllung der Möglichkeiten, die ein Globalhaushalt bietet. Wir wollen, dass die Gremienstruktur geeignet ist, die besten Konzepte innerhalb der Hochschule zur Entscheidung zu bringen. Die Meinungen, was eine geeignete Leitungs- und Gremienstruktur ist, sind sehr kontrovers. Was ist das geeignete Gremium, das in Zukunft staatliche Kontrolle übernimmt, die der Staat bewusst nicht mehr ausüben will, wie zum Beispiel, wer die Erfüllung des Haushaltes kontrolliert? Wäre das Kuratorium das geeignete Gremium? Hierzu haben wir derzeit einen Vorschlag, der demokratischer ist als die bisherige Struktur. Das bisherige Kuratorium wird vom Rektorat und vom Ministerium bestimmt. Der jetzige Vorschlag lautet, dass der Senat dieses Gremium bestimmt.

Was ich damit sagen will, ist, dass man sich erstens die Vorschläge genau anschaut und zweitens versucht, die

Argumente gegenseitig abzuwägen, wie viel jeweils für das eine oder das andere spricht. Warum ich jetzt versuche, Ihnen das etwas deutlicher darzustellen, obwohl ich merke, dass Sie langsam die Geduld verlieren, ist,

(Zurufe von der CDU: Nein, nein!)

dann kann ich auch noch auf die Detailsteuerung eingehen –: weil ich Ihnen beschreiben will, dass wir erstens den Prozess der Beteiligung ernst nehmen, dass es zweitens keinen abgeschlossenen Meinungsbildungsprozess innerhalb meines Hauses gibt und dass es drittens aus meiner Sicht des geeigneten Zeitpunktes bedarf, wann das Parlament in diese Diskussion einbezogen wird.

Herr Gerstenberg, ich kann Ihnen versichern, dass ich mir jede Kleine Anfrage – das gilt für alle Abgeordneten dieses Hauses und für alle Antragsteller – sehr genau anschaue und wirklich versuche, Ihnen die Antworten darauf zu geben, die notwendig sind, weil ich meine, dass Sie viel wissen müssen, damit Sie richtig entscheiden können.

Genau dasselbe gilt für Anträge. Ich denke nicht, dass ich die Zeit vergessen habe, als ich hier Parlamentarierin war. Ich habe mich bewusst bei diesem Antrag – wir hatten verschiedene Entwürfe – entschieden, zunächst nur den Prozess kurz zu beschreiben, weil Sie erstens in Ihrer Begründung auch nur auf den Prozess eingegangen sind. Und zweitens denke ich: Wenn ich den Beteiligten sage, dass ihre Beteiligung ernst genommen wird – und dann nehme ich Antworten vorweg, indem ich diesen Antrag beantworte –, muss ich mich natürlich fragen lassen, ob nicht vielleicht doch alles schon im Ministerium entschieden sei. In dieser Abwägung zwischen dem Prozess der Beteiligung, bevor ein Referentenentwurf fertig ist, und der Information des Parlamentes habe ich mich so entschieden. Das kann man sicherlich kritisieren.

Was ich Ihnen zusagen kann, ist: Sobald der Meinungsbildungsprozess abgeschlossen ist – das ist auch die Antwort, die ich dem Ausschussvorsitzenden Herrn Clemen bezüglich des Eckpunktepapiers gegeben habe –, will ich Sie gern über den Fortschritt der Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens informieren. Ich bitte Sie aber um Verständnis, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sinnvoll ist, Dinge festzumachen, von denen wir zwar klare Vorstellungen haben – sowohl vom Ziel als auch vom Inhalt und von der Ausgestaltung her –, zu denen wir aber Beteiligte eingeladen haben, ihre Vorstellungen darüber einzubringen.

Da mir das wichtig ist, bitte ich Sie um Verständnis dafür, dass ich mich gegenwärtig bei der Beantwortung so entschieden habe.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Ich frage Kollegin Werner. Sie hätten noch eineinhalb Minuten. – Ich frage Kollegen Dr. Wöller. Sie hätten noch eine knappe Stunde.

(Heiterkeit)

Dann bitte ich Herrn Gerstenberg um das Schlusswort.

Es tut mir ausgesprochen Leid, Herr Kollege Wöller, dass Sie mir nicht Ihre Redezeit übertragen können. Ich musste vorhin in 2:30 Minuten hier durchhetzen. Deshalb nur einige Sätze als Schlusswort.

Herr Schmalfuß, es tut mir Leid, aber ich bin dafür, dass wir hier im Sächsischen Landtag noch oft über Hochschulpolitik diskutieren. Wenn die sächsische FDPFraktion sich nicht einbringen will, ist es ihre Angelegenheit. Aus unserer Sicht ist dieses Thema gerade im Jahr 2006 wichtig genug.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion.PDS und der SPD)

Ansonsten habe ich die Äußerungen der beiden Vertreter der Koalitionsfraktionen zu Beginn des Redebeitrages als eine ebenso groteske Debatte empfunden, wie ich die Antwort der Staatsregierung als grotesk empfunden habe, als ich sie erhielt. Herr Wöller, Sie haben sich über Exzellenzförderung und Lob der sächsischen Hochschulen ergossen, aber die Frage, wie wir unser wichtigstes Gesetz gestalten, haben auch Sie umschifft.