Protocol of the Session on January 26, 2006

anderen Länder einzubinden. Okay, in dieser Richtung mag es vielleicht seine Bedeutung haben. Aber tatsächlich ein in die Zukunft gewandtes Luftverkehrskonzept? Diesem Anspruch wird es nicht gerecht.

In der „Freien Presse“ von gestern war zu lesen, dass sich der Abg. Heidan auch in seiner Eigenschaft als Stadtrat in Plauen für einen Verkehrslandeplatz in PlauenKauschwitz wieder stark macht. Sie unterstützen es hier in der Aktuellen Debatte damit, dass keine weiteren Investitionen in Verkehrslandeplätze gemacht werden, und Herr Kollege Heidan möchte einen neuen aufbauen. Ich glaube, da wird es sich auch in den Reihen der Koalitionsfraktionen lohnen, doch für etwas mehr Einheitlichkeit der Meinungen und der Durchsetzung zu sorgen.

Die Fliegerei ist ein sehr teures Vergnügen und Zuschussgeschäft. Die Verluste der Mitteldeutschen Flughafen AG, an der das Land maßgeblich beteiligt ist, sind auf 51 Millionen Euro gestiegen. Zusätzlich hat Sachsen allein 2001 bis 2004 – auch hier nur die Zahlen bis 2004 – über 73 Millionen Euro in den Ausbau der Flughäfen der Mitteldeutschen Flughafen AG gesteckt. Dabei fehlt der genehmigte Ausbau Leipzig noch. Wie ist es denn mit den Infrastrukturkosten, die sich selber tragen müssen, und das Land steckt hier die ganze Zeit Geld rein? Nehmen Sie denn Ihr eigenes Konzept, das Sie hier vorstellen, ernst? Ich weiß es nicht.

In Sachsen wird der Luftverkehr durch eine so genannte Anschubfinanzierung für einzelne Fluglinien subventioniert, immerhin mit über zehn Millionen Euro seit 2001. Ich bin Kollegen Hilker ausdrücklich dankbar, dass er darauf hingewiesen hat, dass eine Flugkarte höher subventioniert wird als eine Theaterkarte, nämlich bis zu zweieinhalb Tausend Euro pro Karte. Das muss man sich einmal vorstellen, wenn man hier – wie auch gestern der Kollege Patt – wieder hohe Reden zugunsten der Marktwirtschaft und des freien Wettbewerbs schwingt. Beim Flughafenkonzept ist das noch nicht so richtig angekommen.

Der Luftverkehr wird schließlich Jahr für Jahr bundesweit mit fünf Milliarden Euro durch die Befreiung von der Mineralölsteuer, der Ökosteuer und der Mehrwertsteuer auf internationalen Flügen subventioniert.

Ich komme zum Fazit. Der ganze Flugverkehr als solcher ist ein äußerst teures Zuschussgeschäft, der seine Berechtigung bis jetzt noch nicht erwiesen hat, nämlich dass er ohne Subventionen auskommen kann und dass er auch ohne diese Bevorzugung gegenüber anderen Verkehrsträgern und ohne Umweltdumping tatsächlich wettbewerbsfähig sein kann. Dazu, Herr Staatsminister Jurk, finden wir in Ihrem Bericht aber auch überhaupt nichts.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wird von der Fraktion der CDU noch das Wort gewünscht? – SPD? – Linksfraktion.PDS? – Herr Zais, bitte.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Ich freue mich, dass Sie nicht mitmachen. Es ist auch besser, Sie fliegen nicht ins Ausland, Sie schaden uns nur.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich möchte Sie, Herr Staatsminister Jurk, in meinem Redebeitrag vor allem nachdenklich machen. Wir haben ja gemeinsam als Landtag natürlich für dieses Mitteldeutsche Luftverkehrskonzept Verantwortung. Denn was wir hier erleben, entpuppt sich als regelrechter Blindflug mitteldeutscher Flughafenpolitik. Der Unterschied: Flugzeuge können auf hochmodernen Flughäfen praktisch im Blindflug landen, in der Politik muss das unweigerlich zu einer Bruchlandung führen. Sie und Ihre Kollegen verwechseln Landebahn mit Luftverkehrskonzept.

Zum Nachdenken sollen einige Angaben über die Fluggastentwicklung anregen. Im Jahr 2004 stieg die Anzahl der Fluggäste, und zwar der Zusteiger, auf den deutschen Flughäfen um rund sechs Millionen. Von diesem Kuchen bekam der größte mitteldeutsche Flughafen Leipzig/Halle laut Statistischem Bundesamt nur Krümel ab. Ganze 42 000 Zusteiger mehr als im Vorjahr stehen zu Buche. Mit anderen Worten: 99,3 % des Kuchens teilen andere deutsche Flughäfen unter sich auf. Das ist eine der Realitäten, deren Beachtung wir seit Jahren hinsichtlich Entwicklung und Ausbauzielen der sächsischen – und nunmehr mitteldeutschen – Flughäfen anmahnen.

Wir stellen nach Durchsicht des Luftverkehrskonzepts für Mitteldeutschland fest: Fehlanzeige! – Prognosen des Fluggastaufkommens fehlen. Das Konzept lässt auch keine Abstimmung mit den Handlungsempfehlungen der „Initiative Luftverkehr für Deutschland“, also mit dem Masterplan zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur, erkennen. Das wäre zu verstehen, wenn sich die Landesregierung mit ihren Not leidenden Flughäfen zusammentun würde, um mit mehr Gewicht in Deutschland auf die Entwicklung eines Flughafens in Mitteldeutschland zu setzen. Wieder Fehlanzeige! Sprichwörtlich alle Blumen sollen blühen: Leipzig, Dresden, der skandalumwitterte Flughafen Erfurt, Cochstedt und Altenburg-Nobitz. Nein, meine Damen und Herren von der Staatsregierung, so kann Mitteldeutschland im deutschen und europäischen Maßstab und im Wettbewerb um Fluggäste nicht punkten!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Nach dem Landesentwicklungsplan sollen sich die Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz langfristig zu einer europäischen Metropolregion entwickeln, die im Wettbewerb von Metropolen fest etabliert ist. Unter Punkt 2 des Luftverkehrskonzepts wird diese Metropolregion so dargestellt, als wäre sie bereits Tatsache. Ich will nachdenklich machen und frage Sie, Herr Ministerpräsident: Wo gibt es in der EU 25 eine Metropolregion – oder ist in Entwicklung –, in der das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt

bei 75 bis 80 % des EU-Durchschnitts liegt? Wo gibt es in der EU eine Metropolregion,

(Zurufe der Abg. Dr. Fritz Hähle und Heinz Lehmann, CDU)

für die der oder die Erste im Land, wie der sächsische Ministerpräsident in Brüssel, für den Erhalt der Höchstförderung bei den Strukturfonds streitet? Wo gibt es in der EU eine Metropolregion, die nach den Prognosen in den nächsten Jahren von einem derart starken Bevölkerungsrückgang geprägt sein soll wie Sachsen?

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Die Leitlinien des Konzepts passen doch nun wirklich nicht zu den Realitäten, weder im Luftverkehr noch in der Raumentwicklung. Heute ist das Sachsendreieck von der Qualität „Europäische Metropolregion“ weiter entfernt als vor zehn Jahren.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Zais?

Sehr geehrter Herr Kollege Zais, könnten Sie gegebenenfalls geneigt sein, die Metropolregion Sachsendreieck oder auch Mitteldeutschland, wie sie neuerdings heißen soll, als eine wesentliche Chance für die Entwicklung unserer Region zu begreifen?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Kollege Rasch, dazu bin ich geneigt. Aber dazu gehört, dass man von der Realität ausgeht – und deshalb habe ich hier gesprochen, die realen Zahlen zugrunde gelegt – und dann natürlich auch aufzeigt, wie man die Entwicklung der Metropolregion aus der heutigen Situation heraus für die Zukunft gestalten will. „Jetzt sind es Luftträume“, habe ich ausgeführt.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Nur wenige gesicherte Angaben über die Beschäftigungswirkung aus früheren Jahren sind verfügbar. Wir hatten das in der Großen Anfrage schon angesprochen. Von 1991 bis 1997 ist die Zahl der Flughafenbeschäftigten pro eine Million Fluggäste an deutschen Flughäfen von 1 000 auf 545 gesunken. Angesichts derartiger Rationalisierungspotenziale wird der weitere Ausbau der mitteldeutschen Flughäfen kaum neue Arbeitsplätze schaffen, dafür aber Verluste an Umwelt- und Lebensqualität mit sich bringen.

Anders hingegen – und das möchte ich hier noch ausführen – stellt sich die Situation im Umfeld des Verkehrslandeplatzes Altenburg-Nobitz dar. Entgegen den Versicherungen des allerletzten Satzes des Konzepts, die Belange des Natur- und Artenschutzes beim Aus- und Neubau zu berücksichtigen, geschieht dort Schlimmes. Die Einflugschneise zum Flugplatz verläuft bekanntlich über sächsi

schem Waldgebiet, über dem Landschaftsschutzgebiet Kohrener Land. Im Jahr 2003 wurden dort in einer Nachtund-Nebel-Aktion sieben Hektar Laubmischwald abgeholzt und durch Nadelwald ersetzt. Die Hölzer hatten keine naturschutzfachliche Zulassung.

Bitte, zum Schluss kommen.

Ja. – Nun sollen weitere 4,87 Hektar Laubwald im Landschaftsschutzgebiet fallen. Ein entsprechender Antrag liegt dem Regierungspräsidium Leipzig vor. Im Namen meiner Fraktionskollegin Frau Kagelmann nenne ich hier, an die Adresse von Umweltminister Tillich und Innenminister Buttolo gerichtet – beide sind leider jetzt nicht anwesend –, klar unsere Erwartung: Nochmals dürfen nicht vollendete Tatsachen geschaffen oder zugelassen werden. Nochmals darf es nicht vorkommen, dass vollendete Tatsachen geschaffen oder zugelassen werden, –

Bitte zum Schluss kommen.

– dass die Frevler ungeschoren bleiben! Nochmals darf es nicht vorkommen, dass die anerkannten Naturschutzverbände ungehört bleiben!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Wird von der Fraktion der FDP noch das Wort gewünscht? – Wird von den GRÜNEN das Wort gewünscht? – Bitte, Herr Lichdi.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann verstehen, dass es Sie aufregt, wenn ich rede, aber ich kann es Ihnen nicht ersparen, denn die Debatte läuft – wie gesagt, wie gehabt – wieder unter dem Stichwort „Wirtschaftsstandort“. Mein Kollege Zais hat zu Recht die Umweltfragen angesprochen und ich möchte es auch bei dieser Debatte nicht versäumen, wiederum zu diesem ceterum censeo zu kommen: Wo bleibt die Umweltpolitik?

Herr Staatsminister Jurk, ich habe auch in der Debatte, die wir am 7. Oktober 2005 in diesem Hause schon einmal zum Luftverkehrskonzept geführt haben, diese Frage angesprochen. Da haben Sie interveniert und gesagt: Jetzt warten Sie doch erst mal ab, was ich zu sagen habe! – Jetzt habe ich abgewartet und habe in Ihrem Luftverkehrskonzept nachgelesen.

Dort finden wir exakt zwei Aussagen zur Umwelt. Wir finden zum einen die Aussage – die hat mich ein bisschen vom Hocker geweht, das sage ich Ihnen ganz offen –, der Luftverkehr sei aufgrund des Energie- und Flächenverbrauchs das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Da habe ich gedacht: Hallo, das ist ja super! So kann man sich mit einer selektiven Wahrnehmung der Wirklichkeit einen der größten Umweltverschmutzer schönreden. – Ich sage Ihnen, Herr Staatsminister Jurk, das lassen wir als

GRÜNE Ihnen nicht durchgehen. Herr Kollege Zais hat darauf hingewiesen, dass sich als allerletzter kleiner Satz die Aussage findet: Die Belange des Natur- und Artenschutzes sind auch beim Ausbau zu beachten. – Wie schön! Diesen schönen Satz kann ich jetzt schon singen.

Was Sie hier tun, ist schlicht und ergreifend, die Rechtslage darzustellen. Das ist bei jedem Ausbau so. Das brauchen Sie nicht extra zu sagen. Was Sie damit suggerieren, ist: Natürlich beachten wir dort die Umweltpolitik und deren Belange! – Das pure Gegenteil ist der Fall. Es handelt sich hierbei wieder um eine typische symbolische Umweltpolitik. Es wird getan, als ob man das im Herzen tragen würde, tatsächlich findet es aber nicht statt.

Ich muss auch Folgendes sagen: Gestern hat Kollege Petzold bei der energiepolitischen Debatte immerhin darauf hingewiesen, dass auch die Umweltverträglichkeit ein Kriterium der Energiepolitik ist. Sie folgen dem zwar nicht in Ihrer tatsächlichen Politik, aber immerhin haben Sie erkannt, dass das ein Kriterium ist.

(Heinz Eggert, CDU: Na hallo, hallo!)

Diesen Stand haben wir bis jetzt in der Luftverkehrspolitik leider noch nicht erreicht. Auch wenn es witzig ist, kann ich es Ihnen nicht ersparen, dazu noch ein paar Dinge zu sagen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Lichdi?

Herr Bolick, bitte.

Herr Lichdi, haben Sie vorhin gehört, dass ich darauf hingewiesen habe, dass wir im Luftverkehrskonzept in Zukunft auch Umweltfragen gemeinsam betrachten wollen?

Herr Bolick, da muss ich mich bei Ihnen entschuldigen. Das habe ich tatsächlich nicht gehört. Aber dann würde ich Sie bitten – –

(Heinz Eggert, CDU: Aber, aber!)

Ja, ich bin einfach ehrlich, das habe ich tatsächlich nicht gehört. – Aber dann würde ich Sie auch bitten, in Ihren Ausführungen zukünftig etwas mehr Wert darauf zu legen und vor allem auch auszuführen, worauf Sie jetzt besonderen Wert legen und welches Ihre konkreten Maßnahmen sind. Ich habe gerade ausgeführt, dass Herr Jurk in seinem Konzept eben nicht darauf eingegangen ist.